Wieviel Theorie braucht der Mensch?

  • Ersteller gitarrenschrott
  • Erstellt am
G
gitarrenschrott
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
25.01.13
Registriert
26.06.05
Beiträge
17
Kekse
0
ja hallo erstmal, bin neu hier und hoffe, noch viel spaß hier zu haben und viel dazuzulernen ...

bin nicht sicher, ob meine frage hier richtig einsortiert ist, aber ich denke, dass ich mich im gitarren-anfänger-forum irgendwie doch am wohlsten fühlen werde, wenn ich auch so rein kalenderzeitlich gesehen eigentlich kein anfänger mehr sein sollte, aber eben irgendwie doch bin. also frag ich mal hier, wobei die frage eben weder auf gitarren noch auf anfänger beschränkt gedacht sein muss.

und zwar interessiert mich schon seit längerem, wieviel (musik-) theorie der mensch denn so braucht bzw erträgt?

wie man sich jetzt vielleicht denken kann, hab ich sehr wenig ahnung von musiktheorie und bin wohl in erster linie auch einfach zu faul, mir diese anzueignen. auf der anderen seite bin ich mir aber sicher, dass meine skepsis dieser gegenüber zumindest nicht nur auf dieser faulheit beruht.

es fällt mir schwer, meine bedenken in worte zu fassen, muss es aber natürlich versuchen. ist es nicht so, dass theorie zwangsläufig mit regeln einhergeht und dass regeln wiederum oder zumindest ein übermaß an regeln die natürliche kreativität maßgeblich ausbremsen können? oder kann es nicht passieren, dass individualität und wiedererkennungswert hinter theoretisch ausgeklügelten, perfekten kompositionen verloren geht? ich hoffe, aber denke auch, dass verständlich wird, auf was ich in etwa hinauswill.

zur veranschaulichung kann auch ein weiteres mal nirvana herhalten. schaut man sich noten bzw. tabs von denen an, sieht man einfach sofort, dass deren musik an der gitarre und nicht auf dem theorieblatt entstanden ist (ich denke da z.b. an den kompliziert klingenden em11-akkord in "about a girl", der sich bei näherem hinsehen als sechs leersaiten entpuppt). und das finde ich einfach viel faszinierender und wünschenswerter als theoretisch konstruierte "meisterwerke".

hinsichtlich eigener erfahrungen finde ich es interessant, dass meine (meines erachtens) besten aufnahmen meist improvisationen sind (musikalisch und textlich) und nicht die versuche, bewusst lieder zu schreiben. das mag auch andere gründe haben, könnte aber auch damit zusammenhängen, dass ich bei bewussten versuchen vielleicht irgendwie im kopf habe, wie denn ein lied zu klingen hat und mich somit schon wieder zu sehr an vermeintlichen regeln orientiere.

ich hoffe, dass ich mit meiner frage bzw. these zu- und widerspruch provozieren konnte und dass sich daraus eine interessante diskussion ergibt. einen satz sollte ich der ehrlichkeit halber noch hinzufügen, wenn ich dabei auch gezögert habe: dass ich das ganze gerade heute schreibe, hat den grund, dass ich morgen ein referat über dieses thema halten muss und noch einige argumente pro und contra brauchen könnte, da mein statement eben doch primär auf intuition beruht. wäre also schön, wenn heute noch antworten kämen. dass mich das thema aber unabhängig davon interessiert, zeigt sich schon daran, dass ich es völlig frei als referatsthema gewählt habe und daran, dass ich die hoffentlich entstehende diskussion auch über morgen hinaus begeistert verfolgen und führen werde.

auf jeden fall schon mal vielen dank für die aufmerksamkeit und geduld und für mögliche antworten. bis bald.

grüße vom gitarrenschrott
 
Eigenschaft
 
Guten Morgen!

