PUs in der 5 bis 20 €-Liga - nur Billigware oder auch P/L- Günstigware?

  • Ersteller Thomas18TE
  • Erstellt am
Es gibt ja doch etliche PUs, die zB ganz ähnliche Resonanzfrequenzen haben und wirklich völlig unterschiedlich klingen.
Jep, und der Grund ist ganz einfach.

Das Übertragungsverhalten eines PU besteht aus zwei Faktoren. In aller Regel wird nur dem ersten Faktor Beachtung geschenkt, das ist das elektrotechnische Ersatzschaltbild der realen Spule, das mit wenig Aufwand gut erfassbar ist und in vielen Parametern durch äussere Beschaltung flexibel änderbar ist. Dieser Faktor ist der Teil welcher mit dem Signal passiert nachdem es eine Spannung in der Spule induziert hat. Macht natürlich auch Sinn das dominant zu betrachten, weil an diesem Teil können wir einfach Hand anlegen.

Genausowichtig ist aber der andere Faktor, nämlich wie im Detail die Saitenschwingung eine Spannung induziert, und der ist wesentlich komplizierter erfassbar : die genaue Feldgeometrie und -stärke vor allem in Saitennähe, und (ganz wichtig) die Eigenmagnetisierung der Saite. Deswegen sind Vergleiche von PUs mit irgendwelchen Erregerspulen (oder gar nur nach LCR-Parametern) zwar schön, vernachlässigen aber den zweiten Faktor komplett. Typischerweise wird bei diesem Faktor nur grob zwischen Singlecoil und (Standard-)Humbucker unterschieden mit einem Hinweis auf die Änderung der/des 'Magnetischen Fenster/s', aber genaugenommen muss man ein komplexes dreidimensionales und teilweise nichtlineares Wechselfeld betrachten.
Dennoch, extrem wichtig für den Klang ist selbst bei gleicher äusserer Geometrie vor allem der Grad bzw die Ausdehnung der magnetischen Sätting in der Saite, und das ist (neben anderer Sättigung der PolePieces) der eigentliche Grund warum zB verschiedene Magnete im gleichen PU verschieden 'klingen', d.h. es ist nicht das Material, sondern die tatsächlich (zu 95%) nur die Stärke (und 5% sind Einfluss von Wirbelströmen im Magnet, bei SCs etwas mehr). Auch der Grund warum manche PU extrem sensibel auf die Abstandseinstellung reagieren (auch/bzw wo auf dem Griffbrett gegriffen wird) und andere weniger....
Es hat lange gedauert, mit sinnlosen Experimenten und viel Grüblen, bis ich den zweiten Faktor wirklich in seiner vollen Tragweite begriffen habe.
 
Das Übertragungsverhalten eines PU besteht aus zwei Faktoren
Eigentlich sind es mehr. Der PU hat einen ohmschen Widerstand, eine Kapazität und eine Induktivität.
Wie groß die jeweils sind, hängt davon ab, wie stark das Magnetfeld ist, wie lang und dick der Draht ist, wie hoch oder breit die Spule ist, ob ein ferromegnetischer Kern vorhanden ist und wie der aussieht, und es gibt noch viele andere Faktoren.
Am Ende kommt eine Übertragungskurve mit einer Resonanzfrequenz raus. Wie die Resonanzspitze geformt ist, hängt von der Güte (was nicht gleich gut bedeutet) ab.
Man hat als Hersteller viele Stellrädchen an denen man drehen kann, um den Klang eines Tonabnehmers zu beeinflussen.
das ist aber alles kein Hightech. Solche Tonabnehmer bestehen aus ziemlich billigen Materialien, die nicht einmal besonders präzise verarbeitet werden müssen um zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen. Auch ein paar Prozent Toleranz sind ok und fallen dabei nicht auf.
Deswegen wundern mich die Preise, die teilweise satt im dreistelligen Bereich liegen schon etwas.
Das betrifft aber nicht nur Tonabnehmer, sondern auch andere Dinge wie zum Beispiel Gitarrenlautsprecher, die eigentlich zum Billigsten vom Billigen gehören müssten, aber auch oft für dreistellige Preise verkauft werden.
 
