T-Top vs. PAF und Pat. No.

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Hallo Zusammen,

in der Septemberausgabe von G&B gab es zu lesen, dass Angus Young in seiner SG sog. T-Top Humbucker benutzt hat und dass diese maßgeblich an seinem Sound beteiligt waren. Klar ist da auch die Gitarre entscheidend, Amp, Box, Speaker, das Schaffer-Gerät, die Finger von Angus (!!!), etc... aber mit ein Paar T-Tops kommt man - angeblich - dem AC/DC-Sound ein ganzes Stück näher (ja, ich weiß, AC/DC klangen auf jeder Platte anders... aber ein roter Faden im Sound ist erkennbar, d.h. sie klangen immer nach AC/DC!).

In wie weit unterscheiden sich T-Top Humbucker von PAFs oder Pat.No. Pickups?

Alte originale zu kaufen will ich nicht riskieren. Alte Pickups sind wie eine Wundertüte, man weiß nie, was drin ist. Das kann gut gehen oder man verbrät viel Geld für was Mittelmäßiges.

Heute hat so ziemlich jeder Pickuphersteller mehrere PAF-Kopien im Programm. Gibt es auch welche, die einen alten T-Top kopieren? Wenn ja, welche sind die besten /authentischsten?



Viele Grüße,
Bowhunter
 
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Hi,

wenn Du das googelst (vor allem auf Englisch), findest Du ganze Bibliotheken zu dem Thema. Ich versuchs aber mal ganz knapp zusammenzufassen:

Die ursprünglichen PAFs fallen sehr unterschiedlich aus. Vor allem die ersten Jahre von 1957-61 sind geprägt von hohen Produktionstoleranzen. Es gab nämlich noch keinen automatischen Zähler, und die ArbeiterInnen haben "gewickelt, bis die Spule voll war". Das Resultat waren Widerstände von ca. 7 bis an die 9 KOhm; anfangs eher im unteren, ab ca. 1959 eher im höheren Bereich. Sowohl die Wicklungsgeometrie als auch die Spannung beim Wickeln variierte, oft auch zwischen den beiden Spulen. Diese "mismatched coils" tragen allerdings auch zum typisch offen und brillanten Sound eines PAFs bei.

1961 wurde die Produktion stärker vereinheitlicht, da wurden irgendwann Zähler an den Maschinen angebracht und die Magnete gegen etwas kürzere gewechselt. Gelten aber alle noch als PAFs, obwohl das Patent schon 1959 nicht mehr nur beantragt ("applied for"), sondern dann auch erteilt war. Ab 1962 sollen die HB dann relativ einheitlich um die 8,5 KOhm gehabt haben, und es wurden dann auch statt der alten Decals optisch ähnliche mit einer Patentnummer aufgeklebt (allerdings der falschen). Diese frühen Pat.No.-HB sind konstruktiv noch sehr nah an den älteren PAFs, jedenfalls aber in deren Variationsbreite. Über die verwendeten Magnete gibt es sehr viele Ansichten, lange hieß es, die alten hätten alle A2, dann wieder, es wurde alles mögliche von A2 bis A5 verwendet, in den letzten Jahren sind die A4 sehr in den Blickpunkt geraten... Tatsache ist, dass die Typen optisch schon schwer auseinander zu halten und die Legierungen auch gar nicht exakt definiert sind.

Kurz gesagt entsprechen frühe Pat.No. noch den späten PAFs. Iregndwann zwischen 1963 und 1965 wurde auf einen anderen Wickeldraht umgestellt, der nicht mehr emailliert war, sondern eine PU-Isolierschicht besaß. Hier kann man eigentlich am ehesten den Anfang des klassischen Pat.No.-PUs ansetzen, ab 1967 kamen dann auch die Spulenkörper mit dem "T", das als Orientierungshilfe beim Zusammenbau diente. Dise T-Tops hatten dann wohl noch ab und zu A2-Magnete, meistens aber A5 und ziemlich konstante 7,5 KOhm Widerstand und entsprechend symmetrische Spulen. Der Sound ist ziemlich sauber und in den Mitten eher zurückgenommen. In der Form wurden sie dann im Grund bis Anfang der 80er verwendet, und hier dürftest Du dann auch am ehesten fündig werden.

Nun ist es so, dass die meisten Hersteller sich auf die PAF-Ära beziehen, aber einige haben in den letzten Jahren auch die T-Tops entdeckt, schon um sich etwas abzusetzen. Die meisten Boutique-Wickler haben sowas im Angebot. Probiert habe ich sie nicht, weil mir die etwas heißeren PAFs halt mehr liegen.

Ein sehr guter deutscher Wickler ist jedenfalls David Barfuss, der nach meiner Einnerung einer der ersten war, der näher mit dem Thema beschäftigt hat. INzwischen hat er sogar alte Bestände von originalen T-Top-Spulenkörpern aufgetrieben und bietet den Super T-Top an.

