Wodurch unterscheiden sich Preamps?

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...außer dem Preis?

Bevor mein Interesse an Musikelektronik erwacht ist, habe ich in der Hifi-Ecke immer gehört, dass Verstärker nicht klingen, bzw. nicht zu klingen haben, wenn sie was taugen. Das ist hier offenbar ganz anders und nicht nur bei Instrumentenverstärkern.

Seit ich in den letzten Monaten ein kreuz und quer lese, habe ich unzählige erfürchtige Loblieber auf den Klang von diesem und jenem Preamp gelesen -- "Neve"! "Abbey Road"! Ich verstehe die Lage so, dass es nicht allein wertfrei um klangliche Unterschiede geht, sondern ganz klar auch um Qualitätsunterschiede. Und sei es auch nur, dass die besseren Preamps weniger rauschen.

Ein aktuelles Beispiel ist die Behringer X32-Reihe, bei der offensiv beworben wird, dass die Preamps von Midas entworfen wurden. Im Halbbruder M32 sind sie dann sogar von Midas gebaut und gleich ein gutes Stück teurer. Daran überrascht mich, dass ich angenommen hatte, die Ingenieure bei Behringer hätte auch auf sich allein gestellt schon viel Ahnung von Schaltungstechnik. Wozu brauchen die noch Hilfe von Midas, auch wenn die inzwischen zur selben Firmengruppe gehören?
 
Eigenschaft
 
ist natürlich eine Steilvorlage Richtung Polemik :D
Bs Ingenieure werden gebraucht um Kopien fremder Entwürfe noch billiger fertigen zu können
Eigenständig entwickeln können sie schon per Definition nicht: Stichwort Budget(!)

kurze Rückblende in der Geschichte:
Anbieter wie Neumann, Siemens, Telefunken konnten in finanzieller Hinsicht ohne Beschränkung arbeiten
Rundfunk war eine Staatsangelegenheit, Propaganda, Kalter Krieg - das beste war gerade gut genug
so wurde das jahrzehntelang spezifiziert, entworfen, gebaut und verkauft
wer im illustren Kreis mitmischen wollte, musste die Anforderungen des sogenannten 'Braunbuchs' erfüllen
(darin war haarklein vermerkt, welche Werte einzuhalten waren und wie der messtechnische Nachweis auszusehen hatte)
mit heutigen Spec-Sheets nicht annähernd zu vergleichen

Ergebnisse waren Preamps wie der V76 und seine Transistor-Nachfolger - absolute Spitzentechnologie
so ein Verstärker-Modul kostete Mitte 60 ganz knapp unter 1k Mark, 3-4 Monatslöhne
die Netzteile hatten bei 24V eine Restwelligkeit von 0,1mV unter Vollast
die Röhrenvorstufe des V76 war mit einem Fremdspannungsabstand von -120dB spezifiziert
ohne den angesprochenen 'politischen' Bezug wäre das wirtschaftlich nie finanzierbar gewesen

Von Schaltungen konnte letztlich jeder profitieren, weil sie dokumentiert und veröffentlicht waren
nachbauen konnte (und kann) man sie trotzdem nicht, weil es den finanziellen Rahmen sprengt

der entscheidende Faktor für den Klang sind Übertrager-basierte Schaltungen mit selektierten Einzeltransistoren
die Verbindungen zwischen 2 Modulgruppen wurden auf beiden(!) Seiten über hochwertige Trafos vorgenommen
alle Baugruppen und Busse eines Pultes wurden auf diese Weise rückwirkungsfrei verbunden (welch ein Aufwand) ;

