Optimierung einer Stratocaster

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Ein Stratspieler, der jahrelang seine Classic-MIM-Strats spielt, kennt irgendwann seine Werkzeuge.

Und findet im Laufe der Zeit auch heraus, wo die Stärken, aber auch viele Schwächen dieser Instrumente im Anlieferungszustand liegen. Zumindest ist das bei vielen der Classics so. Ob der Hersteller nun diesen Zustand bei den Vinteras positiv verändert hat, wird sich zeigen.

Hier in #19 schrieb ich bereits, dass ich mich mal beimachen wollte...

"...Im nächsten Beitrag möchte ich aufzeigen, was man mit wenigen Schritten und mit einfachen Mitteln und Werkzeugen tun kann, um so eine Stratocaster zu überprüfen und zu optimieren."

Und in #21 schrieb ich: "...Inzwischen habe ich Material gesammelt, welches ich noch aufarbeiten und sortieren muss, dann werde ich mich hier weiter dazu äußern. Für Interessenten - bitte noch etwas Geduld."

Das war im Januar 2018.

Viel ist schon zum Thema "Stratocaster" geschrieben worden. Ich möchte nun in mehreren Folgen aufzeigen, wie man so einen ab Werk vormontierten und spielfertig eingestellten Bausatz hin zu einem ordentlichen Instrument optimieren kann.

Die Stratocaster, der ich mich in dieser und den kommenden Folgen widme, kam dazu auch noch in einem ziemlich schlampigen Zustand an. Damit meine ich jetzt nicht den Zustand ihrer Bünde, sondern ihre Montage. Das kannte ich von den Classic 70s, die mir so unter die Finger kamen und ihrem geradezu vorbildhaften Zustand bislang gar nicht. Hinzu kam, dass hier der oder die Vorbesitzer mit unpassenden Schrauben gearbeitet hatten und demzufolge auch noch Befestigungslöcher aufbohrten... Außerdem waren die Pickups mal gewechselt und wieder zurückgebaut, es war alles relativ schlecht verlötet... Die Strat schrie also förmlich nach einer Optimierung und somit nach dieser Serie. :)

Los geht's!

Als ich die Gitarre zum erstan Mal sah, fiel mir meines bruchstückhaften Wissens nach ihr untypisch eher rötlich-bernsteinfarbenen Body auf. Auch fiel mir ihre im Vergleich zu anderen Classic 70s, die ich schon mal hatte, eher feine Haptik auf, die sich in einem irgendwie feiner gearbeiteten Body (Shaping) + Halsprofil äußerte. Hm, Honeymoon, Täuschung oder was?

DSC06470.JPG


Im Gegensatz dazu wirkt diese, meine Classic 70s irgendwie bolleriger:

DSC03510.JPG


Ich werde später darauf zurückkommen.

Bekomme ich so eine gebrauchte MIM-Strat, dann kommen zunächst einmal alle Saiten runter und ich demontiere anschließend den Hals. Die Rückseite der MIM-Hälse ist mir zu glatt lackiert. Mit Stahlwolle mache ich mich bei und stumpfe die Halsrückseite ab:

DSC06516.JPG


Im eingekreisten Bereich sieht man gut den Übergang von glatt zu stumpf. Die stumpfe Halsrückseite gibt mir ein viel besseres Greifgefühl. Das Abstumpfen mit der Stalwolle geschieht zuerst recht drückend, um den Lack erst einmal gut anzuschleifen. Tritt "Stumpf" ein, dann gehe ich vorsichtiger zu Werke, jetzt schleife ich mit kreisenden Bewegungen, bis eine gleichmäßig stumpfe Oberfläche ohne Schleifspuren erreicht ist.

Anschließend mache ich mich über den Halskloben her. Zum Begriff "Halskloben": ich weiß nicht, wie man das richtig bezeichnet, schrieb aber diesen Begriff schön desöfteren. Die Fachleute unter Euch mögen mir verzeihen, falls dieser Begriff falsch ist. Und sie dürfen gerne korrigieren!

Ich schrieb schon, dass diese Strat ziemlich schlampig montiert war. Auf dem folgenden Foto sieht man gut die Quetschung:

DSC06532.JPG


Bei allen Classic 70s, die ich bislang hatte, saß der Hals saugend fest in seiner Halstasche. Hier bei dieser Strat nicht. Ich mußte ihn regelrecht rauspopeln. Man sah auch gut, zu was diese Fehlanpassung bereits geführt hatte - nämlich einen zum Glück nur winzigen Riß im Body:

DSC06621.JPG


Meistens sitzen zumindest bei diesen Werksbausätzen Hals und Body ohnehin nicht extrem passgenau aufeinander, hier kann man immer optimieren!

Das bedeutete, dass letztendlich Halskloben und Halstasche nachgeschliffen gehören und angepasst werden. Um den Body kümmere ich mich in der nächsten Folge, hier geht es weiter mit dem Hals.

Mit Malerkrepp klebe ich den Bereich ab, der unberührt bleiben soll. Gut sieht man die Nachdunkelungen und nochmal den rot eingekreisten Übergang von Stumpf zu Glatt:

DSC06524.jpg


Die Quetschungen von der Halstasche des Bodys ist auf dem Folgebild nicht gut zu erkennen, aber auch dort war sie im Lack spürbar (heller Bereich):

DSC06529.JPG


Und da wird jetzt abgeschliffen. Und zwar auch die Ecken:

DSC06537.JPG


Das ist Feinarbeit! Da kann man nicht wild drauflos schleifen, denn sonst sitzt u.U. der Hals nachher schief und es ist ein Shimm nötig - was ich auf alle Fälle vermeiden will. Man darf sich gern drüber streiten, aber ein Shimm gehört zumindest meiner Meinung nach nicht in eine Strat.