Da eine wichtige Eigenschaft dieser PUs die geringeren Toleranzen und klarer definierten Materialien sind, würde ich mal behaupten, dass sich die Replicas auch weniger stark unterscheiden als die Myriaden von PAF-Varianten nach Geschmack des Küchenchefs. Ein großer AC/DC-Fan und Soundfanatiker ist Acy (warum heißt der nur so...?), und für ihn baut Häussel den AGL "Angus-B", der genau in diese Kerbe haut.

Der letztgenannte Name weist allerdings schon darauf hin: wir reden hier nur von einer Hälfte des klassischen AC/DC-Sounds. Der besteht nämlich zum mindestens gleichen Teil aus dem Zusammenspiel mit Malcolm Youngs Rhythmusbrett, und das besteht aus wenig - sehr wenig - Zerre und einer Gretsch mit Filtertron-PU am Steg.

Die beste Annäherung an AC/DC-Sounds gelingt mir an meiner eigenen Anlage mit dem Mean-Channel des Groove Tubes Trio-Preamps (eng verwandt mit einer JCM 800-Vorstufe, spätestens seit dem Einbau eines kräftigen Bright Caps) und wahlweise meiner Tokai Love Rock ('57 Classic mit UOA5-Magnet) oder meiner Gretsch G5220 und deren Blacktop Broad'Tron, einem etwas breiteren und fetter klingenden Filter'Tron-Abkömmling. Beide bringen die für Doppelspuler eher ungewohnten weit hinauf reichenden Höhen und einen nur moderaten Output. Für Soli ein bisschen Boost, fertig.

Ach ja, und wenn Du das Gain schon stark zurückgedreht hast - brauchst Du wahrscheinlich noch weniger ;).

Gruß, bagotrix
 
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Ja, also erstmal vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich meinte den Angus Young Sound, und das ist - wie Du schon treffend bemerkt hast - lediglich 50% vom AC/DC-Sound.
Habe mir den Super T-Top auf der Homepage von D. Barfuß angeschaut; definitiv eine Alternative!
Es gibt einfach zu viele Wickler, die den "amtlichen" T-Top wickeln....Solo Dallas Solo71, David Allen Powerage, Bare Knuckle Riff Raff, Kloppmann HB62, Acy Angus, Crazyparts Area59 "Back in Black" Set, Brandwound, Lindy Fralin soll angeblich auch T-Tops wickeln... die Frage ist halt, wer kommt am nächsten dran? Oder gleich einen Satz alte T-Tops kaufen?
 
Wie ich schon sagte, ein bestimmender Charakterzug der T-Tops ist ja nun gerade ihre relative Konstanz, was letztlich auch auf die Nachbauten durchschlägt. 7,5 - 8,5 KOhm, Variablen wie Magneten und asmmetrische Spulen oder ungewöhnliche Wicklungsgeometrie fallen im Prinzip aus - ich denke, mit jedem dieser Nachbauten kannst Du ans Ziel kommen. Die PUs unterschieden sich schon im Original längst nicht so sehr wie z.B. die PAFs in Duane Allmans Darkburst von denen in der Pearly Gates oder Greeny. Im Grunde denke ich, mit einem Pärchen Rockinger PAF-ect kämst Du genauso ans Ziel wie mit einem T-Top-Nachbau, der schon alleine soviel kostet. Ganz zu schweigen von den mMn komplett überteuerten Originalen, die die Leute vor nicht allzu langer Zeit billig weggeben oder in die Bastelkiste verbannt haben.

Dazu kommt noch, dass der AC/DC-Sound ja nun auch nicht unbedingt subtil ist. Er lebt nicht von Feinheiten in Ausklang, Obertönen und Timbre. Der PU muss breitbandig und direkt übertragen, mit ordentlich Attack und Höhen, und er soll die Vorstufe nicht mit zu viel Output komprimieren lassen.

Das wichtigste Element ist hier mMn eher der Amp, dessen Aufbau und Einstellungen passen müssen. Und bei Angus vielleicht noch der Solo Dallas als Ergänzung, in erster Linie für Soli.

Alte Marshall-Tops unterscheiden sich mMn viel mehr als alte T-Tops.

Gruß, bagotrix
 
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Naja, dass der AC/DC-Sound nicht subtil ist... Veto, Euer Ehren! AC/DC habe nicht nur Vollgas-Songs gemacht. Spontan fallen mir zwei Slow Blues Nummern ein: Ride on und The Jack, wo Angus' Sound sehr subtil ist. Aber ich glaube zu verstehen, was Du meinst.