ähnliches gilt auch für die entsprechenden britischen und amerikanischen Anbieter wie Neve, RCA etc
moderne Versionen hochwertiger Vorverstärker orientieren sich grossteils an der damals entstandenen Soundaesthetik
es gibt allerdings auch Vertreter, die bewusst eine 'neutralere' Wiedergabe anstreben

das Problem mit dem 'alten' Ton ist, dass es weder Messverfahren noch sprachlich adaequate Ausdrücke zur Beschreibung gibt
wenn man es aber einmal gehört hat, weiss man um was es den Entwicklern damals ging

unterstellt man einem V676 Preamp einen 'warmen' Ton, bedeutet das nicht, dass man am EQ 2dB bei 300-600 Hz anhebt
der genannte Bereich wird in einer Definition wiedergegeben, die typische moderne Schaltungen nicht haben
er tritt deutlicher hervor, ohne dass der Pegel frequenzspezifisch angehoben wird
kein einziges Interface am Markt hat diese Eigenschaft (siehe oben: es ist zu teuer, so zu bauen)
deswegen kommen nach wie vor gern Neve Originale oder Clones zum Einsatz
bei der deutschen Technik greift man ausschliesslich auf Original zurück
(es gibt genug davon und die Qualität war eh für die Ewigkeit ausgelegt - Module, die intern in steckbare, handgelötete Submodule unterteilt sind)

cheers, Tom
 
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ist natürlich eine Steilvorlage Richtung Polemik :D
Bs Ingenieure werden gebraucht um Kopien fremder Entwürfe noch billiger fertigen zu können
Eigenständig entwickeln können sie schon per Definition nicht: Stichwort Budget(!)

Oh, oh. Wenn in meiner Frage irgendwer Polemik findet, dann muss er sie selbst mitgebracht haben. Ich habe sie da jedenfalls nicht (absichtlich) hinterlassen. Großes Ehrenwort.

Ich wollte mich mit der Frage auch gar nicht so sehr auf historische Technik beziehen. Das ist dann trotzdem dazu gekommen, weil mir die Schwärmerei dort besonders auffällt. Leider habe ich dadurch zwei Themen vermischt. Die historischen Preamps werden für ihren Klang geschätzt, was sie gewissermaßen zu Effektgeräten macht. Mein Interesse richtet sich eigentlich auf Preamps, die genau das nicht sind. Die also keinen spezifischen Eigenklang haben und nur möglichst linear mit möglichst wenig Rauschen verstärkern. Ich hatte angenommen, dass das ein Entwicklungsziel wäre, aber vielleicht irre ich mich da.

Was unterscheidet also bei aktueller Technik einen besseren (Midas?) von einem guten (Behringer?) Preamp?
 
ist nicht deine Schuld - bin bekennender B-Verabscheuer
(seit mir ein B8500 anstelle eines Shure SM58 mit den Worten 'kannste genauso nehmen, kostet nur die Hälfte...' verkauft wurde)
ich war jung, hatte keinen Plan und brauchte das Geld :D

den historischen Aspekt habe ich natürlich nicht aus Gefühlsduselei erwähnt
die speziellen Bedingungen waren entscheidend für die Entwicklung (einer ganzen Branche)
man hat dort durchaus extremste Neutralität angestrebt - alles andere wäre ein Skandal gewesen
vintage gab es schliesslich nicht... ;)

die Frage, die man sich stellen sollte ist: was bedeutet eigentlich 'neutral' ?
der Amplitudenfrequenzgang 'klassischer' Geräte ist schurgerade, aber sie 'klingen' anders als viele moderne Vertreter

es ist eher eine Gewohnheit als eine überprüfte Tatsache, dass aktuellen Hochleistungs-ICs 'Neutralität' unterstellt wird

das Gehör arbeitet bekanntlich nicht linear
insofern ist der Begriff als solcher eine persönlich antrainierte, praktisch selbst definierte Eigenschaft
man kann den Frequenz und Phasengang einer Schaltung messen - aber nicht das organische Gegenstück
ich selbst beuge mich auch der Konvention und beschreibe 'vintage' Verstärker als 'färbend'
(obwohl für sie für mich die natürlichere Wiedergabe haben)

Begriffe wie 'neutral' gibt es in der Alltagswahrnehmung nicht
Lauf mal bei -5 Grad durch einen Wald, in dem gerade 20 cm Pulverschnee gefallen sind - der Sound ist genial

eine Konzerthalle mit perfekt ausgewogener Akustik klingt auch nicht so wie das, was man gemeinhin 'neutral' nennt
interessanterweise erinnert mich das, was ich durch einen V676 höre nahezu exakt an den Grundklang so eines Raums
(eine Assoziation, die mich mal sehr verblüfft hat)

zu Midas versus B habe ich keinen konkreten background - aus den genannten Gründen würde sich die Frage für mich auch nicht stellen

cheers, Tom
 
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@Telefunky Vielen Dank für Deine beiden sehr interessanten obigen Beiträge. Ich werde diesen Thread im Auge behalten. Sehr spannend. :great:

