Vom Blatt spielen: Rhythmik

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Hallo alle,

Vorwarnung: etwas längere Problemerklärung. Ich spiele mit Pausen schon seit vielen Jahren Tasteninstrumente. Ein altes Problem für mich ist, da ich ein gutes Gedächtnis habe, habe ich die Stücke meist schnell auswendig gekonnt und nur auf meine Finger geschaut. Seit einiger Zeit möchte ich aber mein Noten lesen und vom Blatt spielen verbessern. Dazu habe ich zum einen ein paar Apps installiert, die Noten zeigen und wo man die Note benennen muss; zum anderen hab ich leichte Stücke versucht vom Blatt zu spielen. Das hat ganz gut geklappt und mittlerweile sehe ich die Note und weiß sehr schnell welcher Ton es ist.

Mein Problem bleibt aber die Rhythmik. Ich sehe die Notenlängen und weiß nicht, wie das von der Rhythmik her klingen soll. Natürlich nicht bei einfachen Konstellationen wie vier Vierteln oder ein paar Achtel(pausen) dabei. Aber eben sobald etwas auf den Offbeat beginnt und dann über die Schläge gebunden wird und in der linken Hand dagegen gespielt wird muss ich mir das erst im Detail anschauen. Ich glaube das Problem ist, dass ich mir die Lieder oft einfach angehört habe oder sogar in ein Notensatzprogramm reingehackt habe und es mir mal anhören zu können. Dadurch musste ich nie die Rhythmik aus den Noten entziffern.

Wie würdet ihr das Problem gezielt angehen um eine schnelle Besserung zu erreichen? Bewußt solche Sektionen in Stücken ansehen und dann anhören wie es klingt? Oder umgekehrt, versuchen gehörte Liedteile zu notieren um im Kopf die Verbindung zwischen gehörtem und Noten zu erreichen. Ich wäre auch dankbar für Literaturtips oder Tipps für Übungsapps/programme.

Danke und Gruß
Chris
 
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Wie würdet ihr das Problem gezielt angehen um eine schnelle Besserung zu erreichen?
Gleichmäßige Viertel langsam schlagen und dazu die Notenwerte auszählen, mit etwas mehr Routine "singen"- ggf. nur auf einem mittleren Ton oder den Rythmus zum lauten Zählen klatschen/klopfen.

Erst einfache, dann zunehmend stärker und auch gemischt rhythmisierte Notenbilder vornehmen.
Die Gesamtschau nennt sich Rhythmuspyramide, einen Einstieg findest Du bei musicians-place.de und in der Vorausschau von Anfängernoten, z.B. bei stretta.de, alle-noten.de oder anderen Notenversendern deiner Wahl.
http://www.musicians-place.de/rhythmik/kurs-1/notenwerte-und-pausen.html

heumann 2.png
Quelle: Stretta-Music.com Heumann, Klavierspielen - mein schönstes Hobby Band 2

Jede Menge Material findest Du natürlich auch in der IMSPL (amerikanische Notensammlung).
http://imslp.org/

Gruß Claus
 
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Es gibt ein paar grundlegende Dinge in der Notenschrift, die das Lesen der Rhythmik sehr vereinfachen, wenn man sie weiß. Z.B. sind auch in sind in komplizierter 16tel oder 32.tel Rhythmik die Viertel meistens in den Balken als Gruppierung sichtbar.

Beispiel: Beethoven, Sonate Nr. 1, f-Moll, 2. Satz: Es handelt sich um einen 3/4-Takt. Aufgabe: Wo sind die Zählzeiten 1, 2 und 3?

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Dasselbe im 4/4-Takt bei einem Chopin Prelude: 1, 2, 3 und 4 sind immer die erste Note eines Balkens. 4 Balken pro Takt = 4 Viertel.

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Dann auch mal diesen Post und den übernächsten lesen und die 8 grundlegenden rhythmischen Notationsmuster lernen.:

https://www.musiker-board.de/threads/unterschiedliche-notation-bei-notenwerten.581407/#post-7069433

Noch einer: https://www.musiker-board.de/threads/erlernen-des-herauslesen-einer-rhythmik.356009/#post-4239352

Meine Empfehlung zum Üben: Die Rhythmik ohne Klavier und ohne Tonhöhe gesondert üben, z.B. durch Klatschen/Trommeln oder/und Sprechen (immer mitzählen). Danach die Rhythmik auf einem einzigen Ton auf dem Klavier spielen und erst danach die richtigen Töne im richtigen Rhythmus spielen. Wenn man das eine Weile so übt, sollte es mit der Zeit besser gehen.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Spiele Franz Liszt Consolation No. 3. Da hast du gleich einige Beispiele von Polyrhythmik drin :D

 
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Danke für den Input soweit, das werde ich mir mal in Ruhe ansehen und üben!
 
