wolbai
R.I.P.
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Einleitung
Der Morgen am Meer, Mensch und Natur im stillen Erwachen, den eigenen Gedankenwindungen bei einem kilometerlangen Spaziergang ziellos nachhängend - ich habe diese seltenen Momente immer geliebt, wenn sich dazu einmal in der Vergangenheit eine Möglichkeit für mich ergab. Und von eben dieser ruhigen, Lebenskräfte erneuernden Stille soll mein Instrumentalsong nun erzählen.
Es ist daher ein Song, der mit leisen und unaufdringlichen Tönen daher kommt, bei dem Atmosphäre und Stimmung wichtiger sind als akrobatische Soloeinlagen. Und natürlich stellt man sich bei den eigenen Songs immer wieder die Frage nach dem Genre. Für mich ist es ein Chill-Out Song mit einer Prise New Age geworden.
Der „Beipackzettel“ ist diesmal wieder etwas umfangreicher ausgefallen. Er ist u.a. auch von der Akustikgitarre geprägt, die im Songarrangement eine wesentliche Rolle einnimmt und die ich als Musiker, mit Instrumentenschwerpunkt E-Gitarre, eher nur gelegentlich und nebenbei in die Hand nehme. Darüber hinaus habe ich auch einiges Neues beim Mixing ausprobiert, auf das ich im Folgenden näher eingehen möchte.
Ein unmittelbarer Songkonsum ist natürlich auch ohne vorheriges und intensives Studium des „Beipackzettels“ jederzeit gefahrlos möglich
Eventuell befindet sich aber auch die eine oder andere Anregung für die Songwriter und Home-Recording-Kollegen darin wider. Und sehr wahrscheinlich ist - um bei der Begrifflichkeit zu bleiben - Euer „Beipackzettel“ auch etwas anders gestrickt. Über einen entsprechenden Austausch freue ich mich jedenfalls.
Da es sich um einen eigenen - aus meiner Sicht ordentlich produzierten - Song handelt, der Instrumentenschwerpunkt auf der Akustikgitarre und dem E-Piano liegt (also keinen klar zuordenbaren Instrumentenschwerpunkt hat und damit ein entsprechendes MB-Unterforum zur Veröffentlichung naheliegend wäre), habe ich meine Hörprobe wieder einmal in die Rubrik „User-Veröffentlichungen“ eingestellt.
Als Einstieg hier zunächst die Audio-Streaming-Version (mit 160 KB/Sek. bei gutem Internetempfang), die Ihr zum weiteren Lesen gerne schon einmal aufrufen könnt. (Wer Wert auf ein besonderes Hörvergnügen legt, kann sich die Audiodatei auch in HD-Qualität (WAV-Format, 48 KHz, 24-Bit) von meinem SoundCloud- oder SoundClick-Kanal herunterladen.)
https://soundcloud.com/wolbai-music/morning-at-the-seaside
Nachfolgend nun noch einige ausgewählte Infos und Themen, die mich bei diesem Songprojekt beschäftigt haben. Viel Spaß und Kurzweil beim weiteren Lesen!
Songstruktur / Akkordprogression
Den ruhigen Songcharakter eines Instrumentalsongs reflektiert man am besten gleich im Songarrangement und der Instrumentierung. Auch wenn die nachfolgende Songstruktur:
Intro – Strophe 1 – Strophe 2 – Chorus 1 (verkürzt) – Strophe 3 – Chorus 2 – Bridge – Chorus 3 – Outro
von einem typischen Vokalsong mit ausgeprägter Hookline stammen könnte, so habe ich die Übergänge der einzelnen Songteile eher dezent angeglichen als merklich herausgearbeitet. Denn der Song soll ja auch ein Stück weit bewusst dahin plätschern. Und das ist in diesem Falle nicht negativ gemeint.
