Schlussakkord in Präludium d-Moll BWV 940

Claus
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Ich will mir gerade aus J.S. Bach, Kleine Präludien und Fughetten aus III, 6 kleine Präludien das zweite vornehmen, Präludium d-moll BWV 940.
Bei Margret Feils, Einfach Klassik lacht mich da im Schlusstakt 10 eine picardische Terz an, in der Urtextausgabe von Rudolf Steglich (Henle) steht der Akkord dagegen als d-Moll.

Gibt es da eine Tradition bzw. wie spielt Ihr den Schluss, etwa je nach Gemütslage oder Wetterbericht? :D

Gruß Claus
 
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Gibt es da eine Tradition bzw. wie spielt Ihr den Schluss, etwa je nach Gemütslage oder Wetterbericht? :D

Im Urtext steht da kein fis und bei Bach gibt es oft auch keine picardische Terz am Ende. Ich sehe also keinen zwingenden Grund für einen Dur-Schluss und die meisten Interpreten wohl auch nicht (rein statistisch gesehen habe ich deutlich mehr Aufnahmen mit Moll-Schluss gehört).

Die zeitgenössiche Tradition war ein Dur-Schluss mit picardischer Terz, aber das hat sich zu der Zeit gerade gewandelt (bei Mozart war dann bereits Moll gang und gäbe).
Breitkopf & Härtel (1890) schreibt das # in Klammern als editorischen Hinweis

1618354758535.png

und Frau Feil hat das wohl fis ohne Hinweis einfach als gegeben übernommen.

Im e-Moll-Präludium BWV 941 schreibt Bach ja explizit das gis - ich würde mich also auf Bach verlassen und deshalb BWV 940 in Moll beenden.

Wir könnten ja eine Umfrage starten. :D:engel:

Viele Grüße
Torsten
 
Wie Du aus der Urtextausgabe sicher weißt, scheint für diese Etüde bisher leider keine authentische Aufzeichnung von J.S. Bach überliefert.

Margret Feils geht in ihrem kurzen Kommentar im Heft nur auf die Mittelstimme ein und Rudolf Steglich nur auf die Sammlung der 5 kleinen Präludien in der Abschrift von Johann Peter Kellner für die Urtext-Ausgabe.

Tatsächlich interessiert mich deshalb die Praxis von bach-affinen Musikern im Board, ganz ohne formelle Umfrage.
biggrin.gif


Gruß Claus
 
Das ist ja eine Ewigkeit her, 20 Jahre oder so. Der interessante Teil beginnt nach dem Schlußakkord. :D



(Damals hatte ich noch keinen Bass und habe die E-Gitarre eine Oktave runtergestimmt.)

Viele Grüße,
McCoy
 
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Wie Du aus der Urtextausgabe sicher weißt, scheint für diese Etüde bisher leider keine authentische Aufzeichnung von J.S. Bach überliefert.

Ja, leider, das stimmt natürlich auch wieder...
Was ist schon sicher - heutzutage wird ja sogar Bachs Urheberschaft an der berühmt-berüchtigten d-Moll-Toccata angezweifelt...

Aber gehört hab ich's wirklich fast immer mit Moll-Schluss.
Aber das Stück ist ja sehr kurz - vielleicht sollte man es zweimal spielen und beim zweiten Mal mit Dur-Akkord schließen. :D
Mal sehen, wer sich noch meldet...
 
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Wenn ich damals gewußt hätte, daß Claus das heute fragt, hätte ich es paritätisch verteilt.

War schon besser ohne dieses Wissen - sonst wäre das Experiment nichts wert (quasi Doppel-Blindversuch: ohne zu wissen, dass es auf Dur/Moll ankommt und ohne die eigentliche Frage zu kennen).
 
Mal ehrlich: Ich kenne das Stück seit früher Jugend, und einen Dur-Akkord am Schluß kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich bin da komplett auf Moll geprägt.
 
Mal ehrlich: Ich kenne das Stück seit früher Jugend, und einen Dur-Akkord am Schluß kann ich mir gar nicht vorstellen.

Dann könnte das eine Lebenslüge sein! :eek:
Aber ich bin da auch voll in der Moll-Spur festgefahren.
Und habe das auch nie angezweifelt (bisher).
 
....einen Dur-Akkord am Schluß kann ich mir gar nicht vorstellen.
Der d-Moll Schlussakkord klingt perfekt, aber das meine ich nicht.
Ich frage mich, ob der Eindruck an meinem gewohnheitsmäßigen Dur/Moll-Hören liegt und daran, dass ich zuwenig über die barocke Auffassung weiß und auch zuwenig in dieser Musik eingehört bin.

Du kennst natürlich die picardische Terz und auf das eingeklammerte fis in der alten Breitkopf & Härtel Ausgabe hatte Be-3 schon verwiesen.
Margret Feils traue ich ebenfalls eine fundierte Meinung zu - nur hat sie die leider nicht kommentiert.

YT, Margret Feils Kleines Präludium d-Moll, BWV 940

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich frage mich, ob der Eindruck an meinem gewohnheitsmäßigen Dur/Moll-Hören liegt und daran, dass ich zuwenig über die barocke Auffassung weiß und auch zuwenig in dieser Musik eingehört bin.

