[Review] DAP Audio COM-ART Wireless-Strecke

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Unlängst sprang sie mir beim großen T ins Auge: Die Wireless-Strecke DAP-Audio COM-ART. Da es im Netz kaum Infos gab, fragte ich hier im Board nach, aber auch da wusste kaum jemand Details. Also machte ich mich selbst an den Versuch und bestellte und jetzt kommt eine kleine Review.

Ja was isses denn?

Das COM-ART von DAP-Audio ist eine (vermutlich analoge) Wireless-Strecke von XLR auf XLR. Verkauft wird es als Set bestehen aus dem Sender COM-AT und dem Empfänger COM-AR. Die Teile benutzen den Frequenzbereich von 606 bis 630MHz, es lassen sich 16 Kanäle einstellen an den Geräten. Von der Gestaltung her handelt es sich quasi um lange Stecker bzw. Buchsen mit Antenne. Die Stromversorgung übernimmt entweder eine Micro-USB-Verbindung, für die Kabel aber kein Netzteil mitgliefert sind, oder eine AA-Batterie, mit der angeblich mindestens 6 Stunden Laufzeit drin sind. Die Reichweite des Systems wird als „bis zu 50 Meter“ angegeben. Als Angabe zur Übertragungstechnik liest man „PLL UHF Synthesized“.

MuBo_Reviews_SubbrSchwob_DAPwireless.jpg


Der Signal-Rausch-Abstand wird im Handbuch des Systems mit 98dB angegeben, der Dynamikbereich mit 100dB. Das ist natürlich unfreiwillig komisch, denn das heißt theoretisch, dass die leisesten 2dB des Signals komplett im Rauschen ertrinken. Aber wie der Test zeigen wird, ertrinken nicht nur die leisesten 2dB, soweit mal als Vorgriff.

Und wofür isses denn?

Als Nutzungsbeispiel im Handbuch ist die Übertragung von Signalen von einem Mischpult zu Aktivboxen erläutert. Dafür braucht man das Set zwei Mal, um Stereo zu bekommen. Für mich gibt es drei mögliche Anwendungsfälle:
  1. Funkstrecke zwischen Mischpult und Boxen, spart Kabel (XLR-Kabel, aber auch Stromkabel, wenn viele Wandsteckdosen da sind auf unterschiedlichen Phasen und Sicherungen, keine Verlängerungskabel für zentralen Strom.)
  2. Kostgengünstiges Aufpimpen eines Gesangsmikrofons zum Wireless-Handmikrofon fürs Redenschwingen und ähnliche Sportarten.
  3. Übertragung von Tonsignal aus einem Mischpult in eine mobil eingesetzte Kamera, damit hinterher beim Schnitt via Tonspur synchronisiert werden kann. (Sonderfall)
Test 1: Funkstrecke für Line-Level-Signale


Also zum ersten Anwendungsfall: Ich hänge den Sender an einen AUX-Send von meinem Yamaha 01V96i. Den Empfänger hänge ich an einen Focusrite OctoPre MK2, der über ADAT mit dem Yamaha-Pult verbunden ist. Es zeigt sich: Bei spätestens -18db Output am Pult geht die Funkstrecke in hartes Clipping. Line-Level würde ich das nun nicht gerade nennen. Vom Klang her fehlt es dem Signal eindeutig an Wärme, es klingt eher in Richtung „Telefon“ – und das, obwohl die Preamps des OctoPre eher zum Wärmen neigen. Doch höret selbst (Musik: The Invisible Minds CC BY-NC-SA):

https://soundcloud.com/drni-em/music-directly-vs-via-dap

Mein Fazit zum Anwendungsfall als Strecke zwischen Pult und Boxen: OK, kann man machen, klingt dann halt schlecht. Und man muss hart aufpassen, dass man das Teil nicht ins Clipping schießt. Ich würde es dafür nicht nehmen.

Test 2: Aufpimpen eines Gesangsmikrofons zum Wireless-System


Nunja, also wenn das Ding mit derart niedrigen Pegeln arbeitet, dann könnte das doch gehen, oder? Leider eher nicht: Das Grundrauschen ist gigantisch und wenn man den Handsender schnell bewegt, gibt es manchmal Störgeräusche. Leider sind die Geräte auch nicht gerade gut verarbeitet. Fällt so eine Mikrofon/Sender-Kombination mal von Tischhöhe auf den Boden, dann ist vermutlich ein neuer Sender fällig. Da man bei Veranstaltungen ja leider oft unerfahrene Mikrofon-Benutzer hat, ist das schon allein deswegen nicht zu empfehlen. Doch hören wir mal rein... die zwei abgebildeten D5-Mics nebeneinander gehalten und aus der Nähe reingesprochen, einmal direkt über XLR in den Focusrite Preamp, einmal via DAP COM-ART ebenfalls in diesen Preamp (Sprecher: der Autor himself, Text: Heinrich von Kleist):

https://soundcloud.com/drni-em/akg-d5-directly-vs-via-dap

Mein Fazit: Grundrauschen und geringe mechanische Stabilität des Systems verbieten den Einsatz als Funkstrecke für normale Gesangsmikrofone.