Übrigens, ich habe das von Dir als Avatar genutzte Telefunken TD20 noch (fast) im Original in meinem Mikrofonkoffer. Den DIN-Stecker habe ich irgendwann durch einen XLR-Stecker ersetzt, aber leider knistert das Mikro "untypisch", so dass es eigentlich in mein Museum gehört (das war mein erstes Mikrofon zusammen mit einem Telefunken Magnetophon 200 Tonbandgerät, das ich mir mit 14 Jahren von meinem Konfirmationsgeld kaufen durfte).
 
Zuletzt bearbeitet:
die Frage, die man sich stellen sollte ist: was bedeutet eigentlich 'neutral' ?
der Amplitudenfrequenzgang 'klassischer' Geräte ist schurgerade, aber sie 'klingen' anders als viele moderne Vertreter

es ist eher eine Gewohnheit als eine überprüfte Tatsache, dass aktuellen Hochleistungs-ICs 'Neutralität' unterstellt wird

das Gehör arbeitet bekanntlich nicht linear
insofern ist der Begriff als solcher eine persönlich antrainierte, praktisch selbst definierte Eigenschaft
man kann den Frequenz und Phasengang einer Schaltung messen - aber nicht das organische Gegenstück

Diesen Gedankengang verstehe ich nicht.
 
@rbschu: zu dem Mikro schreibe ich dir was extra, aber wo du es ansprichst:
als mein erster Telefunken V676a eintraf, hatte ich kein Mikro zur Hand - zufällig beim Trödler ein TD20 gesehen und für 7€ mitgenommen
(einfach weil's witzig aussah, ich hatte keine Ahnung wie die Teile klingen)
habe ich dann einfach auf den Schreibtisch gestellt (integrieter Klappfuss) und was auf meiner Martin gedudelt

https://soundcloud.com/anshoragg/just-a-test

musikalisch kein Thema, aber was da alles an Details hörbar wird und wie präzise...
Wischen des Ärmels am Instrument, die Hand auf dem rauhen Holz, Anschlagsgeräusche des Pick - präsenter und straffer Ton
da ist nichts verwaschen oder schwammig
(der nölige Unterton ensteht durch die spezielle Schallführung im Plastikgehäuse des Mikrofons)
die Aufnahme ist nur im Pegel angepasst und ansonsten natur-belassen, für meinen Geschmack hat sie akustisch viel Stimmung und Charakter
es gibt Situationen, wo man so eine 'Farbe' im Mixkontext braucht
um auf den Kern der Sache zu kommen: genau das macht dieser Preamp möglich

@murmichel: was ist daran nicht zu verstehen ?
stell dich in einen Raum, rufe holladiho und klatsche in die Hände
wiederhole das Ganze mit einem Kopfhörer auf den Ohren und 2 guten Mikrofonen

Signal 1 ist das, was dein Gehör mit seinem antrainierten Alltags-Processing liefert
Signal 2 das quasi objektiv gemessene ohne dass der Hörapparat die Chance hatte, das komplette Signal auszuwerten
(die Rauminformation fehlt)
ich nehme an, dass die frequenzabhängige Empfindlich des Gehörs bekannt ist...

cheers, Tom
 
Ich versuch auch mal zu beschreiben, was ich daran nicht verstehe.
Ich bin kein Techniker, aber diese Argumentationsweise taucht immer mal in unterschiedlichen Zusammenhängen auf und ich hab sie, ehrlich gesagt, nie verstanden, obwohl ich immer mal das Gefühl hatte, nahe dran zu sein ... :)

Ich mache das Setting mal ein bißchen anders:

1) Klang/akustisches Signal + Raumklang > Ohr (also quasi ein Sender-Empfänger-Modell, wobei das Medium Raum noch einen Einfluss hat).

