Hallo Jonakuras,
herzlich willkommen auf dem Musiker-Board und hier im Forum!
Ich schlieĂe mich da gerne Rake an: sehr schöne Idee, mir ist sofort das Bild eines jungen Menschen (wobei das Alter glaube ich keine Rolle spielt) vor Augen gekommen, der sich in der Phase der Verliebtheit befindet, wo er alles ĂŒber die Person erfahren will, in die er sich verliebt hat. Damit hast Du im Grunde schon gewonnen, denn ich glaube, dass es das ist, worĂŒber der Text geht und was Du somit ausdrĂŒcken willst.
Und damit funktioniert der Text ganz hervorragend: er transportiert, was er transportieren soll und kommt zudem leicht und eingÀngig einher.
Mit dem englischen geht es mir ebenso wie Rake. Es ist okay und an einigen Stellen verbesserungswĂŒrdig, aber es bleibt ein "ĂŒbersetzter" Text und das merkt man. Und das ist schade - insofern teile ich ebenfalls seinen Grundgedanken, dass Du es vielleicht einfach mal auf Deutsch versuchst - mit der gleichen Grundidee und dann etwas freier, weil einige englische Formulierungen dem Reim geschuldet sind.
Bei Deinem Text wĂŒrde ich, was Verbesserungen angeht, vorsichtig rangehen und sie auf Fehler beschrĂ€nken. WĂŒrde man es zu einem "native english" Text machen, wĂŒrde zu viel zu Ă€ndern sein - beispielsweise sind die grammatikalischen Konstruktionen eher deutsch-umstĂ€ndlich, die EnglĂ€nder sind weniger erklĂ€rend, eher direkter, da könnte es dann so klingen:
Tell me whatÂŽs your music favorite / favorite music
What are you dreaming of
I want to know whatÂŽs in your mind
cause I fall/IÂŽm falling in/into love
Dein Text hat aber auch einen groĂen Charme, weil die sprachliche BemĂŒhtheit auch eine gewisse Vorsicht des Lyrischen Ich ausdrĂŒckt und damit ein AbwĂ€gen zwischen mit der TĂŒr ins Haus fallen (sofort alles wissen wollen) und dem Abtasten und dem Rausfinden, was es ĂŒberhaupt wissen und fragen will. AuĂerdem ist das, was ich da gesagt habe, natĂŒrlich auch persönliche Geschmacksache oder vielleicht eher eine grundsĂ€tzliche Tendenz zwischen diesen Sprachen oder MentalitĂ€ten. Absolut schick fĂ€nde ich die Idee einer Liebe zwischen einem nicht-native und einer native EnglĂ€nderin oder Amerikanerin, der ihr beispielsweise in einem Brief zu schreiben oder in einem song mitzuteilen versucht, was ihn bewegt. Dann hĂ€tte seine gewisse sprachliche Unbeholfenheit einen auch inhaltlich/storytechnisch begrĂŒndeten Kontext und könnte seinen vollen Charme entfalten, weil sie das doppelte Wagnis ausdrĂŒckt, das er eingeht: er wendet sich nicht nur an sie (mal diese Konstellation vorausgesetzt) ohne zu wissen, ob seine GefĂŒhle erwiedert werden, er wendet sich auch in einer Sprache an sie, die er nur unvollkommen beherrscht und durch die er sich tendenziell verletzbar macht oder unwillkĂŒrlich Fehler macht und nicht weiĂ, ob er aus inhaltlichen oder aus sprachlichen GrĂŒnden miĂverstanden wird ...
Aber egal - jetzt also mal ein vorsichtiger Gang durch Deinen Text mit Kommentaren:
Tell me about the spots youâve seen
Every single one
Mointain lakes or busy cities
Would they all fit in this song?
Kann alles so stehen bleiben. UmstĂ€ndlich finde ich die ersten beiden Zeilen, ein "tell me everything youÂŽve seen" reicht da vollkommen, allerdings geht Dir dann das "every single one" flöten und damit Dein Reim. WĂŒrde ich nur Ă€ndern, wenn Du andere schicke Gedanken und EinfĂ€lle hĂ€ttest, die Du aus PlatzgrĂŒnden hast rauslassen mĂŒssen ...
Whatâs the book you love the most
Out of everything youâve read
Was it comedy or a fairy tale
Or even something sad
Auch hier kann man komplett auf die zweite Zeile verzichten, ohne dass inhaltlich Abstriche gemacht werden mĂŒĂten - man kann es auch so stehen lassen - es ist sozusagen 1 Strophe = 1 Gedanke, was den Text auch sehr eingĂ€ngig und leicht verdaulich macht ...
