
diazepam
Registrierter Benutzer
Als ich gestern morgen so mein Hydraulikaggregat am polieren war, und infolgedessen viel Zeit zum Nachdenken hatte, gingen mir folgende Gedanken zum Thema Musik durch den Kopf.
Gleich vorweg: Nicht so ernst / wörtlich nehmen!
[x] verweist auf einen unten stehenden Kommentar.
1. Musik für die Massen
Wovon rede ich eigentlich? Ich rede von der Musik der Massen. Die Musik, die man halt so hört, wenn man cool ist. Sprich: Alles, wo Pop davor steht oder stehen könnte, Punk zu großen Teilen (wobei man da wieder differenzieren muss!) und Ähnliches; leichte Kost eben. Der größte Teil der Bevölkerung hört dies, teilweise aus reiner Unkenntnis darüber, dass es auch Alternativen gibt, teilweise, weil anspruchsvollere Musik zu anspruchsvoll ist, teilweise aufgrund der Tatsache, dass man gut drauf tanzen / mitgrölen, -klatschen etc. kann, teilweise aus Gründen, die mir bislang verborgen blieben.
Geben wir dem Kind also einen passenden Namen: "Volksmusik".
2. "Volksmusik" und Kunst
Also eigentlich wird Musik ja immer unter Kunst eingeordnet. Für Musik im eigentlichen Sinne ist das auch völlig korrekt, denn Musik ist Kunst.
Aber ich denke, man muss hier differenzieren. Um den Gedanken zu verdeutlichen, nehmen wir mal die kleine Schwester der Musik: Die Malerei. Was zeichnet ein kunstvolles Gemälde aus? Wann ist ein Bild "Kunst"? Für mich (und ich denke, da werden mir viele zustimmen) ist ein Bild künstlerisch hochwertig, wenn ich mich darin verlieren kann. Wenn mir dabei sofort Gedanken durch den Kopf schiessen, sich eine bestimmte Stimmung einstellt und, was für die momentane Überlegung am Wichtigsten ist: Wenn es nicht langweilig wird. Auch wenn ich das Bild stundenlang ansehe, darf es nicht langweilig werden, oder mir gar zum Halse heraus hängen; das Gegenteil muss der Fall sein: Es soll in meinen Augen immer interessanter, immer schöner werden! Dann ist das für mich Kunst.
Zurück zur Musik. Sehen wir uns doch mal unsere "Volksmusik" an. Dort haben wir in 80% der Fälle einen 4/4 Takt. Wir haben in 95% der Fälle die Songstruktur "Intro, Strophe, Refrain, Strophe, Refrain, Bridge/Solo, Refrain, Outro", wobei In- und Outro nicht zwingend sind bzw. meist SEHR dürftig ausfallen. Die Lyrics drehen sich zu 30% um Party/Saufen, zu 30% um Sex/Liebe, zu 30% um pseudorevolutionären Bullshit [1] und geben zu 10% gar keinen Sinn (Angaben ohne Gewähr!). Heraus kommt ein zwischen 2:30 und 3:30 langer Song. In diesem engen Rahmen, der anscheinend eingehalten werden muss, will man sich am Markt etablieren [2], ist wenig Platz für Kreativität, das Fundament, auf dem jegliche Kunst fußt. "Volksmusik" ist also keine Kunst. Was ist sie dann?
Ein Konsumgut. Nennen wir sie also besser Konsummusik. Dazu nochmal ein kleines Gedankenexperiment:
3. "Konsummusik" und deren Zyklus
Nehmen wir einmal an eine Gruppe, nennen wir sie mal "Pinking Lark" veröffentlicht einen neuen Song, der von der Allgemeinheit als gut befunden wird. Dann wird dieser Song mit hoher Geschwindigkeit auf Platz 1 der Hörercharts gewählt werden. Dort wird er sich vier bis sechs Wochen halten, um anschließend in einer ähnlichen Geschwindigkeit wie die, in der er aufstieg, wieder abzusteigen und schließlich in Vergessenheit zu geraten.
Hätten wir uns nun statt der Hörercharts die Verkaufszahlen angesehen, wäre uns ein ähnliches Szenario aufgefallen.
Was ist passier? Erst finden alle den Song so toll (was die Verkaufszahlen ja beweisen) und nach kurzer Zeit will ihn niemand mehr hören? Die Antwort liegt auf der Hand: Man hat den Song "totgespielt"; er hängt allen zum Hals raus; ist aufgrund seiner allzugewohnten und allzueinfachen Struktur langweilig geworden.
Doch das ist nicht weiter schlimm, denn die Musikindustrie produziert ständig neue Munition zum verballern. Doch da man jetzt nicht nur von dem Song, sondern auch von der Gruppe die Nase voll hat, muss nun eine andere ran, denn wenn man schon in Struktur, Text usw. keine Abwechslung hat, möchte man wenigstens eine andere Stimme hören [3]. Nennen wir diese Band mal "Blank 0815". "Blank 0815" veröffentlichen also einen Song. Dieser tut nun das gleiche, was der Song von "Pinking Lark" seinerzeit tat: Er steigt auf und wieder ab.
