Modulation auf der Gitarre

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marc182
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Hey ihr Musiker-Boarder,

Ich spiele seit einigen Jahren E-Gitarre, bin auch technisch ganz gut versiert und hab mich immer gern mit Musiktheorie, wahrscheinlich aber nur in ihren gröbsten Zügen, auseinandergesetzt.
Nun ist es so, dass ich mich gerne in der Welt der Modulation tiefer einarbeiten möchte um Improvisationsmöglichkeiten auszuweiten, Literatur mir aber bis jetzt bis auf Modulation über Dominantseptakkorde und aufwändiger und teilweise schwer verständlicher Modulation auf dem Piano wenig bieten konnte.

Es ist vielleicht etwas viel verlangt, aber wenn ihr Lust und Laune dazu habt, wäre ich euch echt dankbar, wenn ihr mir erklären könntet, wie man systematisch und kreativ moduliert.
Die Möglichkeit, dass man von C-Dur über einen Dominantseptakkord auf D nach G-Dur gelangen kann und diese Tonart dann wieder durch eine Kadenz bestätigen sollte ist mir bekannt, aber ziemlich langweilig in meinen Ohren. Ich möchte nicht ständig um Beispielsweise von A-Dur nach d-Moll zu kommen den halben Quintenzirkel abratern müssen. Was mir weiterhin modulatorisch eher durch probieren bekannt geworden ist, ist der Übergang zum Beispiel von A-Dur nach e-Moll über die in Dur angelegte 5.Stufe der e-moll Tonleiter: Also A-Dur dann H-Dur(Dominantseptakkord) und dann auf e-Moll. Ich vermute, dass diese Modulation durch den entstehenden künstlichen Leitton funktioniert.

Ich hoffe ihr könnt mein Wissen etwas erweitern und mir verständlich ein paar kreativere Modulationsweisen zeigen.
Wie würdet ihr zum Beispiel von e-moll nach d-moll bzw. von e-moll nach g-moll modulieren?

Schonmal Danke im Vorraus!
 
Eigenschaft
 
Modulation ist für mich eine Kompositionstechnik.
Im Jazz zum Beispiel sind auch mehrere Wechsel der "Tonart" bzw. der tonalen Zentren in sehr vielen Stücken ganz normal. Man geht dabei entweder direkt vor (Rückung) oder über die üblichen Wege, wie sie hier dargestellt werden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Modulation_(Musik)

Für Improvisationen spielt "Modulation" keine m.E. keine große Rolle, soweit ich das bisher überblicke. Da benötigst Du Chord Scales, Arpeggios, Approach Techniques, Licks, Motifs...
http://www.jazzbooks.com/mm5/download/FREE-scale-syllabus.pdf

Iin fortgeschrittenen Improvisationen finden sich bisweilen Techniken der "Reharmonisation" oder "Subtitution" von Harmonien.

Lesen und hören könntest Du Weiteres zum Thema über die Suchfunktion oder z.B. bei http://www.jazzguitar.be, http://www.jazzguitarlessons.net/ oder rockiger http://www.licklibrary.com

Es gibt auch äußerst sinvolle Hefte und Bücher. Wenn Du (auch) Klavier spielst, wären die Veröffentlichungen von Philipp Moehrke eine gute Möglichkeit, weil sie handfeste Übungen beinhalten.
http://www.biflat.de/content/buecher/impro.html (auch "einstimmig" perfekt verwendbar, z.B. für Single Note Lines auf der Gitarre oder für Bläser)
http://www.biflat.de/content/buecher/solo.html
http://www.biflat.de/content/buecher/voicing.html

Ein gute Mischung von Übungen und den dazu gehörenden Theorie-Ausschnitten bieten
Fritsch/Kellert/Lonardoni: Improvisieren - Musikarbeitsbuch mit 2 CDs
Im Buch wird buchstäblich jede denkbare Improvisationstechnik besprochen und ihre Anwendung durch Übungen vertieft.
 