Tell me all your stories
The good ones and the bad
I want to know everything
So just go ahead
Gehe ich mit Rake mit: kann man so stehen lassen. Als ich es gelesen habe, bin ich allerdings gestolpert und mir fiel spontan sowas ein wie "regardless of good or bad" oder "donÂŽt care if itÂŽs good or bad"
Tell me all your stories
No need to hesitate
They build up who you are today
Iâll listen âtil itâs late
Iâll listen âtil itâs late
Ebenfalls genau wie Rake, seine VorschlĂ€ge sind genau das, was mir auch durch den Kopf ging ... Ich findÂŽs generell einen Tick zu akademisch im Sinne von ErklĂ€rungen loslassen und wĂŒrde eher in die Richtung gehen: I want to know each single one (and)
The next thing that I want to know
Is what season you like the most
Sunny weather, rain or fog,
Or neverending snow
In dieser Strophe wechselst Du das Reimschema, vorher haben sich immer zweite und vierte Zeile gereimt, hier ist es die erste und die vierte. Nicht weiter schlimm, aber da es quasi unbegrĂŒndet ist, empfinde ich es als unnötig. Könnte man so lösen:
Next thing IÂŽd like to ask you
Is what season (do) you like the most
wobei Du das is noch in die erste Zeile packen könntest, wenn es Dir gesanglich in der zweiten zu eng wird ...
And what music do you listen to
When youâre feeling down
I hope this song will cheer you up
And carry away your frown
Ich persönlich finde das Reimpaar down - frown nicht so prickelnd, auch im Grunde genommen die ganze Wendung nicht, weil es hier darauf abzielt, das geliebte GegenĂŒber glĂŒcklich zu machen. Das ist zwar nicht das schlechteste, was man machen kann, es ist sogar das, worum es ĂŒberhaupt geht - gleichzeitig will das Lyrische Ich das GegenĂŒber aber auch erst mal kennen lernen und da ist mir ein: "geht es Dir schlecht, dann mach ich was, was Dich lachen macht" etwas zu kurz gegriffen ... Das wĂ€re aber ein inhaltlicher Eingriff und es ist Dein Text, also gehtÂŽs um sprachliche Varianten, von denen eine das Gegensatzpaar sad / glad statt down / frown wĂ€re - nicht um LĂ€ngen besser, aber vielleicht eingĂ€ngiger ... eine andere Variante wĂ€re:
And what musik do you listen to
when youÂŽre feeling blue
I hope this song will cheer you up
ÂŽn tell you IÂŽll be there for you oder cause IÂŽll be there for you oder mitsamt der oberen Zeile: I hope this song will tell you / IÂŽll be there for you oder I hope this song will cheer you up / ÂŽn tell you I care for you oder I hope this song will tell you / IÂŽd like to come closer to you
Das wĂ€re fĂŒr mich eine wirklich interessante Stelle fĂŒr das Feintuning, denn an dieser Stelle kommt quasi die Katze aus dem Sack: Ist das schon eine LiebeserklĂ€rung, soll es eine sein? Oder geht es wirklich in erster Linie um das Kennenlernen, also eine eher von Interesse, das Verliebtheit beinhalten kann, getragene Sache? Mit seinen Fragen erklĂ€rt sich das Lyrische Ich ja in gewisser Weise: es sagt: Ich will so viel / alles von Dir wissen. Das impliziert ein starkes Interesse. Das reicht vollkommen aus und ein "zu viel" könnte eben so viel verderben wie ein "zu wenig", beispielsweise wenn es schon verliebt ist, aber nur ein Interesse am Kennenlernen der Person Ă€uĂert und dabei stehen bleibt.
So lets start to write
Our own little story
And lets try to make it nice
To tell about
Sehr schönes Ende, das macht es wieder leicht und rund zugleich. Zu viel ErklĂ€rung, zu viel Wunsch kann auch erdrĂŒcken. Ich wĂ€re geneigt, die letzte Zeile mit einem "and worthwile" zu ergĂ€nzen, aber auch das könnte schon ein Tick zu viel sein.
So weiter erst mal.
Also: toller songtext, schöne Idee, an einigen Stellen sollte man noch mal feilen ...
Wenn Du Dich weiter mit dem songtexten befassen willst (wovon ich ausgehe und was ich angesichts Deines ersten Textes hier hoffe), kannst Du mal in den workshop lyrics reinschnuppern, da haben Autoren und Autorinnen hier ein paar Erfahrungen, Tipps und Ăberlegungen zusammengetragen - gibt es als PDF zum download, link in meiner Signatur.
Herzliche GrĂŒĂe
x-Riff