Ich will hier nicht unbedingt den Klinkenstecker über Gebühr loben, dass XLR in einigen Belangen besser ist, sehe ich durchaus auch so.
Aber zu dieser Liste aller erdenklichen Schwächen habe ich denn doch einige Anmerkungen:
- beim Stecken werden die Anschlüsse kurz geschlossen
- der Stecker ist gegen versehentliches heraus ziehen nicht gesichert
- das Verwechseln von 2 und 3 poligen Verbindungen führt zum Kurzschluss
- die Kontaktzahl ist den Buchsen nicht anzusehen
- die Buchse ist meist nicht verschraubt, es entsteht große Belastung auf dem Board, was Wackelkontakte am Lötpunkt bis zur Zerstörung zur Folge hat
- Ein- und Ausgänge kann man nicht unterscheiden, mit fatalen Folgen
- die Kontakte des Steckers sind ungeschützt gegen Abrieb und Verschmutzung
- Spannung liegt am offenen Stecker frei an
- die Kontakte können bei metallischer Berührung kurz geschlossen werden
- die Kontakte sind meist von minderer Qualität: ich habe oft Wackelkontakte oder hohe Übergangswiderstände
- Stecker und Buchsen sind mechanisch nicht stabil
- man benötigt eine weitere Art von Kabel oder Adapter
- Adapter erhöhen die Übergangswiderstände und Gefahr von Wackelkontakten
- es sind immer die falschen Adapter zur Hand
Deine offensichtlich sehr großen Befürchtungen zu Kurzschlüssen kann ich nicht so recht nachvollziehen.
Üblicherweise werden über Klinke Line-Signale geschickt und daher an Line Ein- und Ausgänge angeschlossen. Dort spielt das Kurzschließen praktisch keine Rolle, schon gar nicht, wenn dieser nur einen Moment dauert. Line Ein- und Ausgänge sind üblicherweise kurzschlussfest. Die anliegenden Spannungen sind niedrig und liegen in jedem Fall im unbedenklichen Bereich.
Symmetrische Line-Anschlüsse (3-polig) können unbedenklich unsymmetrisch besteckt werden (2-polig). Bei Stereo-Buchsen (z.B. Kopfhörer-Ausgang) würde zwar ein Kanal kurzgeschlossen und bliebe dann stumm, passieren würde aber sonst nichts, auch diese Ausgänge sind kurzschlussfest.
Verschmutzen können alle Stecker, Abrieb habe ich bisher noch nie beobachtet oder gar als Problem betrachtet.
In der Tat sollten aber Klinken-Buchsen (und auch Stecker) von guter Qualität sein und am besten verschraubt oder anderweitig am Gehäuse gesichert, was aber oft der Fall ist.
Sehr hochwertige Klinken-Stecker und Buchsen gibt es u.a. von Neutrik, sogar eine verriegelbare Buchse:
https://www.thomann.de/de/neutrik_nj3fp6cbag.htm, geht also auch.
So verbreitet wie Klinken in der Musik-Elektronik sind, hat eigentlich jeder mindestens einige Klinkenkabel im Köfferchen. Falls mal ein Klinken-Kabel/Stecker kurz vor dem Auftritt kaputt geht, ist daher fast immer sofort Ersatz zur Hand.
Eine Unsitte waren die Klinken-Lautsprecher-Ausgänge von Endstufen, aber die sind mittlerweile Geschichte, Speakon hat hier das Rennen gemacht - zurecht.
Der Autor des verlinkten Artikels zum Sound-Devices mit 32-bit-float-Wandler übersieht bei seiner ganzen Euphorie über das 32-bit-float-Format leider, dass es vor dem Wandler immer einen analogen Schaltkreis gibt, mindestens der Mic-Preamp (wobei dieser Schaltkreis mittlerweile sogar auf dem Wandler-Chip integriert sein kann). Und den kann man sehr wohl noch übersteuern. Das Mix-Pre verzichtet auch keinesfalls auf Gain-Potis (obwohl man ja meinen könnte nach den Aussagen des Autors, dass Aussteuern überhaupt nicht mehr nötig ist - hätte Sound-Devices also den Gain-Rgeler eigentlich weg lassen können, hat aber nicht).
Auch wenn der Preamp dieses (in der Tat sehr hochwertigen!) Gerätes sehr rauscharm ist und einen sehr großen Dynamikumfang hat, wird man ihn bei falscher Gain-Einstellung wie gesagt ganz bestimmt irgendwann überfahren. Und wenn man später in der DAW ein gnadenlos zu leise ausgesteuertes Signal massiv anhebt, dann wird man dieses unvermeidliche analoge Rauschen ebenfalls mit verstärken, die Physik lässt sich nicht austricksen.
Artikel dieser Art wirken auf mich immer wie überzogenes Marketing-BlaBla, schon hart an der Grenze des Unsinn.
Die 10-20 dB Headroom, die üblicherweise bei 24-bit empfohlen werden sind bei guten Preamps völlig unproblematisch und klanglich nicht beeinträchtigend.
Der MixPre erweitert ganz sicher die Reserven noch etwas und wird sicher weder allzu schnell übersteuern noch so bald Rauschen, was auf jeden Fall angenehm ist, gerade in Stress-Situationen wo schnell Fehler passieren können.
Aber dass es sozusagen Aufnahmetechnik neu definiert würde ich nicht so sehen.