Führt man dieses Spiel nun weiter, bzw. beobachtet man einmal die Charts und dazugehörigen Verkaufsstatistiken über einen entsprechend dimensionierten Zeitraum, ergibt sich (wenn man etwas abstrahiert) die Berühmte sin() Funktion, sprich: ein ständiges Auf und Ab, wobei es sich bei jedem "Auf" um einen neuen [4] Song handelt. Das Resultat: Die Leute kaufen sich einen Song, hören ihn tot, kaufen einen neuen usw...
Diejenigen, die letztendlich am meisten Freude daran haben, sind wohl "Pinking Lark", "Blank 0815" und ihre Kollegen, bzw. deren Plattenfirmen, denn oft werden solche Bands durch seitens der Labels höchst ausgefeilte Verträge ähnlich versklavt, wie die Arbeiter in einer Fabrik. Darum ist "Kapitalmusik" wohl eine treffendere Bezeichnung als "Konsummusik".
4. Ist "Kapitalmusik" Musik?
Letztendlich stellt sich also die Frage: Ist "Kapitalmusik" eigentlich Musik? Betrachtet man Musik als Kunst, muss man sie auf Kreativität überprüfen, denn wie bereits erwähnt, ist Kreativität die Grundlage eines jeden Kunstwerks. So kommt man schließlich zu dem Schluss, dass "Kapitalmusik" nur bedingt als Musik zu bezeichnen ist, denn die "Künstler" werden durch den Markt extrem in ihrer Kreativität eingegrenzt. Somit sind sie eher als "Arbeiter" zu bezeichnen, denn die Musikindustrie... Naja, das Wort selbst sagt schon alles. ;-)
5. Zum Schluss
noch eine Textstelle aus einem kunstvollen Song einer Band, die richtige Musik, also Kunst macht:
"music fills my empty bones
well and sometimes it seems it is the only way i have left to go"
AMPLIFIER - Motorhead
Kommentare
[1] siehe: Porcupine Tree - Sound Of Muzak
[2] siehe: King Crimson - Happy With What You Have To Be Happy With
[3] Damit wäre ganz nebenbei auch die Frage geklärt, warum die Fans der "Volksmusik" so unverhältnismäßig gewaltig auf die jeweiligen Sänger ihrer "Lieblingsbands" abgehen...
[4] Inwiefern es sich hierbei wirklich um NEUE Songs handelt, bleibt natürlich fraglich...
Gleich vorweg: Nicht so ernst / wörtlich nehmen!
[x] verweist auf einen unten stehenden Kommentar.
1. Musik für die Massen
Wovon rede ich eigentlich? Ich rede von der Musik der Massen. Die Musik, die man halt so hört, wenn man cool ist. Sprich: Alles, wo Pop davor steht oder stehen könnte, Punk zu großen Teilen (wobei man da wieder differenzieren muss!) und Ähnliches; leichte Kost eben. Der größte Teil der Bevölkerung hört dies, teilweise aus reiner Unkenntnis darüber, dass es auch Alternativen gibt, teilweise, weil anspruchsvollere Musik zu anspruchsvoll ist, teilweise aufgrund der Tatsache, dass man gut drauf tanzen / mitgrölen, -klatschen etc. kann, teilweise aus Gründen, die mir bislang verborgen blieben.
Geben wir dem Kind also einen passenden Namen: "Volksmusik".
2. "Volksmusik" und Kunst
Also eigentlich wird Musik ja immer unter Kunst eingeordnet. Für Musik im eigentlichen Sinne ist das auch völlig korrekt, denn Musik ist Kunst.
Aber ich denke, man muss hier differenzieren. Um den Gedanken zu verdeutlichen, nehmen wir mal die kleine Schwester der Musik: Die Malerei. Was zeichnet ein kunstvolles Gemälde aus? Wann ist ein Bild "Kunst"? Für mich (und ich denke, da werden mir viele zustimmen) ist ein Bild künstlerisch hochwertig, wenn ich mich darin verlieren kann. Wenn mir dabei sofort Gedanken durch den Kopf schiessen, sich eine bestimmte Stimmung einstellt und, was für die momentane Überlegung am Wichtigsten ist: Wenn es nicht langweilig wird. Auch wenn ich das Bild stundenlang ansehe, darf es nicht langweilig werden, oder mir gar zum Halse heraus hängen; das Gegenteil muss der Fall sein: Es soll in meinen Augen immer interessanter, immer schöner werden! Dann ist das für mich Kunst.