Hi

Eine gute zusätzliche Möglichkeit: Besorge dir Etüden für Snaredrum und lies/sing/sprech die mit. Haben wir im Studium viel gemacht und hat mir sehr viel Sicherheit beschert.

Gruss aus Hessen

Mark
 
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Die Tipps mit dem Rhythmus klopfen o.ä. sind erst mal nicht schlecht, jedoch erfasst man so den Grundrhythmus auch nicht schneller, vor allem, wenn etwas auf einem Offbeat beginnt. Da ist es meines Erachtens doch hilfreich, wenn man sich das Ganze irgendwie hörbar machen kann. Dazu kann man wie es Murenius macht, in ein Partituren-Programm eingeben, oder eine einfache Drum-Computer Software wie den guten alten Hydrogen verwenden.

Zum üben dann, einige mögen es vielleicht nicht gerne hören, hilft mir das Metronom. Dabei stelle ich die Geschwindigkeit um etwa die Hälfte langsamer ein als das Stück später gespielt werden soll. Bei diesem Tempo bleibe ich solange, bis ich den Teil sehr sicher spielen kann, und wenn es 2 Wochen dauert. Erst dann erhöhe ich langsam das Tempo, dadurch bekomme ich dann auch ein Gefühl für den Rhythmus, das sich in meiner Interpretation bemerkbar macht.
 
Es gibt ein paar grundlegende Dinge in der Notenschrift, die das Lesen der Rhythmik sehr vereinfachen, wenn man sie weiß. Z.B. sind auch in sind in komplizierter 16tel oder 32.tel Rhythmik die Viertel meistens in den Balken als Gruppierung sichtbar.
Das stimmt - man sollte aber im Hinterkopf haben, dass das so nur für wirklich professionellen Notensatz gilt, den ein Setzer erstellt oder zumindest nochmal "geradegezogen" hat. Bei gekauften Noten auf Papier der großen Editionen / Verlage kann man davon ausgehen.
Bei den vielfach (fast) automatisch erstellten Sätzen, die in vielen Onlineshops zu bekommen sind oder sogar frei im Netz kursieren, ist das nicht unbedingt der Fall.
 
dass das so nur für wirklich professionellen Notensatz gilt,
MMn sind das Dinge, die jeder, der Noten schreibt, gelernt haben und können sollte. Wenn man Noten findet, in denen das so nicht gehandhabt wird, zeugt das von mangelnden Kenntnissen des Urhebers und wird nicht gekauft, jedenfalls von mir nicht. :) Die heute zur Verfügung stehenden Notensatzprogramme machen es den Autoren nicht schwer, diese grundlegenden Regeln der musikalischen Orthografie einzuhalten. Ein Notensatzprofi muß man dafür nicht sein, eine solide Musikausbildung reicht.

Jeder, der Noten schreibt und - sei es auch nur im Netz - veröffentlichen will, sollte sich mit dem, was in diesen Anmerkungen steht, auseinandersetzen: http://www.pian-e-forte.de/texte/pdf/notenschreiben01.pdf
Der professionelle Notensetzer dagegen muß mindestens das hier aus dem Effeff beherschen: http://www.pian-e-forte.de/texte/pdf/notenschreiben02.pdf

Viele Grüße,
McCoy
 
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Die Tipps mit dem Rhythmus klopfen o.ä. sind erst mal nicht schlecht, jedoch erfasst man so den Grundrhythmus auch nicht schneller...
Das schnellere Erfassen ist eine Frage der Übung.
Durch Auszählen, Rhyhtmen klopfen usw. lernt man das Erfassen in rhythmischen Figuren und das führt vom langsamen bewussten Erfassen zum schnellen unbewussten Wiedererkennen.
Es ist der gleiche Prozess wie beim allgemeinen Lesen lernen, das geht genauso vom langsamen identifizieren der Buchstaben (entspricht dem Auszählen) zum Erfassen von Worten oder ganzen Satzteilen auf einen Blick.