2) Klang/akustisches Signal + Raumklang > Mikrofon + Verstärker + Box/Kopfhörer > Ohr (also ein Sender-Empfänger-Modell, wobei zwischen Signal (Sender) und Ohr (Empfänger) noch ein technisches System vermittelnd steht und einen Einfluss hat).

So - und nun würde ich mal, ganz platt gesprochen, von einer "Neutralität" des technischen Systems erwarten, dass das Ziel (obschon nie zu erreichen, also eher der Orientierungshorizont) ist, möglichst nahe an eine 1:1-Übertragung zu kommen. Oder anders formuliert: je weniger Einfluss das technische System auf die Reproduktion des Klangs/akustischen Signals hat, desto besser im Sinne von "neutraler". Oder noch anders formuliert: Je weniger Differenz zwischen Original-Klang und reproduziertem Klang, desto besser im Sinne von "neutral" bzw. "unverfälscht.

So - und in beiden Settings ist doch der subjektive Faktor Ohr der gleiche, kann also mathematisch oder logisch "eliminiert" werden, weil er eben (das gleiche Ohr mit dem gleichen subjektiven oder wahrnehmungsmäßig gesprochen der gleichen Einfärbung/frequenzorienitierten Wahrnehmung entspricht) in beiden Fällen am Ende steht. Das dürfte doch nicht den Ausschlag geben bzw. der Ausschlag ist doch immer der gleiche? Also könnte ich mich doch auch rein auf den Vergleich: gesendetes Signal/Klang und reproduziertem Signal/Klang konzentrieren?

Exkurs: Wenn ich sagte, dass mir die Frage der "Neutralität" schon öfter mal über den Weg gelaufen ist, so meine ich damit konkret, dass ich mir mal eine etwas teurere Hifi-Anlage gekauft habe und mir auch ziemlich viel angehört habe. Letztlich habe ich mich für die Hifi-Anlage entschieden, die das geliefert hat, was ich besonders bevorzuge - das war beispielsweise die Wiedergabe von gitarrenorientierter Live-Musik und das Rennen hat eine Anlage gemacht, die sich nicht durch "Neutralität" ausgezeichnet hat, sondern durch eine Kombination von sehr differenziertem Mittenbereich und "Wärme". Ein anderes Beispiel war die Wahl einer Bass-Combo. Da habe ich mitbekommen, dass es quasi notwendig ein Gegensatzpaar gibt - nämlich die direkte, schnelle Ansprache (dafür braucht man eine kleine Membran) und ein sehr fundiertes, tiefes Signal (dafür braucht man eine große Membran). Man hat quasi eine Art Schieberegler zwischen zwei Extremen, zwischen denen man sich bewegt ... auch da habe ich mich letztlich dafür entschieden, was mich persönlich am meisten anspricht beim Bass-Sound.
Insofern weiß ich schon, dass die Forderung der "Neutralität" so seine Tücken hat und ich persönlich entscheide mich mehr oder weniger beherzt für das, was mir am meisten taugt ...

Aber dennoch scheint mir doch weiter, rein logisch, die Forderung einer "Neutralität" nicht unsinnig zu sein oder anders formuliert: kann man technisch nicht bestimmen (dass man nicht alle Einflußfaktoren erfassen kann, ist mir klar), wie nahe eine Reproduktion eines sounds der Klangquelle/dem Ursprungssignal kommt und dann sagen: dieses technische System ist "neutraler" als das andere?

Auch wenn man sich letztlich für ein System entscheiden mag, was weniger der "Neutralität" entspricht als einem als subjektiv angenehmes Hörgefühl?