Das Songarrangement selbst habe ich auf der Akustikgitarre ausgearbeitet. Am Anfang hat sich zunächst eine für mich zum Song passende Akkordprogression ergeben. Das Voicing der Akkordprogression ist durch eine Reihe von Maj7-Akkorden geprägt, die mir schon immer sehr gefallen haben. Auf ihnen lassen sich auch ganz wunderbar Melodielinien mit Halbtonschritten entwickeln. Die Melodieführung der einzelnen Songteile ist dann zu einem späteren Zeitpunkt sukzessive erfolgt. Für diejenigen, die sich die zugrundeliegende „musikalische Autobahn“ einmal näher anschauen möchten, habe ich die Akkordabfolge beigefügt:
Datei Akkordprogression: Morning At The Seaside.pdf
Instrumentierung
Akustikgitarre
Die diversen Akustikgitarrenparts wurden mit einer Godin Seagull S6 mit Piezo-Tonabnehmer eingespielt. Auf den Einsatz einer E-Gitarre habe ich diesmal komplett verzichtet. In der Funktion des Begleitinstruments finden sich zunächst zwei Akustik Finger-Pickingspuren, die zeitgleich und mit zwei verschiedenen Quellen aufgenommen wurden: einmal Abnahme mit dem Piezo-Pickup und einmal Abnahme mit einem Mikrofon. Weitere Details hierzu finden sich im Abschnitt „Recording“.
Rhythmussektion und Tasteninstrumente
Den Rhythmusteil habe ich mit diversen Perkussions-Instrumenten dezent ausgestaltet: Tambourine, Klangholz, Congas, Bells und Chimes. Bis auf die Chimes, die ich aus einer alten Proberaumaufnahme übernommen habe, sind diese mit einem Midi-Keyboard und entsprechenden Steinberg Halion Sonic 3 Plugins eingespielt.
Auch die verschiedenen Tasteninstrumente wurden mit Steinberg Halion Sonic 3 und einem Midi-Keyboard aufgenommen. Im Einzelnen wären dies: mehrere E-Pianospuren, Synthi-Bass, Synthisizer und Strings.
Der Synthi-Bass ist eher subtil durch einen kurzen, Bassdrum-ähnlichen Attack wahrnehmbar. Ohne den Synthi-Bass hätte mir bei diesem Song jedoch im Lowend-Bereich etwas das Fundament gefehlt. Zu den speziellen Herausforderungen beim Einsatz eines Synthi-Bass zusammen mit Akustikgitarren finden sich im Abschnitt „Mixing“ noch einige weiterführende Details.
Soundsamples
Nicht unerwähnt lassen möchte ich ein paar Soundsamples, die ich im Intro und Outro verwendet habe: Sea Waves und Sea gulls. Sie tragen, wie ich finde, zur gesamten Atmosphäre einiges bei. Beide kostenlose Samples habe ich von „Free Sounds Library“ heruntergeladen, wo man einiges an interessanten Klängen, Geräuschen, etc. finden kann - bei Bedarf, einfach mal etwas rumstöbern
Intonation und Vorbereitung von Akustikgitarren für das Recording
Ich habe diesem Thema bewusst einen gesonderten Abschnitt eingeräumt, weil es meines Erachtens für das optimale Recording von Akustikgitarren (aber auch für E-Gitarren in abgeschwächter Form) eine wesentliche Rolle spielt.
Das man beim Recording die Messlatte für eine gute Intonation noch einiges höher anlegt als beim Live-Musik machen, ist hinlänglich bekannt und dem Medium geschuldet, in dem man Musik konsumiert. Da ich bis dato lediglich ab und zu ein paar offene Akkorde mit der Akustikgitarre bei Songs eingespielt habe, hatte ich mir auch keine großen Gedanken hinsichtlich des Gitarren-Setups gemacht.
Nachfolgend daher eine gestraffte Ausführung meiner kleinen Abenteuerreise bis zu den finalen Akustikgitarrenaufnahmen:
Die allermeisten Akustikgitarren sind im Setup für das Schrammeln und das Picking in den ersten drei Bünden ausgerichtet (und so war es auch bei meiner der Fall). Sobald es jedoch in den Lagen höher geht, lässt der Spielkomfort merklich nach und die Intonation Richtung 12. Bund wird zudem merklich hörbar schlechter. Das liegt im Wesentlichen an einer häufig werksseitig zu hoch eingestellten Saitenlage (in Richtung 3 mm bei der tiefen E-Saite im 12. Bund) und einer meistens auch zu hohen Stegeinlage. Gedrückte Saiten z.B. im 12. Bund bei einer zu hohen Saitenlage sind dann schlicht um +5 bis +10 Cent „sharp“.