Dem Schleifen voraus geht bei mir immer eine Begutachtung des Halses! Wie ist er justiert, ist er kerzengerade oder zu gekrümmt? Wie hoch ist die Saitenlage? Scheppert es irgendwo, zum Beispiel in den unteren Lagen (kein Problem) oder gar zwischen zwölftem und 17ten Bund (ganz schlimm)? Wie ist das Tremolo eingestellt? Liegt es auf oder steht es extrem hoch? Wie stehen die Madenschrauben an den Stegreitern? Lassen sie noch ein Verstellen der Reiter zu oder steht hier alles auf Anschlag? Wie sehen die Bünde aus? Runtergenudelt, Dellen drin oder normal abgespielt? Dieses Begutachten in Verbindung mit einer groben Justage erlaubt mir, zu beurteilen, wie ich den Halskloben vorsichtig zu schleifen habe, um anschließend das Instrument hinsichtlich seiner Saitenlage und Bespielbarkeit zu optimieren.

Zum Thema "Überprüfung und Justage der Halskrümmung und Saitenlage bei einer Stratocaster" gibt es Dutzende Hinweise und Tipps.

Da mir beim Bespielen bereits aufgefallen war, dass der Hals vorn in den unteren Lagen schepperte, habe ich also erst einmal die Oberflächen des Halsklobens geglättet, d.h. den obligatorischen, überschüssigen Lack abgeschliffen, insbesondere auch an den Quatschungen und Ecken. Anschließend habe ich den Halskloben ganz leicht, also wirklich nur mit ganz leichtem Druck (fast schon nur noch ein Streicheln!) in Richtung Halsende verschliffen. Da genügt wirklich winzigster Kraftaufwand. Ein Schleifklotz und feines Schleifpapier ist Pflicht.

Obligatorisch: bei den 70s-Hälsen muss die Einstellmimik für die Halsneigung mindestens bündig sitzen oder tiefer: sie darf keinesfalls nach außen vorstehen. Bei dieser Gelegenheit kontrolliere ich den festen Sitz der beiden Schrauben.

(wird fortgesetzt)
 
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Zum Begriff "Halskloben": ich weiß nicht, wie man das richtig bezeichnet, schrieb aber diesen Begriff schön desöfteren. Die Fachleute unter Euch mögen mir verzeihen, falls dieser Begriff falsch ist. Und sie dürfen gerne korrigieren!

Halsfuß.
 
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Klasse, bin gespannt wie es weitergeht :great::)
 
Sehr interessanter und toll bebilderter Bericht. :great::great:
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!
 
Ich möchte noch einmal den ersten Tel der Arbeiten zusammenfassen: Hals und Body der Stratocaster sind wie an einem "Drehpunkt" des Hebels (wenn man sich mal den Hals als einen solchen vorstellt) sensibel miteinander verbunden. Diese Verbindung ist zumindest bei den MIM Classics oft mit relativ viel Lack am Halsfuß (Halskloben, tz, tz... :great:) zugekleistert und mittels Schleifen kann man hier eine deutlich bessere Passung erreichen. Aufgrund der Hebelwirkung ("Verdrehen") muss man allerdings sehr sorgfältig den Hals vorher begutachten und abwägen, wie man vorsichtig zu schleifen hat.

Wie geht es weiter?

OK, ist der Lack runter und die untere Fläche des Halsfußes wirklich plan geschliffen, so ist der Body dran.

An dieser Stelle erlaube ich mir, etwas abzuschweifen. Ich hoffe, das wird nicht allzu langweilig. Aber es soll hier ohnehin kein wissenschaftlicher Beitrag werden; etwas "Plaudern" gehört zu unserer geliebten Strat dazu, finde ich. Ein kleiner Exkurs:

Der Body... Ich schrieb eingangs schon, dass er mich irgendwie irritiert. Zunächst hatte ich die Vermutung, dass diese Strat von Anfang an keine MIM-Strat sein sollte. Sie wurde es erst, nachdem ein American-Vintage-Body mit einem MIM-Hals verheiratet wurde, die Seriennummern auf den überlackierten Aufklebern am Halsfuß und im Body sind identisch.

Zugegebenerweise habe ich diese eher abenteuerliche Vermutung wieder verworfen. Googelt man nach 70er Stratbodys, so wird man zwar fündig, aber die Spannweite der Interpretationen der Verkäufer ist recht ungenau oder etwas weit gefasst (absichtlich?):

Stratbodys.png

(Quelle: Google)

Von links nach rechts:

"NEW Fender Vintage Classic Series 70s Stratocaster Loaded Body" ("loaded"... ok, ist für mich was anderes. Aber hier liest man wenigstens "Classic"!)

"2003 Official Fender Vintage 70's Reissue Stratocaster Body Mexico Condition" (Aha - klarer Hinweis!)

"Official Fender Strat 70's Reissue Body Genuine Fender 2017"

"Official Fender Vintage 70's Reissue Stratocaster Body 1999"

Wenn man sich einmal den vorliegenden Body der Strat anschaut:

DSC06540.JPG


so findet man nicht diese Bohrung der MIM-Bodys (hier rot markiert):

DSC06541.JPG


Man erkennt: es gibt die MIM-Bodys sowohl mit als auch ohne diesem technologischen Loch. Anhand des 2003er Bodys kann ich wohl mit gutem Gewissen sagen, dass die vorliegende Strat komplett aus mexikanischer Fertigung stammt. Man beachte dazu auch die Seriennummer des Necks aus dem vorigen Teil.