Hallo marc182! Erstmal willkommen im musiker-bord! Ich kann Dir guten Gewissens folgendes Buch empfehlen: Heinz Acker Modulationslehre Übungen - Analysen - Literaturbeispiele Ein Handbuch für Studium und Lehre Bärenreiter Studienbücher Musik 17. Es enthält u.a. einen ausschneidbaren "Modulator" durch den man alle diatonischen Modulationen von jeder Dur- und moll-Tonart zu jeder Dur- und molltonart ablesen kann. Ebenso werden auch cromatische und enharmonische Modulationen besprochen. Das wohl beste und umfangreichste Buch zu diesem Thema!
MfG
habadawi
 
Danke schonmal vielmals an euch für die vielen Vorschläge für die Literatur! Ich weiß es ist ziemlich umfangreich, deswegen werd ich mich jetzt mal auf die Suche nach euren Empfehlungen machen und den Wald der Modulation durchforsten =)
Dieser "Modulator" klingt extrem interessant, ich denke so etwas könnte mir helfen, danke!
 
Ich hoffe ihr könnt mein Wissen etwas erweitern und mir verständlich ein paar kreativere Modulationsweisen zeigen.
Wie würdet ihr zum Beispiel von e-moll nach d-moll bzw. von e-moll nach g-moll modulieren?

Da gibt es diverse Möglichkeiten. Eine ganz direkte Modulation per Rückung ist im Prinzip sowieso häüfig möglich, klappt aber nicht ganz so gut, wenn die Akkorde zu nahe beieinander sind, also etwa in einer Tonart zu finden. Von Em nach Dm könnte deshalb als ganz direkte Modulation schwieriger werden (die beiden wären bspw. als II und III Stufe aus C-Dur denkbar) als von Em nach Gm (die beiden liegen weiter auseinander und sind nicht wirklich in einer gemeinsamen Tonart zu finden).

Aber ich denke, dass die direkte Modulation eh nicht das ist, worauf du hinaus willst.

Die Möglichkeit, eine Dominante vorzuschalten, hast du ja schon selber erwähnt. Das ist auch vermutlich das meistgenutzte Mittel. Allerdings kann man a) mit der Dominante einiges anstellen, b) der Dominante noch weitere Akkorde vorschalten, so dass es vielleicht nicht ganz so langweilig klingt.

Bleiben wir bei deinem Beispiel: Em nach Dm.
Dominante für's Dm wäre ein A7. Eine mögliche Akkordfolge wäre also Em, A7, Dm.

Je nach Stilistik kann man jetzt das A7 modifizieren.
Üblich sind etwa Akkorderweiterungen. Als "typischste" Dominante für einen Mollakkord (also das Dm) ist vermutlich der Akkord zu sehen, der sich auf der V. Stufe von harmonisch Moll bildet. Das wäre ein Dominantseptakkord mit den Optionstönen b9 und b13. In deinem Beispiel würden die noch deutlicher machen, dass es in der Tat vom Em weg geht. Die b9 für's A7 wäre ein Bb, die b13 ein F. Beides Töne, die man üblicherweise nicht in Em verwendet. Ferner beides Töne, die die "Zugwirkung" zur neuen Tonika verstärken können, denn das Bb kann sich gut zur Quinte des Dm (also dem A) auflösen. Das F hat nicht so eine hohe Zugwirkung wenn man ein reines Dm spielt, aber sobald man das Dm bspw. als Dm9 auffasst, kommt eine Bewegung vom F zum E (der None des Dm) ins Spiel.

Alternativ bzw. zusätzlich kann man jetzt der Dominante noch weitere Akkorde vorschalten. Eine ganz typische Akkordfolge mit Moll-Zielakkord wäre IIm7b5, V7, Im. In unserem Fall also Em7b5, A7, Dm7.
Ausgegangen vom Em würde die komplette Folge also Em, Em7b5, A7, Dm lauten.
Auch wäre eine Doppeldominante möglich. Hier wäre die II. Stufe auch ein Dominantseptakkord, aus dem Em würde also ein E7 werden. Das kann man dann erneut mit Optionstönen würzen, auch hier würden wieder b9 und b13 in Frage kommen.
Die komplette Akkordfolge könnte also auch so aussehen: Em, E7b13, A7b9, Dm.