Ich musste daher meine Seagull erst einmal für das Recording etwas modifizieren und habe im Einzelnen folgendes gemacht:
Einerseits habe ich den Halsspannstab etwas angezogen. Das hat schon einmal die Saitenlage etwas reduziert. Andererseits habe ich zur Erhöhung des Spielkomforts die standardmäßigen 12er Saiten runtergeschmissen und einen 10er-Satz drauf gemacht. Natürlich ändert das die Lautstärke der Gitarre und ihren Klang. Das ist für mich persönlich erst einmal nichts Negatives. Der damit einhergehende deutlich bessere Spielkomfort (und Möglichkeit für Bending und Vibrato) wiegen das für mich bei Weitem auf.
Darüber hinaus hat die geringere Saitenstärke auch noch etwas die Intonation verbessert (sie liegen etwas tiefer im Sattel und der Saitendurchmesser ist geringer). Insgesamt bin ich mit den genannten Maßnahmen schließlich bei einem Saitenabstand von etwa 2,2 - 2,3 mm, (tiefe E-Saite) von vormals 2,7 -2,8 mm, gelandet. (Eventuell geht sogar noch etwas mehr in Richtung 2 mm. Dafür würde ich aber bei der Stegeinlage noch etwa 1 mm abschleifen müssen).
Gitarrenstimmung für das Recording
Das ist für mich ein spannendes und teilweise nervenaufreibendes Thema - wie für viele andere Gitarristen wohl auch. Ich denke, jeder der schon des Öfteren Gitarrenaufnahmen gemacht hat, wird ab und an festgestellt haben, dass die Gitarre - trotz korrekter Stimmung gemäß Stimmgerät - nicht immer so schön gut intoniert klingt. Und das kann an der jeweiligen Lage, in der man spielt bzw. an einem bestimmten Bund, in dem man die Note greift, liegen.
Da nun allen Zupfinstrumenten mit Bünden ein kompromissbehafteter Intonationsansatz zugrunde liegt, ist das zunächst nicht weiter verwunderlich. Weiterführend interessant wird es allerdings dann, wenn man sich die beigefügte Übersicht der Cent-Abweichungen zwischen der früheren „Just Intonation“ und der heutigen in der westlichen Welt verwendeten „Equal Temperament Intonation“ einmal näher anschaut:
Übersicht: Just Intonation versus Equal Temperament Intonation:
Just Intonation versus Equal Temperament Intonation.jpg
Aus ihr geht hervor, dass u.a. die Dur-Terzen in der heutigen westlichen Musik um ca. +14 Cent im Vergleich zur vormaligen „Just Intonation“ abweichen. Dieser Umstand kann nunmehr bei bestimmten Gitarrenakkorden (insbesondere in der offenen Position) zu - für mich unliebsamen, weil hörbaren - Dissonanzen zwischen Grundton und Dur-Terz führen.
Sehr konkret hatte ich bei der Aufnahme des Finger-Pickingteils Intonationsprobleme mit dem D-Dur Akkord, obwohl die Gitarre gemäß Stimmgerät richtig gestimmt war. Die leere D-Saite und das F# der hohen E-Saite klangen dissonant, da die F#-Note schlicht zu hoch war. Der Grund liegt einerseits in der bereits erwähnten +14 Cent Abweichung bei der „Equal Temperament Intonation“ und andererseits in den kompromissbehafteten geraden Bundstäbchen im zweiten Bund der hohen E-Saite, die sich gegenseitig aufsummieren. (Wir sind dann insgesamt bei einer Abweichung von +17 bis +18 Cent angelangt, die sich dann, trotz westlicher Hörgewohnheiten einer tendenziell zu hohen Intonation im Vergleich zur vormaligen "Just Intonation", für viele Ohren falsch anhört).
In der offenen Position können derartige Intonationsprobleme dann auch noch zusätzlich durch einen leicht zu hoch eingesetzten Sattel und/oder zu großem Fingerdruck auf die Saiten weiter verstärkt werden.
Ein ähnliches Problem hatte ich zunächst auch bei den Soloparts auf der Akustikgitarre, die sich überwiegend in der Lage zwischen 13. und 17. Bund abspielen: Trotz korrekt gestimmter Gitarre gemäß Stimmgerät waren die gegriffenen Noten in dieser Lage überwiegend zu hoch intoniert.
Was macht man nun in einem solchen Falle, um einigermaßen sauber intoniert was auf die Aufnahme zu bekommen?