Fehlt rhythmische Übung als physische Erfahrung (Auszählen mit Takt schlagen, Spielbegleitung mit dem Fuß klopfen), dann wird man bei allen möglichen Schwierigkeiten immer wieder ins Schleudern geraten.

Und umgekehrt gilt auch: wie sehr rhythmische Übung das Erfassen beschleunigt erlebt man deutlich, wenn man sich mit Salsa oder Funk beschäftigt.

Gruß Claus
 
MMn sind das Dinge, die jeder, der Noten schreibt, gelernt haben und können sollte.
Sollte, ja. Und bei Handschrift macht man das eigentlich auch fast automatisch. Schwierig wird es bei den Notensatzprogrammen, die einem vermeintlich alles abnehmen, da fallen dann aber solche Feinheiten schnell unter den Tisch.
 
Der professionelle Notensetzer dagegen muß mindestens das hier aus dem Effeff beherschen: http://www.pian-e-forte.de/texte/pdf/notenschreiben02.pdf
Und genau deshalb setze ich meine Noten wenn möglich mit Lilypond und wenn nötig mit der grafischen Oberfläche Frescobaldi dazu und nicht mit Finale. Die erzeugten Notenblätter sind einfach viel näher an dem was obiger Band 2 von einem guten Notensatz fordert. Man muss dabei schon noch wissen wie die Struktur Regeln einzugeben sind, aber das Layout und die optische fein Justage sind doch um längen besser als bei den üblichen "professionellen Notenprogrammen".

Dafür kann's aber auch nur das. Vorspielen lassen braucht man sich das von Lilypond nicht. :igitt:

Ich bekomme immer wieder mal für's Orchester Original Stimmen die ziemlich lieblos gesetzt sind. :( Und für Saxophon wären die eigentlich recht übersichtlich, nicht so komplex wie eine Klavier Partitur.
 
Hallo Chris,

aus deiner Fragestellung geht nicht ganz klar hervor, wo genau du jetzt stehst:

a) Technisch

Bist du spieltechnisch deinen Blattspielfähigkeiten sehr weit voraus (Amateur, Profi) oder suchst du einen neuen Weg, weil deine Weiterentwicklung stagniert (Dilettant im stillen Kämmerlein) ?

Welche Rolle spielt dabei die Koordination? Was passiert da genau, "... wenn in der linken Hand dagegen gespielt wird ...".

b) Stilistisch

Du sprichst von "Liedern" (Pop-Rock oder Schubert?)
Du sprichst von "Stücken" (Klassik?)
Du sprichst von "Offbeat" (Gospel, Jazz, Blues, Rock?)

c) Ausbildung

Wonach oder von wem hast du gelernt? Kannst du im Blattspiel an etwas Altem anknüpfen oder stehst du noch ganz am Anfang?


Wo willst du hin?

Was spricht dagegen, dass du dir neue Stücke erst im Detail anschauen musst, bevor du sie spielen kannst? Sind deine neuen Ziele realistisch?

Da wäre für eine gute Antwort noch einiges zu klären. Aber ist es unter diesen Umständen nicht doch besser, wenigstens vorübergehend mit einem persönlichen Lehrer eine Lösung auszuarbeiten, die dann optimal auf deinen individuellen Lerntyp zugeschnitten wäre?

Fortsetzung folgt
Jerry237
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Fortsetzung

Aufgrund der wenigen Informationen über dich kann ich dir hier nur eher allgemein gehaltene Hinweise geben:

Die Fähigkeit des Blattspiels ist meines Erachtens in erster Linie das Resultat einer effektiven Lerntechnik im Rahmen eines audivisuell ausgerichteten, basisorientierten Unterrichtes.

"Audivisuell" ist ja klar: es muss mit Noten gearbeitet werden. Natürlich geht es auch anders, aber dann kann man eben nicht vom Blatt spielen.

Basisorientiert bedeutet hier, dass zunächst wie beim Hausbau ein Fundament, und zwar aus Spieltechniken geschaffen wird, an dem die Projekte sicher "andocken" können.