x-Riff
 
So - und in beiden Settings ist doch der subjektive Faktor Ohr der gleiche, kann also mathematisch oder logisch "eliminiert" werden, weil er eben (das gleiche Ohr mit dem gleichen subjektiven oder wahrnehmungsmäßig gesprochen der gleichen Einfärbung/frequenzorienitierten Wahrnehmung entspricht) in beiden Fällen am Ende steht.
nein, das greift zu kurz - zur Sensorik des Ohrapparats kommt noch ein ganz bestimmtes, individuelles 'processing'
das Schallmuster im Raum ist ganz anders als das bei der 'Direktbestrahlung' durch den Kopfhörer

die Anpassung an die Raumwahrnehmung ist ein lebenslanger (und unter Umständen überlebenswichtiger) Prozess
deswegen löst das Gesamtsystem 'Gehör' die zeitliche Komponente um Grössenordnungen detaillierter auf als die Intensität

das Abschätzen der Lautstärke eines einzelnen Tons ist nur sehr grob möglich
sobald aber ein zeitlich versetzter Referenzton dazukommt, werden auch minimale Veränderungen deutlich wahrgenommen
(letztlich entspricht das dem Muster einer Bewegung)

cheers, Tom
 
Habe ich das richtig verstanden, dass der wesentliche Faktor bei diesem "technischen" System der Raumklang bzw. dessen Wiedergabe ist? Evolutionär begründet dadurch, dass durch die Ohren wie beim Auge durch einen Vergleich der Signale zwischen links und rechts (sowie oben, unten, hinten, vorne) die wesentlichen und überlebenswichtigen Informationen über Entfernung - Bewegung - Verortung im Raum realisiert wird?

Und dass der Raumklang in dieser Differenzierung - mal platt gesprochen - weder adäquat technisch erfasst noch reproduziert werden kann bzw. sich einer technischen Messung so weit entzieht, dass es keinen Sinn macht, eine Orientierung ins Auge zu fassen, die sich an "Neutralität" orientiert? Wenn das so wäre, dann könnte man natürlich technische Aufnahme- und Wiedergabe in Bezug auf einige Kriterien mit dem Original-Signal vergleichen (Lautstärke wäre vermutlich ein recht einfach zu realisierender Faktor), aber dadurch, dass so viele wichtige Faktoren nicht meß- oder reproduzierbar wären, würde man gleichwohl das Kriterium "Neutralität" nicht anlegen wollen, weil es einfach zu viel Wichtiges außer Acht läßt?

Man muss ja nicht auf Kopfhörer als techisches Wiedergabesystem gehen. Aber natürlich ist klar, dass zwei Boxen den ursprünglichen Raumklang auch nur höchst unvollkommen erreichen können und man müßte sich quasi einen Raum aus lauter Lautsprechern vorstellen, die jeweils einzeln genau das wiedergeben, was den "realen" also ursprünglichen Raumklang ausmacht, was real nicht zu schaffen sein dürfte. (Kann mich erinnern, dass es mal ne Phase gegeben hat, wo man Aufnahmen gemacht hat, mit zwei speziellen Mikrophonen, die auf bzw. in einem Kunstkopf saßen und quasi genau das aufnehmen sollten, was die Ohren in einem Konzertsaal real hören ... Scheint sich aber auch nicht durchgesetzt zu haben ...)

So in diesem Sinne?

cheers,
x-Riff
 
Zuletzt bearbeitet:
Und dass der Raumklang in dieser Differenzierung - mal platt gesprochen - weder adäquat technisch erfasst noch reproduziert werden kann bzw. sich einer technischen Messung so weit entzieht, dass es keinen Sinn macht, eine Orientierung ins Auge zu fassen, die sich an "Neutralität" orientiert?
das trifft in etwa das Prinzip - das Problem der Messung ist vor allem, dass das Bezugssystem ständig in Bewegung ist
man macht nicht zB 3 Jahre lang eine bestimmte Hörerfahrung und die ist dann für ein Leben lang zementiert
der 'Lerneffekt' ist auch an individuelle Motivation und Aufmerksamkeit gebunden

ich höre zB (durch ständigen Gebrauch) auf Kopfhörern wesentlich besser als auf Boxen
komme ich beim PC Händler rein, könnte ich (falls die übliche Brüllwürfel Beschallung aktiv ist) gleich wieder rausrennen...
nach dem Motto: wie kann man sich das antun ? nach einer halben Stunde ist das kaum noch störend, das Ohr hat sich angepasst
kennt hier ja auch jeder, der zu lange an einem Mix schraubt - wann man 'durch ist' weicht ab, aber irgendwann kommt dieser Punkt
man hört Dinge, die am nächsten Tag nicht mehr da sind etc