Wenn ich in eine solche Situation hineinlaufe, versuche ich es mit einer kompromissbehafteten Stimmung der einzelnen Saiten. Bei dem besagten Finger-Pickingteil, in offener Lage, habe ich die am häufigsten gegriffenen Noten der jeweiligen Bünde gezielt mit dem Stimmgerät gestimmt (und eben nicht die leeren Saiten). Bei dem besagten D-Dur Akkord ist dann die hohe E-Saite um etwa 3 Cent tiefer gestimmt. Es ist quasi so einer Art situatives Ausbalancieren zwischen etwas zu hoher bzw. etwas zu niedriger Stimmung einzelner Saiten bzw. gegriffener Noten. Bei den Soloparts habe ich ähnliches gemacht und die am häufigsten gegriffenen Noten direkt nach dem Stimmgerät gestimmt. In der Tendenz waren dann bei den Soloparts alle Leersaiten ca. 1-4 Cent tiefer gestimmt als sie dies gemäß Stimmgerät sein sollten.
Plektrumauswahl
Gerade bei Akustikgitarrenaufnahmen finde ich die Wahl des richtigen Plektrums sehr wesentlich, weil sie deutlich merklicher auf den Klang Einfluss nimmt als dies bei E-Gitarrenaufnahmen der Fall ist. Beim Akkord-Strumming bieten sich meisten sehr dünne und damit höhenreiche Plektren (in der Größenordnung von 0,5mm bis 0,8 mm) an.
Anders sieht es jedoch beim Solospiel aus, bei dem man die Noten voll klingend mit ausgeprägtem Attack anschlagen möchte. Hierzu verwende ich immer dicke Plektren mit einem Material, das insbesondere bei der Akustikgitarre möglichst geringe Saitengeräusche verursacht. Meine Chicken Picks Shredder-Plektren mit 3 mm Stärke, die ich gerne auf der E-Gitarre verwende, sind bei der Akustikgitarrenaufnahme leider mangels zu großen Eigengeräuschen durchgefallen. Ich habe anstelle dessen Dunlop Gator Grip 2 mm, verwendet, die gemäß Herstellerseite aus Delrinmaterial besteht. Diese Plektren verursachen meines Erachtens relativ wenig Eigengeräusche und erzeugen einen vollen und attackreichen Anschlag der einzelnen Noten.
Recording Akustikgitarre
Die Akustikgitarrenaufnahmen waren für mich ein wenig anstrengend, weil man, aufgrund der Mikrofonierung, zusätzlich zu seinem eigenen Spiel auch auf weitere Themen achten muss, wie:
- einem möglichst konstanten Abstand und Winkel zum Mikrofon,
- der Vermeidung von unliebsamen Nebengeräusche im Hause,
- der Reduzierung der eigenen Nebengeräusche wie Saitengeräusche bei Slides, Atmen, Bewegung auf dem Stuhl, Reibungsgeräusche der Gitarre an der Kleidung, hörbares rhythmisches Tapping mit dem Fuß, etc.
Derartige Nebengeräusche sind in der Nachbearbeitung der Spuren nur ganz schwer bzw. nur bedingt entfernbar (bis zu einem gewissen Grad sind sie aber auch durchaus gewollt wie z.B. Slides, sofern sie nicht zu übertrieben laut sind).
Als Aufnahmemikrofon wurde ein Rode NT1-A (Großmembran-Kondenser) verwendet. Zeitgleich wurde der Finger-Pickingteil auch noch über den Piezo-Pickup aufgenommen. Beide Aufnahmequellen gingen in mein audient iD14 Audiointerface. Für den Finger-Pickingteil wurden beide Spuren später in der Cubase-DAW im Verhältnis 3 (Mikro) zu 1 (Piezo) zusammen geblendet. Ich habe dies deshalb gemacht, um einerseits einmal den Klangunterschied konkret hören zu können. Andererseits wollte ich auch eine klangliche Abgrenzung zum späteren Akustik-Solopart, der nur mikrofoniert wurde, erzeugen.
Phasenverschiebung / Phasenumkehrung
Wenn ein Instrument mit zwei unterschiedlichen Quellen aufgenommen wird, kann es zu Phasenverschiebungen bzw. Phasenumkehrungen kommen, die zu einer (in aller Regel) teilweisen Phasenauslöschung führen kann. Beides war bei meinen Akustikaufnahmen mit Mikro und Piezo-Tonabnehmer der Fall. Diese Effekte können das eigentliche Signal klanglich verändern und in der Lautstärke abschwächen. Für ein optimales Klangerlebnis sollte man das bei derartigen Aufnahmen möglichst vermeiden bzw. später (nach der Aufnahme) mit der DAW-Software korrigieren.