Allerdings hat der Body ein ganz anderes, wesentlich feineres Shaping (schrieb ich schon, komme ich nochmal zum Schluß meiner Folgen drauf). Schaut mal einfach nochmal auf die eingangs gezeigten Bilder, wo sich die beiden Strats auf der Bank räkeln: Die Abschrägung der bernsteinfarbenen Strat, gut zu erkennen am Lichteinfall, ist viel ausgeprägter als die der Strat auf dem Folgefoto. Alle Classic 50s, 60s und 70s MIMs, die ich bislang so kenne, haben ein und dasselbe Shaping. Es ist wie ein Standard.

Hier aber, bei dieser Strat von 2008, hat Fender ganz offensichtlich (eine Zeitlang - wie lange?) das Shaping geändert, um dann bei späteren Bodys wieder auf den Standard zurückzukommen.

Die mit Pfeilen markierten Rundungen auf dem 2015er Body wiederum sind für mich neu, die kenne ich von älteren Classic-70s-Bodys nicht. Gut zu erkennen ist übrigens, dass man bei den moderneren Baujahren begonnen hat, die Unterseiten der Fräsungen nicht mehr zu lackieren. Das fiel mir auch schon bei farbig lackierten Classic-50s- und -60s-Bodys auf.

Der Hals dieser Strat allerdings saß zu stramm, zu gepresst in der Halstasche des Bodys. Überhaupt, der Hals: So, wie auch bei dieser 2005er Classic 70s, die ich ja erst kürzlich begutachten konnte...

DSC06423.JPG


...kenne ich deren Necks: Es sind in der Regel diese "halbierten Baseballschläger" mit ihrem typischen, massigen U-Profil.

Ganz anders hingegen der Hals der vorliegenden Strat. Er hat ein Early 70s-C-Profil. Kannte ich bei den MIM Classic 70s bislang nicht!

Exkurs Ende. Zurück zum Optimieren der Strat!

Soll der Hals korrekt passen, ohne, dass ein wie eingangs gezeigter Riß im Lack oder Holz auftritt, so ist die Halstasche sauber zu verschleifen. Mit Pfeilen habe ich die Stellen markiert:

DSC06542.JPG


Insbesondere betrifft das den Boden der Halstasche, aber auch die Seiten. Ich schleife wieder mit feinem Schleifpapier mit mindestens 120er Korn, vorsichtig und immer wieder probierend (!), bis der Halsfuß gleichmäßig saugend in der Tasche verschwindet. Sobald das der Fall ist - Stopp! Der Boden der Halstasche wird ebenso vorsichtig und hauchdünn nur (!) plan geschliffen (Holzklotz zur Schleifhilfe verwenden!), um nicht zu schreiben: plan gestreichelt, je nach Zustand, den ich vorfinde.

Obligatorisch: Alles Micro-Tilt-Metall sollte nicht überstehen, was hier auch der Fall war und somit keinen Grund zu Beanstandungen darstellte.

Nach dem Verschliff passt nun der Hals bestens in die Halstasche. Die seitlichen Spannungen sind weg, der Riß im Body ist noch sichtbar, aber nicht mehr fühlbar:

DSC06621.JPG


Die nächsten Baustellen des Bodys zeigt das folgende Foto:

DSC06543.JPG


Die drei unteren Löcher waren viel zu weit aufgebohrt. Der Vorbesitzer bedauerte das, er hatte angeblich nicht mehr die richtige Schrauben zur Hand... Ich merkte das bereits beim Abschrauben der Backplate, denn der Schraubenzieher, den ich sonst für die Fender-Schrauben verwende, passte nicht - er war etwas zu klein und die dicken Schrauben saßen zu fest. Etwas Ponal Express und ein Zahnstocher halfen, das Problem zu lösen und ich konnte nach vollständiger Trockung des Leimes die vorrätigen Fender-korrekten Schrauben verwenden.

Die mit dem Pfeil markierte Lötstelle zeigt schon das nächste Problem, auf das ich in der nächsten Folge zu sprechen komme, wenn es um die Elektrik geht.

Eine Kleinigkeit nur, aber man vergißt es gerne: Vor dem Zusammenbau von Body und Neck kontrolliere ich immer den festen Sitz der Gurtpins. Unten ist es kein Problem, aber am Horn oben ist mir der Neck im Weg, da ich keinen Minischraubenzieher habe. Deshalb mache ich das vor dem Zusammenbau:

DSC06545.JPG


Falls locker (ist leider komischerweise oft der Fall!), dann hilft hier wieder Ponal Express und ein Zahnstocher.

Bei manchen Classic 70s findet man hier übrigens bei den Gurtpins untergelegte Filzscheiben.

(wird fortgesetzt)
 
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"NEW Fender Vintage Classic Series 70s Stratocaster Loaded Body" ("loaded"... ok, ist für mich was anderes. Aber hier liest man wenigstens "Classic"!)

"2003 Official Fender Vintage 70's Reissue Stratocaster Body Mexico Condition" (Aha - klarer Hinweis!)