Habe einen alten Marshall JMP100, Bj. 1980, unverbastelt, der unglaublich geil klingt - um länger besser, als meine anderen Amps. Dazu noch der Schaffer-Bodentreter und 'ne Paula mit T-Tops (mit 'ner SG komme ich nicht klar, deswegen Paula)
 
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Also @bagotix ist mit Sicherheit der unangefochtene Fachmann aber rein subjektiv: ich bin in letzter Zeit durch Zufall in letzter Zeit an ein Paar T-Tops (in einer LP Deluxe) und ein Paar Tarbacks (in einer Framus Missouri) gekommen und ich finde, dass beide Arten im Vergleich zu aktuellen PUs am Neck sehr warm und „sahnig“ klingen, während die Bridge Pickups etwas dünn und aggressiv sind. Auf jeden Fall eine sehr interessante Kombi, auch in der Mittelposition.
 
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Von Tarbacks habe ich bisher noch nie was gehört. Was für Pickups sind Tarbacks?
 
dass beide Arten im Vergleich zu aktuellen PUs am Neck sehr warm und „sahnig“ klingen, während die Bridge Pickups etwas dünn und aggressiv sind.

Das mit dem HalsPU kann ich gut nachvollziehen. Angesichts der Entwicklung des Geschmacks in den letzten 10, 15 Jahren hat Gibson ja bei den PUs einiges geändert. Wo lange 490R oder '57 Classic den Standard gesetzt hatten, wurden dann die BB und BB Pro eingebaut, die schon deutlich anders klingen. Nicht wenige finden auch, dass Gibson es gerade mit den BB Pro übertrieben hat. Auch nicht ganz unwichtig ist natürlich die Peripherie - der Wechsel von 300 KOhm zu 500 KOhm-Volumepotis machte sich da deutlich bemerkbar. Das warme und runde hat Gibson vielen Modellen ja durchaus bewusst ausgetrieben, weil es der Zeitgeist so wollte. Da wäre ich natürlich neugierig, wie es bei der Deluxe mit den Potis aussieht.

Was die BridgePUs betrifft, so wurde es bei Gibson mWn erst nach der Norlin-Ära Standard, an der Bridge etwas heißer gewickelte PUs einzusetzen. Gerade die T-Tops mit ihren geringen Widerstandswerten können da schon mal ein bisschen dünn klingen. Daran ändern dann auch die damals niedrigeren Potiwerte nichts, denn Bässe und Tiefmitten bleiben davon weitgehend unbeeinflusst. Hat man den Amp also so eingestellt, dass es am Hals nicht matscht, fehlts am Steg untenrum, da ist eine sorgfältige Abstimmung der jeweiligen PU-Höhe und der eine oder andere Kompromiss an den Ampreglern gefragt.

Deine Beobachtung mit der Zwischenposition zeigt aber auch den Vorteil: die klingt mit zwei möglichst baugleichen PUs auch für meine Ohren am besten. In meinen eigenen Gitarren läuft es meist auf den Kompromiss hinaus, dass ich einen HB mit mittlerem Output in der Bridgeposition habe und am Hals einen mit durchaus ähnlichem Output, der aber recht schlank abgestimmt ist. Das ist dann auch nicht unbedingt ein ab Werk zusammengestelltes Set. Oder ich helfe nach, indem ich die Magnete tausche - mit dem SH-1n konnte ich nie was anfangen, bis ich ihm mal einen A4 implantiert hab. Jetzt kann man am Amp die Bässe auch etwas großzügiger aufdrehen, und der BridgePU klingt druckvoll, ohne dass der HalsPU zu wummern anfängt.

Von Tarbacks habe ich bisher noch nie was gehört. Was für Pickups sind Tarbacks?

Als Tarbacks sind bestimmte Gibson-PUs aus den 70ern bekannt. Man nennt sie so, weil diese PUs in der Kappe mit einer schwarzen Epoxid-Masse ausgegossen wurden, was ein bisschen wie Teer aussieht. Viele sind wohl im Grunde vergossene T-Tops, aber es gab auch den "Super Humbucking" und andere Modelle, bei denen ich mir selber nicht sicher bin, ob Gibson sie immer klar unterschieden hat. Bill Lawrence hat damals auch für Gibson gearbeitet, und manche dieser PUs scheinen auch intern etwas anders aufgebaut zu sein, soweit mal was aus dem Schmodder rausschaut. So wurden beim Super Humbucking auch keramische Magnete verwendet, teils einer in der Mitte und zusätzliche auf den Außenseiten unter der Spule, wo beim Standard-HB nur reine Abstandhalter sitzen. Zumindest letzteres hat man beim 500T bis heute beibehalten. Damals allerdings in Kombination mit recht "normal" gewickelten Spulen mit Widerstandswerten im T-Top-Bereich. Die Infos sind leider oft widersprüchlich, weil Gibson viel experimentiert und wenig aufgeschrieben hat. Um es genauer zu wissen, müsste man wohl einen Haufen alte HB aus Gibsons rupfen und zerstören :twisted:.

Gruß, bagotrix
 
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