Eigentlich sind es mehr. Der PU hat einen ohmschen Widerstand, eine Kapazität und eine Induktivität.
Wie groß die jeweils sind, hängt davon ab, wie stark das Magnetfeld ist, wie lang und dick der Draht ist, wie hoch oder breit die Spule ist, ob ein ferromegnetischer Kern vorhanden ist und wie der aussieht, und es gibt noch viele andere Faktoren.
Ja, dennoch hast du die Struktur in meinem Post offenbar nicht vollständig erfasst.
LCR usw sind alles Teile meines ersten Faktors, des elektrotechnischen. Mein zweiter ist der magnetostatische bzw -dynamische. Beide tragen zum Produkt (und zwar wörtlich) der Gesamtübertragungsfunktion gleichermaßen bei.
 
LCR usw sind alles Teile meines ersten Faktors, des elektrotechnischen. Mein zweiter ist der magnetostatische bzw -dynamische
Ok, die Unterteilung hatte ich nicht erkannt. Für mich gehört das alles zusammen.
 
Mein zweiter ist der magnetostatische bzw -dynamische. Beide tragen zum Produkt (und zwar wörtlich) der Gesamtübertragungsfunktion gleichermaßen bei.
Dann wären wir aber wieder bei
Wir haben ja auch schon über Schleuderpreise und deren +/- "Qualitätsvoraussetzungen" beim Komplettprodukt

Bleiben wir doch beim PU, denn ein PU mit suboptimalen elektromagnetischen Werten wird in einer guten Umgebung schlechter klingen als ein optimal abgestimmter PU.
 
Bleiben wir doch beim PU, denn ein PU mit suboptimalen elektromagnetischen Werten wird in einer guten Umgebung schlechter klingen als ein optimal abgestimmter PU.
Das ist eine spannende Frage, denn was ist ein magnetisch optimal abgestimmter PU?
Technisch lässt sich zwar die Frage noch teilweise beantworten, aber eigentlich ist es eine 'Erlaubt ist was gefällt'-Situation.
Was auf jeden Fall klar ist, die PU-Urväter sind konstruktiv ganz sicher nicht optimiert, weder der Tele/Strat-Singlecoil noch der PAF, wenn man als (technisches) Optimalitätskriterium zB die maximale Ausbeute des Wechselfeldes nimmt, und generall haben sie ihren Klang nicht gezielt verpasst bekommen, sondern er ist mehr oder weniger zufällig entstanden.... weswegen ich die ganze Verklärung um Vintage-PUs nun sowas von überhaupt nicht nachvollziehen kann....
 
Ich hab' schon einige Billig-PUs gekauft (und - zumindest testweise - auch verbaut) und hab' da schon einige Überraschungen erlebt (meist positive, das aber v.a. weil ich schon mit niedrigen Erwartungen eingestiegen bin :)

Also, in der ganz, ganz billigen Klasse (<10 Euro) überwiegen meist schon die schlechten Erfahrungen. Meist sind diese noch nicht einmal gepottet (= mit Wachs vergossen) und daher pfeifen und rückkoppeln sie wie verrückt. Selber potten ist zwar nicht so schwierig, aber meist ist der Draht dann auch noch schlecht aufgezogen und bricht bzw. reisst gleich. Ich würde da die Finger davon lassen.

Ein Gegenbeispiel hab' ich aber auch: eine billige Tele-Bridge aus China gekauft (knapp 10 Euro) und als "Bonus" war da schon ein PU drin. Den wollte ich später gegen "was richtiges" austauschen, aber für einen Test hab ich ihn halt mal drin gelassen. Nun, das Resultat war fast perfekt: genau der richtige "Vintage" Tele-"Twang". Mikrophoniert hat er auch nicht... klar, der ist heute noch in Gebrauch!

In der Preisklasse 10 bis 20 Euro sieht es meist schon besser aus. Da kann man auch Pech haben, aber meist sind die durchaus brauchbar.

Das Problem hier ist eher, dass es eine hohe Fertigungsstreuung gibt. D.h. wenn man zwei "gleiche" PUs kauft, dann ist nicht garantiert, dass die auch gleiche oder auch nur allzu ähnliche Werte haben.

Das ist besonders unangenehm, wenn man halt genau den spezifischen Sound haben will. So was klappt nur mit ein viel herumprobieren, und dann braucht man halt auch mehrere PUs, bis man gefunden hat, was man sucht.

Aber um die 20 Euro bekommt man sogar schon Restbestände von renomierten (aber wenig bekannten) Herstellern. Ich habe mal für genau 20 einen von einer mir unbekannten Marke bekommen, der sich als identisch mit den in PRS SEs verbauten herausgestellt hat. Hätte ich's gewusst, hätte ich natürlich gleich ein paar Sets bestellt. Inzwischen gibt's die natürlich nicht mehr...