"Official Fender Strat 70's Reissue Body Genuine Fender 2017"

"Official Fender Vintage 70's Reissue Stratocaster Body 1999"

Wenn man sich einmal den vorliegenden Body der Strat anschaut:
[...]
Allerdings hat der Body ein ganz anderes, wesentlich feineres Shaping (schrieb ich schon, komme ich nochmal zum Schluß meiner Folgen drauf). Schaut mal einfach nochmal auf die eingangs gezeigten Bilder, wo sich die beiden Strats auf der Bank räkeln: Die Abschrägung der bernsteinfarbenen Strat, gut zu erkennen am Lichteinfall, ist viel ausgeprägter als die der Strat auf dem Folgefoto. Alle Classic 50s, 60s und 70s MIMs, die ich bislang so kenne, haben ein und dasselbe Shaping. Es ist wie ein Standard.

Du weißt ja, dass es (mindestens) zwei 70s Bodyshapes gab? Das ganze wurde zwischen 75/76 umgestellt. Die frühen 70er Strats hatte noch das originale Shaping, danach wurde es zum "bulky" Shape. Also weniger Kontur an Bierbauchfräsung und Armrest. Diese Änderung ging mit den neuen Flat-Polepiece-Pickups und anderen Änderudngen einher.

Da das 50s/60s Bodyshape für die meisten (mich inkl.) das angenehmste ist kann es sein, dass Fender dann lieber auf authentizität verzichtet und/oder einfach Std-Bodies verwendet. Das ist aber nur eine Vermutung...

30729-7e92cabde051763918158146998c930b.jpg

Quelle: https://www.thegearpage.net/board/i...-early-50s-to-70s-anybody-added-pics.1931581/
 
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Einfach super, @frama78 !

Dass es unterschiedliche 70s Bodyshapes gab, wusste ich nicht. So lebt so ein Fred durch Informationen! Herzlichen Dank! :great:

...kann es sein, dass Fender dann lieber auf authentizität verzichtet und/oder einfach Std-Bodies verwendet. Das ist aber nur eine Vermutung...

Ist genau auch meine Vermutung. Möglicherweise auch der Vereinfachung der Fertigung geschuldet.
 
In der vorigen Folge kam der praktische Part etwas zu kurz, da ich mich etwas mehr "theoretisch plaudernd" über den Body mit Vermutungen ausgelassen habe. Jetzt wird es wieder praxisbezogener.

Inzwischen habe ich das Tremolo mit seinen 56 mm Stringspacing ausgebaut.

Über das Für und Wider eines anderen Stahlblockes ist im www im Allgemeinen und auch hier im Forum im Speziellen hinreichend diskutiert. Klar, man kann wechseln und probieren, wie die Stratocaster dann klingt. Habe ich ja seinerzeit auch schon mal gemacht. Im Zusammenhang mit diesen Folgen liefe das dann aber für mich unter dem Begriff "Klangtuning"; ebenso, wie auch der Wechsel der Pickups. Zum klanglichen Optimieren der Strat gehe ich erst einmal von der Basis-Hardware aus.

Schrieb ich schon, dass bei dieser Stratocaster nicht eine einzige Schraube gerade saß? Eigentlich unglaublich, aber auch die Schrauben des Tremolos saßen schief eingedreht im Body. Diese Strat war schlicht und einfach schlampig zusammengedengelt, ich kann es nicht anders beschreiben. Vielleicht ist das mit ein Grund, dass ich sie jetzt um so mehr mag.

Zum Glück saßen alle Bohrungen für die Tremoloschrauben korrekt. Mit Hilfe eines Zahnstochers bringe ich etwas Vaseline an die Messerkanten:

DSC06572.JPG


Etwas Vaseline kommt auch an die Gewindespitzen der Tremoloschrauben und anschließend drehe ich die Schrauben sorgfältig senkrecht ein. Ich verfahre auch so, wie viele andere: Die Schrauben drehe ich nicht voll rein. Die vier mittleren Schrauben stehen etwas höher, die beiden äußeren Schrauben stehen etwas tiefer. Alle Schrauben stehen jedoch so, dass das Tremolo leichtgängig (und mit Vaseline geschmiert) kippen kann, da ich es für meine Strats schwebend einstelle (komme ich später dazu).

Mein Allwellen-RX aus den 50ern mit ca. 36 kg Gewicht spielte aus Amiland gerade schöne Country-Musik... Passt ja!

DSC06573.JPG


...und so kann ich mich dranmachen, die Lötstelle an der Blechkralle für die Tremolofedern zu begutachten:

DSC06574.JPG


Kurz und bündig: Müll. Man sieht schon den schlechten Zustand der Isolierung. Allein, das wäre ja noch egal. Aber was hier wesentlich ist:

Die Verlötung ist möglicherweise der letzte Mist.

Es ist eine Kleinigkeit nur, aber diese RoHs-Bröseljauche hält sehr oft nicht auf der Kralle für die Termolofedern. Auch wenn die Lötstelle gut aussieht! Oft genügt ein sanfter, seitlich hebelnder Druck mit dem Schraubenzieher gegen den Lötpunkt und schwupp - schon ist die Lötstelle ab und man sieht gut das Dilemma, nämlich gemeinerweise eine exakt nur unter dem Lötpunkt korrodierte Metalloberfläche!

Auch bei dieser Strat hielt der Lötpunkt meiner Abrißprobe nicht stand. Das Metall gehört mit einem Glashaarpinsel gesäubert und mit einem entsprechend heißen Lötkolben (bei mir ist es der hier im Forum schon oft gezeigte 60-Watter) und säurefreiem (!) Flußmittel (bei mir ist es in Spiritus gelöstes Kolophonium) sauber und fest verlötet. Die jetzt korrekte Masseverbindung wird es uns danken! Ich habe vorher noch das Kabel etwas gekürzt, also das alte Ende abgezwackt, neu abisoliert und neu verzinnt. Den Grund, warum ich das tue, schreibe ich gleich.

