Welche Stücke gehören in das Repertoire von Akkordeonisten?

Repertoire ist bei mir das, was ich aktuell für irgendetwas brauchen könnte.
Brauchen heißt bei mir, dass ich immer von Noten spiele darf und für alles eine 95%ige Beherrschung völlig ausreichend ist.

Das sind für meine beiden Orchester jeweils ca. 10-15 Stücke, für meinen Chor ca. 100 Lieder mit sehr unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad.
Da die Alleinunterhalter-Akkordeonspieler, die für ältere Menschen zu jeder Feier dazugehören, mittlerweile zu alt oder tot sind und mich immer wieder Leute gefragt haben "du kannst doch...könntest du nicht dann und dann...", habe ich mir vor 5-10 Jahren den alten Notenschatz von so einem Akkordeonspieler besorgt und den damals eingeübt.
Ich bin bei einer Veranstaltung, in der ich gebeten wurde, ab dem frühen Nachmittag so lange zu spielen, wie ich Lust habe, mal auf gute 5 Stunden ohne längere Pause und ohne Liedwiederholungen gekommen.

(Abgesehen davon, dass ich mir ggf. Fingersätze und Artikulation notiere, übe ich genau genommen nichts von alldem, sondern ich übe Akkordeonspielen allgemein und spiele die jeweiligen Stücke einmal ein paar Tage vor dem Konzerteinsatz durch.
Mit Akkordeonspielen allgemein meine ich, dass ich mir nach Lust und Laune Stücke herausnehme, die schwerer zu spielen sind, als das was ich vorspielen muss, auch aus meinem Unbekanntes-Stapel, und sie einfach im Originaltempo spiele, egal wie es klingt, mir danach ggf. bessere Fingersätze überlege und wie es vielleicht noch schöner klingt. Mit einer Klangvorstellung reichen mir dann das Herausgreifen einzelner Stellen und mehrere Wiederholungen, dass ich zufrieden bin. Das Stück, das ich eigentlich spielen soll, leistet dann keinen Widerstand mehr.
Ich zehre übrigens das ganze Jahr von 1-2 Wochen jedes Jahr, in denen ich rein zu Übungszwecken, aber auch, weil es mir Spaß macht, zuzusehen, wie ich immer mehr in den Flow komme, täglich 5-10 Stunden spiele.
Das Ganze mache ich aus reiner Faulheit so. Dieses System ist weit effizienter als das ganze Jahr an einzelnen Stücken rumzuwursteln.)
 
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Alle Achtung maxito und Arrigo;

auch Eure Beiträge helfen mir viel, mich einigermaßen richtig einzuschätzen. - Ja, zur Zeit bin ich auch immer noch quasi-reiner Notenspieler. - Und Noten machen einerseits aber auch in gewisser Weise "faul".

Ein leider verstorbener Bekannter von meinem Morino-Bekannten und mir spielte etwa 600 Balladen überwiegend auswengi auf Gitarre und spielte oft öffentlich, aber stets ohne Noten, sondern allein mit Tonart-Notizen überm Text - oder überhaupt auswendig.

Als der das erste Mal mit dem Morino-Bekannten gemeinsam auftrat und dann die zweite Strophe des "Me and Boby Mc Ghee" nicht mehr in G-Dur, sondern A-Dur spielte, sagte er zu dem Morino-Bekannten, "spiel einfach Ba-Ba-Ba, und dann weiter in A-Dur. - Der hatte echte Not, mitzuhalten und geriet ernsthaft ins Schwitzen. - Hinterher lachten Beide - und dann wurde an Noten gefeilt.



Alle Achtung auch davor, einmal im Jahr für ein bis zwei Wochen mal komplett "durchzujammen", stundenlang Akkordeon zu spielen; das muss ich mir mal für den nächsten Urlaub vornehmen, der usn vielleicht in die Toskana führt. - Letzten Sommer haben wir in Colico in einem frei stehenden Steinhäuschen gewohnt - mit einer offenen Loggia oberhalb; und dort habe ich immer bei Regen so zwei Stunden alle mitgebrachten Noten gespielt - aber das sind immer recht einfache Weisen.


