Hallo,
zunächst mal: gute Frage, leider weiß ich es nicht, und ich fürchte, es wird Dir auch niemand beantworten könne, weil halt keine historischen Stimmungen von Saiteninstrumenten erhalten sind bzw weil auch kein Zeitreisender dabei war, als irgendein griechischer Sänger sich dazu entschloß, seine Kithara in Quarten statt in Terzen oder Quinten zu stimmen.
Das soll uns natürlich nicht daran hindern, abenteuerliche Mutmaßungen anzustellen.
Klar hat die Stimmung in Quarten etwas mit Obertönen zu tun; der 2. Oberton von A ist z.B. das E, bloß eben um eine Oktave versetzt.
Die Stimmung in Quarten ermöglicht übrigens erst das Spielen von Tonleitern. Mit vier Fingern und einer offenen Saite kann man vier Halbtonschritte spielen, d.h. eine große Terz, dann kommt die nächste Saite dran. Auf der E-Saite sind das E - F - Fis - G - Gis, dann kommt die A-Saite. Sind die Saiten in kleineren Intervallen gestimmt, z.B. in Terzen, verschenkt man Töne, in größeren Intervallen, z.B. in Quinten, gehen Töne verloren.
Dann gibt es noch die historische Lauten- und Vihuela-Stimmung E -A - D- fis - h - e, d. h. die Quarten werden beibehalten, lediglich die Terz wird auf ein anderes Saitenpaar verlegt. Das war wohl in der Renaissance die vorherrschende Stimmung. Wenn Du's mal selber ausprobierst, wirst Du feststellen, daß man die gängigen Akkordgriffe etwas abändern muß, ansonsten bietet diese Stimmung keine großen Vorteile, da der Tonumfang der Gitarre sich ja nicht ändert. Mir fällt dabei auf, daß sich Melodien leichter auf dem Terzpaar D - fis spielen lassen, und das scheint auch der Grund dafür zu sein, daß in der heutigen Standardstimmung ein Saitenpaar, nämlich g - h, eingeschoben wurde: skalare Phrasen, d.h. Melodien und lineare Motive, lassen sich auf kleineren Intervallen leichter spielen als auf Quart- und Quintpaaren. Das hängt möglicherweise mit der Entwicklung von Laute und Vihuela von reiner Akkord-Begleitung zu einer interessanteren Begleitform mit skalaren Einwürfen zusammen, ähnlich dem heutigen flatpicking, sowie einer allgemeinen Stärkung der Melodie gegenüber der Harmonie.
Außerdem wird das Greifen von Akkorden erleichtert: Wenn Du spaßeshalber mal Deine h-Saite auf c und die e-Saite auf f stimmst, hast Du einen etwas erweiterten Tonumfang, aber es ist fast unmöglich, einfache Standardakkorde zu greifen; irgendwo ist immer eine Saite einen Halbtonschritt zu hoch gestimmt.
Mein Tip lautet: Probier' einfach mal ein paar alternative Tunings aus, z.B. drop-D, DADgad, open D, open G oder irgendein modal tuning. Dann wirst Du feststellen, daß Du zwar neue harmonische Möglichkeiten erhältst, dafür aber andere Sachen - in der Regel tonleiterorientiertes Material - verloren gehen.
Anregungen findest Du unter
sowie unter [URL="http://en.wikipedia.org/wiki/Guitar_tunings"]
Yours truly
Arthur Milton