Dieses Prinzip kann man übrigens sehr weit führen. Gerade im nicht wirklich klassischen Bereich kann man mit Zwischendominanten und eingeschobenen II-V Bewegungen einiges anrichten (das kann dann übrigens relativ schnell ziemlich nach Jazz klingen).

Wenn man die Dominanten noch weiter modifiziert, dann können sich wieder andere Bewegungen ergeben, die die Sache mitunter noch plausibler machen. Das A7 aus unserem Beispiel kann etwa "alteriert" werden. Das bedeutet, dass bis auf die elementaren Töne Grundton (A), Terz (C#) und Septime (G) alle anderen Töne chromatisch nach oben bzw. unten "alteriert" werden - und ja, das gilt auch für die Quinte. Die kann dann auch gerne mal tiefalteriert werden. Sprich, aus der Quinte E des A7 wird ein Eb. Und, um es quasi auf die Spitze zu treiben: Das Eb kann man jetzt auch in den Bass legen. Das A7 wird dadurch mehr oder minder umgedeutet, aus dem A7alt (also alteriert) wird ein Eb7 mit Optionstönen 9/#11/13 - die enthaltenen Töne sind identisch, nur die Bassfortschreitung sieht jetzt ganz anders aus, unsere Akkordfolge wäre jetzt Em, Eb7, Dm. Chromatische Bewegungen im Bass klingen übrigens ziemlich plausibel.
Aber auch hier kann es schnell wieder nach Jazz klingen, ich weiß nicht, ob du das willst.

So, für den Anfang muss das aufgrund der nächtlichen Stunde mal reichen.

Nur eine Sache noch: Auf der Gitarre braucht es einiges an Akkordspielkenntnis, um solche Bewegungen schlüssig darzustellen, denn gerade bei Modulationen ist eine mehr oder minder "korrekte" bzw. enge Stimmführung extrem hilfreich (ich bin übrigens selber Gitarrist, weiß also ein wenig, wovon ich spreche). Mit einer bloßen Verschiebung typischer Barré-Akkorde kann sowas auch schnell mal nicht mehr richtig plausibel rüberkommen.

- Der Sack
 
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Hab vielen Dank für deine nächtliche Antwort, Sack!

Wenns etwas nach Jazz klingt, macht mir das nichts aus. Wenn es nicht immer alles ganz so glatte Akkorde oder gar chromatische Läufe im Bass sind und auch mal ein paar Spannungen zu hören sind wird die Musik doch nur lebendiger. Natürlich will ichs auch nicht übertreiben... Aber auf jeden Fall danke für deine Vorschläge! Nach so einer Antwort habe ich gesucht, hat mir sehr geholfen!
Werde jetzt erstmal versuchen deine Vorschläge wie die Em, E7b13, A7b9, Dm -Folge plausibel umzusetzen oder zu erweitern und daraus zu lernen, grade von Modifikation und Optionstönen hab ich kaum Ahnung, da ich mir die Akkorde dann immer Stück für Stück zusammenbasteln muss, aber Übung macht den Meister....
 
... wäre ich euch echt dankbar, wenn ihr mir erklären könntet, wie man systematisch und kreativ moduliert.

Hi Marc,

hier mal eine gekürzte Zusammenfassung dieses sehr umfangreichen Stoffes der Modulation.





