Slow Dancing In A Burning Room (Acoustic / Electric Guitar Instrumental cover)

wolbai
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Einleitung und Vorgeschichte zum Songprojekt

“Slow Dancing In A Burning Room” - schon allein der Songtitel aus John Mayers drittem Studioalbum „Continuum“ lässt einen aufhorchen. Und beim intensiveren Reinhören in den, von vielen Musikern geschätzten Vocalsong, findet man sich in dieser Vermutung auch bestätigt. Und nicht ohne Grund wurde das Album zum Grammypreisträger für das beste Popalbum in 2006 gewählt.

Der Originalsong entstand, soweit mir bekannt, im Rahmen von Studio-Sessions mit diversen Gastmusikern zu den Aufnahmen des genannten Albums. Das Kernelement des Songs ist der langsame und erdige laid-back Groove (67 bpm), auf den sich ein unwiderstehliches und bluesiges Gitarren-Riff draufsetzt.

Für den Song ebenfalls bezeichnend ist die Tatsache, dass der entspannte Groove nun in einer deutlichen Diskrepanz zum Songtext steht, der von einer zum Scheitern verurteilten Beziehung handelt. Damit wurde über den Song ein Spannungsbogen gelegt, der den Zuhörer in den Song hinzieht und interessiert hält.

Die Idee, aus diesem tollen Vocalsong nun eine Akustik / E-Gitarren Instrumental-Version, mit eigener Note zu entwickeln, stammt von meinem lieben MB-User Kollegen @JimmyQuango , der die Akustikgitarrenparts eingebracht und mit mir so manche Denkschleife über ein stimmiges Songarrangement, inklusive geeigneter Instrumentierung, gedreht hat.

Und wir sind uns bewusst, dass es sich bei unserer Instrumental-Version, um Musik für gitarrenaffine Musiker, aus der Kategorie „Old Socks“ handelt ;)

Der Songaufbau unserer Instrumental-Interpretation orientiert sich weitestgehend am Original und wurde um ein eigenes Intro als atmosphärische Eröffnungsbühne und einen abgeänderten Outroteil erweitert. Für das gesamte Songprojekt, inklusive Videoerstellung, haben wir zwei intensive Wochen benötigt.

Die musikalische Grundsubstanz (Songteile, Akkordfolge, Gesangsmelodie, Main-Riffs) des Originals ist beschränkt und im Kern nicht besonders vielfältig. Die wahre Größe des Songs ergibt sich jedoch aus den geschmackvollen und vielfältigen Variationen des Main-Riffs, der Gesangsmelodie und den kurz gehaltenen Gitarrensoloeinwürfen von John Mayer.

Sämtliche Instrumente, inklusive dem Mixing/Mastering, haben wir in diesem Songprojekt selbst eingespielt bzw. durchgeführt.

Die Idee, aus einem Vocalsong eine kurzweilige Instrumentalnummer, mit eigener Duftnote zu machen, hört sich natürlich erst einmal cool an. Ich finde das allerdings eine ziemliche musikalische Herausforderung. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sie tatsächlich abwechslungsreich ausgestaltet werden soll, so dass der Zuhörer nicht nach einer Minute, wegen Wiederholungen oder ermüdenden Soloeinlagen, abschaltet. Ich bin gespannt, ob uns das aus Eurer Sicht einigermaßen gelungen ist.

Über die damit verbundenen Überlegungen, Vorgehensweise und unsere Umsetzung möchte ich daher im Folgenden punktuell noch etwas näher eingehen („Beipackzettel“), weil ich mir vorstelle, dass dies für den einen oder anderen MB-User bei ähnlichen Vorhaben hilfreich sein kann.

Viel Spaß und Kurzweil für Interessierte beim weiteren Lesen!



Vocalsong versus Instrumental

Es gibt Vocalsongs, deren Gesangsmelodie vielfältig ist und ohne Text gesungen bzw. gespielt einfach schon für sich genommen sehr gut klingt. Das ist meines Erachtens jedoch die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Und die Regel bei Gesangsmelodien in der Populärmusik ist, dass sie häufig aus wenigen und eng bei einander liegenden Noten (also kaum größere Intervallsprünge aufweisen) besteht. Die musikalische Farbe und Abwechslung kommt damit häufig erst durch den Text und durch differenzierte Phrasierungen der Noten zustande.