Damit bin ich erst einmal mit dem Body fertig und ich lege ihn beiseite, denn nun ist die eigentliche Elektrik dran.

Schaut Euch bloß mal das Elend an:

DSC06582.JPG


Unsauber verlegte Anschlußkabel von den Pickups zum Switch. Rumgeschmiere mit Lötfett (!) am Volume-Regler. Eines der Anschlußkabel vom Pickup wurde verlängert. OK, das ist zu verschmerzen; ich frage mich jedoch, wieso es erst so gekürzt wurde:

DSC06584.JPG


Und wieder diese elende RoHs-Bröseljauche:

DSC06586.JPG


Das gehört einfach zwingend neu verlötet! Zwar kann man das nun alles machen und man hätte dann mit den Stock-Pickups ein aufgeräumtes und ordentliches E-Fach, zum Beispiel so:

DSC06588.JPG


Die Stock-Pickups sind gar nicht mal so schlecht (schrieb ich ja oft genug hier im Forum schon). Aber ich möchte und muss diese Gelegenheit sowieso nutzen, denn es betrifft sowohl den Switch als auch die Pickups.

Ist das alles soweit ein "Optimieren", so denke ich, dass der Austausch der Pickups hier auch unter den Begriff "Tuning" fallen würde (siehe oben). Die Strat ließe sich durchaus auch mit ihren Stock-Pickups klanglich optimieren, nämlich, indem man deren Verlötung sorgfältig nachlötet und später an der Höhe der Pickups schraubt.

Für meine Verwendung sowohl in störverseuchtem Proberaum als auch auf Bühne kommen die für mich bewährten Fender-Hot-Noiseless-Pickups rein, d.h. ich baue die Stock-Pickups aus und baue die Not Noiseless ein. Über deren Potis wurde hier im Forum bereits zu Genüge geschrieben.

Aber was den Switch angeht: der war so dermaßen vergrießgnaddelt, der musste ausgetauscht werden. Er gab im Speaker beim Umschalten hörbare Kratzgeräusche von sich und setzte teilweise sogar schon vollständig aus. Mit Sicherheit lag das neben den korrodierten Kontakten auch an dessen Verlötung:

DSC06590.JPG


Über diese körnige RoHs-Bröseljauche kann ich nicht oft genug schimpfen. Das ist der letzte Dreck!

Wie soll da eine qualititiv einwandfreie Weiterleitung der geringen Spannung erfolgen, die eine gute Tonübertragung garantieren muss? Das Ding muss ja schon mit seinen winzigen Kontakten absolut narrensicher übertragen! Mit Korrosion ist das nicht mehr möglich und mit diesem Lot schon dreimal nicht. Denn: Schaut man sich darüberhinaus einmal die abgelöteten Drähte an, so findet man, dass die Litzen nicht sauber verzinnt, sondern dass bei älteren Strats, die sowohl mit diesen Kabeln bestückt, als auch mit diesem Lot / Flussmittel verlötet sind und sich noch im Werkszustand befinden, die Litzen fast immer unter der Verlötung mit einer Art grünlichem Belag korrodiert sind!

Unbedingt gehört das alles hier abgetrennt, neu verzinnt und neu gelötet und ich kann nur immer wieder predigen, hier gutes, altes Bleilot und ein gutes Flußmittel zusammen mit einem geeigneten Lötkolben zu verwenden, was ich hier im Forum auch schon oft gezeigt habe. Bitte nur ganz wenig Flußmittel nehmen, nichts zusauen. Die Kontakte sollen ja blank bleiben. Ggf. Glashaarpinsel zu Hilfe nehmen.

Also raus mit dem alten Mist, aber achtkantig! Thomann lieferte den Ersatz. Überraschung nebenbei: der Switch wird lt. Bepper auf der Verpackung in Mexico hergetellt und scheinbar noch nicht in China.

Hier sind die Hot Noiseless bereits eingebaut:

DSC06592.JPG


Ich verlege übrigens die Anschlusskabel der Noiseless aus gutem Grund so: Als Humbucker bauen diese Pickups recht tief. Und damit sich kein "Stau" unter ihnen bildet (die Ausfräsungen der Bodys sind in diesem Fall nämlich fast nicht tief genug) und später das Pickguard sauber plan und ohne Wölbung montiert werden kann, gehen die Strippen an den unten überstehenden Polepieces der Pickups vorbei. Dann passt das alles gerade so und mit sanftem Druck beim Aufschrauben des Pickguards wieder in die Strat. Seitlich passen die Masse- und das gelbe Anschlußkabel problemlos in die Ausfräsung bzw. Kabelkanal des Steg-Pickups.

Der neue Switch... Natürlich sind nun die Kratzgeräusche selbst des Tone-Reglers für den Neck-Pickup weg. Der Switch schaltet nun (im Speaker) geräuschlos. Und man mag mich jetzt auslachen, aber der Ton hat jetzt klanglich so dermaßen einen Zugewinn erfahren, man könnte annehmen, eine andere Strat vor sich zu haben. Es ist immer wieder unglaublich.