Die Phasenverschiebung einerseits ergibt sich aus dem Schallweg, der bei der Mikrofonierung zurückgelegt wurden muss, im Vergleich zu einer latenzfreien Tonabnehmeraufnahme. Wenn man die Phasenverschiebung nicht korrigiert, kommt das Audiosignal auf der Piezospur immer etwas früher bei der Akustikaufnahme mit Mikrofon. Üblicherweise kann man mit ca. 1ms pro 3 cm Mikrofonabstand rechnen. Ich hatte das Mikro bei der Aufnahme ca. 15 - 20 cm von der Gitarre entfernt und musste die Piezospur dementsprechend um +5ms verschieben, damit sie mit der Mikrofonspur zeitlich synchron war.
Nun kann es aber auch zu einer Phasenumkehrung bei Aufnahmen mit unterschiedlichen Quellen kommen, d.h. die Phase des einen Audiosignal startet genau umgekehrt zum anderen Audiosignal. Warum das in diesem speziellen Fall so ist, kann ich nicht erklären. Mit der DAW-Software und einer entsprechend geeigneten Vergrößerung der Audiospur kann man das aber ganz gut nachvollziehen. Und in jeder DAW-Software gibt es auch meines Wissens die Funktion „Phasenumkehrung in einer Audiospur“ mit der sich das sehr einfach korrigieren lässt.
Mixing
Mixing von Akustikgitarren in Verbindung mit einem Synthi-Bass?
Die Kombination aus einem Low End Synthi-Bass und den dröhnenden Frequenzen einer Akustikgitarre im 100-250 Hz-Bereich war für mich ein Stück weit eine neue Mixing-Herausforderung. Ich fand es in diesem Instrumentierungs-Szenario am sinnvollsten, dem Synthi-Bass den Low End Frequenzschwerpunkt eines Bassdrums (um 60-65 Hz) und Teile des Frequenzspektrums eines E-Basses (80-100 Hz) zu zuordnen.
Bei den Akustikgitarrenspuren habe ich etwas mehr „Lowend-Fleisch“ gelassen als ich dies bei einer üblichen Bandbesetzung mit Drums, Bass, Gitarren, etc. machen würde. Die Akustikgitarrenparts gehen dann schon bis 100 Hz runter und haben eben einen überlagernden Frequenzbereich zwischen 100-300 Hz mit dem Synthi-Bass. Den Bereich der Frequenzüberlagerung muss man im Mixing eben gut ausgestalten, so dass das gesamte Klangbild des Songs nicht zu sehr durch diese tieferen Frequenzen dominiert wird. Ich habe viele Mixing-Runden - im eigenen Saft schmorrend - hierzu gedreht. Und ich hoffe, es ist mir ein ausgewogener Mix in diesem Zusammenhang gelungen.
Was ist Eure Meinung dazu?
Beim Mixing selbst habe ich die beiden Audiospuren des Finger-Pickings sowohl im EQ als auch bei den Reverbs und Lautstärkenverhältnisse unterschiedlich behandelt: die mikrofonierte Akustikgitarrenspur ist im Stereopanorama links und weiter vorne (sowohl in der Lautstärke als auch bei Reverb). Sie hat auch einen tieferen Frequenzanteil als die Piezo-Audiospur. Die zweite Finger-Pickingspur über den Piezo-Tonabnehmer, ist im Stereopanorama mehr rechts hinten und zusätzlich mit einem Delay versehen. Ich finde, dass die beiden Finger-Pickingspuren dadurch eine gute Präsenz und Räumlichkeit im Gesamtmix einnehmen (was ja auch bezweckt war).
Verstärkter Einsatz analoger Plugin-Emulationen
Neben meiner Cubase DAW-Software, den bisherigen und überwiegenden izotope-Produkten habe ich bei dieser Aufnahme als Neuerung mit sogenannten analogen Recording/Mixing-Plugins gearbeitet. Sie helfen angeblich, die immer wieder gerne thematisierte sterile Atmosphäre digitaler „In-The-Box-Produktionen“ zu entschärfen. Für den interessierten Hobby-Recorder findet sich zu diesem Thema seit 1-2 Jahren einiges an Infos und Erläuterung im Internet. Was da dran ist, wollte ich einmal konkret bei diesem Songprojekt für mich herausfinden.