dem normalen 'Musikkonsumenten' geht das hinten vorbei... da ist null Interesse, also wird es weder wahrgenommen noch 'gelernt'
ich kann mich noch gut dran erinnern, wann mir bei Miles Davis 'A Kind of Blue' zum ersten Mal das Bandrauschen auffiel
die CD hatte ich (vorher) Dutzende Male gehört
bei dem Beispiel oben (erste Aufnahme) ist mir nach Abhören schlicht die Kinnlade runtergeklappt
ich hatte so einen Verstärker vorher nie gehört - ähnlich der (bewusste) Besuch in einer Konzerthalle Typ 'Weltklasse'
früher habe ich dort den Raumklang nicht mal wahrgenommen - er existierte nicht
mit dem Interesse für Tontechnik war dann eine ganz andere Aufmerksamkeit da - das hat sich direkt in's Langzeitgedächtnis gebrannt

ich höre heute deutlich differenzierter als früher, aber um einen 15khz Ton überhaupt wahrzunehmen, muss ich den sicher 30dB anheben
trotzdem kann ich einen Mix noch beurteilen, die Adaption erfolgt anscheinend kontinuierlich über Jahre hinweg
es ist für jeden ein individueller Prozess, der von Umgebung und eigener 'Audio-Historie' geprägt ist
insofern sind die (für Hersteller) so praktischen 'spec-sheets' eigentlich recht weit von der tatsächlich gefühlten Realität entfernt
ultrafeine Messwerte sollen Kompetenz suggerieren - letztlich sind das nur Zahlen ohne Kontext

cheers, Tom
 
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@murmichel: was ist daran nicht zu verstehen ?
stell dich in einen Raum, rufe holladiho und klatsche in die Hände
wiederhole das Ganze mit einem Kopfhörer auf den Ohren und 2 guten Mikrofonen

Signal 1 ist das, was dein Gehör mit seinem antrainierten Alltags-Processing liefert
Signal 2 das quasi objektiv gemessene ohne dass der Hörapparat die Chance hatte, das komplette Signal auszuwerten
(die Rauminformation fehlt)
ich nehme an, dass die frequenzabhängige Empfindlich des Gehörs bekannt ist...

Das ist ein schlechter Vergleich, weil HRTF dabei nicht berücksichtigt wird. Wenn wir einen Kunstkopf nehmen, der meinem oder deinem Kopf nachgebildet ist, kommen wir der Sache schon näher.

Was ich aber grundsätzlich nicht verstehe, ist, weshalb du zu diesem Thema das menschliche Gehör heran ziehst. Das hätte ich gerne etwas expliziter erklärt, nicht nur durch das obige Beispiel, das mir nicht sinnvoll erscheint.
 
Hallo,

Ich habe Deinen Thread in das Unterforum PA Plauderecke verschoben. IMHO passt er thematisch hier besser hinein.

Solltest Du noch Anregungen zur durchgeführten Änderung haben kannst Du mich oder einen Moderator Deines Vertrauens gerne per PN kontaktieren. Alternativ kannst Du Deinen Beitrag einfach über den „Melden“ Button melden und dort Dein Anliegen angeben.

Dann werden Sie geholfen.

Gruß

Fish
 
Was ich aber grundsätzlich nicht verstehe, ist, weshalb du zu diesem Thema das menschliche Gehör heran ziehst.
das ist leicht zu beantworten: weil es sonst immer vergessen wird... ;)
'Mensch' macht/produziert Musik idR nicht für eine Fourrier-Transformation oder den Oszillografen sondern für menschliche Zuhörer...
die HRTF kann man in dem Zusammenhang ignorieren - sie beschreibt nur, was von Natur aus sowieso bei jedem abläuft
(gebraucht wird sie um Signale gezielt zu manipulieren damit beim Hörer ein ganz bestimmter Eindruck entsteht)

gestern fragte jemand ob der Vorverstärker XY (um 200€) vielleicht zu wenig 'transparent' wäre, weil 0,01% THD ist ja nicht so dolle...
der für den 10fachen Preis gehandelte V76 weist in dem Bereich Werte von 0,1-0,2% auf je nach Frequenz und Leistung
(nebenbei: den V76 erwähne ich nur weil er ein anerkanntes Referenzmodell mit perfekter Dokumentation ist)