Zurück zur Musik. Sehen wir uns doch mal unsere "Volksmusik" an. Dort haben wir in 80% der Fälle einen 4/4 Takt. Wir haben in 95% der Fälle die Songstruktur "Intro, Strophe, Refrain, Strophe, Refrain, Bridge/Solo, Refrain, Outro", wobei In- und Outro nicht zwingend sind bzw. meist SEHR dürftig ausfallen. Die Lyrics drehen sich zu 30% um Party/Saufen, zu 30% um Sex/Liebe, zu 30% um pseudorevolutionären Bullshit [1] und geben zu 10% gar keinen Sinn (Angaben ohne Gewähr!). Heraus kommt ein zwischen 2:30 und 3:30 langer Song. In diesem engen Rahmen, der anscheinend eingehalten werden muss, will man sich am Markt etablieren [2], ist wenig Platz für Kreativität, das Fundament, auf dem jegliche Kunst fußt. "Volksmusik" ist also keine Kunst. Was ist sie dann?
Ein Konsumgut. Nennen wir sie also besser Konsummusik. Dazu nochmal ein kleines Gedankenexperiment:
3. "Konsummusik" und deren Zyklus
Nehmen wir einmal an eine Gruppe, nennen wir sie mal "Pinking Lark" veröffentlicht einen neuen Song, der von der Allgemeinheit als gut befunden wird. Dann wird dieser Song mit hoher Geschwindigkeit auf Platz 1 der Hörercharts gewählt werden. Dort wird er sich vier bis sechs Wochen halten, um anschließend in einer ähnlichen Geschwindigkeit wie die, in der er aufstieg, wieder abzusteigen und schließlich in Vergessenheit zu geraten.
Hätten wir uns nun statt der Hörercharts die Verkaufszahlen angesehen, wäre uns ein ähnliches Szenario aufgefallen.
Was ist passier? Erst finden alle den Song so toll (was die Verkaufszahlen ja beweisen) und nach kurzer Zeit will ihn niemand mehr hören? Die Antwort liegt auf der Hand: Man hat den Song "totgespielt"; er hängt allen zum Hals raus; ist aufgrund seiner allzugewohnten und allzueinfachen Struktur langweilig geworden.
Doch das ist nicht weiter schlimm, denn die Musikindustrie produziert ständig neue Munition zum verballern. Doch da man jetzt nicht nur von dem Song, sondern auch von der Gruppe die Nase voll hat, muss nun eine andere ran, denn wenn man schon in Struktur, Text usw. keine Abwechslung hat, möchte man wenigstens eine andere Stimme hören [3]. Nennen wir diese Band mal "Blank 0815". "Blank 0815" veröffentlichen also einen Song. Dieser tut nun das gleiche, was der Song von "Pinking Lark" seinerzeit tat: Er steigt auf und wieder ab.
Führt man dieses Spiel nun weiter, bzw. beobachtet man einmal die Charts und dazugehörigen Verkaufsstatistiken über einen entsprechend dimensionierten Zeitraum, ergibt sich (wenn man etwas abstrahiert) die Berühmte sin() Funktion, sprich: ein ständiges Auf und Ab, wobei es sich bei jedem "Auf" um einen neuen [4] Song handelt. Das Resultat: Die Leute kaufen sich einen Song, hören ihn tot, kaufen einen neuen usw...
Diejenigen, die letztendlich am meisten Freude daran haben, sind wohl "Pinking Lark", "Blank 0815" und ihre Kollegen, bzw. deren Plattenfirmen, denn oft werden solche Bands durch seitens der Labels höchst ausgefeilte Verträge ähnlich versklavt, wie die Arbeiter in einer Fabrik. Darum ist "Kapitalmusik" wohl eine treffendere Bezeichnung als "Konsummusik".
4. Ist "Kapitalmusik" Musik?
Letztendlich stellt sich also die Frage: Ist "Kapitalmusik" eigentlich Musik? Betrachtet man Musik als Kunst, muss man sie auf Kreativität überprüfen, denn wie bereits erwähnt, ist Kreativität die Grundlage eines jeden Kunstwerks. So kommt man schließlich zu dem Schluss, dass "Kapitalmusik" nur bedingt als Musik zu bezeichnen ist, denn die "Künstler" werden durch den Markt extrem in ihrer Kreativität eingegrenzt. Somit sind sie eher als "Arbeiter" zu bezeichnen, denn die Musikindustrie... Naja, das Wort selbst sagt schon alles. ;-)
5. Zum Schluss
noch eine Textstelle aus einem kunstvollen Song einer Band, die richtige Musik, also Kunst macht:
"music fills my empty bones
well and sometimes it seems it is the only way i have left to go"
AMPLIFIER - Motorhead
Kommentare
[1] siehe: Porcupine Tree - Sound Of Muzak
[2] siehe: King Crimson - Happy With What You Have To Be Happy With
[3] Damit wäre ganz nebenbei auch die Frage geklärt, warum die Fans der "Volksmusik" so unverhältnismäßig gewaltig auf die jeweiligen Sänger ihrer "Lieblingsbands" abgehen...
[4] Inwiefern es sich hierbei wirklich um NEUE Songs handelt, bleibt natürlich fraglich...
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