Nun mache ich dieses analoge „Anwärmen“ einer Aufnahme mit den entsprechenden izotope-Produkten im Masteringbereich ja bereits in Teilen (z.B. mit dem Vintage Tape, Vintage Limiter). Im Recording und Mixing jedoch bis dato nicht.
Das „analoge Element“ im Recordingteil wurde von mir mit dem Cubase Standard-Plugin Magnetto II (emuliert eine Bandaufnahmemaschine) in den einzelnen Mixingspuren abgebildet. Für die klangliche Nachbildung einer analogen Mixingkonsole habe ich mir dann noch die Britson Mixingkonsole-Emulation von Sonimus zugelegt (kostet ca. 40 EUR).
Was bewirkt das nun klanglich?
Nun, man kann diese analogen Emulationen punktuell bei einzelnen Instrumenten oder auch durchgängig in einem Mix und beim Mastern einsetzen und damit durchaus klanglich subtile Akzente in Richtung mehr analoger Wärme setzen. Darüber hinaus höre ich auch etwas mehr Obertöne und manche kurze Spitzen einzelner Instrumentenspuren werden noch etwas abgerundet. Über eine subtile Klangveränderung hinaus, ist es allerdings auch möglich, einzelnen Spuren z.B. merkliche analoge Sättigung hinzuzufügen und somit z.B. einer Bassspur mehr Punch zu verleihen. Für den ersten Mix mit diesen Plugins bin ich erst einmal positiv gestimmt und werde deren Einsatz bei weiteren Songprojekten ausprobieren.
Habt Ihr Erfahrungen mit derartigen analogen Plugins und was ist ggf. Eure Meinung dazu?
Neuer Kopfhörer und Refrenzsoftware für Mixing / Mastering
Bei diesem Songprojekt kam nun erstmalig mein neuer AKG K712 Kopfhörer (in offener Bauweise) beim Mixing und Mastering zum Einsatz. Und er ergänzt meinen alten AKG K271 MK II (in geschlossener Bauweise), den ich fürs Recording verwende. Als Ergänzung teste ich mit ihm auch gerade die 21 Tage kostenlose Software Reference 4 von sonarworks für Kopfhörer. Die Kombination scheint mir bis jetzt sehr vielversprechend und erweitert die Variabilität des Kopfhörers noch einmal. Vor dem Hintergrund meiner eher suboptimalen Home-Recording Raumverhältnisse und in Ergänzung zu meinen Nahfeldmonitoren, scheint mir beides eine sinnvolle Anschaffung gewesen zu sein.
Mastering
Mit welcher Lautstärkenpower soll man als Hobby-Home-Recorder seine kleinen, musikalischen Lieblinge am besten ausstatten, um ein möglichst gutes Klangerlebnis auf den verschiedenen Musikplattformen zu erzielen?
Eine spannende Frage, zumal die verschiedenen Ausgabemedien für Musik (CD, Streamingdienste) keine gemeinsamen Standards haben und es des Weiteren auch noch eine genrespezifische Dimension einer angemessenen Songlautstärke gibt.
Da der Song einiges an Dynamik aufweist und diese Dynamik bei einem sehr lauten Mastering (also in Richtung -6 bis -8 LUFS) durch eine Streamingplattform, die mit -14 LUFS operiert, merklich unterdrückt werden würde, habe ich mich bei diesem Songprojekt für einen Mittelweg entschieden und ihn auf ca. -11 LUFS gemastert. Soweit mir bekannt ist, sollte der Song damit sowohl auf SoundCloud (-8 bis -13 LUFS) als auch auf YouTube (-14 LUFS) eine einigermaßen authentische Dynamik zum Original aufweisen.
Was sind Eure Erfahrungen mit den unterschiedlichen Streamingplattformen bzw. wie geht ihr bei der finalen Lautstärkenfestlegung beim Mastering vor?
Videoaufnahme
Abschließend hier noch die Videoaufnahme zum Song. Mikrofoniertes Recording der Akustikgitarrenparts bei gleichzeitigem Videomitschnitt war mir diesmal zu viel Nerv. Das Video ist daher „nur“ mit lizenzfreien bzw. copyrightfreien Videoteilen aus anderen YouTube-Videos - hoffentlich geschmackvoll - unterlegt.
Für umsonst und drinnen – viel Spaß beim Anhören / Ansehen
Über Eure Feedbacks zum Song und meinem diesmal wieder ausführlicheren „Beipackzettel“ freue ich mich!
Grüße aus Franken - wolbai
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