die Frage zeigt aber deutlichst, warum das Gehör im Mittelpunkt der Betrachtung stehen sollte

sorry, dass ich noch mal die Historie bemühe (aber man kann ja aus Geschichte auch lernen)
nachdem Mitte 80 die Digitaltechnik ihren Siegeszug begann, mit 'verlustlos bla bla' etc flog die 'veraltete' Röhrentechnik raus
man bekam Geld für das Entsorgen von ua V76 Modulen
die neue Technik wurde gigantisch abgefeiert
der normale Mensch versteht die mathematischen Modelle dahinter nicht...
aber die Suggestion wirkte auch bis in Studio-Kreise -> siehe Ergebnisse frühe Digitalproduktion

es hat gut 2 Jahrzehnte gebraucht, bis sich die gehörte Erkenntnis wieder Gehör verschafft hat :D

cheers, Tom
 
es hat gut 2 Jahrzehnte gebraucht, bis sich die gehörte Erkenntnis wieder Gehör verschafft hat :D

Soll das heißen, dass die wahrnehmbaren Unterschiede zwischen verschiedenen Vorverstärker(schaltunge)n nicht meßtechnisch nachweisbar sind?

Für meine ursprüngliche Frage ist es aber unerheblich, ob Meßwerte oder das Gehör als Maßstab genommen werden.

In der Hoffnung, doch noch eine Erklärung für das zu bekommen, was ich wissen will, versuche ich mal, die Frage anders auszudrücken.
  • Annahme: Es gibt objektiv bessere und schlechtere Preamps (also nicht nur anders).
  • Annahme: Das Wissen über den Aufbau solcher Preamps ist für Fachleute zugänglich.
  • Feststellung: Es gibt auf dem Markt nach wie vor Preamps mit erheblichen Qualitätsunterschieden, nicht nur Nuancen auf allgemein sehr hohem Niveau.
  • Feststellung: Anscheinend gibt es auch im durchaus gehobenen Preissegment noch deutliche Unterschiede.
  • Frage: Worin liegen solche Unterschiede technisch begründet? (Wird sich so pauschal kaum beantworten lassen.)
  • Frage: Was macht die Preisunterschiede aus? Teilekosten? Marketing?
 
Linearität und Neutralität haben ihren Platz in der Messtechnik.
Es gibt aus meiner Sicht in der Musikindustrie wenig bis keinen Bedarf an neutralen, linearen Signalkomponenten, seien es Mikros, div. Verstärker, Mixer oder Lautsprecher. Denn das Ziel all dieser Komponenten ist nicht die exakte Wiedergabe des physikalischen Signals sondern der musikalischen und Emotionalen Information. Wäre das nicht so, so hätten Röhren, Dynamics usw. nichts in der Signalkette verloren.
Und das gilt in noch verstärkerem Maße im Hifi-Bereich. Da ist alles nur mehr auf Wohlklang ausgelegt auch wenn die 'Experten' dafür ein ganz anderes Vokabular verwenden.
Es gibt bessere und schlechtere Geräte, aber auch Unterschiede im Design der Preamps. Beisplielsweise sind die japanischen Preamps in Yamahapulten linearer als der typische englische Preamp z.B. Von Midas. Deshalb empfinden viele die japanischen Preamps als zu harsch. Auch das Verhalten im Grenzbereich, ganz leise oder ganz laut, kann unterschiedlich ausgelegt sein ohne objektiv besser oder schlechter zu sein.
Den Preis bestimmen Stückzahlen, verbaute Komponenten und nicht zuletzt der Markenname. Alleine mit 'Neve' als Name lässt sich ein anderer Preis erzielen als mit 'Phonic'.
Aber all das folgt im Prinzip den gleichen Regeln wie andere Produkte, sein das nun Gitarren, Autos, Handies oder Badeseife.
 
