Hallo Louis,
ein Flageolett-Ton entsteht, wenn ein Finger auf eine schwingende Saite gelegt wird (nicht durchdrücken!), so dass die Saite zwar in ihrer vollen Länge schwingen kann, aber die Grundfrequenzen durch das Auflegen unterdrückt werden.
Wenn eine Saite (ohne Flageolett) auf ihrer vollen Länge schwingt, entspricht die Grundfrequenz einer halben Wellenlänge: An beiden Enden fixiert, in der Mitte ein Schwingungsbauch:
Wäre das die offene d'-Saite, erklänge so ein d'.
Wenn man nun genau auf die Mitte der Saite (dort, wo man das d'' greifen würde) den Finger leicht auflegt, wird die Grundschwingung unterdrückt und man hört den ersten Oberton, also das d'' eine Oktave höher als Flageolett:
Es erklänge also ein d'' als Flageolett
Wenn man die Saite durch Fingerauflegen drittelt, wird auch der erste Oberton unterdrückt erhält man den zweiten Oberton - dieser liegt eine Oktave und eine Quinte über der Grundfrequenz:
Die so "gedrittelte" d'-Saite erklänge also als a''-Flageolett.
Hinweis: Die Darstellung ist nur schematisch und natürlich schwingen bei einer Saite allerlei Obertöne mit (das macht den Klangcharakter aus, sonst würde man nur einen langweiligen Sinus hören).
Durch das Fingerauflegen an passende Knotenpunkte lassen sich jedoch Grundschwingung und ggf. auch darauffolgende Oberschwingungen unterdrücken, so dass der Ton entsprechend der Naturtonreihe höher erklingt und den typischen Flageolett-Klang erhält.
Mit diesem Verständnis lässt sich auch ableiten, wie die geforderten Töne zu spielen sind.
In meinen Grafik-Beispielen ist der Fall von
"natürlichen" Flageoletts gezeigt, bei denen die Saite offen schwingt und nur ein Finger an der entsprechenden Stelle leicht aufgelegt wird, um dort einen Schwingungsknoten zu erzwingen.
Damit lassen sich aber nicht alle benötigten Töne erzeugen und bei der Geige gibt es noch die sogenannten
"künstlichen" Flageoletts, bei denen eine Saite einerseits gegriffen (ganz durchgedrückt), aber andrerseits zusätzlich auch mit dem kleinen Finger eine Quarte oder Quinte höher zusätzlich berührt wird, um einen entsprechenden Flageolett-Ton zu erzeugen.
Die Quinte erzwingt einen Schwingungsknoten auf einem Drittel der Saitenlänge, so dass der 2. Oberton erklingt, die Quarte viertelt die Saitenlänge sogar, so dass der 3. Oberton erklingt.
Dies geht beispielsweise bei Gitarren nicht, weil die Mensur viel zu lang ist - aber auf der Geige kann man das machen.
Dann hat durch das Niederdrücken die Saite eine entsprechend verkürzte schwingende Länge und zusätzlich wird durch das leichte Auflegen des kleinen Fingers ein Flageolett erzeugt.
Ich hoffe, das hilft Dir beim Verständnis und beim Herumprobieren hörst Du ja leicht, ob das Ergebnis stimmt.
Wichtig: Greifen und Berühren findet hier natürlich auf ein und derselben Saite statt, ich glaube, das hattest Du missverstand.
Viele Grüße
Torsten
PS: damit man den Effekt gut hört, bedarf es besonders obertonreicher Töne und man sollte deshalb den Bogen nahe am Steg aufsetzen und ein wenig mehr Druck kann auch nicht schaden.