Hi florin,
ein paar Anmerkungen:
Wie ist es
für ihn
zu wissen,
dass er bald gehen muss?
Ob er es will oder nicht. das "es" könnte weg, geht aber auch so
Wie ist es
für ihn
zu wissen,
dass etwas in ihm ist,
das sein äußeres zerfrisst?
Ob er es will oder nicht. s.o.
Und wie ist es
für ihn,
dass er weiß seine Zeit ist vorbei?
Einerlei?
Einerlei ist es nicht, dieses einerlei ist es nicht finde ich persönlich ein bißchen schwach als Ausdruck - es scheint ja um sein Leben zu gehen
steht da nicht in seim Gesicht,
ich will noch ein bisschen Zeit?
Das neue ist alt,
denn alt sein ist neu sein.
Das innere Kindlein dieser Verkleinerungsform erinntert mich sehr an: lasset die Kindlein zu mir kommen - ich denke, das innere Kind reicht - es muss nicht ein Kindlein sein
kommt wieder zum Vorschein.
Und zählt all die Stunden,
Minuten und Sekunden
die vorbeiziehen.
Das Lager ist fast leer. <- finde ich sehr klasse
So lange her-
rumgeirrt, die Zeit war egal.
An das allerletzte Mal
hat er vielleicht noch nicht gedacht?
Noch so vieles unvollbracht,
was er noch erreichen will?
Wie ist es
für ihn
am Ufer
zu stehen
und nicht hinüberzukommen,
auch wenn er es will?
Das Wasser liegt vor ihm,
ruhig und still. <-- finde ich auch sehr schön
Vielleicht ist er ja schon im Kopf bereit
für das Tauschen von sein gegen keinerlei weiteres
Leid? Ist er bereit?
Vielleicht wünscht er sich ja
schon Brot und Wein?
- Er hätte es verdient! Uff: zu dieser letzten Zeile sag ich noch was
Ein starker Text finde ich!
Gerade die Verbindung von ernsthaften Inhalt und einfacher Sprache finde ich sehr wirkungsvoll.
Ich vermute, es geht um einen alten Mann/Vater, der weiß dass er sterben wird, aber nocht nicht wann. Ich vermute auch, da spielen persönliche Erfahrungen eine Rolle.
Der ganze Aufbau - das Beobachten und Fragen stellen finde ich wirklich sehr klasse.
Schon als ich den Text das erste mal gelesen hatte, habe ich mich gefragt, ob der Text nicht gewinnen würde, wenn er in der Du-Form geschrieben wäre:
Wie ist es
für Dich
zu wissen,
dass Du bald gehen musst?
Ob Du willst oder nicht.
Wie ist es
für Dich
zu wissen,
dass etwas in Dir ist,
das Dein äußeres zerfrisst?
Ob er es will oder nicht.
Das würde den Leser viel näher in diese Situation ziehen - es werde sofort die Fragen des Lesers daraus. Damit würde aber auch das Schwergewicht auf der inneren Situation des Sterbenden gelegt - und da weiß ich nicht, ob Du das möchtest.
Überleg halt mal - wie gesagt: der Gedanke ist mir unmittelbar gekommen.
Mit dem letzten Satz komme ich nicht klar.
Bisher schilderst Du eine Situation - ganz wertfrei, beobachtend - und das genau schafft die Eindringlichkeit des Textes, imho.
Die Leser kennen ja die Person nicht und sie wird nicht geschildert - was auch völlig unnötig ist, um der Situation, um die es geht, näher zu kommen.
Im letzten Satz brichst Du dieses im ganzen Text durchgehaltene Prinzip mit dem: ich finde er hat es verdient. Nicht dass ich das bezweifelte - aber was fange ich als Leser damit an? Ich kenne ihn ja nicht und kann es nicht beurteilen - will es vieleicht auch gar nicht. Vielleicht ist auch wichtiger, dass ich mich das frage: Was bleibt, wenn ich gehe?
Die ganze Zeit wirfst Du tolle Fragen auf - und zum Schluß gibst Du eine Antwort, mit der ich als Leser nichts anfangen kann.
Also ich persönlich würde die letzte Zeile ersatzlos streichen - ich glaube, der Text gewinnt dadurch.
Mit herzlichen Grüßen,
x-Riff