Aber lasst es mich mal anders herum sagen: wer genau den typischen Gibson, Fender, etc. Sound haben will, der sollte wohl besser zu originalen Gibsons, etc. greifen. Wer bereit ist, ein wenig mit dem Sound zu experimentieren, der kann bei günstigeren PUs durchaus ein paar Leckerbissen finden.

Und wenn man sich den Preisunterschied anschaut, kann sich das sogar dann lohnen, wenn man erst ein paar Teile kaufen muss, bis man findet, was einem gefällt...

Viele Grüße

/sascha
 
Was Billig PUs angeht, denke ich immer wieder an meine Affinity Teles, i denen wahrscheinlich auch nichts Anderes steckt, die aber hervorragend klingen.
Auch wenn man für gut 100€ eine Gitarre kauft, sind oft Tonabnehmer verbaut, die einzeln keine 10€ kosten würden. Konischerweise sind nur wenige davon schlecht, die meisten machen das was sie sollen, so auch die drei Singlecoils in meiner J&D JM-10.
Tonabnehmer sind eben sehr einfach herzustellen. Immerhin wickelt man ja nur isolierten Draht um ein paar Magnete oder eben um Stahl und pappt den Magneten drunter. Das Ding wird anschließend noch in Wachs getunkt. Viel einfacher geht es nun wirklich nicht. Warum ist es für manche Leute nur so schwer vorstellbar, dass ein so simples Produkt für wenig Geld hergestellt werden kann?
 
Und in der Endlosschlefe haben wir soeben wieder die Startlinie überquert und befinden uns an Pos(t) #5
ich schätze, es ist sehr einfach, pickups herzustellen, aber sehr schwierig, gute pickups herzustellen.
 
Das eigentliche Herstellen nicht, aber das Entwickeln und v.a. das Testen ist schon hoher Aufwand und damit auch 'schwer'.
 
Hm, hat eigentlich schon mal irgendwer geklärt, was eigentlich einen "guten" Pickup ausmacht?

Mein erster Gedanke wäre ja, er sollte klare Höhen haben und nicht "muffig" klingen - aber dann gibt es für teures Geld sog. "Vintage" PUs, denen schlicht alle Höhen fehlen und die nur mit Mühe genügend Druck hinbekommen, damit die Röhre "singt". Aber für den "originalen" Blues-Rock Sound gelten die als das Nonplusultra.

Zuviel Höhen sind aber auch nix. Zumindest schimpfen viele über den vermeitlich "schrillen" Sound gerade aktiver PUs (EMGs haben da so einen Ruf) - gleichzeitig gelten die bei den Freunden des Schwermetalls zur Standardausstattung.

So geht das gerade weiter... so gibt es für mich wenige Kriterien, an denen ich wirklich objektive "Qualität" ausmachen kann. Und keiner davon rechtfertigt Stückpreise jenseits der ca. 30 Euro.

Wenn es überhaupt einen Vorteil der "Premium"-Marken-PUs gibt, dann dass man weiß, was man bekommt. Ein Gibson Burstbucker Pro verhält sich halt so, wie man es von tausenden Plattenaufnahmen kennt. Wer genau das sucht und bereit ist, entsprechend viel Geld auszugeben, wird genau das bekommen.

Was micht betrifft: für das gleiche Geld bekomme ich ein halbes Dutzend verschiedene No-Name PUs, bei denen garantiert einer dabei ist, der einen für mich inspirierenden, frischen, neuen Sound bereit stellt. Und wenn mir der nicht mehr passt, kann ich einfach einen anderen einsetzen. Für mich ist das die Definition von "gut".

/s.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Das eigentliche Herstellen nicht, aber das Entwickeln und v.a. das Testen ist schon hoher Aufwand und damit auch 'schwer'.
Leo Fender hat es auch hin bekommen. Es geht natürlich nicht einfach so ganz ohne Kenntnisse, verschlingt aber auch keine Riesensummen wie die Entwicklung von komplexeren Produkten.
Die Grundlagen sind bekannt, man braucht sie nur anzuwenden. Wenn einem das noch zu aufwändig ist, schaut man einfach in einen Tonabnehmer rein und kopiert das Ding mit ein paar kleinen Änderungen.
Es geht ja nicht um irgendwelche Neuerungen, sondern meistens um Nachbauten von Tonabnehmern.
Hm, hat eigentlich schon mal irgendwer geklärt, was eigentlich einen "guten" Pickup ausmacht?
Er sollte nicht zu Rückkopplungen neigen, nicht allzu leicht kaputt gehen und über den Rest entscheidet der persönliche Geschmack.
Mein erster Gedanke wäre ja, er sollte klare Höhen haben und nicht "muffig" klingen
So sollte es für mich auch sein, aber für einen anderen Gitarristen könnte so ein Tonabnehmer schon zu höhenbetont sein. Da gehen die Geschmäcker auseinander.
was wir vielleicht als muffig bezeichnen, ist für jemand anders ein voller, warmer, runder Klang.