Dieses Fundament wird im weiteren Verlauf gepflegt und vertieft, indem vor jeder Erweiterung zunächst zur Konsolidierung mehrere assoziative Projekte ausgeführt werden. Die auf diese Weise systematisch und sicher verankerten Grundmuster (sowohl Bewegungsmuster wie auch Notenbilder!) stehen dann dauerhaft zum Abruf bereit. Sie bilden netzartige Strukturen, die sich in ihrer Wirkung nicht summieren sondern potenzieren.

Die Arbeit daran muss nicht so trocken verlaufen, wie es sich zunächst anhören mag. Es stehen dafür nämlich nicht nur rein technische Übungen (Tonleitern, Arpeggios usw.) zur Verfügung, sondern auch gehaltvolle, mitunter sogar konzertante Etüden (thematisch ausgerichtete Übungsstücke). Auch die Inventionen von Bach können dabei natürlich gut einbezogen werden.

Es gibt sicher viele Gründe, warum es sein kann, dass eine solche Basis

a) anders beschaffen ist (muss ja nicht negativ sein ggf. auch zweckmäßig)
b) zu dünn ist, unvollständig, verinselt und ohne Vernetzung usw. (ungünstig)

Darauf möchte ich aber hier nicht eingehen, da wir damit zu sehr abschweifen würden.

Interessanter ist vielmehr, wie du dein vorhandenes Fundament ausbauen bzw. die Lücken schließen kannst, um es deinen neuen Zielen anzupassen.

Fortsetzung folgt
Jerry237
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Fortsetzung

Folgendes kann ich dir dazu empfehlen:

LITERATUR

Rhythmik- und Blattspielstudien für Klavier oder Keyboard (G. Tomczyk, epubli)
Band 1.0 - Der Drei-Finger-Tonraum in C-Dur
Band 2.0 - Der Fünf-Finger-Tonraum in C-Dur

Recorder Anthologie, Band 1 (Schott ED 13134)

METHODE

Stelle dein anderes Blattspielmaterial für eine Weile zurück verwende statt dessen die o.a. Übungsbücher.

Du reduzierst damit

a) den Tonumfang auf drei bzw. fünf Noten für jede Hand
b) die Rhythmik auf 8 Figuren im 4/4-Takt und 4 Figuren im 3/4-Takt

Der Vorteil dieser vereinfachten Bedingungen liegt darin, dass du auf diese Weise das Blattspiel schon bald so erleben kannst, wie du es am Ende auch bei anspruchsvolleren Stücken haben möchtest. Die Noten werden dir mit viel mehr Leichtigkeit als sonst "in die Finger fließen", ohne dass du dabei wirst nachdenken müssen.

Was dein Hauptinteresse, die Rhythmik, betrifft, ist Folgendes zu sagen:

In beiden Büchern sind die Übungen in fünf Abschnitte (LEVEL 1-5) unterteilt:

1. Links-Rechts getrennt in separaten Übungen
2. Links-Rechts wechselweise in gemeinsamen Übungen
3. Links-Rechts gleichzeitig (einfache Rhythmik)
4. Links-Rechts gleichzeitig (erweiterte Rhythmik)
5. Links-Rechts gleichzeitig (polyphon)

Jeder Abschnitt beginnt mit den Rhythmikstudien, die nebenbei auch als Tonbildungs- und Koordinationsübungen gedacht sind. Sie sind daher sehr regelmäßig aufgebaut und auf wenige, fortlaufend wiederkehrende Anschlagmuster reduziert.

(Weitere Einzelheiten findest du auf der Amazon-Seite unter "Blick ins Buch".)

Durch das regelmäßige Spielen dieser Übungen wirst du die zahlmäßig sehr überschaubaren Rhythmusfiguren recht bald auch mit einer Klangvorstellung verbinden können. In den Blattspielstudien werden sie dann zunehmend miteinander vermischt und auf beide Hände verteilt.

Wenn alles so klappt wie ich denke, wirst du zwar noch nicht am Ziel sein, doch der Rest ist dann nur noch eine Frage der Zeit.

Weitere Übungsstücke mit erweitertem Tonraum aber ähnlicher Rhythmik findest du dann z.B. im Band "Blockflöten Anthologie 1" (Schott).

Wie sagte es schon ein großer Rock-Poet:

"Yes, there are two paths you can go by, but in the long run
There's still time to change the road you're on."

Viel Erfolg wünscht
Jerry237
 
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