Noten / Tabulatur im Unterricht

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Hallo,

sagt, habt ihr ein paar Argumente, warum Tabulatur das bewährtere System ist, um Rock- und Popgitarre im Unterricht zu vermitteln?

Ich rede mir den Mund als Gitarrenlehrer fusselig, um den Eltern meiner Schüler klarzumachen, dass ich davon überzeugt bin, dass man so besser lernt und schneller so spielt, wie es klingen soll.

Die Eltern sagen umgekehrt, dass die Schüler ja in der Schule auch Notenkenntnisse besitzen müssten. Dafür kann ich dann einen Schnellkurs im Notenlesen anbieten, was ich auch tue, und eine "Übersetzung" der Tabulaturschrift in Noten.

Außerdem unterrichte ich auch nach Peter Burschs "Das Folk Buch für Gitarre", hier sind ja beide Systeme untereinander, TAB und Noten abgebildet, wobei sich meine Schüler wiederum auch IMMER für die Tabulatur entscheiden.

Ich habe ein Plakat das ich jetzt aufhängen werde: "Great Guitar Rock Riffs" woran man gut erkennt, wie plausibel die Tabulatur ist, wenn man sie erst einmal begriffen hat.

Die Eltern verstehen diesen Punkt einfach nicht und behaupten, nach Tabulatur zu spielen wäre der "Weg des geringsten Widerstandes".

Hinderlich ist auch, dass die etablierten Musikschulen nach wie vor meist stur nach Noten unterrichten, da ja auch die klassische Literatur oftmals Gitarren-NOTEN bereitstellt,

aber gerade bei Stücken wie "Spanische Romanze" zeigt sich ja auch wieder klar, dass es nach Tabulatur viel sinnvoller ist.

Ein weiteres Argument der Eltern war noch, dass die Schüler vllt. mal in einer Schulband mitspielen würden. Mein Gegenargument: Da würde ja dann auch Rock und Pop gespielt und das ginge nach Akkorden und die paar Melodien, die womöglich nach Noten benötigt werden, könnte ich dann ja auch im Unterricht mit den Schülern bearbeiten.

lg
stuckl
 
Eigenschaft
 
Öhhh...
Tabs SIND der Weg des geringsten Widerstandes.

Ansonsten gibt es mehr als genug Threads, in denen erbittert die Anhäger des jeweiligen Systems dessen Überlegenheit herausstellen.
Dies könnte ein weitere davon werden... :cool:
 
Ich verstehe nicht, wie man es als Musiklehrer verantworten kann seinen Schülern nicht nach Noten zu spielen beizubringen.
 
Ich verstehe nicht, wie man es als Musiklehrer verantworten kann seinen Schülern nicht nach Noten zu spielen beizubringen.

Das geschieht ja auch (z.B. durch die Unterrichtsliteratur, in der beide Systeme verwendet werden), aber schwerpunktmäßig eben nach Tabulatur, da ich das als das bewährtere System ansehe. Liege ich da so falsch?

Alle fortgeschritteneren E-Gitarrenschulen gehen doch auch diesen Weg. Aber ich lass mich gern überzeugen und lerne dazu.
 
Ich halte das traditionelle System für allgemein besser, da es - schwer zu sagen - der Musik, die dahinter steckt, näher kommt als Tabs. Wenn ich ein Notenblatt sehe (ich gehe jetzt von eher tonalem Kontext aus), kriege ich schon eine ungefähre Vorstellung wie es klingen soll. Ich sehe Tonalität, harmonische und melodische Zusammenhänge. Bei Tabs tu ich mir da schwer. Ein Gis ist eben doch nicht gleich As, in der Tabulatur wird aber kein Unterschied gemacht.
Davon abgesehen - das meinte ich vorhin - sind Noten immer noch üblicher. Ich finde du solltest deine Schüler darauf vorbereiten, damit sie wenn sie vielleicht mal in einer Big Band o.ä. spielen, auch in der Lage sind vom Blatt nach Noten zu spielen.

Ich kenne keine E-Gitarrenschulen - ist das echt so? Die meisten (ambitionierteren) E-Gitarristen in meinem Bekanntenkreis können nach Noten spielen. Ich persönlich würde Tabs im Unterricht ganz rauslassen, will da aber keinen glaubenskrieg anfangen ;) Aber ich denke ums Notenlesen kommt man als Musiker nicht rum.
 