Test 3: Kamera füttern für Synchro



Kurzer Exkurs, warum man das überhaupt möchte: Wenn man einen Auftritt einer Band oder auch nur einen Vortrag mit mehreren Kameras filmt und hinterher schneidet, dann sollten natürlich die einzelnen Kameraspuren synchron sein. Selten hat man Kameras, die über einen Timecode (z.B. SMPTE) verfügen, mit diesen und einem guten Schnittsystem geht das automagisch. Man kann also nach Klappe optisch synchronisieren, zum Beispiel nach dem Drummer, wenn er auffallend auf eine Trommel haut, wenn man Glück hat und ihn auf allen Kamerabildern mal gleichzeitig drauf hat. Am einfachsten ist es, über die Tonspur der Kameras zu synchronisieren, man schiebt also alle Kameraspuren so hin, dass der Ton exakt stimmt. Die Kameras nehmen den Ton ja über ihre eingebauten Mikrofone sowieso auf. Problem dabei: Die Schalllaufzeit kann das ganze Manöver ruinieren. Für Kameras auf Stativen kann man ein Kabel legen, und die Kamera mit dem zentralen Sound aus dem Mischpult füttern. Läuft man aber mit einer Kamera mobil herum als Kameramann, dann ist das nicht gerade praktikabel. Drahtlos hilft – kann hier das DAP COM-ART genutzt werden?

Ich habe das mit einem Canon XA10 Camcorder mit XLR-Inputs ausprobiert. Kurzum: Es geht. Der Sound ist natürlich wie oben zu hören nicht besonders edel, aber da eben nur die Spuren synchronisiert werden und die eigentliche Tonaufnahme aus dem Digitalmischpult kommt, geht das. (In meinem Fall meist ein Allen&Heath Qu-16 mit eingebautem 18-Spur-Recorder). Die grob gemessene Latenz liegt bei 20 Samples bei 48khz, wenn ich richtig rechne sind das ca. 0,42msec. Auf jeden Fall deutlich schneller als der Schall quer durch den Saal!

Mein Fazit. Für den Sonderfall der Synchronisierung einer mobilen Kamera via Tonspur ist das COM-ART-Set brauchbar. die Verlässlichkeit der Übermittelung über weitere Strecken und mit dichtem Funkverkehr muss aber noch im Praxistest bewiesen werden.

Gesamtfazit:

Wenn man nicht gerade den Sonderfall hat, Kameras zu synchronisieren, wo es auf den Sound nicht ankommt, sollte man das DAP COM-ART lieber im (virtuellen) Regal lassen. Für die Übertragung zwischen Mischpult und Aktivboxen klingt es nicht gut genug und man läuft Gefahr, das Teil zu übersteuern. Als Handsender für normale Gesangsmikrofone stört das Rauschen und die mechanische Empfindlichkeit des Systems. Für diese Anwendungsfälle bekommt man um den derzeitigen Straßenpreis von um die 95€ leider noch kein zweckdienliches System.
 
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Ein Nachtrag: Zwei Quellen (1, 2) zufolge ist der Frequenzbereich dieses Funksystems nur noch bis 31.12.2025 frei nutzbar. Stimmt das, so wäre danach Wegwerfen angesagt.

Umso verwunderlicher mutet es an, dass IMG Stage Line offenbar das tupfengleiche Produkt als Fly-16 Set gerade erst auf den Markt geworfen hat, und das auch noch zu einem wesentlich höheren Preis (ca. 170€ derzeit, das offenbar identische DAP System für unter 100€ im Moment beim T). (Etliche Reviews datieren auf Anfang Dezember 2018, vermutlich wurden also kurz davor Testgeräte und/oder Pressemitteilungen an Redaktionen geschickt.)

Bei Shure im „Frequenzguide“ findet sich kein Hinweis auf eine Befristung des Frequenzbereichs, dafür die Warnung, dass der Bereich von 823 – 832 MHz – eben die LTE-Mittenlücke – beeinträchtigt werden kann, wenn viele Smartphones im Raum sind.

Meist geht das in der Praxis dann so: Beim Soundcheck ist alles super. Sind dann mal 200 Leute aka 200 Smartphones um Raum, bricht einem der Funk weg. Zumindest mit der "unteren" Mittenlücke 733 – 758 MHz (Achtung, genehmigungspflichtig) erlebe ich das öfter.

Kann jemand was zum 31.12.2025 sagen, wurde das neu geregelt, oder stimmt die Info noch und man muss diese Funksysteme dann ebenfalls ins Ebay-Ausland entsorgen?
 
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Befristung des Frequenzbereichs

Das ist ein alter Hut und nichts Neues. Es spricht aber erstmal nichts dagegen, dass die Zuteilung dieser Bereiche verlängert/erneuert wird, deshalb keine Panik!
 
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