Modulation



Um es kurz auf den Nenner zu bringen - in der tonalen Musik bedeutet Modulation das Wechseln von einer Tonart in eine andere mittels Umdeutung von Akkorden/Tönen. Dabei erhält
ein anderer Klang als die Tonika vorübergehend Tonikabedeutung.
Modulationen sind oft als formaler Bestandteil in die Komposition eingefügt, das heißt, um z.B. von einem Formteil in den nächsten überzuleiten, kann man sich der Modulation
bedienen.
In der Frühklassik modulierte man vorzugsweise nur zu den dem tonalen Zentrum nahe liegenden Tonarten. Dies sind die Tonarten, deren Geschlecht und Grundton die
Stammtonleiter hergibt. Im Beispiel C Dur wären dies die Tonarten D Moll, E Moll, F Dur, G Dur und A Moll.
Auf der Quintenleiter dargestellt sind dies alles Tonarten, die von der Grundtonart eine Quintdistanz entfernt liegen. Diese Tonarten können allesamt durch einfache diatonische
Modulation erreicht werden.
Will man zu weiter entfernten Tonarten modulieren, bedient man sich der diatonisch-variantischen, der enharmonischen, der chromitischen oder der Modulation durch Sequenz.

Es gibt auch Modulationen bei denen die Verweildauer auf der neuen Tonika sehr kurz ist. Man spricht dann von einer Ausweichung. Die Stelle Eb-7 Ab7 Dbma7 in Blue Bossa ist
dafür ein gutes Beispiel.
Zwischendominanten sind allerdings tonika-abhängige Akkorde und werden somit nicht als Modulation angesehen. Der Auflösungsakkord einer Zwischendominante ist nämlich in der
Regel wieder diatonisch zur Grundtonart.
Es gibt auch eine Weise ohne Modulation in eine neue Tonika zu gelangen in dem man nach einem Ganzschluß im neuen Formteil einfach mit der neuen Tonart anfängt. So etwas
nennt man eine Rückung und ist eigentlich keine Modulation, weil eben nicht moduliert, sondern gerückt wird.

Um Modulieren zu erlernen sollte man Übungen machen wie z.B. welche Bedeutung kann der Akkord X in welcher Tonart haben. Ein Mollseptakkord kann z.B. sein:
I-7, II-7, III-7, IV-7, V-7 und VI-7. Setze ich für den Mollseptakkord z.B. A-7 ein, wäre die Aufgabe festzustellen in welchen Tonarten A-7 in den verschiedenen Funktionen vorkommen
kann.
Das gleiche kann man auch mit den anderen gebräuchlichen Akkordtypen üben.
Danach versuche man in der Ausgangstonart zur entsprechenden Stufe hin zu kadenzieren, deute diese nach belieben um, und kadenziert anschließend in die gewünschte Zieltonart.
Das hört sich nun so einfach an, ist aber in der Praxis aus dem Stehgreif doch schon recht anspruchsvoll.

Von den diversen Arten der Modulation, diatonische Modulation, enharmonische Modulation, chromatische Modulation und Modulation durch Sequenz, ist die diatonische Modulation wohl die einfachste.
Allerdings kann man mittels der diatonischen Modulation nur in eine 2 Quinten entfernte Tonart modulieren. Also z.B. von C Dur nach G, D, F oder Bb Dur und deren parallele Molltonarten. Weiter entfernte Tonarten zu erreichen geht nur mittels diatonisch-variantischer Modulation oder mittels einer der oben genannten Modulationen.
Hier eine kurze Einführung in die diatonische Modulation.

Modulationsschema der diatonischen Modulation ist:
Ausgangskadenz -> Umdeutungsakkord -> Zielkadenz

Zweck der Ausgangskadenz ist es, eine Tonart darzustellen. Dies kann man am besten, in dem man eine Reihe von Akkorden hintereinander spielt, die sämtliche tonleitereigenen Töne dieser Tonart beinhalten. In der Regel sind das die Stufen I IV V und I, also eine erweiterte Kadenz. Es könnte aber auch jede andere Akkordfolge sein, die alle tonleitereigenen Töne beinhaltet.
Wichtig bei der Wahl der Akkorde der Ausgangskadenz ist die Frage, auf welchem Akkord soll die Ausgangskadenz enden? Dieser "Schlussakkord" der Ausgangskadenz wird nämlich zugleich die Funktion des Umdeutungsakkordes einnehmen. Wir müssen also zunächst mal den Umdeutungsakkord festlegen bevor wir mit der Ausgangskadenz beginnen. Als Umdeutungsakkorde bei der diatonischen Modulation kommen immer nur die Akkorde in Frage, die in beiden Tonarten leitereigen sind.