Wenn du dafür sorgen willst, dass die Gitarristen in ihrer eigenen Welt bleiben und nicht mit der Außenwelt musikalisch kommunizieren sollen, dann ist die Tabulatur genau das richtige.
Das ist eine sehr spezielle Art der Notation, die nur bei Gitarreninstrumenten funktioniert und die in den meisten Fällen auch nur die Gitarristen lernen und verstehen.
Außerdem ergibt sich durch die Tabulatur überhaupt kein musikalischer Zusammenhang:
"Töne des E-Durdreiklangs?"
"0, 2, 2, 1, 0, 0!"
Um mal schnell ein paar Töne zu fingern mag die Tabulatur richtig sein, aber um Musik zu machen, Musik zu verstehen und zu verinnerlichen ist sie mehr als Hinderlich, mal ganz davon abgesehen, dass sie in der polyphonen Schreibweise völlig versagt.
 
Hier wurden gute Pro-Notation-Argumente geliefert.

Vllt. muss man es dann vom jeweiligen Stück abhängig machen. Die spanische Romanze z.B. lässt sich in Tabulatur doch wirklich besser erlernen.

Ich spiele und unterrichte auch Klavier, es ist also nicht so, dass ich eine grundsätzliche eigene Scheu vor Noten habe.

Wenn z.B. ein E-Gitarrensolo, das auf Pentatonik im 8. Bund basiert, gespielt werden soll, wo können da in der Darstellung noch Vorteile bei der Notenschrift sein? (außer z.B. Rhythmus-Darstellung).


So wie ich vllt. etwas zu einseitig mich auf Tabulatur berufe, erscheint mir umgekehrt insbes. manche öffentliche Musikschule zu einseitig auf Noten ausgerichtet, meine Schwester hat dort massig Etüden aber kaum Akkorde gelernt innerhalb von 4
Jahren Unterricht, von dem was sie damals konnte kann sie heute gar nichts
mehr.

Ich sehe ein, dass ich zu dogmatisch das Tabulatur-System verteidigt habe, aber sinnvoll erscheint mir nun nicht die Abkehr von der Tabulatur, sondern die Ergänzung durch Noten, wo es unabdingbar ist (so wie eben in mancher Unterrichtsliteratur beide Systeme auftauchen).
 
Ich denke dass beide Wege zum Ziel führen. Und zwar gemeinsam; das war bei mir zumindest der Fall.

Zuallererst habe ich Skalen und Arpeggien als Tabs gelernt, was auch sinnvoll war, da man schnell losspielen kann und die Patterns schon drin hat.
Der nächste Schritt war es dann, die Töne auf dem Griffbrett zu erkennen, und die Patterns zu verschieben. Dazu gehört auch zu verstehen, wieso nun Vorzeichen dazukommen bzw. sich ändern.
Ist das geschafft, so lernt man schließlich auch einfach nach Noten zu spielen.

Ich denke dass es wichtiger ist, das Griffbrett genau zu kennen und Noten lokalisieren zu können, als fließend nach Noten spielen zu können.
 
Die spanische Romanze z.B. lässt sich in Tabulatur doch wirklich besser erlernen.

Möglich, aber da denkst du doch gleich an eine bestimmte Version in einer bestimmten Tonart in einem bestimmten Arrangement. So pauschal kann man das doch über ein einzelnes Stück überhaupt nicht sagen, ob es besser auf dieser oder jener Grundlage zu erlernen ist.

Wenn z.B. ein E-Gitarrensolo, das auf Pentatonik im 8. Bund basiert, gespielt werden soll, wo können da in der Darstellung noch Vorteile bei der Notenschrift sein?

Kommt drauf an, was dein Unterrichtsziel ist. Wenn dein Schüler nur lernen soll, die Töne zu reproduzieren, ist Tabulatur sicher ein schneller zielführender Weg. Aber Musikunterricht erschöpft sich ja (hoffentlich) nicht nur in Reproduktion, das war ja in der Vergangenheit oft ein berechtigter Vorwurf. Wenn dein Unterrichtsziel ist, daß dein Schüler mehr Kompetenzen im Entscheiden über Lagen und Fingersätze erwerben soll, sind Noten das Mittel der Wahl. Ebenso, wenn das Zusammenspiel mit anderen Instrumenten koordiniert werden soll, die nach Noten spielen.

Wenn für einzelne Instrumente spezielle Notationsweisen entwickelt werden, behindert das immer die schnelle und einfache Kommunikation. Transponierende Instrumente sind schon aufwändig genug, da müssen nicht noch mehr Instrumente mit Spezialnotationen ankommen, als nötig. Ich sehe ja ein, daß es für Gitarrenanfänger oft Sinn macht, nach Tabulatur zu spielen, aber das Stadium sollte doch im Laufe der Jahre gelockert und überwunden werden.