Ich habe auf meiner Suche nach Erkenntnis inzwischen das Buch Small Signal Audio Design von Douglas Self entdeckt. Nach dem zu Urteilen, was ich bei Google sehen kann, ist das ein spannendes Buch. Ich habe aber den Eindruck, dass zu meiner Frage nach den Unterschieden von verschiedenen Schaltungen, insbesondere von Aufnahme-Preamps, darin nicht allzu viel zu finden ist.

Kennt vielleicht jemand dieses Buch und kann dazu etwas schreiben?
 
Zwar bin ich Dipl. Ing. und habe sogar Nachrichtentechnik studiert, komme aber immer mehr zu dem Schluss, dass sich vieles, was wir hören, noch nicht messtechnisch belegen lässt. Das soll nicht heissen, dass das nicht gehen würde. Es ist nur noch keiner drauf gekommen, dass bestimmte Parameter für das Hörempfinden oder eine Signalübertragung von entscheidender Bedeutung sind und irgendwie messtechnisch erfasst werden sollten.

Nehmen wir als Beispiel den Parameter der Wuppdizität - diese ist entscheidend für unser Hörempfinden und erklärt sogar näherungsweise den unterschiedlichen Sound von Kabeln (auch so etwas, was es eigentlich nicht geben darf). Das erste Problem ist nur, kein Mensch weiss, was die Wuppdizität eigentlich ist. Das zweite Problem ist, es gibt sie nicht. Wahrscheinlich, denn so genau kann das eben niemand sagen.

Früher (oder auf Pratchetts Scheibenwelt) könnten wir zwanglos die Magie dafür verantwortlich machen. Heute müssen wir uns Verbesserungen der Messmethoden überlegen.

Gruß,
Jo
 
Ich gehe jetzt mal nicht drauf ein was andere schrieben....

Meine Meinung(!):

Man muss oftmals etwas "auf dem Teppich" bleiben.Da wir hier offensichtlich im Bereich "PA und Beschallung" unterwegs sind, sollte man meiner Meinung nach dringend die Relationen im Blick behalten. Es gibt eine Vielzahl von Dingen die Einfluss auf den Live-Sound haben. Ich zähl mal auf, wie ich bei einer "Standardrockband" hier die Wichtigkeit der einzelnen Komponenten Einschätzen würde:

1. Band (kann die nix ist ehh alles egal)
2. Tonmensch (kann der nix, ist ehh alles egal)
3. Raum (klingt der zu schlecht, ist ehh alles egal)
4. Lautsprechersysteme
5. EQs (man kann verdammt viel retten wenn man genügend bänder und durchstimmbare Hochpässe hat. Hier kann man - losgelöst von deren Qualität - sehr viel retten, was nicht von Musikern kommt)
6. Dynamics (insbesondere Gates und Expander... Hiermit kann man verdammt schnell Mixe aufräumen)
7. PREAMP Preamps sind heutzutage meist irgendwelche gegengekoppelten OPs (wenn man mal von besonderen Rackgeräten absieht). Zwar gibts hier sicherlich Unterschiede, aber es gibt - wenn man jetzt mal von ganz ganz billigem Zeugs absieht - eigentlich kaum noch Preamps die "gar nicht gehen". Im Prinzip ist das ein Vorverstärker und mehr nicht. Den kann man rauscharm bauen (interessiert live nicht sooo sehr, einfach auf die Summe ein gate mit niedrigem Threshold und die Sache ist weitestgehend erledigt), man kann sie hochlinear bauen oder sogar aktiv verzerrend. Was "besser" ist, liegt im Auge des Hörenden oder Tonmenschen. Eine Objektivierung ist schwierig.
ABER: Wie gesagt: Der Preamp ist so ziemlich das letzte in der Kette, was ich im speziellen Optimieren würde.
Schlechte Lautsprecher und Räumen machen erheblich mehr kaputt als schlechte Preamps.

Insofern: Ja es gibt Unterschiede und nein... ich würde behaupten für die 0815 Rock/Pop-Anwendung im Semipro-Bereich ist das alles andere als sonderlich relevant. Oder vorsichtiger formuliert: Bevor ich am Preamp rumoptimiere kann ich lieber diverse 1000er in bessere Räume und Lautsprechersysteme stecken...
 
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