Beispiel zum Finden des Umdeutungsakkordes für eine Modulation von C Dur nach G Dur:

Tonleitereigene Akkorde in C Dur sind:
C, D-, E-, F, G, A-, Bo

Tonleitereigene Akkorde in G Dur sind:
G, A-, B-, C, D, E-, F#o

Akorde die sowohl in C Dur als auch in G Dur vorkommen sind demzufolge:
C, E-, G und A-

Wir haben also insgesamt 4 Umdeutungsakkorde zur Verfügung.
Als nächster Schritt wäre es nun angebracht zu lernen, mit der Ausgangskadenz auf die verschiedenen Stufen einer Tonart hin zu kadenzieren.

Beispiel in C Dur:

Kadenz zur I hin:
C, F, G/F, C/E
Man wählt in diesem Fall den Sextakkord als Schlussakkord, da die Grundstellung eine unerwünschte Schlusswirkung erzielen würde.

Kadenz zur II hin:
C, G, C/E, D-

Kadenz zur III hin:
C, G, G7, A-, E-

Kadenz zur IV hin:
C, G, C/E, F

Kadenz zur V hin:
C, F, C/E, G

Kadenz zur VI hin:
C, F, G, A-

Zum Modulieren von C Dur nach G Dur wären also die Ausgangskadenzen zur I, III, V und VI Stufe relevant.
Nun brauchen wir noch die Zielkadenz. Da läuft der Hase genau umgekehrt. Man muss von einer vorgegebenen Stufe aus (= Umdeutungsakkord) zur I Stufe der Zielkadenz hin kadenzieren.
Dazu hier nun die einzelnen Kadenzen in G Dur:

Kadenz von der I zur I Stufe hin:
G/B, C6, G/D, D7, G

Kadenz von der II zur I Stufe hin:
A-, C6, G/D, D7, G

Kadenz von der III zur I Stufe hin:
B-, G/B, C6, D7, G

Kadenz von der IV zur I Stufe hin:
C, C6, G/D, D7, G

Kadenz von der V zur I Stufe hin:
D, D/C, G/B, C6, D7, G

Kadenz von der VI zur I Stufe hin:
E-, C6, G/D, D7, G

Für unsere Modulation von C Dur nach G Dur käme als Zielkadenzen die Kadenzen von der I, II, IV und V Stufe in Frage.
Der Rest ist einfach. Man nehme eine Ausgangskadenz die auf einem der 4 möglichen Umdeutungsakkorde endet, schließe eine Zielkadenz, die mit dem entsprechenden Anfangsakkord (= Umdeutungsakkord) anfängt an, und fertig ist die Modulation.
Zu beachten wäre nun noch der harmonische Rhythmus.


Hier eine schematische Darstellung zur diatonischen Modulation:

Modulation.jpg



Um nun auch in weiter entfernte Tonarten zu modulieren käme als nächster Schritt die diatonisch-variantische Modulation in Betracht.
Hierbei handelt es sich um das sogenannte Moll-Dur. In einer Dur Tonart werden Akkorde des gleichnamigen Molls miteinbezogen. Der Jazzer bezeichnet das als Modaler Austausch oder modal interchange und der Klassiker nennt es eben Moll-Dur. Der Schlüssel zu den gebräuchlichsten Akkorden in Moll-Dur ist die kleine Sexte der Tonart, will heißen, die am häufigsten angewendeten Akkorde aus dem gleichnamigen Moll sind die, die die kleine Sexte als Akkordton beinhalten.
Das wäre die Mollsubdominante - die kleine Sexte der Tonart wäre hier die kleine Terz.
Dann wäre es die Mollsubdominantparallele. Dort würde die kleine Sexte der Tonart den Grundton bilden und zu guter letzt wäre es der Mollsubdominantgegenklang. Dort wäre die kleine Sexte der Tonart die Quinte des Akkordes.