So wie ich vllt. etwas zu einseitig mich auf Tabulatur berufe, erscheint mir umgekehrt insbes. manche öffentliche Musikschule zu einseitig auf Noten ausgerichtet, meine Schwester hat dort massig Etüden aber kaum Akkorde gelernt innerhalb von 4 Jahren Unterricht, von dem was sie damals konnte kann sie heute gar nichts mehr.

Daß es woanders Mißstände gibt, macht deine selbsterkannte eigene Einseitigkeit nicht besser. Und warum deine Schwester nichts mehr kann: ist das auf die Notenschrift zurückzuführen?

Ich sehe ein, dass ich zu dogmatisch das Tabulatur-System verteidigt habe, aber sinnvoll erscheint mir nun nicht die Abkehr von der Tabulatur, sondern die Ergänzung durch Noten, wo es unabdingbar ist (so wie eben in mancher Unterrichtsliteratur beide Systeme auftauchen).

Naja, so wird's ja auch im Regelfall gemacht. Jedes Notationssystem da, wo es didaktisch und musikalisch am richtigen Platz ist.

Harald
 
Ich denke auch, dass man als Gitarrist beides lernen sollte. Noten sind schon was Feines, wegen der musikalischen Zusammenhänge ... Aber aus ihnen geht nicht immer eindeutig die Spielweise hervor, wo gegriffen werden soll und wie das Bending auszusehen hat. Man sollte beides können. Ansonsten gilt für mich persönlich die Faustregel:

Klassik/Jazz --> Noten
Pop/Rock/Funk --> Tabs

Grüße,
Carsten
 
Ich denke beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile.
Mein Hauptproblem an Tabulaturen ist eigentlich am ehesten die ungemeine Verbreitung im Internet von falschen und/ oder total schlechten Tabs.
Die Tabulaturen die ich wirklich 1:1 so übernehmen konnte wie sie im Netz waren kann ich echt an zwei Händen abzählen.
Jetzt hab ich aber den musikalischen Background, dass ich erkenne, wenn da was Falsches steht. Viele meiner Schüler können das aber so schnell nicht. Die üben dann erstmal fein was Falsches und wundern sich vllt warum es nicht so klingt wie es sollte.
Mit ein paar Schülern mach ich zur Zeit folgendes: Ich hab ne Tabulatur eines Stückes (genau so im Netz) und spiel denen den Song von CD vor und sie müssen hören wo was falsch ist und das entsprechend korrigieren.
Generell bin ich gar kein Feind von Tabulaturen. Man sollte nur wissen was man da macht. Wieso kann ich einen G Powerchord sowohl zu G-Dur als auch zu G-Moll spielen? Klar, weil die Terz fehlt.. Ja. Nun erklär mal jemandem was ne Terz ist und benutz nur Tabulatur.. Das macht einfach wenig Sinn. In allem was Musiktheoretisches Wissen voraussetzt ist Notation einfach der Tabulatur um Welten überlegen.

Auch in anderen Bereichen hat die Notation einfach die Nase vorn: Rhythmisierung. Ja es gibt Tabs mit Rhythmusangaben.. Aber die Mehrzahl ist das nicht..
Weiterer Punkt der damit zusammenhängt: Mehrstimmigkeit. Oh, der Basston klingt den ganzen Takt lang, während oben die Melodie weiterläuft, d.h. ich muss den die ganze Zeit festhalten? In der Notation durch mehrere Stimmen in einem System kein Problem. In der Tabulatur: unmöglich, es sei denn ich schreib an jeden Ton wie lang er ist... Hab ich schon gesehen (mit Q für Quarter etc). Aber lies das mal flüssig...
Was mich auch noch stört ist, dass durch die Tabulatur immer ein fester Weg vorgeben wird.
Manchmal gibt es aber eben auch geschicktere Lösungen, oder ein anderer Weg hat klangliche Vorteile. Noten geben hier einen gewissen Spielraum, indem zwar die Tonhöhe festgelegt wird, aber nicht der exakte Punkt des Greifens.
Sie bedingen dann, dass man sich nunmal mit dem Lied auseinander setzt und verschiedene Möglichkeiten ausprobiert.

Das sind so Punkte, wo man an Notation einfach nicht vorbeikommt.
Tabulatur ist aus meiner Sicht eher was für's schnelle Notieren von Ideen, Übungen oder ähnlichem, wo der musikalische Kontext gar nicht erst im Raum steht, sondern eher der Bewegungsablauf als solcher. Pentatonik wär so ein Beispiel.
Da ist das Rastermuster des Greifens erstmal viel wichtiger als die Tön als solche, und auch viel praxisorientierter. Natürlich sollte man auch wissen was denn Pentatonik ist, und warum sie mit gewissen Akkorden einfach immer gut klingt, aber beim spielen/solieren mit der Pentatonik orientiert man sich halt doch eher am Muster als solches, als an den Tönen. (vllt vom Grundton mal abgesehen)