Die gleichen Fragen und Bedenken hatte ich auch, bevor ich dann irgendwann angefangen habe mich mit Theorie auseinanderzusetzten und kann mir ungefähr vorstellen wie deine Meinung dazu aussieht.
Die Theorie als solches existierte ja nicht vor der Musik, ist somit vielmehr der Praxis entsprungen.
Und das ist, denke ich, der entscheide Fakt der allgemeinen Diskussion.
Wenn du 60 Jahre lang intensiv Musik machst ohne jemals was von Theorie gehört zu haben, und dich dann hinsetzten würdest, um all das was du über Musik weisst aufzuschreiben, dann würdest du wohl auch diese "Regeln" niederschreiben.
Niemand zwingt dich, dich nach der Theorie und ihren "Regeln" zu komponieren, hilft die aber entscheidend anderen Menschen deine Komposition zu erklären und bewahrt dich letztendlich von der "Try & Error" Methode, spart Zeit. Ein besserer Musiker wirst du dadurch ganz sicher nicht.
Zwangsläufig ergibt sich aber aus dem Erlernen der Theorie auch eine neue tiefere Auseinandersetzung mit deinem Instrument und vorallem eine Auseinandersetzung mit die selbst und deiner Vorstellung von Musik. Es geht ja um dich, um das was du hören magst, was deine Seele erreicht. Und wenn du wochenlang über jedes denkbare Bluesschema mit x verschieden Skalen spielst, und dann feststellst, dass das irgendwie nicht dein Ding ist, ist das doch unheimlich viel wert.
Ich hab das immer mehr als Entdeckungsreise verstanden und viel dabei gelernt.
Trotz all dem vertrau ich meinem Ohr immernoch mehr als der Theorie. Solange es gut klingt..
Trotzalldem treffe ich in meinem Beruf sooft Leute, denen das hören als einzige Beurteilungsmethode irgendwie abhanden gekommen ist, die gucken einen dann erstmal komisch an und dann haut man einfach ne fadenscheinige, theoretische, kurzfristig zussamengebaute Erklärung raus..."Ahh, achso cool, so machen wirs"
Menschen kann man jeden Scheiß verkaufen, wenn mans irgendwie argumentieren kann.
Geh mal auf sone Open-Stage Jazzveranstaltung, da kannste jeden Mist spielen, egal wie mies es klingt, wenn ne du gute Erklärung dafür hast mögen sie dich ;)

LG
 
Hallo,

zwei Sachen vorweg: Wir hatten sowas gerade erst, wenn auch mit etwas breiterem Themenfeld. Threadtitel war irgendwas mit Notenlesen. Und zweitens, was ich sage gilt nicht für Leute, die sich für geborene Genies halten. Jimi Hendrix konnte auch keine Theorie, also brauch *ich* das schon gleich gar nicht, oder so ;)

gitarrenschrott schrieb:
und zwar interessiert mich schon seit längerem, wieviel (musik-) theorie der mensch denn so braucht bzw erträgt?
Grundlegend soviel, dass er sich mit anderen Musikern verständigen kann. Im Grunde läuft auch alles darauf hinaus.

es fällt mir schwer, meine bedenken in worte zu fassen, muss es aber natürlich versuchen. ist es nicht so, dass theorie zwangsläufig mit regeln einhergeht und dass regeln wiederum oder zumindest ein übermaß an regeln die natürliche kreativität maßgeblich ausbremsen können? oder kann es nicht passieren, dass individualität und wiedererkennungswert hinter theoretisch ausgeklügelten, perfekten kompositionen verloren geht?
Diese Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Aber ich seh das von einer anderen Warte aus: Wenn du dich in irgendwelche Regeln zwingen läßt, hast du von vornherein verloren. Theorie ist für mich kein Regelwerk, an das ich mich zu halten habe, sondern der Schlüssel zum Verständnis bereits existierender Musik. Die Frage lautet also nicht, welcher Akkord passt wozu, sondern die Frage ist, warum hört sich der Akkord in dem Kontext so an wie er es tut. Im Grunde passt das zu dem was ich oben gesagt habe, nämlich dass Theorie die Kommunikation vereinfacht, da sie Begriffe für die Vorgänge liefert, die man hören kann.

zur veranschaulichung kann auch ein weiteres mal nirvana herhalten. schaut man sich noten bzw. tabs von denen an, sieht man einfach sofort, dass deren musik an der gitarre und nicht auf dem theorieblatt entstanden ist (ich denke da z.b. an den kompliziert klingenden em11-akkord in "about a girl", der sich bei näherem hinsehen als sechs leersaiten entpuppt). und das finde ich einfach viel faszinierender und wünschenswerter als theoretisch konstruierte "meisterwerke".
Beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass das auf einer ausreichend hohen Abstraktionsstufe das gleiche ist, wie ein theoretisch konstruiertes Stück. Der "Theoretiker"(*) bastelt sich ein Stück innerhalb der Limitationen der ihm bekannten Regeln, der "Gitarrist"(*) innerhalb der Limitationen des Griffbretts und seiner Spieltechnik. Am Ende gilt hoffentlich immer noch das als besser, was besser klingt, aber die Kreativität bei der eigentlichen Komposition ist bei beiden vergleichbar.