Noch zur barocken Zeit galt ja ein Moll-Akkord als mehr oder weniger dissonant und wurde deshalb am Schluss in Dur und Wohlgefallen aufgelöst. Aber genau das war zu Bachs Zeiten ja im Umbruch und später in der Klassik wurde ein Moll-Schluss üblich und die Hörgewohnheiten sind ja auch einem Wandel unterlegen.
Dass "für uns" heute Moll am Ende völlig problemlos klingt mag in früheren und sehr viel früheren Zeiten anders gewesen sein.


Margret Feils traue ich ebenfalls eine fundierte Meinung zu - nur hat sie die leider nicht kommentiert.

Zumindest bin ich der Meinung, dass ältere und möglichst zeitgenössische Ausgaben naturgemäß tendenziell näher am damaligen Zeitgeist und der damaligen Aufführungspraxis sind als neuere Ausgaben.
Und Margret Feils Klaviernoten erheben weniger wissenschaftlichen Anspruch (deshalb auch kein diesbezüglicher Kommentar).
Dein Link zu "Margret Feils spielt die schönsten Klassikkompositionen" und "Piano Pur" weisen auch nicht gerade auf pedantische Akribie des Verlages hin (immerhin wäre Bach dem Barock zuzurechnen (und "die Klassik" hätte höchst wahrscheinlich sowieso Moll am Ende gespielt).

Wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben...

Viele Grüße
Torsten
 
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Klassik als Kurzform für "klassische Musik" kenne ich schon seit der Schulzeit auch als umfassenden Gattungsbegriff, nicht nur für die Bezeichnung einer Epoche.

Margret Feils Bände zielen sicher auf die Klavierausbildung von Laienmusikern, oft mit Blick über den stilistischen Tellerand. Am Beispiel ihrer "Einfach Klassik"-Ausgabe (Zusammmenstellung Kurzkommentare), ist mein Eindruck, dass sie als erfahrene Klavierpädagogin an diese Spielstücke der ersten Ausbildungsjahre heranführt und motiviert, am Ball zu bleiben.

Mit Blick auf ältere Ausgaben zitierst Du in der ersten Antwort das optionale fis der alten Bärenreiter-Ausgabe, immerhin ein Ausdruck der Auffassung 150 Jahre nach Bach. Ein herberes Beipiel für einen Eingriff wäre der ergänzte Takt im Präludium C-Dur BWV 846.
Offenbar hatte da der profilierte Musiker und Bach-Verehrer C.F.G. Schwencke um 1800 seine eigenen Vorstellungen. :nix:

Jetzt übe ich erst einmal das Stück bis einschließlich Takt 8 und kümmere mich bei @McCoy um die Namensänderung ->MC MJQ :D

Gruß Claus
 
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Klassik als Kurzform für "klassische Musik" kenne ich schon seit der Schulzeit auch als umfassenden Gattungsbegriff, nicht nur für die Bezeichnung einer Epoche.

Ja, sicher.
Und Du hast ja auch einen schier unglaublichen Überblick über allerlei Schulungsmaterial, Frau Feils ist schon des öfteren positiv aufgefallen, aber in der Laienausbildung geht es am Ende nicht primär um musikwissenschaftliche Grundlagenarbeit.
Die berüchtigten Herausgeber-"Verbesserungen" sind außerdem immer mit äußerster Vorsicht zu genießen, auch klar.
Aber leider haben wir von damals keine Tonaufzeichnungen, Fehler in Noten sind nie auszuschließen und fragen kann man niemanden mehr.

Ich bin deshalb Urtext-Fan und traue dem Henle-Verlag auch sehr viel zu. Aber sicher kann man am Ende natürlich nie sein.

Was ist eigentlich mit P.D.Q. Bach?
Und gleich MJQ - musikalische Vierfaltigkeit, die nur durch den schottischen Spar-Zusatz Mac wieder auf einen McCoy reduziert werden.
 
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Als Vortragsmanier wird die "picardische Terz" (von picard = scharf) bereits gegen 1680 nachweislich nicht mehr verwendet. BWV 940 ist gegen 1717 entstanden, also nur wenige Jahre vor dem WTK (die picardischen Terzen in den WTK-Mollstücken stammen von Czerny und sind nicht original).
Eine gute Kontrollfunktion bieten diesbezüglich die zeitgenössischen Intavolaturen, weil sie die Realisation in Griffen angeben: Alle Mollsätze von Bach (z.B. BWV 996) schließen in den Lautenübertragungen mit kleiner Terz (sofern sie eine 3 enthalten).
 
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und kümmere mich bei @McCoy um die Namensänderung ->MC MJQ :D
Zuviel der Ehre ... :hail:

einen Dur-Akkord am Schluß kann ich mir gar nicht vorstellen.
Der d-Moll Schlussakkord klingt perfekt, aber das meine ich nicht.
Das war von mir auch nur so gemeint, daß ich das Präludium halt seit Jahrzehnten kenne und wohl 100te male gespielt habe und ich es mir deshalb nicht anders vorstellen kann. Also reine Prägung ohne analytischen Hintergrund. Damals hatte man genau eine Ausgabe von den kleinen Präludien, und als Normalbürger kaum eine Möglichkeit, irgendwelche Quellen und Editionen zu studieren. Das stand so in den Noten und wurde erstmal unhinterfragt so gespielt, wie es da stand. Da hat man ja heute ja ganz andere Möglichkeiten.
 
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