Danke Euch!!

Hans
 
Hallo Hans,

dein Bekannter ist genau so ein Alleinunterhalter-Akkordeonspieler vom alten Schlag, wie ich sie auch kenne - der jüngste bei mir ist 75.
Mit Tonartwechsel (aber nur in genehme Tonarten) muss man rechnen und auch mit: "Du spielst das so wie ich, gut, dann kann ich ja eine zweite Stimme dazu spielen" (meist Terz drüber).
Interessanterweise haben diese alle Noten zu Hause und üben auch zum Auffrischen nach Noten. Es gehört nur zur Show, sich dabei nicht erwischen zu lassen.
Bei mir ist der Weg genau anders herum. Ich habe für mich gespielt und mochte sogar Auftritte im Familienkreis nicht.
Es hat sich nach und nach ergeben, dass jemand weggezogen ist, ein anderer gestorben und wir finden ja keinen und abends habe ich ja Zeit.
Die Show war mir immer egal und dass ich damit immer Aushilfs-Alleinunterhalter bleibe, stört mich nicht - zumal ich das nicht mache, um Geld zu verdienen, sondern um anderen einen Gefallen zu tun (und wegen der Geselligkeit).

Ich muss dich vor deinen Urlaubsplänen ein bisschen warnen. Das erste Mal ist das anstrengendste.
Ich habe damit angefangen, als ich gemerkt habe, dass ich nach langen Jahren nur einmal in der Woche (im Orchester) spielen, das Akkordeonspielen verlernt hatte, genauer das beidhändige Spiel und die Balgführung.
Und diese Wochen, in denen ich neu lernen musste, waren hart, mussten aber sein. Danach habe ich aber besser gespielt als je zuvor.
Die folgenden Jahre waren dann nur Auffrischungen, die dann auch am ersten Tag schon Spaß machen, weil die Steigerung von Stunde zu Stunde wieder spürbar ist.
Zuerst werden die falschen Töne weniger, dann die B-Note besser: Balgdynamik, Variationen in der Begleitung, musikalische Verbesserungen.
Und vor allem übe ich, dass diese Fähigkeiten wieder besser in die Motorik übergehen:
Ich muss die Töne unbewusst finden, damit später irgendwann Sprünge treffsicher funktionieren. Das Bewusstsein muss frei sein für andere Dinge.

Das kann man sich vorstellen, wie das Schalten beim Autofahren:
Ein Fahranfänger muss die Teilschritte
Einen Fuß vom Gas - mit dem anderen Fuß die Kupplung treten - Schalthebel in die mittlere Gasse führen - Schalthebel in die richtige andere Gasse schieben - Fuß von der Kupplung - anderen Fuß aufs Gas
am Anfang alle bewusst vom Großhirn gesteuert und überwacht Schritt für Schritt durchführen.
Beim geübten Fahrer gibt das Großhirn den Befehl zum schalten und das Rückenmark setzt ihn um - ohne weiteres Zutun des Großhirns.
Dass das Großhirn-gesteuerte Verfahren (des Anfängers) das Unsichere ist, sieht man daran, dass auch ein geübter Fahrer, der anders als sonst beim Schalten die obere Liste mit den Teilschritten einzeln abarbeitet mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit durcheinander kommt und mit einer noch größeren Wahrscheinlichkeit im Graben landet, weil er auf nichts anderes mehr achtet.
Das Ziel des Übens ist: Was man automatisieren kann, sollte man automatisieren.

Ein geeignetes Überepertoire in diesem Sinn, sind für mich die Oberkrainerpolkas.
Man hat an jeder Stelle genau einen Versuch (in der durch das Polkatempo festgelegten Zeit) fürs Register Schalten, Finger wechseln und Springen, je nachdem (und man muss in dieser Musik auch viel Springen).
Da gibt es keine Tricks und es geht zu schnell, als dass das Großhirn mit der Überwachung mitkommt.

Für einen Akkordeonanfänger ist es auch noch sinnvoll, sich über verschiedenartige Stücke Musikverständnis und -theorie anzueignen, aber das mache ich selten.
 

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