Der Switch ist ein so wichtiges und leider oft vernachlässigtes Bauteil und ich wage zu behaupten, dass er und seine RoHs-Verlötungen zusammen mit der die Verlötungen unterlaufenden Korrosion der Werkslitzen eine der Hauptursachen für einen sich mit der Zeit verschlechternden Stratton sind.

Ist alles sauber verlötet...

DSC06594.JPG


...genau wie seinerzeit bei meiner Epiphone The Dot: "Ready For Takeoff" :)

DSC06596.JPG


Weiß geht zum Tip der Klinkenbuchse, die beiden schwarzen Kabel sind Masse Tremolokralle (und somit über die Federn Masse Hardware) und Masse Klinkenbuchse.

Die Klinkenbuchse gibt bei dieser Stratocaster einwandfreien Kontakt. Kein Kratzen, keine Aussetzer, wenn man mit dem Klinkenstecker darin etwas "grackelt". Das habe ich inzwischen überprüft. Hier musste ich netterweise nichts ausbauen. Die Klinkenbuchse gibt zupackenden Kontakt. Ansonsten gehört das mit dazu, hier wenigstens auch mal augenscheinlich ranzugehen. Nachlöten kann man allerdings auch an der Klinkenbuchse immer, das schadet nie.

Jo, dann geht es in der kommenden Folge an den Zusammenbau!

(wird fortgesetzt)
 
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Und man mag mich jetzt auslachen, aber der Ton hat jetzt klanglich so dermaßen einen Zugewinn erfahren, man könnte annehmen, eine andere Strat vor sich zu haben. Es ist immer wieder unglaublich.

...das mag aber auch an den neuen Pickups liegen... ;)
 
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...das mag aber auch an den neuen Pickups liegen... ;)


Nein, denn in diesem Fall erfolgte der Test schon mit den Noiseless und dem alten Switch und anschließend mit dem neuen. Ich hatte testweise versucht, den alten Switch zu richten, d.h. Kontakte säubern und sogar mit Spezialöl nachölen, etc. Das alles brachte aber keinen Erfolg.

Diesen Testteil habe ich weggelassen, weil für mich wesentlich war, dass man erst gar nicht versuchen soll, an so einem heruntergekommenen Switch herumzudoktern bzw. ihn zu retten. Das wäre der falsche Weg. Er gehört zwingend gegen einen neuen ausgetauscht.
 
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Eines der Anschlußkabel vom Pickup wurde verlängert. OK, das ist zu verschmerzen; ich frage mich jedoch, wieso es erst so gekürzt wurde:
Diese Verlängerungen kommen bei Fender öfter vor. Hatte meine MiA Deluxe zur Buchse hin. Achtung Hörensagen: Die Lötkolben-Schwinger bei Fender bekommen wohl kistenweise vorgekürzte Kabel. Wenn sie da nicht die passende Länge schnell genug rausziehen, werden einfach mal fix zwei zusammengeknibbelt oder ein zu langes Kabel benutzt.
Meine Deluxe bekommt aktuell ja auch alles neu außer Pickups und Buchse. Ich bin schon heiß wie viel das ausmacht. (Und ein neuer Hals liegt auch da. :D) Schon alleine das die extra Knöpfe (Blow & S1) rausfliegen wird da die Elektronik sehr aufräumen, sieht bei den Deluxe & Elite ja aus als hätte ein Roboter und das Pickguard gekotzt.
 
Diese Verlängerungen kommen bei Fender öfter vor ... Achtung Hörensagen: Die Lötkolben-Schwinger bei Fender bekommen wohl kistenweise vorgekürzte Kabel. Wenn sie da nicht die passende Länge schnell genug rausziehen, werden einfach mal fix zwei zusammengeknibbelt oder ein zu langes Kabel benutzt....

Interessant! Nee, habe ich so weder gewusst, noch so bei Werksstrats gesehen. Nur bei Bastelstrats, wenn eben zum Beispiel ein Vorbesitzer nicht aufpasst und zuviel wegschnippelt.
 
In der vorigen Folge waren Halsfuß und Body soweit vorbereitet und es kann nun an das Zusammensetzen gehen.

Bei der Gelegenheit entferne ich immer die Rückstände der Folie an den Schrauben:

DSC06563.JPG


Was das Zusammensetzen von Hals und Body angeht, so ist das heutzutage sicherlich mit einem drehmomentgesteuerten Akkuschrauber problemlos möglich, die Halsbefestigungsschrauben nicht mit voller Wucht reinzuballern (so dass im Extremfall das Gewinde im Holz ausreißt). Ich habe so ein Werkzeug nicht, ich drehe die drei Schrauben nur mit meinem passenden Schraubenzieher händisch ein. Dabei verlasse ich mich dabei auf mein Gefühl beim Festdrehen, wann "Ende" ist. Die Schrauben ziehe ich noch nicht ganz fest. Denn ich brauche noch etwas Bewegungsfreiheit des Halses für seine seitliche Justage.

Sind Hals und Body montiert, so gönne ich dem Body erst einmal etwas Politur. (Maserung Etikett und Body sind rein zufällig :)):

DSC06598.JPG


Selbst die Bohrungen für die beiden Halsschrauben sind ab Werk nicht zu 100% exakt gesetzt. Ich konnte das gerade so noch korrigieren, so dass die Befestigungsplatte nicht schief sitzt.

Jetzt wird das bestückte Pickguard verlötet (siehe auch vorige Folge). Unterlagen nicht vegessen! Schnell tropft Lötzinn auf den Body! Wie schon geschrieben: Weiß ist der Tip der Klinkenbuchse,Schwarz ist Masse Klinkenbuchse und Hardware.