So ein kleiner Vergleich den ich für mich mal gezogen hab ist:
Tabulatur ist ein wenig wie "Malen nach Zahlen": Man wird an die Hand genommen und geführt. Blöd ist halt, wenn auf dem Elefanten ne 5 für "Rosa" steht, statt ner 2 für "hellgrau". Dafür geht es schnell und jedes Kind kann es machen.
Für Noten braucht man eine gewisse Abstraktion und ein bestimmte Vorwissen. Dafür bekommt man eine Grundlage auf der man Entscheidungen fällen kann, und den Elefanten dann dunkelgrau statt hellgrau malen kann, wenn man das will, vllt weil im Bild die Sonne grad untergeht. Allerdings muss man auch erstmal über die verschiedenen Faktoren bescheid wissen, die eine Rolle spielen.

Was nun jeder lernen möchte, muss er selbst entscheiden. Ich hab durchaus ein paar Schüler gehabt, denen ich nie irgendeine Note beigebracht hab. Beispielsweise eine Kindergärtnerin, die einfach nur ein paar Akkorde für ihre Arbeit lernen wollte um da mit den Kindern zu singen. Die kann jetzt nen Dutzend offener Akkorde anhand von Griffbildern und gut ist, was soll die mit Noten?
Aber jeder der irgendwie ernsthaft Musik betreiben will, macht mit Noten erstmal nix falsch.

(wobei der allerbeste Weg eigentlich immer noch der über das eigene Gehör ist, lösgelöst von jeder schriftlich fixierten Form, oder nur durch diese unterstützt)
 
Ich denke auch, dass man als Gitarrist beides lernen sollte. Noten sind schon was Feines, wegen der musikalischen Zusammenhänge ... Aber aus ihnen geht nicht immer eindeutig die Spielweise hervor, wo gegriffen werden soll und wie das Bending auszusehen hat.

Man kann doch Fingersätze nicht allgemeingültig vorschreiben, jedem liegt ein anderer besser. Probier mal aus:

e--12---9--------9--14--| --12------------------12----| --12------------------12-
h-------------10------------| -------14--10--14---------| -------14-------14------
g----------------------------- | ------------------------------| ------------14------------

In Notenschrift würde man dazu auf den ersten Blick sehen, dass es ein A-Dur Dreiklang ist, den Fingersatz kann dann jeder selbst individuell drüberschreiben.
 
Die Ausgangsfrage war eine didaktische:

habt ihr ein paar Argumente, warum Tabulatur das bewährtere System ist, um Rock- und Popgitarre im Unterricht zu vermitteln?

Also geht es darum, welches Notationssystem vorzuziehen sei (abgesehen von der Richtungstendenz, daß Tabulatur das bessere sei ;)) .

Und Schüler, zumindest im Anfängerstadium, haben keine Entscheidungskompetenz darüber. Daher sind die Ratschläge "jeder soll selber entscheiden" für diese Gruppe nicht sehr hilfreich. Die Entscheidung für oder gegen ein Notationssystem kann erst fallen, wenn jemand auf seinem Instrument (und mit dem Musiklernen allgemein) ein paar Jahre Erfahrungen hat.

Was nun jeder lernen möchte, muss er selbst entscheiden.
[...]den Fingersatz kann dann jeder selbst individuell drüberschreiben.

Das ist ja langfristig richtig, aber gerade im Anfangsunterricht und bei der Zieldiskussion mit Schülereltern (das war die Situation im Ausgangsposting) helfen diese Argumente nicht. Da sollte der Lehrer eigene taugliche Vorstellungen haben, welches Notationssystem er mit welchen didaktischen Gründen verwendet.

Und Instrumentalunterricht sollte ja idealerweise sich nicht nur auf das Erlernen des Instruments beschränken, sondern einen universellen Zugang zur Musik eröffnen. Das wollen ja viele Eltern (und auch Schüler) durchaus selbst. Für universell musikalische Unterrichtsziele ist die Notenschrift IMHO vorzuziehen, zur Klärung einzelner Spieltechniken die Tabulatur.

Harald
 
@ Bassistenschwein: Ja genau so isses. Aber dem widerspreche ich doch gar nicht! ^^

Ich selbst verfahre mit meinen Schülern so: Am Anfang kriegen sie auf jeden Fall erstmal Grundkenntnisse in Notation vermittelt. Sobald sich abschätzen lässt, wie ernst ihre Übeabsichten sind ;) [meist so nach nem halben Jahr oder so] entscheide ich mich als Lehrer für den klassich anerkannten (Noten) oder den Weg des geringeren Widerstandes (Tabs). :)
 

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