Dieser John Mayer Song gehört definitiv zur letzteren Kategorie. Es war damit schnell klar, dass wir auf den jeweiligen (Solo)-Instrumenten einiges an Hirnschmalz in die Erarbeitung von geschmackvollen Melodievariationen, unter Berücksichtigung der Instrumentenmöglichkeiten, investieren mussten. Einfacher formuliert: das 1:1 Nachspielen der Gesangsmelodie in allen Strophen- und Refrainpassagen auf Instrumenten würde in diesem Song nicht wirklich gut und super schnell langweilig klingen.

Zur Erarbeitung eines Reservoirs and Melodievariationen bleibt dabei nichts anderes übrig als sich zunächst einmal die Originalgesangsmelodie und Rhythmik auf dem jeweiligen Instrument anzueignen. Wenn das sitzt, geht’s es richtig los mit der Arbeit (ich nenne es bewusst Arbeit, weil es mit Zeit und häufigem Ausprobieren verbunden ist): Auf dem eigenen Instrument nach gut klingenden Variationen der Originalmelodie suchen, diese aufnehmen und anhören. Das ist eine Schleife, die einige Zeit in Anspruch nehmen kann.


Lagen / Spannungsbogen / Dynamik

Hierbei muss man unbedingt auch unterschiedliche Lagen ausprobieren und diese, im Sinne einer Steigerung in der Dynamik, auch richtig im jeweiligen Songabschnitt platzieren. Bei diesem Song habe ich die ersten Versionen der 2.Vers Melodie auf der Gitarre zu tief angesetzt. Das hat im Zusammenhang mit der restlichen Instrumentierung einfach nicht gut geklungen.

Die Bedeutung der Lage der einzelnen Instrumente kann man nicht genug als wichtig hervor heben. Das dafür treffenste Beispiel ist diesem Song ist das E-Piano. Ich habe es ganz bewusst überwiegend in einer höheren Lage eingespielt als die A- und E-Gitarrenspuren. Das beugt zunächst einmal unliebsamen Frequenzmaskierungen vor. Darüber hinaus sorgt es für eine ausgewogene und differenzierte Klangwahrnehmung beim Zuhörer.

Die Ausgestaltung des Storyboards für den Song (oder Spannungsbogen) muss man bereits auch bei der Erarbeitung der Melodievariationen berücksichtigen und sich für die verschiedenen Songteile Steigerungsvariationen (Notenfolge, Lage, Spieltechnik, Sound) parallel überlegen. Das läuft nicht sequentiell, sondern man baut sich einen Speicher von Varianten auf und ordnet diesen geistig schon einmal den unterschiedlichen Songteilen zu.

Ein weiteres, hoffentlich sprechendes Beispiel, für die Bedeutung eines stimmigen Spannungsbogens, war die Anordnung des Soloteils auf der Akustikgitarre im Songgefüge selbst.
Ursprünglich wollten wir diesen Teil im zweiten Vers platzieren, und die E-Gitarre die Melodieführung im ersten Vers übernehmen lassen. Da jedoch die Melodieausgestaltung auf der E-Gitarre des ersten Verses schon stark die Originalmelodie variierte, führte dies zunächst zu einer ziemlich unstimmigen Songabfolge: der Zuhörer will erst einmal mit einer nahe am Original liegenden Melodiefolge abgeholt und in den Song hingezogen werden, um sich dann Variationen zu öffnen. Nach mehreren - bereits erwähnten - Denkschleifen haben wir dann die Melodieausgestaltung von Vers-1 und Vers-2 dann einfach ausgetauscht und dadurch ein, wie ich finde, stimmiges Ergebnis im Dynamikaufbau erreicht.



Spieltechnik / Gitarrensounds

Viel Zeit und Überlegungen sind für die abwechslungsreiche Songausgestaltung auch in die Spieltechnik und verwendeten Sounds der einzelnen E-Gitarrenpassagen geflossen.

So sind die E-Rhythmusgitarre und die Sologitarrenpassagen im ersten Songabschnitt überwiegend auf einer Godin mit Single Coils (Tonabnehmerposition 4) aufgenommen. Klanglich ist das ziemlich clean mit etwas „Haaren“ oben drauf, die sich bei stärkerem Anschlag der Schlaghand bemerkbar machen. Ich spiele diesen Abschnitt überwiegend mit den Fingern. Die Spieltechnik ist stark von Double Stops und Country-Licks geprägt. Die Gute klingt etwas spitz, aber mit dem Klangpoti auf ca. 8/10 ist alles gut.

Ab der zweiten Songhälfte kommt dann verstärkt eine Sire Larry Carlton L7 mit Humbuckern zum Einsatz. Die Spielweise mit Plektrum verändert sich in Richtung Classic Rock und die Gainstages an meinem Aufnahmeverstärker (Marshall JVM410h) nehmen zu.