DSC06596.JPG


Anschließend wird verschraubt:

DSC06600.JPG


Ich nehme wiederum Vaseline zu Hilfe. Die Spitze der Schrauben wird benetzt (Schraube einfach in die Vaseline eintauchen) und so lassen sich die Schrauben spielend leicht in das sehr harte Holz eindrehen. Und jetzt vor allem senkrecht (denn auch hier hatte man vorher geschlampert).

(Auf diesem und den Folgefotos sieht man noch die Stock-Pickups. Das Foto darüber entstand nach dem Test mit den MIM-Pickups und hier ist auch schon der neue Switch drauf. Das tut aber zum Ablauf der Arbeiten keine Sache.)

Nach dem Aufziehen der Saiten ist der Headstock dran. Obligatorisch ist die Kontrolle des festen Sitzes aller Schrauben sowohl der Mechaniken als auch der Stringtrees. Mit einem Zahnstocher gebe ich einen Hauch Vaseline unter die Stringtrees. Mit einer weichen Bleistiftspitze schmiere ich den Sattel:

DSC06602.JPG


Jetzt kommen die Saiten drauf. Ich ziehe die Saiten glatt und schneide sie, wie auf dem Folgefoto als Beispiel für die A-Saite gezeigt, ab:

DSC06604.JPG


Dadurch liegt die Saite später mit maximal zwei Windungen auf der Mechanik. Das reicht völlig aus und gibt sicheren Halt. So schaut's aus:

DSC06606.JPG


Zum Sattel und dessen Abrichtung: Dazu kann und möchte ich nichts weiter schreiben. Gar nichts. Hierzu wurde bereits schon so dermaßen viel Perfektes geschrieben, ich würde das alles nur wiederholen und könnte das vor allem nicht im Geringsten besser!

Denn: Offenbar habe ich bislang ein Riesenglück gehabt, denn bis auf den etwas zu tief gefeilten Sattel (und auch der ist nicht ab Werk, sondern wurde wahrscheinlich nachträglich angebracht) meiner koreanischen Epiphone The Dot sind alle Stratsättel, dich ich hatte und habe, allesamt einwandfrei. Zwei von ihnen hat ein werter Forumkollege beim Neubundieren nachbearbeitet und alle übrigen Sättel stimmen einfach. Scheint also ab Werk ein guter Standard zu sein!

Bevor ich die Saiten entgültig justiere und stimme, richte ich den Hals seitlich aus. Die Saiten sind stramm liegend, die Halsschrauben sind noch nicht fest angezogen. Ich möchte, dass die Saiten sauber und mittig verlaufen. Und vor allem sollen sie mir nicht ungewollt seitlich vom Griffbrett flutschen:

DSC06601.JPG


Das erreiche ich durch einen beherzten seitlichen Druck auf den Headstock. Es ist schon interessant: Zwar geht seitlich zwischen Halsfuß und Halstasche kein Blatt mehr zwischen und dennoch kann man dank der Hebelwirkung am Headstock beherzt drücken und den Hals absolut korrekt zur Saitenlage mittig ausrichten. Dadurch, dass die Schrauben noch nicht fest angezogen sind, verbleibt der Hals nach dem seitlichen Druck auch in seiner Lage. Ist sie korrigiert, so ziehe ich jetzt die Halssschrauben fest an. Keine Maschinenkraft, kein Anballern. Die Handkraft genügt.

(wird fortgesetzt)
 
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Gratuliere tolle Dokumentation. Dafür gibt es Adventsplätzchen:great:
 
Ich bedanke mich bei allen für das Gebäck! :)
 
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Toller Bericht, vielen Dank!
Leider kann ich dir keine Kekse geben - darf dich nicht zu oft hintereinander bekeksen.

So ein ähnliches Projekt steht mir auch bevor - möchte meine 78/79er Strat wieder richten. Diese hat auch schon die ein- oder andere Macke/Beschädigung. Daher sind deine Ausführungen sehr hilfreich.

Viele Grüße aus dem Ländle in die Hauptstadt. :)
 
Die Stratocaster ist zusammengesetzt, die Saiten sind aufgezogen und gestimmt. Damit bin ich nun fertig mit der Optimierung der Stratocaster.

Zur Erinnerung: Es geht mir darum, den "fertig ab Werk montierten Bausatz" zu optimieren, so dass man mit wenigen Werkzeugen und Hilfsmitteln und etwas Knoff-Hoff mehr aus der Gitarre herausholen kann, nämlich eine niedrigere Saitenlage ohne zu schnarren oder zu scheppern, mehr Sustain und eine leichtere Bespielbarkeit. Auf gar keinen Fall nehme ich hier für mich in Anspruch, Fachkundigen besseres Wissen vorzukauen oder gar handwerklich sachkundige Arbeit vermitteln zu wollen.

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Durch den Nachschliff von Halsfuß und Halstasche ist nun sehr feine Justage der Saitenlage möglich. Anekdote zum Thema "Wie man sich so täuschen kann": Als ich die Saitenlage justierte, war ich enttäuscht. Zu hoch, erst mal blödes Scheppern trotz justierter Halskrümmung... Meine dagegen top eingestellte andere Classic 70s (Foto unten, die linke) spielt sich hingegen einwandfrei mit schönerer, flacher Saitelage... dachte ich! Bis ich dann mal die Fühllehren nahm und nachmaß: Denkste! Die angeblich so flach und top eingestellte Strat hatte eine viel höhere Saitenlage! Die hier vorliegenden Classic 70s, bei der die Saitenlage ja so blöd hoch war, entpuppte sich auch nach dem Beheben des Schepperns als mit deutlichst flacherer Saitenlage eingestellt! So kann man sich irren!