Beispiel in C Dur:
Der Ton ab wäre die kleine Sexte der Tonart.

Mollsubdominante wäre F-.
Mollsubdominantparallele wäre Ab.
Mollsubdominantgegenklang wäre Db.

Erklärung zum Mollsubdominantgegenklang:
Der Akkord Db, bezogen auf C Dur, steht auf der phrygischen Sekunde der Tonart und nimmt als Sextakkord die Funktion des Neapolitaners ein. Der neapolitanische Sextakkord ist im Prinzip nichts anderes als eine Mollsubdominante mit kleiner Sexte. In C Dur wäre die Mollsubdominante F- und dieses F- mit kleiner Sexte wären die Töne f, ab, db, was einem Db Dur Dreiklang in erster Umkehrung gleich kommt. Eben Db Dur als Sextakkord. Soviel zum Neapolitaner, der übrigens subdominantische Qualität hat.

Wenn wir nun diese 3 Akkorde, F-, Ab und Db, als Umdeutungsakkorde in C Dur verwenden, kommen wir natürlich in wesentlich weiter entfernte Tonarten als das bisher mit rein diatonischen Akkorden möglich war.

Sehen wir dies mal am Beispiel von F- an:

F- kann sein:

I Stufe in F Moll
II Stufe in Eb Dur
III Stufe in Db Dur
IV Stufe in C Moll/Dur
VI Stufe in Ab Dur

Wollten wir z.B. von C Dur nach Db Dur modulieren wäre ein möglicher Umdeutungsakkord also F-. Die Ausgangskadenz müsste dann auf F- enden.

Hier ein Beispiel dieser Ausgangskadenz:
C, G, C/E, F-

Die Zielkadenz in Ab Dur müsste nun von der VI Stufe von Ab, also von F- aus, beginnen.

Hier ein Beispiel:
F-, Db6, Ab/Eb, Eb7, Ab

Hängen wir nun beide Kadenzen aneinander haben wir eine Modulation von C nach Ab Dur.

Hier noch die fehlenden Ausgangskadenzen.

Ausgangskadenz zur bII Stufe:
C, G, C/E, Db/F, Db

Ausgangskadenz zur bVI Stufe:
C, F, G, Ab

Und hier die fehlenden Zielkadenzen (ebenfalls in C Dur, der Einfachheit halber):
Zielkadenz von der bII Stufe beginnend:
Db, Db/F, F#o7, G/C, G7, C

Zielkadenz von der IV- Stufe beginnend:
F-, F-6, F#o7, C/G, G7, C

Zielkadenz von der bVI Stufe beginnend:
Ab, F-6, F#o7, C/G, G7, C

Anbei noch eine Grafik zum 2. Teil, um die Möglichkeiten der diatonisch-variantischen Modulation noch einmal zu verinnerlichen. Man kann damit schlußendlich in alle Tonarten außer den unmittelbar Benachbarten modulieren.