Videoaufnahme

Abschließend nun unser YouTube-Video zum Songprojekt.

Über Eure Feedbacks zum Songprojekt und dem diesmal wieder etwas üppiger ausgefallenen „Beipackzettel“ freuen wir uns!






Grüße aus Franken - wolbai :great:
 
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Schön. Klingt gut.

Einzig störend für mich sind die höhenlästigen Drum und Rhythmus Anteile. Dadurch sind die Gitarren immer hinter dem Rhythmus Anteilen. Ich finde, die gehören nach vorne......
 
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Servus @adrachin :

Danke für Dein Rückmeldung :)

Deine persönliche Meinung zur Klangausgewogenheit respektiere ich natürlich.
Gleichwohl komme ich nicht umhin, zu erwähnen, dass ich das anders sehe. Sonst hätte ich es ja auch schließlich anders gemixt/gemastered.

Der Coversong läuft aktuell auf zwei YT-Kanälen. Eine Durchsicht der zahlreichen Rückmeldungen zeigt, dass dort auch insbesondere die gute Klangqualität gelobt wird. Auf beiden YT-Kanälen tummeln sich überwiegend auch langjährige Musiker, die für ihre Veröffentlichungen u.a. auch das Mixing/Mastering durchführen.
 
Hohe Latte! Das ist eine echt anspruchsvolle Vorgabe. Die Umsetzung finde ich muss sich wirklich nicht verstecken! (…ich hätte zwar die Verrockung mit dem gainigen Solopart zum Schluss eher weggelassen, aber seiˋs drum…).
Das Schöne an der Umsetzung ist IMO das sie noch viel vom Original hat und dennoch eine eigene Interpretation in deren Sinne ist (…eben abgesehen von Schlusspart, der dann IMO etwas zu viel des Guten ist).

Was ich wirklich mal spannend finden würde, wäre ein wolbai Cover Projekt eines Saga Titel. Deren Detailverliebtheit müsste bei Dir eigentlich auf super fruchtbaren Boden fallen! 🙏
 
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Hallo @InTune:

Deine Rückmeldung freut mich sehr - vielen Dank :)

Und es freut mich auch, dass uns der Rasierklingenritt zwischen Erkennbarkeit des Originals und eigener Duftnote Deiner Meinung nach überwiegend gut gelungen ist. Und gerade das finde ich die besondere Herausforderung, wenn man aus einem Vocalsong ein Instrumental-Version machen will.

Ich höre mir bei solchen Coversongprojekten auch ganz bewusst nur das Original und einige Live-Versionen des erwährten John Mayers zu dem Song an. Die vielfältigen und sicher auch teilweise recht guten anderen coverversionen ignoriere ich dabei bewusst. Ich habe mich nämlich früher dabei gelegentlich ertappt, dass ich mich davon so habe beeinflußen lassen, dass es mir einerseits den eigenen Wind aus den Segeln genommen hat und andererseits ich streckenweise Cover gecovert habe ... Die Live-Versionen von ihm, sind im Übrigen noch eine Liga für sich und haben durch die tollen Live-Musiker ihren besonderen Spielreiz wie ich finde.

Saga .... oje: vor denen hatte ich schon in den 70er Jahren viel Respekt. Und der ist auch jetzt noch sehr hoch...

Das mit der Detailverliebheit ist bei Saga schon ausgeprägt. Die wird mitunter von Musikern auch einmal gerne negativ gesehen und das sollte man respektieren.
Allerdings sehe ich das (wenn wunderst ;) ) etwas anders: Detailverliebheit ist natürlich kein Garant für gute Mucke. Was ich allerdings mit Sicherheit weiß, ist, dass gute Musiker für ihren musikalischen Output, hart und intensiv an vielen, vielen Details ihrer Spieltechnik arbeiten und damit über die Jahre richtig gut werden.
 
Sehr schön! :great:
 
Herzlichen Dank - das freut mich sehr :)
 
Wie immer, ist nie jeder Tee, jedermanns Tee... aber dennoch hat jede Herangehensweise ihren Charme und Reiz. Detaiversessenheit und Perfektionismus hat gute und schlechte Seite. Hingeschludertes, halbgares Zeug ist IMO schon eher unattraktiv. Zu Tode arrangiertem und überproduzierte Kopfprodukte können zumindest noch beeindrucken, werden dann aber meist schnell langweilig, weil eben die Lebendigkeit fehlt. Bei Saga ist die Perfektion für mich aber einfach auch deren Stilmittel und gehört zum Gesamtbild.
…und man kann ja nicht auch aus seiner Haut.
 
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