Wir haben alle samt die 50 überschritten und sind keine Kinder von Facebook, TikTok und Co. ...
Vor vielen Jahren habe ich auch mal zwei oder drei Jahr lang meine eigene Band gemanagt bzw. mich um das Booking gekümmert und weiß noch, wie hart ich das damals fand. Besonders am Anfang hat man den Eindruck, man rennt gegen eine Wand, aber wenn dann endlich mal erste Ergebnisse kommen, fällt es leichter. Ging mir jedenfalls so. Hier mal eine lose Sammlung von Tipps und Reaktionen auf das gezeigte und bisher gesagte:
Ihr seid keine Rock-Pop-Soul-Funk Band. Das sind nämlich ALLE, und deswegen seht mit diesem beliebigen Gemisch an Musikrichtungen auch kein Licht, Ihr schafft Euch damit nur unnötig mehr Konkurrenz als nötig. Ihr seid Progressive mit Pop-Einflüssen (oder Pop mit Prog-Einflüssen). Geile Mucke, aber schwer zu vermarkten. Sucht ab sofort nach einem passenden Publikum und passenden Gigs dafür.
Entscheidet Euch für eine Sprache - der Wechsel macht Euch wieder beliebig (genau wie das o.a. Gemisch aus Musikrichtungen). Euer deutscher Song ist sehr gut, verfolgt diesen Weg ruhig weiter. Allerdings hat der Song keinen echten Klimax, zum Refrain geht die Sängerin nicht wirklich aus sich heraus und fährt auf halber Kraft weiter. Der Chorus klingt eher wie ein Pre-Chorus und man wartet (vergebens) auf Auflösung, Erlösung. Arbeitet mit einem Produzenten, der Euch sowas in Zukunft sagt und der Euch hilft, das volle Potential aus Euren Songs herauszuholen.
Löscht das erste Video: (1) zu lang, (2) klanglich nicht gut genug, da würde ich als Veranstalter abschalten (3) die eigenen Kinder im Video? Gar nicht gut, die Motive müssen sein (a) Band in Action auf Bühne, (b) feierndes Publikum und (c) ein paar Schnappschüsse aus dem Proberaum oder vor cooler (!) Kulisse. Der Veranstalter will sehen, ob Ihr ein Publikum mitreissen könnt, nicht, wie süß Eure Kinder aussehen. Jemand hat von Fremdbild vs. Eigenbild gesprochen - sagen wir es positiv, da habt Ihr eine massive Lernkurve vor Euch.
Kein Veranstalter arbeitet such durch ein 11 Minuten Video. Maximal 3:30 lang, und der erste Knaller (Refrain o.ä.) muss in 5, maximal 10 Sekunden zu hören und zu sehen sein.
Erfolgreich Bands haben alle ein eingeschweisstes Team um sich herum: (1) Tontechniker, denn jeder Gig sollte im bestmöglichen Sound rüberkommen - ich habe schon Bands erlebt, die wegen durchschnittlichem Sound lukrative Gigs verloren haben. Als die bei dem Veranstalter dann wieder mit Spitzensound aufwarteten, haben sie die Gigs für die Zukunft wieder "zurückgewonnen".
(2) Marketing und Social Media - das muss ständig gepflegt werden. Bei jeder aktiven Band sehe ich beim Gig Leute mit Kamera und Smartphone, und 24 Stunden später stehen dann die ersten Schnappschüsse und kurzen Videoschnipsel auf der Webseite, zusammen mit einem "Danke, <Name der Location>, war ein toller Gig bei Euch! Danke auch an unser Publikum, Ihr habt die Hütte zum Brennen gebracht!" Mit Link zur der Location und einem Dank an den Wirt/Veranstalter und Photographen. Damit zeigt Ihr, dass (a) die Location angesagt ist, das hilft dem Wirt und (b) ihr zeigt, dass Ihr ein Publikum mitreissen könnt. Und die kommen beim nächsten Mal gerne wieder. (3) Webseitenpflege - das kann dieselbe Person sein, welche auch die Bilder und Videos macht, kann aber auch jemand anders sein.
(4) Booker - Ihr braucht einen Booker, der den Clubs hinterher mailt oder schreibt oder telefoniert, und ich finde, das ist sehr viel Arbeit. Viele Clubs sind nur eine Stunde pro Woche telefonisch für das Booking erreichbar, und wenn Ihr diesen Slot nicht findet, werdet ihr dort NIE einen Gig spielen. Fragt Euch halt durch, zur Not geht mal jemand hin und fragt das Barpersonal, wer macht bei Euch das Booking, wie und wann erreichen wir den oder die? Wenn man es einmal auf "die Liste" für eine Location geschafft hat, indem man den Laden füllte und für gute Stimmung und viel Getränkeumsatz gesorgt hat, dann wird das erneute Booking auch einfacher. Und anfangs sind das dann oft Gigs im Jahres- oder Zweijahresturnus. Später wird das vielleicht noch häufiger.
Das Zauberwort heisst Beständigkeit in allen Bereichen, bei Euren Aktivitäten und bei der Aussendarstellung - alle 14 Tage eine kleine Neuigkeit auf der Webseite, News, Updates, Videoschnipsel von der Probe, Konzertankündigungen, "wir arbeiten an einem neuen Song", "wir nehmen auf", "wir mischen", etc.pp.
Sicher könnte man noch wesentlich mehr sagen, aber für den Moment soll das mal reichen. Ist eh mehr als genug zum Verdauen auf einmal.