Modulation-variantisch.jpg

Nun zur enharmonischen Modulation.
Modulationsmittel ist hierbei ein Akkord, der sich enharmonisch umdeuten lässt.
Achtung! Enharmonische Umdeutung ist nicht gleichzusetzen mit enharmonischer Verwechslung. Bei einer enharmonischen Verwechslung wird ein Akkord als ganzes umgedeutet, oft zwecks besserer Lesbarkeit. Bei einer enharmonischen Umdeutung hingegen wird nur ein Ton eines Akkordes enharmonisch umgedeutet. Dadurch verändert sich die Intervallstruktur des Akkordes und demzufolge auch seine Auflösungstendenzen.
Die gängigsten Akkorde die hierfür verwendet werden sind einerseits der kleine Dominantseptnonakkord ohne Grundton (der Jazzer nennt ihn auch verminderter Dominantseptakkord). Er wird durch Umdeutung zu einem anderen kleinen Dominantseptnonakkord und andererseits der kleine Dominantseptnonakkord mit verminderter Quinte, im Jazz auch subV/x genannt. Er wird durch Umdeutung zu einem Dominantseptakkord.
Eine entscheidende Rolle bei diesen Umdeutungen spielt das in den Akkorden enthaltene Intervall des Tritonus, das sich als verminderte Quinte oder aber übermäßige Quart deuten lässt. Diese Doppeldeutigkeit macht man sich bei der enharmonischen Modulation zum Nutzen.




Der kleine Dominantseptnonakkord findet sich auf der VII Stufe in Harmonisch Moll und stellt eigentlich einen verkürzten Dominantseptnonakkord (= Dominantseptnonakkord ohne Grundton) dar. Er hat somit Dominantfunktion. Abkürzung = Dv.
Der Dv ist nicht nur als tonarteigener Dv wichtig, sondern auch in seiner Funktion als Sekundärdominantstellvertreter (= Zwischendominantstellvertreter). In Schlusskadenzen wird der verkürzte kleine Doppeldominantseptnonakkord (Abkürzung = DDv, der Jazzer nennt ihn auch #IVo7) fast immer in den Quartsextvorhalt der Dominante (= 2.Umkehrung der Tonika) weitergeführt. Er kann allerdings auch direkt in die Dominante geführt werden.
Um nun mit einem Dv zu modulieren, wird der Dv, DDv oder ein anderer Zwischendominant-Dv der Ausgangstonart in den Dv, DDv oder einen anderen Zwischendominant-Dv der Zieltonart umgedeutet.
Jeder Dv lässt sich durch enharmonische Umdeutung in vier verschiedene Richtungen hin auflösen.

Beispiel:
der Akkord b, d, f, ab ist der kleine verkürzte Dominantseptnonakkord auf der VII Stufe in C Harmonisch Moll. Er löst sich zunächst sowohl nach C Moll als auch nach C Dur auf.
b ist in diesem Fall Leitton der Tonart und gleichzeitig Basston des Dv. Den Dominanttritonus des Dv's bilden die Töne b und f. Auflösungstendenz besteht dadurch, wie schon gesagt, nach C Dur und C Moll.

Was seine Intervallstruktur betrifft, ist der kleine verkürzte Dominantseptnonakkord ein komplett symmetrischer Akkord. Man könnte sagen, er besteht aus lauter übereinandergeschichteten kleinen Terzen. Allerdings ist das Intervall von der verminderten Septime bis hin zur Oktave genau genommen keine kleine Terz, sondern ein Hiatus (=übermäßige Sekunde). Man kann nun durch enharmonische Umdeutung den Akkord dermaßen gestalten, dass sich besagter Hiatus in eine kleine Terz verwandelt und somit der Akkord seine Auflösungstendenz ändert. Der Hiatus tritt dann natürlich an anderer Stelle wieder auf.

Nehmen wir an der Leitton (=Basston) unseres Akkordes b, d, f, ab ist nicht länger der Ton b, sondern der Ton d. Es wäre also der kleine verkürzte Dominantseptnonakkord von Eb Dur, also Do7. Auflösungstendenz bestünde nun nach Eb Dur bzw. Eb Moll.
Enharmonisch korrekt muss dieser Akkord nun folgendermaßen notiert werden: d, f, ab, cb. Deshalb cb, weil cb die kleine None von Bb7 ist.
Vom Klang her sind die Akkorde b, d, f, ab und d, f, ab, cb bei gleichschwebender Stimmung identisch. Im harmonischen Kontext erfüllen sie allerdings 2 verschiedene Aufgaben.
Zu betrachten wäre nun noch der gleiche Akkord mit f, bzw. g# als Leitton.
Die Modulationen mit dem Dv und dem DDv sind die populärsten. Dv's anderer Sekundärdominanten sind seltener.