Der Klang lässt sich folglich nicht allgemeingültig als gut oder schlecht bezeichnen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Leo Fender hat es auch hin bekommen.
Ja, zu einer Zeit, in der gerade die Schellack-Platte vom Vinyl abgelöst wurde (1948 kam die erste LP, '49 die erste Single auf den Markt).
Vorher haben die Leute - wenn nicht live - die Musik aus "Trichtern" gehört. Oder sie hörten Radio, das den Sound mit gefühlten 10% des Originals wiedergaben.
Findest Du deine Argumentation mit Blick auf die heutige Unterhaltungsindustrie wirklich passend?
 
Leo Fender hat es auch hin bekommen.
Leo hat garnichts hinbekommen, er hat einfach ziemlich auf Verdacht losgelegt und war mit dem Ergebnis soweit zufrieden ohne jede Optimierung oder echtes Sounddesign (damit hat er erst viel später angefangen) dass er damit in Serie ging, und das ist dann halt der Industriestandard geworden.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Die Grundlagen sind bekannt, man braucht sie nur anzuwenden
Den Eindruck habe ich nur bedingt, zB vom starken Einfluss der Saitenvormagnetisierung schreibt ausser Zollner mW kaum jemand, und auch der nur sehr unauffällig.
 
Ja, zu einer Zeit, in der gerade die Schellack-Platte vom Vinyl abgelöst wurde (1948 kam die erste LP, '49 die erste Single auf den Markt).
Vorher haben die Leute - wenn nicht live - die Musik aus "Trichtern" gehört. Oder sie hörten Radio, das den Sound mit gefühlten 10% des Originals wiedergaben.
Findest Du deine Argumentation mit Blick auf die heutige Unterhaltungsindustrie wirklich passend?
Die ersten Teles erfreuen sich immer noch großer Beliebtheit, also muss er irgendwas richtig gemacht haben.
Leo hat garnichts hinbekommen, er hat einfach ziemlich auf Verdacht losgelegt und war mit dem Ergebnis soweit zufrieden ohne jede Optimierung oder echtes Sounddesign (damit hat er erst viel später angefangen) dass er damit in Serie ging, und das ist dann halt der Industriestandard geworden.
Er hat rum probiert, bis es für ihn gepasst hat. Dabei ist ein Sound raus gekommen, dem heute noch viele nacheifern.
Heute muss man weniger rum probieren, weil die Grundlagen bereits bekannt sind. Klang und Output eines Tonabnehmers werden zumindest ungefähr abschätzbar. Am Ende steht immer noch die Hörprobe, aber es ist einfacher denn je, man spart sich viele Prototypen und reines rum probieren.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Den Eindruck habe ich nur bedingt, zB vom starken Einfluss der Saitenvormagnetisierung schreibt ausser Zollner mW kaum jemand, und auch der nur sehr unauffällig.
Die Grundlagen sind bekannt, nur eben vielleicht nicht vielen Leuten in Bezug auf Gitarren. Gitarren sind aber auch den physikalischen Gesetzen unterworfen. es kommt nur darauf an, wie weit man in der Theorie gehen will und ob sich aufwändige Theoretisiererei lohnt, wenn ein einfacher Versuch mit weniger Aufwand zur Klärung der Frage beiträgt.
 
...wenn ein einfacher Versuch mit weniger Aufwand zur Klärung der Frage beiträgt.
Das muss aber jemand physik-affiner machen, sonst werden die üblichen falschen Schlüsse gezogen, wie 'Keramik oder Neodym klingt harsch', was natürlich Unfug ist (weil es ist keine Eigenschaft des Materials).
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Die ersten Teles erfreuen sich immer noch großer Beliebtheit

Nur die, die wirklich gut klangen oder noch klingen. Die Serienstreuung soll gerade bei den PUs extrem weit gewesen sein und es gab sehr viele Telecarster (wie auch ES und Paulas), die nicht gut bis furchbar klangen.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben