Wie definiert sich harte Musik

  • Ersteller StrangeDinner
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Auf diesen Thread bin ich erst jetzt durch das Hervorholen von Dir, @Asmegyn gestoßen und er hat mich angeregt, darüber nachzudenken, was ich wohl als "harte" Musik empfinde und was vielleicht auch viele andere ebenso empfinden würden. Spontan fielen mir dazu die folgenden Beispiele ein.

- Igor Stravinsky "Sacre du Printemps"
Bei der Uraufführung dieses Werks 1913 in Paris war das Publikum überfordert, ihm war das gebotene wohl zu "hart" und die Uraufführung ging dann auch als Skandal in die Musikgeschichte ein, indem das Wer in den Pfiffen unterzugehen drohte. Nicht unerheblich daran beteiligt war aber sicher auch die Choreografie Nijinskis mit ihrer recht groben Primitivität.
Link:

- Dimitri Shostakovitch "5. Sinfonie - Finale"
Diese Symphonie entstand 1937 mitten in der Zeit der übelsten Schreckensherrschaft Stalins und es wurde von Shostakovitch ein Werk erwartet, das ihn als linientreuen Komponisten ausweisen sollte, nachdem die 4. Sinfonie auf Druck von oben 1936 nicht aufgeführt werden durfte. Der "Marsch" am Schluss des Finales wurde von den ´Offiziellen´ dann auch als Verherrlichung des Regimes, quasi als Triumphmarsch angesehen und Shostakovitch war sozusagen rehabilitiert. Das Publikum feierte dieses Werk und es wird berichtet, dass viele Konzertbesucher nach dem Konzert noch fast die ganze Nacht hindurch wie im Rausch durch Leningrad wanderten und dikutierten. Die Besucher hörten wohl mehrheitlich weniger die verherrlichende Apotheose, sondern die kaum subtile Kritik am Regime, die dem Kundigen recht deutlich gemacht wird durch die quälend penetranten Tonwiederholungen, die den eigentlichen Marsch konterkarieren. Shostakovitch hat oft auf diese hintergründige Art Kiitik in seine Musik hinein komponiert, konnte er doch recht sicher sein, dass die Offiziellen keinerlei musikalischen Sachverstand hatten, bzw. die Musik gerne nach ihren vorgefestigten Vorstellungen deuteten.
Link:

Die 4. Sinfonie wurde erst 1961 uraufgeführt. Ihre musikalische Symbolik war dann doch zu unmissverständlich 1936 und das Publikum hätte wohl allzu genau gespürt, was gemeint war.
Hier ein kurzer Ausschnitt, der das vielleicht etwas verdeutlichen kann:

- Arnold Schönberg "Ein Überlebender aus Warschau"
Hier wird alleine durch den Titel, Text und überhaupt das Sujet klar, worum es geht. Ich finde, dass Schoenberg den unfassbaren Schrecken musikalisch sehr adäquat umgesetzt hat. Ein meiner Empfindung nach sehr "hartes" Stück.
Link:

- Bernd Alois Zimmermann "Die Soldaten"
Auch hier ist das Sujet schon vom Titel her selbsterklärend. Zimmermanns Oper ist in ihrer musikalisch so ungeheuer konsequenten Konzeption und Umsetzung für mich nach wie vor unübertroffen. Obwohl sich dieses Werk als fast unaufführbar, sperrig, ja stellenweise "unerträglich" jeglichen musikalischen Genusses verweigert, ist es für mich eines der bedeutensten Werke der neueren Musikgeschichte. Oder genau deswegen.
Link (eine Kurfassung als "Vokalsinfonie"):
 
Auch die Sprachen an sich sind gemeint, so werden beispielsweise viele Französische [...] Texte nicht als Hart empfinden können [...] mir geht es jetzt rein um den Klang der Sprache [...]

Französisch ... echt jetzt? :tongue:



 
Hab' den Thread gerade entdeckt, ist ja auch ne Weile alt. Viele tolle Beispiele, auch gerade abseits des Pop (danke @LoboMix für die Beispiele).

Mein spontaner Gedanke war: Vielleicht mal andersrum definieren, was ist denn nicht hart? Aber das ist auch schwierig.

Was aber hängen geblieben ist, ist meine These "was swingt, kann nicht hart sein". Und irgendwie ist da für mich nach wie vor was dran. Ein "Straighter" Rhythmus, egal in welchem Takt, kann "hart" sein. Alles, wo irgendwie viel synkopiert wird oder auch nur ein Tick "Shuffle" drin ist, irgendwie nicht. Eine Stufe weiter gesponnen: Das menschliche Herz schlägt ja auch in einer Art Shuffle-Rhythmus und nicht "straight" im Takt, es gibt immer ein "ba-Dam". Ist harte Musik also solche, die gegen diesen "natürlichen" Rhythmus geht?

Andersrum gibt es auch "nicht-harte" Musik, die definitiv total straight daherkommt, mit geradem Rhythmus wie ein Uhrwerk. Aber eben ... ich finde jetzt beim Durchgehen im Kopf keine "harte" Musik im Shuffle. Ein bisschen in die Richtung kommt man, wenn man sich z.B. im Jazz sehr weit von gelernten Strukturen und Harmonien entfernt, da kommt dann das hier im Thread ja schon angesprochene "fremdartige" dazu.

Ansonsten ... harte Musik "muss" für mich irgendwie Bewegungsdrang hervorrufen. Nicht umsonst gibt's bei 'laut und schnell, geile Kapell' Moshpits und Pogo und wildes rumgehotte. Und Headbangen. Entfesselter Tanz aller Art. Da ist Energie drin, die muss raus, da muss man sich bewegen. Es gibt - bei mir - auch eine Grenze zwischen "hart" und "nervig", eben immer dann, wenn die Musik schneller (härter?) ist, als ich mich dazu noch sinnvoll im Takt bewegen kann.

Nur so ein paar Gedanken zum Thema.
 
Hart im Sinne von Metal oder hart weil man es nicht ertragen kann ? Schwierig. Das Genre "Hart" im Sinne von Verzerrter Gitarre ist da zu weit gefechert. Für den einen ist Bon Jovi schon hart, für den anderen erst ab Slayer. Deshalb würde ich das für mich auch nicht so klassifizieren. Ich höre alles von Beatels bis Sepultura, aber hart ist da nichts für mich. Einfach gute Musik für meine Ohren, oder eben "Musik ist Bier für die Ohren". Hart finde ich dann sowas wie Schlager, das kann ich nicht ertragen und werde aggressiv, wie andere vielleicht bei Heavy Metal. Zum Beispiel.
 
In der Zeit, die mich geprägt hat, kam harte Musik aus der Ecke von Them, Kinks, Stones vielleicht noch. Beatles, BeeGees, Beach Boys etc. waren soft, was für Bubies.

Vielleicht eine zu einfache Klassifikation, aber damals waren ganze Heerscharen von Jugendlichen weltweit danach zu gruppieren. Mods und Rocker sind ein Synonym für diese "Welten".

Im Rückblick scheint mir die Einordnung harter Musik als rauh, wild, ungebärdig, zutreffend.
 

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