Die Justage der Saitenhöhe und die Einstellung der Halskrümmung lasse ich hier jetzt dennoch weg. Es gibt überall, ebenso wie für die Einstellung und Kerbung des Sattels, unzählige und z.T. vorbildliche Anleitungen (Rockinger oder hier im Board).

Es gilt eines: Die Einstellung der Saitenhöhe sowie der Halskrümmung ist eine vollkommen individuelle Sache. Jede*r Stratspieler*in bevorzugt hier Eigenes. Von der Dicke bzw. Steifigkeit der verwendeten Saiten ganz zu schweigen. Das sind Dinge, die man m.E.n. nur schwer vermitteln kann.

Es gibt Radienschablonen, z.B. von Stewmac, Rockinger oder inzwischen selbst von Amazon. Aber dennoch dienen diese nur als grobe Anhaltswerte. Völlig gut und richtig, um alle Grundlagen sehr gut eingestellt zu bekommen.

Ich bevorzuge zum Beispiel diese "Radien", zu sehen an der Höhe der individuell eingestellten Reiter:

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Das letzte der drei Fotos kommt dem Griffbrettradius noch am nächsten. Aber alle übrigen schon nicht mehr. Sie sind sehr abhängig vom jeweiligen Instrument und deren Haptik, in die auch das Shaping des Bodys eingeht. Unsere Finger sind extrem feinfühlig, da wirken manchmal schon Bruchteile von Millimeter, um über "jetzt zufrieden" oder "nee, noch Käse" zu entscheiden. (Anmerkung: Wer genau hinschaut, sieht, dass die Tremoloschrauben unterschiedlich hoch stehen. Die Fotos sind entstanden, als ich mit ihnen experimentierte. Inzwischen stehen sie alle so, wie ich es oben beschrieb.)

Hinzu kommt: Einer stellt sein Tremolo völlig flach. Der nächste stellt es schräg. Aber was bedeutet "schräg"?

Hier wieder eine kleine Auswahl der von mir bevorzugten Schräglage:

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Auch hier messe ich nicht, sondern stelle je nach Strat individuell ein, bis es gefühlt richtig sitzt. In manchen Strats sitzt die Federkralle nun schräg, in anderen wieder nicht. Es gibt keine allgemeingültige Regel!

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Zum Abschluß möchte ich nochmal auf die Shapings der Bodys eingehen. Eingangs schrieb ich ja schon, dass die Bodys der Classic 70s unterschiedliche Shapings haben.

Im Licht ist das sehr gut zu erkennen:

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Und am oberen Body erkennt man die deutlich ausgprägtere "Bierbauchfräsung":

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Jetzt habe ich ein weiteres, richtig flüssig-fluffig bespielbares Instrument mit ausgezeichnetem Sustain. Deadspots git es keine und jammert man nicht gerade mit Dive-Bombings, so wird die Stimmung gut gehalten. Und die linke bzw. untere der beiden Strats werde ich nun nachjustieren - deren Saitenlage ist mir nun zu hoch, obwohl ich bislang dachte, sie wäre top. Wird gemacht! :)

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Alles in allem dauern solche grundlegenden Arbeiten einen Tag. Hinzu kommt die Justage von Tremolo / Saitenhöhe / Halskrümmung / Bespielbarkeit, die sich Klima- und wetterbedingt schnell auch mal über eine Woche hinziehen kann, bis alles gut flutscht.

Schaut nochmal bitte auf das obere Foto der beiden liegenden "Ikea-Strats". Ich schrieb vom feineren Shaping des Bodys der rechten Gitarre. Auch ist deren Hals feiner gerundet, ich schrieb's eingangs. Er ist im Umfang der Profilrundung ganze 5 mm schmaler. Die Gitarre fühlt sich leicht und geradezu zierlich an vergleichsweise zur eher klobigen linken Strat mit ihrem "halbierten Baseballschlägerhals", die - ich schrieb es auch schon an anderer Stelle desöfteren - mit ihren 4,1 kg ziemlich tonnenschwer ist.

Und ja, schon ist das auch beim Proben und Spielen mit der rechten Strat deutlich zu spüren: Weniger Schulterschmerzen, angenehmer Tragekomfort. Die muss somit wesentlich leichter sein. Allein schon wegen ihrer haptischen Zierlichkeit. Feine Sache! Da habe ich sie denn mal gewogen, um zu schauen, wie sich das so in Kilogramm konkret bemerkbar macht. Ich ich habe mehrmals gewogen und musste sinngemäß zweimal hinschauen.

Die rechte Strat wiegt 4,25 kg.

So kann man sich ein weiteres Mal täuschen! :D

Damit bin ich am Ende dieser Folgen angekommen. Ich würde mich freuen, wenn ich Anregungen vermitteln konnte, es "doch mal mit seiner Strat diesbezüglich zu versuchen". Sie wird Euch in jeder Hinsicht dafür dankbar sein. Und ja, es gibt noch viel zu tun. Nämlich nur zum Beispiel die sich abnutzenden Reiter des Tremolos, die "Fender Bridge Section Vintage"... Die werden Bestandteil eines neuen Beitrages. :)

Ich bedanke mich für's Lesen und wie immer für den von der "Board Crew" zur Verfügung gestellten Space für meine Fotos.
 
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