Umdeutungsmöglichkeiten:
Der Dv der Ausgangstonart wird in den Dv der Zieltonart umgedeutet.
Wenn man die Ausgangstonart ausschließt, ergeben sich 3 verschiedene Zieltonarten plus deren 3 parallele Molltonarten.

Beispiel:
Der Dv der Ausgangstonart = Bo7 (Tonart = C Dur/Moll) wird in den Dv der Zieltonart = Do7 (-> Eb Dur/Moll), Fo7 (-> Gb Dur/Moll) und G#o7 (-> A Dur/Moll) umgedeutet.

Der Dv der Ausgangstonart = Bo7 (Tonart = C Dur/Moll) wird in den DDv der Zieltonart = Do7 (-> Ab Dur/Moll), Fo7 ( -> Cb Dur/Moll) oder nach G#o7 ( -> D Dur/Moll) umgedeutet.
Hier geht auch noch der DDv der Zieltonart = Bo7 (-> F Dur/Moll), jedoch ist der DDv von F Dur enharmonisch gleich wie der Dv von C Dur. Es handelt sich hierbei also um eine diatonische und keine enharmonische Umdeutung.

Der DDv der Ausgangstonart = F#o7 (Tonart = C Dur) wird in den Dv der Zieltonart = Ao7 (-> Bb Dur/Moll), Co7 (-> Db Dur/Moll) und D#o7 (-> E Dur/Moll) umgedeutet.
Hier geht auch noch der Dv der Zieltonart = F#o7 (-> G Dur/Moll), jedoch ist der DDv von C Dur enharmonisch gleich wie der Dv von G Dur. Es handelt sich hierbei also um eine diatonische und keine enharmonische Umdeutung.

Der Modulationsablauf der enharmonischen Modulation

Der Dv der Ausgangstonart wird zunächst innerhalb der Ausgangstonart in den Tonika-Sextakkord aufgelöst. Sextakkord deshalb, damit keine Schlusswirkung entsteht. Danach wird der Dv mit demselben oder einem anderen Basston wieder aufgegriffen. Der Basston sollte dabei stufenweise eingeführt werden. Nach der enharmonischen Umdeutung in den Dv der Zieltonart wird dieser stufenweise in den Tonika-Sextakkord oder Tonika Quartsextakkord aufgelöst. Gegebenenfalls muss deshalb der Dv vorher nochmals umgekehrt werden.

Bei Umdeutung in den DDv der Zieltonart wird dieser DDv, wie schon oben erwähnt, meist in den Tonika-Quartsextakkord der Zieltonart aufgelöst.
In beiden Fällen folgt eine Kadenz um die Zieltonart zu festigen.

Wird der DDv der Ausgangstonart benutzt, so wird dieser zunächst in die Dominante der Ausgangstonart geführt, danach wieder stufenweise in den DDv zurück, umgedeutet in den Dv der Zieltonart und dieser wird in den Tonika-Sextakkord der Zieltonart geführt. Danach wird zur Zieltonika hin abkadenziert.

Hier 2 Beispiele für die oben beschriebenen Modulationsabläufe:

Clipboard01.jpg


In diesem Beispiel wird von C Moll nach Eb Dur moduliert. Der Dv von C Moll wird enharmonisch umgedeutet in den Dv von Eb Dur.

Clipboard02.jpg

In diesem Beispiel wird von C Dur nach E Dur moduliert. Der DDv von C Dur wird umgedeutet in den Dv von E Dur.

Die Modulation über den alterierten Dv
Der Dv oder DDv mit tiefalterierter Quinte ist klanglich identisch mit einem Dominantseptakkord und kann daher in einen solchen umgewandelt werden … usw.
 
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