Deshalb seh ich Theorie nur als Schlüssel zum Hören, zum Verständnis der Vorgänge, zur Erweiterung des eigenen Horizonts.

Im übrigen bin ich davon überzeugt, dass jemand ohne Theoriekenntnisse sich ebenfalls unbewußt Begriffe von den musikalischen Vorgängen macht, nur dass er das eben nicht kommunizieren kann.

(*) in Ermangelung besserer Begriffe, ich hoffe es ist verständlich, was gemeint ist
 
ja hallo nochmal,

ich wollte mich eigentlich nur mal kurz bei euch beiden bedanken. hat mir wirklich geholfen, vor allem der punkt, dass theorie die kommunikation über musik erleichtert. das referat hat soweit auch gut geklappt (schreib ich jetzt halt mal der vollständigkeit halber, auch wenns keinen interessiert).

also meine eigene meinung geht doch, zumindest mittlerweile, eindeutig in die richtung eines gesunden mittelmaßes an theorie. könnte jetzt heißen sollen, ich sollte mich da doch mal ein bisschen durchkämpfen sollen, mal sehen. was mir noch ein bisschen klarer wurde in den letzten tagen ist, dass doch tatsache, dass sich wohl alle gitarristen irgendwie mehr oder weniger doch an akkorden orientieren, eigentlich schon einen ganzen batzen theorie ausmacht, oder nicht?

so long, wäre cool, wenn noch ein paar statements kommen ...
bis dann & grüße
 
nunja musik theorie is eigentlich kommunikationswerkzeug.

ich persönlich hab auch mal gedacht das ich eigentlich das ganze zeug nicht brauch. aber desto länger man am gleichen wissen sitzen bleibt desto grösser is der reiz neues zu erfahren oder nicht ?

um z.B. zu einem akkord was tonmässiges dazuspielen zu können muss ich ja erstmal wissen was so ein akkord überhaupt ist. KLar jetz könnt man das auch mit gehör machen aber ich glaube es geht schon schneller wenn man ca. weis was man da dazuspielt.

und regeln in der musik na gut ich halt mich da glaub ich an keine bewusst weil die regeln doch irgendwie einen harmonischen klang ergeben und mein gehör dazu automatisch besser sagt wie zu was anderem *g*
 
je mehr regeln man kennt umso größer wird die freiheit
 
Ja das mit der Musik-Theorie ist immer so eine Sache. Ich denke ein gewisse Theoretisches Wissen kann beim Musikmachen sehr von Vorteil sein. Man kann durch ein Verständnis für Harmonien, Wirkung von Akkorden.etc Tonarten schon sehr viel mehr erreichen, als wenn man davon keine Ahnung hat. Musik ist eine Ausdrucksform und man kann sich eben besser ausdrücken, wenn man weiß welche Harmimonien welche Stimmung erzogen und wie man einen Song schreiben muss, damit er so klingt wie man sich das vorstellt.

Andererseits, wenn man zu sehr sich nach den Regeln richtet, wird die Musik langweilig und vorhersehbar. Man muss also auch die Fähigkeit haben, Regeln zu brechen und was neues zu erfinden, was aber imho nur dann erfolgen kann, wenn man diese Regeln kennnt.

Insofern denke ich, das man schon eine gewisse theoretische Basis haben sollte, um wirklich gute Musik zu machen, was auch bei solchen Dingen wie Improvisieren und jammen hilfreich sein kann.
 
irgendjemand meinte mal "du musst alles lernen um dann alles wieder zu vergessen", und damit hat er recht.
es ist eigentlich ganz gut zu lernen, wie die akkorde aufgebaut sind und in welchem theoretischen zusammenhang zu einanderr stehen. das soll aber eigentlich nur eine hilfe sein, denn es ist viel wichtiger den praktischen/gefühlsmäßigen zusammenhang zwischen den tönen zu "spüren". das kann man durch ausprobieren machen, oder man orientiert sich an der theorie.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben