Ibanez Performer-Serie

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Die Ibanez Performer-Serie

Jeder Hersteller von Elektrogitarren, der etwas auf sich hält, hat sie im Programm: Einen Klon der Gibson "Les Paul". Der japanische Hersteller "Ibanez" (der ja eigentlich nur ein Handelsname ist), macht diesbezüglich keine Ausnahme. Schon in den 70er Jahren waren entsprechende Modelle im Angebot, die dem Original täuschend echt nachempfunden waren. Das rief natürlich Gibson auf den Plan und es kam zu einer rechtlichen Auseinandersetzung. Danach waren alle japanischen Hersteller von Kopien bemüht, ihre Modelle immer ein wenig zu verändern. Darüber hinaus begann man damit, aus den amerikanischen Vorbildern eigenständige Modelle zu entwickeln. Zu diesen gehört bei "Ibanez" die Artist-, die Concert- sowie die Musician-Serie.

1. Von der Paula zum Performer

Obwohl "Ibanez" mit der Artist-Serie über eine sehr gute Weiterentwicklung der "Les Paul" verfügt, kam man wohl nicht umhin, eine Kopie derselben im Programm zu haben. Bis 1977 gab es eine ganze Reihe von Kopien in unterschiedlichen Ausstattungen. Diese waren zum Beispiel die Modelle 2350, 2351, 2380, 2386, 2393, 2650, 2651 und 2420. Häufig hatte diese Instrumente jedoch noch den sogenannten "Open Book" Headstock und konnten aufgrund des "Lawsuit" in den USA nicht mehr verkauft werden. Ein Ergebnis dieses Rechtsstreites mit Gibson war die Performer-Serie, welche im Frühjahr 1977 erstmalig vorgestellt wurde.

Ruft man sich in Erinnerung, daß Gibson die Klage gegen Elger/Ibanez am 28.06.1977 offiziell eingereicht hat und die Abwicklung derselben bis zum geschlossenen Vergleich mit Sicherheit mehrere Wochen in Anspruch nahm, so muß man in Japan bei "Hoshino Gakki Gen" die Probleme vorhergesehen und schon deutlich früher mit der Entwicklung der Performer begonnen haben. Tatsächlich finden sich verschiedene "alte" Modelle, die aber schon mit einigen Features der Performer aufwarten können. Es gibt also eine Art Übergangszeit, in der man wohl bemüht war, die im Lager befindlichem Materialien der "alten" Modelle zu verbrauchen.

2. Die Performer im Laufe der Zeit


Im Vergleich zum Vorbild, der "Les Paul", hatte "Ibanez" bei der Performer die Form von Kopf und Korpus einer Veränderung unterworfen. Man konnte daher nicht mehr von einer Kopie sondern allenfalls von einem ähnlichen Nachbau sprechen. Damit gab es in den USA keine rechtlichen Probleme beim Vertrieb der Serie. Ein besonders langes Leben war ihr allerdings nicht beschieden. Der Produktionszeitraum reicht lediglich von 1978 bis 1982. Ähnlich wie bei der Musician-Serie, kann man auch den Produktionszyklus der Performer-Serie in verschiedene Epochen unterteilen:

Epoche 1: 1977-1978

Die Performer startete 1977 mit den Modellen PF-100, PF-200, PF-230, PF-300, und PF-400. Im Katalog von 1978 versprach man "die am meisten nachgefragten Features in der unverwechselbaren originalen Form zu einem günstigen Preis" anzubieten. Im Zusammenhang mit den vorgenommenen Änderungen an Kopf und Korpus war der Begriff "originale Form" allerdings etwas gewagt. Die "Korpusnase" am oberen Horn ließ die Performer in den Augen vieler Paula-Fans ein wenig plump erscheinen. Aria konnte da mit der Prototype-Serie ein wesentlich eleganteres Design anbieten.

PF_Serie_1.jpg

Die Performer 1978

Die Serie begann mit der PF-100. Aufbauend auf einem massiven Mahagoniblock besaß die PF-100 ein Decke aus Birke, eine Materialkombination, die auch schon in den alten Paula-Kopien und anderen Instrumenten von "Ibanez" zu finden war. Der gesamte Korpus war mit einem einfachen Binding eingefaßt; die Hardware verchromt. Der geschraubte, mehrteilige Hals bestand aus Ahorn mit einem Palisandergriffbrett mit Dot-Inlays, welches allerdings auf Ebenholz getrimmt wurde. Als Tonabnehmer kamen zwei "Super 70 Humbucker" zum Einsatz. Zur elektrischen Schaltung muß man nicht viel sagen: Paula ist eben Paula.

Diese Spezifikation offenbart die PF-100 als das, was sie tatsächlich ist: Ein günstiger Einstieg in das Thema "Les Paul"! Aufgrund der verwendeten Materialien ist ein echter Vergleich zum Original allerdings nicht gut möglich.

Die PF-200 war dem Vorbild dann schon etwas näher und ein wenig luxuriöser in der Ausstattung: Hier gabe es eine Ahorndecke, ein siebenfaches schwarzweißes Binding, ein Griffbrett mit Block-Inlays und vergoldete Hardware. Damit sind die Unterschiede auch schon aufgezählt. Die PF-200 ist also lediglich eine PF-100 für den Anfänger mit etwas größerem Geldbeutel!

Eine Besonderheit war die PF-230. Wie die "Les Paul Custom" verfügte sie über drei Humbucker. Die Spezifikation liest sich im Katalog wie folgt:

Zitat: Body: Flamed maple top on mahagony body with 7-layer black and white binding

und entspricht damit exakt der Spezifikation der PF-200. Also eine mehrschichtige Verbindung aus Ahorn und Mahagoni. Genau das, was man ja auch von einer "Les Paul" erwartet.

Bei Ebay wurde 2007 eine PF-230 angeboten, die meine Aufmerksamkeit erregte, weil ein Foto des E-Faches dabei war. Leider war es nicht besonders groß. Folglich wurde der Anbieter angeschrieben und größeres Bild angefordert:

IbanezPF230EFach.jpg

Man erkennt:
  1. Der eigentliche Korpus besteht aus einer zweischichtigen Holzverbindung (Pfeil Rechts).
  2. Die Decke besteht nicht aus einem massiven Stück Holz, welches vollflächig mit dem Back verleimt wurde. Es ist ein deutlicher Spalt zu erkennen (Pfeil Mitte).
  3. Um eine Wölbung der Decke zu realisieren wurde in der Mitte ein zusätzliches Stück Holz "zwischengefüttert" (Pfeil links).
Hier hat "Ibanez" eindeutig einen Rückfall in die dunkle Vergangenheit erlitten, denn eine solche Konstruktion kannte man in den 70er Jahren nur von den billigen Kopien der "Les Paul". Mit diesem Bild erhält die Aussage: "Flamed maple top on mahagony body" natürlich eine ganz andere Bedeutung.

Nach den Spezifikationen der anderen PFs ist die PF-230 vermutlich nicht das einzige Modell, welches mit diesem "Feature" aufwartet. Jetzt stellen sich zwei Fragen:
  1. "Warum hat "Ibanez" das gemacht?" und
  2. "Wirkt sich die Konstruktion auf den Klang aus?"
Über das warum kann man natürlich nur spekulieren. Fakt ist, daß sich eine solche Konstruktion billiger herstellen läßt. Vielleicht wollte man auf diese Weise den Aufpreis für den dritten Tonabnehmer kompensieren?

Vergleicht man diese Konstruktion mit der einer "richtigen" "Les Paul", so muß sich zwingen ein klanglicher Unterschied ergeben, denn
  1. Die Verbindung der Brücke zum eigentlichen Korpus ist nicht so fest.
  2. Die Masse der Ahorndecke ist wesentlich geringer.
  3. Durch den Hohlraum kann man schon fast von einer Semi-Konstruktion sprechen. Eine solche Gitarre sollte, im Vergleich zu einer massiven Konstruktion, anfälliger für Feedbacks sein.
Darüber, ob das ganze aus klanglicher Sicht nun besser oder schlechter ist, kann man sicherlich streiten. Wer sich bei diesen Modellen jedoch eine Paula vorstellt, der wird etwas enttäuscht sein. Gleichwohl konnte die PF-230 aus dem Jahre 1978 bei Ebay für 413 Euro verkauft werden.

Weitere Recherchen haben ergeben, daß dieser Aufbau bis einschließlich der PF-300 verwendet wurde. Erst bei der PF-400 und später bei der PF-350 und PF-360 gab es dann eine massive Ahorndecke. Diese Erkenntnis deckt sich auch mit einer Aussage in der Beschreibung der PF-400 aus der deutschen Preisliste vom August 1978. Dort liest man:

Zitat: Eingeleimter Hals - Trisound-Schalter, Antique Violin, solider Korpus

Statt die hohle Korpuskonstruktion der anderen Performer zu erwähnen, die in den Augen vieler Musiker als minderwertig galt, stellte man den massiven Korpus der PF-400 als Vorteil und Verbesserung hin. Tja, Marketing und Werbung machen es möglich und die meisten Gitarristen glauben auch heute noch gerne, was sie in den Prospekten lesen können.

In der PF-300 wurden erstmalig einige bemerkenswerte Veränderungen implementiert: Sie besaß einen eingeleimten Hals und der Hals-Tonabnehmer verfügte über einen sogenannten "Tri-Sound-Switch", der laut Katalog eine Reihenschaltung (Humbucking), Einzelpulbetrieb (Single-Coil) und eine inverse Reihenschaltung (Reverse Phased) ermöglichte. Alles weitere war wie bei der PF-200. Also auch die "hohle" Bauform des Korpus.

Mit dem Spitzenmodell der Serie, der PF-400, gab es nun endlich Paula pur. Sie bestand aus einem massiven Mahagoni Korpus mit einer ebenfalls massiven zweigeteilten und gewölbten Decke aus Ahorn. Diese war sogar "bookmatched". Zumindest bei der Decke wurden also nur ausgesuchte Hölzer verwendet. Da durfte ein Ebenholzgriffbrett natürlich nicht fehlen!

Wenn man die Spezifikationen der Performer mit denen der anderen Serien aus dem Jahre 1978 vergleicht, so entsteht der Verdacht, daß "Ibanez" hier versucht hat, einen sauberen Spagat zu realisieren: Auf der einen Seite stand der Bedarf ein günstiges Instrument im Stile der "Les Paul" anzubieten. Auf der anderen Seite wollte man der eigenen Weiterentwicklung, den Modellen der Artist-Reihe, nicht einen hochwertigen Konkurrenten im eigenen Hause erwachsen lassen. Daß lediglich die PF-400 bezüglich der Konstruktion und der Holzauswahl mit dem Niveau der Artist-Serie zu vergleichen ist, spricht hier eine deutliche Sprache! Einen weiteren Hinweis auf diese Vermutung liefert ein Blick in die deutsche Preisliste von 1978.
  • PF-100: 739 DM bis 785 DM
  • PF-200: 798 DM bis 888 DM
  • PF-230: 888 DM
  • PF-300: 995 DM bis 1060 DM
  • PF-400: 1280 DM
Zum Vergleich: Für die preiswerteste "Artist" mit den Konstruktionsmerkmalen einer "Les Paul", das Modell 2619, mußte man bereits 1280 DM bezahlen. Bei der "Musician" begann das "Vergnügen" schon etwas früher: Hier waren 995 DM für eine MC-200 zu veranschlagen.

Epoche 2: 1979-1981

1979 ging es vielen Modellen der Performer "an den Kragen" und es fand, wie bei der "Musician", eine Modellbereinigung statt. Übrig blieb lediglich eine PF-150 und eine PF-350, die darüber hinaus nur noch in Europa vertrieben wurden.

Die neue PF-150 hatte eigentlich nichts neues zu bieten, wenn man vom Namen und der Verwendung von V-2-Pickups einmal absieht. Wie schon bei der PF-100 wurde eine Hohlkonstruktion mit Birkendecke verwendet. Damit zielte auch die PF-150 auf das untere Preissegment. Die PF-350 entspricht in ihrer Spezifikation der PF-400. Auch hier gibt es also nichts wirklich Neues zu berichten. Damit wurde das gesamte Mittelfeld der Performer ersatzlos gestrichen.

PF_Serie_2.jpg

Die Performer-Serie 1981

Über den Grund, warum man sich zwei Jahre nach dem Start der Produktion zu einem so schweren Einschnitt entschlossen hatte, kann man nur Vermutungen anstellen. In der Modellpalette hatte es von 1978 bis 1979 keine wirklich drastischen Veränderungen gegeben. Diesbezüglich scheint also kein Grund vorzuliegen, warum die Performer nicht mehr dazu passen sollte. Damit bleibt nur noch ein wirklicher Grund übrig: Offensichtlich stand der Produktion der Performer keine ausreichende Nachfrage am Markt gegenüber. Die Instrumente in diesem Zusammenhang als "Ladenhüter" zu bezeichnen, ist vielleicht etwas gewagt, erscheint aber aufgrund der für eine Paula ungewöhnlichen Form und der Reaktion von "Ibanez" nicht ganz unwahrscheinlich zu sein.

Wer weiß, wie große Industriebetriebe geführt werden, der kennt auch die Konsequenz aus einer solchen Situation: Das betreffende Produkt wird schnellstens eingestellt. Damit ergibt sich eine schlankere Produktion und die Kosten können gesenkt werden. Das ganze fällt dann unter den Begriff "Rationalisierung" und darin waren die Japaner damals Weltmeister!

Die vollständige Einstellung der Serie in den USA mag noch einen anderen Grund gehabt haben. Vielleicht wollte man weiteren Auseinandersetzungen mit Gibson vorsorglich aus dem Weg gehen. Der erst vor wenigen Jahren ausgetragene Prozess zwischen PRS und Gibson bezüglich der Single-Cuts zeigt, daß derartige Befürchtungen keinesfalls von der Hand zu weisen sind.

Epoche 3: 1982

Die 1979 mit der großen Modellbereinigung eingeleiteten Maßnahmen scheinen jedoch nicht ausreichend gewesen zu sein, denn die Produktion der Performer wurde vermutlich 1981 komplett eingestellt. Dazu gibt es zwei Hinweise: Zum einen existieren aus 1981 zwei Kataloge und nur in einem wird die Performer noch erwähnt. Zum anderen gibt es einen deutschen Prospekt für die PF-360 aus dem Jahre 1982 in dem man lesen kann:

Zitat: Die Performer ist ein Ibanez Modell, das nach einiger Zeit nun noch einmal in einer limitierten Auflage hergestellt wird.

Vermutlich hatte "Ibanez" noch Restbestände aus der Produktion der PF-400 und PF-350 auf Lager, die man auf diesem Wege am Markt absetzen wollte.

Die PF-360 entsprach in ihrer Spezifikation ziemlich genau der PF-350. Lediglich die Schaltung und die Tonabnehmer wurden ein wenig verändert. Jetzt wurden die neuen Super 58 Humbucker verwendet, die ebenfalls in den Musicians der Epoche 4 eingesetzt wurden. Analog zur MC-150 verschwand der Tri-Sound-Switch der PF-350 und die PF-360 erhielt stattdessen zwei Duo-Sound Tone-Potis, mit deren Hilfe die Humbucker auf Single-Coil-Betrieb umgeschaltet werden konnten.

Von der PF-360 wurden lediglich 340 Instrumente produziert, die sich wie folgt aufteilten:
  • Yellow Sunburst: 100
  • Schwarz: 60
  • Weiß: 60
  • Weinrot: 60
  • Antique Sunburst: 60
3. Die großen Unbekannten

Neben der PF-150 existiert nachweislich eine Performer mit einem Tri-Sound-Switch und geschraubtem Hals, die auf dem Trussrod-Cover als PF-155 bezeichnet wird und die Seriennummer "I790095." trägt. Sie stammt also vom September 1979. Aufgrund des (anscheinend) geringen Unterschiedes, könnte es sich hierbei um eine modifizierte PF-150 handeln.

Desweiteren findet man im Internet Hinweise auf eine PF-160. Vielleicht eine Nachfolgerin der PF-150, die 1982 ebenfalls in limitierter Stückzahl hergestellt wurde? Wer weiß. In den Katalogen ließen sich bis jetzt leider keinerlei verwertbare Informationen finden. Es dürfte lediglich klar sein, daß diese Modelle nur in Europa verfügbar waren.

4. Nachgelegt

Auch wenn die Performer mit der PF-360 1982 endgültig eingestellt wurde, hat Ibanez in den 90er Jahren eine Neuauflage produziert, die allerdings in keinem Katalog auftauchte und vielleicht auch nur in Europa vertrieben wurde.

Man findet in den einschlägigen Sammlerkreisen zumindest Hinweise auf eine Performer aus koreanischer Produktion, die laut Seriennummer 1994 bei Samick gebaut worden sein müsste. In Ermangelung von Katalogen ist die Spezifikation dieses Instrumentes allerdings nicht ganz klar.

Fakt ist, daß diese Performer über einen eingeleimten Hals verfügt, was deutlich in Richtung PF-400 zielen würde. Als Tonabnehmer wurden die "Super 70" verwendet. Allerdings fehlt der Tri-Sound-Switch und laut Beschreibung des Verkäufers sind auch keine Duo-Sound Tone-Potis vorhanden. Dieses Instrument wurde am 18.11.2007 für 351 Euro in Deutschland verkauft.

Wenn man den Diskussionen der Sammler und Experten glauben darf, so wurden diese Reissues nur in Europa und vielleicht sogar nur in Deutschland vertrieben.

5. Der Vergleich mit dem Original

Wer den Versuch macht, einen Nachbau der "Les Paul" zu produzieren, der muß sich immer den Vergleich mit dem Original gefallen lassen. Wie steht die Performer also im Vergleich zur Paula da? Betrachten wir zunächst den Korpus:

Bei Gibson besteht eine "Les Paul" in der Regel aus einem massiven Mahagoniblock mit aufgeleimter massiver Ahorndecke. Diese Konstruktion findet man immer bei der Les Paul Standard. Die Custom-Variante von 1957 besaß einen vollständigen Korpus aus Mahagoni.

In diesem Vergleich schneidet die PF-100 und die PF-150 sofort aus, denn eine Birkendecke ist mehr als ungewöhnlich und wohl nur aus Preisgründen auf das Instrument gekommen.

Die PF-200 und PF-300 haben zwar eine Ahorndecke, die jedoch nicht massiv ist. Vermutlich wird sie zum Klang nicht besonders viel beitragen. Wenn man großzügig ist, könnte man hier dem Vergleich zur Les Paul Custom zustimmen, auch wenn die Masse des Mahagoni bei der Performer deutlich geringer ausfallen dürfte.

Der eingeleimte Hals einer "Les Paul" besteht grundsätzlich aus Mahagoni. Hier findet sich bei allen Performern ein deutlicher Unterschied: "Ibanez" verwendet grundsätzlich einen Ahornhals, der lediglich in der PF-350, PF-360 und PF-400 eingeleimt wurde. Da nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, der Hals einer Elektrogitarre einen wesentlich größeren Einfluß auf den Klang nimmt als der Korpus, finden wir hier einen deutlichen Unterschied!

Abseits der verwendeten Tonabnehmer und der leicht unterschiedlichen Form kann man die Performer-Serie in erster Linie als Instrumente bezeichnen, die in der Form einer "Gibson Les Paul" nachempfunden wurde. Einem vollständigen Vergleich mit dem Original hält also kein Modell der Serie wirklich stand!

6. Die Performer heute

Wie bei vielen anderen Ibanez-Modellen aus den frühen 80er Jahren, muß man heute auch für eine Performer etwas tiefer in die Tasche greifen. Verglichen mit einer "Artist" oder "Musician" aus dieser Zeit sind die Performer vergleichsweise selten. Wenn ein solches Instrument angeboten wird, so handelt es sich häufig um eine PF-200. Die PF-300 oder die PF-400 sind wesentlich seltener am Markt verfügbar.

Preislich muß man sich hier auf einen Rahmen von 400 bis 1000 Euro gefaßt machen, der wohl hauptsächlich durch den Sammlerwert begründet ist. Zur Zeit (16.01.2008) wird bei Ebay eine PF-400 angeboten, für die mindestens 999 Euro gefordert werden. Berechnet man inflationsbereinigt den heutigen Neupreis für eine PF-400AV, so kommt man auf einen Betrag von 1795 Euro. In gutem Zustand scheint ein Gebrauchtpreis von 900 Euro also nicht ungerechtfertigt.

Der PF-100 sowie der PF-155 wird, vermutlich aufgrund ihrer Konstruktion, allgemein kein großes Interesse entgegengebracht. Sie sind also wirklich nur für Sammler interessant. Auf dem internationalen Markt kann man hier maximal mit einem Preis von 300$ rechnen.

Fazit

Auch wenn die Performer-Serie schon am Anfang des Jahres 1977 vorgestellt wurde, ist sie ein "Kind" des Rechtsstreites zwischen Gibson und Elger/Hoshino. Durch die Konstruktion und Materialauswahl der meisten Modelle stand sie jedoch noch mitten in den 70er Jahren. Damit konnte sie mit den neuen Serien, der "Artist" und der "Musician", nicht wirklich Schritt halten. Das und ihre etwas ungewöhnlich Form mag der Grund für eine mangelnde Akzeptanz am Markt gewesen sein, die letztendlich zu einer relativ schnellen Einstellung der Serie führte.

Ganz so "schlecht" scheinen zumindest die Performer ab der PF-200 nicht gewesen zu sein. Trotz angeschraubtem Hals und hohler Decke findet man bei Harmony-Central ein Overall Rating von 9.4 für die PF-200 und für die PF-300 von 8.8. Interesanterweise erreicht die wesentlich wertigere PF-400 ebenfalls ein Rating von 8.8. Auch in den diversen Sammler-Foren werden der Performer durchwegs gute Zensuren erteilt.

Wenn man über die Performer urteilt sollte man nicht vergessen, diese Instrumente auch innerhalb ihres Kontextes zu bewerten. Aufgrund des Preises und der Konstruktion war die Performer eindeutig nicht angetreten, um eine wirkliche Konkurenz für das Original zu sein. Die Aussage aus dem 78er Katalog, hier im Original, macht das zumindest ganz deutlich:

Zitat: The new Ibanez Performer Series guitars incorporate the most asked for features in a destinctively original body style at a reasonable cost.

Das man auch anders konnte, hatte Ibanez mit der neuen Artist-Serie bereits deutlich bewiesen. Abgesehen von der Form waren Konstruktion und Materialauswahl mit der einer "Gibson Les Paul" identisch. Aufgrund der damals nur mittelmäßigen Qualität bei Gibson und dem günstigen Preis einer "Artist", hatte Gibson allen Grund besorgt zu sein.

Ulf

Der vollständige Artikel ist mit weiteren Fotos in der Knowledge-Base der Guitar-Letter zu finden.
 
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danke für den schönen artikel! es gibt nämlich gar nicht so viel über diese serie im web.
ich hab 1978 eine PF200 zu weihnachten bekommen, ich hab sie immer noch und spiele sie nach wie vor sehr gern. die hat wirklich einiges mitmachen müssen, vor allem in meiner probekellerzeit in den frühen 80ern und hat das alles klaglos über sich ergehen lassen. eine sehr solide gitarre, wie erwähnt keine richtige les paul, aber für sich ein gutes instrument.
ich bin etwas überrascht zu hören, daß der "hohlraumklang" beim draufklopfen an der wölbung liegt - mir wurde bisher gesagt sie hätte hohlkammern - hat sie ja auch aber ich hab da eher an ausfräsungen gedacht.
für meine würde ich sicher nicht mehr viel geld kriegen, die ist einigermaßen verbeult und gürtelschnallenmalträtiert, aber ich will sie sowieso nicht hergeben. ich hab ihr einen bei ebay erstandenen gibson 490t an der brücke spendiert, der differenzierter klingt als die original super 70. obwohl die gar nicht so schlecht waren.
nette gitarre, heuer hab ich sie 30 jahre!
 
Ergänzung zur PF360 Limited Edition:

Da ich bis vor wenigen Monaten selbst eine PF360 in "Antique Sunburst" besessen habe, kann ich noch ein paar Dinge ergänzen.

Um 1982 wurde die PF360, bzw. PF160 (dazu später mehr) aufgrund der großen Nachfrage vieler Musiker neu aufgelegt. Die bisherigen Performer hatten größtenteils überzeugt, waren aber an vielen Stellen noch verbesserungsfähig:

So bekam die PF360 die splitbaren Super58 PUs. Der Sound der gespliteten Super58s (split via push/push Tone-Potis) ist meiner Meinung nach sehr brauchbar - einen authentischen single coil Sound sollte man allerdings nicht erwarten.
Weiterhin hat die PF360 auch keine "Bierbauch-Fräsung" auf der Korpusrückseite.
Die Riegelahorndecke ist meines Erachtens vollmassiv.

Einen Überblick über die gesamte Ausstattung werde ich später noch geben.

Hier drei Bilder der PF360 in "Antique Sunburst" (Es wurden wohl nur 60 Stück in Antique Sunburst gebaut; man beachte die Korpusrückseite ohne Ausfräsung, sowie die Performer Kopfplatte):

ss850367wt1.jpg

ss850362yj5.jpg

ss850368vn5.jpg


Hier ein Überblick über die Aussattung der PF360:

- Mahagoni Korpus (bei mir 2-teilig)
- vollmassive Riegelahorndecke, wenn ich das richitg in Erinnerung habe
- Ahornhals (3-teilig), eingeleimt
- Palisander Griffbrett mit Block-Inlays
- Super 58 PUs, jeweils splitbar via push/push Tone-Potis
- Harm-o-matic Steg (heißt wirklich so...;))
- Top Tailpiece
- ausgeliefert im braunen "Vintage" Formkoffer

Bei der Bezeichnung dieser Limited Edition Performer muss man aber etwas aufpassen:

Nur die Ausführungen in "Antique Sunburst" und "Yellow Sunburst" sind die wirklichen PF360.
Die Performer mit den Finishes schwarz, weiß, oder weinrot tragen die Bezeichnung PF160.


Die Verteilung sieht dann wie folgt aus:

PF360:


- Yellow Sunburst: 100 Stück
- Antique Sunburst: 60 Stück

= insgesamt 160 Exemplare der PF360

PF160:

- schwarz: 60 Stück
- weinrot: 60 Stück
- weiß: 60 Stück

= insgesamt 180 Exemplare der PF160

Von der Bezeichnung PF160 darf man sich aber nicht beirren lassen. Die PF160 hat im Gegensatz zur PF150 einen eingeleimten Hals!

Im Gegensatz zur PF360 gibt es bei der PF160 aber noch ein paar Besonderheiten:

- keine Riegelahorndecke
- die PF160 hat die konventionelle Schaltung ohne Split-Funktion
- Palisandergriffbrett mit Dot-Inlays

ansonsten sind sie baugleich.

Hier das Originalprospekt von 1982:

ibanezperformer360zm4.jpg
 
wirklich ein toller beitrag! :great:
die alten ibanez gitarren find ich total toll...
aber das beste ist ja der katalog von 82: "vintage koffer" sowas gabs schon damals?
und die bemerkung, dass die gitarre als sammlerstück evtl im wiederverkaufswert steigen könnte :D
 
Ergänzung zur PF360 Limited Edition:
Wer lesen kann, ist natürlich klar im Vorteil und muß "bestraft" werden! ;)

Da ich die entsprechenden Infos schlicht übersehen habe, ist es sehr gut, daß Du hier die fehlenden Infos zusammengestellt hast. Dafür natürlich vielen Dank und eine Bewertung von mir.

Ich habe den Artikel in der Knowledge-Base der Guitar-Letter entsprechend aktualisiert.
 
Danke Onkel für diesen informativen Beitrag! Besitze selbst eine PF360, Baujahr April 82, Crafted In Japan, und auch wenn ich über die Jahre immer wieder Angebote erhalten habe so bin ich doch froh, sie heute noch mein Eigen zu nennen. Ist schließlich meiner erste Gitte! Was aber jetzt in den Guitar-Letters noch fehlt ist *die* klassiche Ibanez schlechthin - die Artist! :rock: Aber is' denn scho' Weihnachten? ;)
 
Super Beitrag! Ich selbst besitze seit einem guten Jahr eine 1994er MPF350-FBS (So stehts hinten auf dem Sticker), stand wohl seit 13 Jahren im Lager und er wollte sie endlich los werden. Habe sie dann für 450€ bekommen, was laut Wertschätzungsthread zu viel war, aber es ist meine erste richtige Gitarre und die Bespielbarkeit ist meiner Ansicht nach super.

Gruß
Dominik
 
Super Beitrag! Ich selbst besitze seit einem guten Jahr eine 1994er MPF350-FBS (So stehts hinten auf dem Sticker), stand wohl seit 13 Jahren im Lager und er wollte sie endlich los werden.

Hallo Dominik,

deine MPF350 wurde allerdings in Korea gebaut. Die letzte Version der Performer Anfang der 90er fand keinen großen Anklang. Vielleicht liegt es an der koreanischen Produktion, die meist eine Stufe unter die japanische gestellt wird...
Ich hatte mal eine MPF350 in der Hand. Die war sehr ordentlich, doch der Unterschied zu meiner PF360 war mehr als deutlich.

Habe sie dann für 450€ bekommen, was laut Wertschätzungsthread zu viel war, aber es ist meine erste richtige Gitarre und die Bespielbarkeit ist meiner Ansicht nach super.

Ja, der Preis ist in der Tat recht hoch - aber wie immer wird der Preis durch den Gegenwert relativiert. Wenn du mit der Gitarre vollauf zufrieden bist, war der Mehrpreis auf jeden Fall gerechtfertigt!
Ich glaube, wir beide hatten damals auch im Wertschätzungs-Thread schon miteinander zu tun. :)

Stell doch mal Bilder deiner Performer ein. Dann könnte man schön einen Vergleich zwischen der japanischen Performer und der koreanischen Reissue ziehen.
 
So hier die Bilder, habe mich eben extra in den Garten begeben :p

http://flickr.com/photos/53682979@N00/

Die Größe ist nicht so bombe, aber ich kann dir bei Bedarf auch die volle Größe zusenden.
 
Hallo zusammen,

sehr schön recherchiert. Ich habe auch noch eine original 78er PF300. Habe sie damals selbst für ca. 1100 DM gekauft. Hat mittlerweile schon ein paar Kratzer hinten und die Metallteile sind schon etwas patiniert. Der Sound und die Bespielbarkeit sind aber immer noch sensationell. Weiß jemand, was die Gitarre mittlerweile noch wert ist?

Gruß
Achim
 
Super Artikel, gefällt mir sehr gut, wie "wissenschaftlich" das ganze beschrieben wird ^^

Ich hab mal eine spekulative Frage:
Jemand hat mir mal bilder von seiner Suzuki Les Paul Custom geschickt, da ich auch so ein Teil habe. Seine Version muss jedoch später entstanden sein, da der Body eine 1:1 Kopie einer Performer ist; nur der Headstock ist komischerweise noch Gibsonlike.
Kann man annehmen, dass diese Teile in Kleinserie in der selben Fabrik wie diese Ibanez Performer gebaut wurden?
Hier mal ein Bild:
dscf0838wf4.jpg
 
Nur weil die Susi der Performer ähnelt muss sie noch lange nicht aus dem selben Werk kommen. ;) In dem ürbigens viele Marken produziert wurde, das stimmt schon.
 
Hmmm, also wenn ich das mit der Seriennummer richtig verstanden habe, dann passt irgendwas nicht zusammen, ... Ich habe eine PF-300 hier zu Haus mit der SN: S0463952 das würde ja heißen, dass sie 2004 gebaut wurde. Aber wenn die Baureihe eingstellte wurde, passt da doch was nicht, ...:gruebel:
 
hab hier auch noch eine performer PF400AV herumstehen (bzw. meine Hauptgitarre, einfach toll das Teil :D)
 
Ich kann über meine PF-160 auch nicht klagen, tolle Gitarre. Ist trotz aller anderen Anschaffungen meine Hauptarbeitstier. Das Splitten der größeren Schwestern hab ich nachgebaut, und es hat sich gelohnt.
 
Hmmm, also wenn ich das mit der Seriennummer richtig verstanden habe, dann passt irgendwas nicht zusammen, ... Ich habe eine PF-300 hier zu Haus mit der SN: S0463952 das würde ja heißen, dass sie 2004 gebaut wurde. Aber wenn die Baureihe eingstellte wurde, passt da doch was nicht, ...:gruebel:
Mittlerweile hat der Artikel einige Updates erfahren. Die aktuelle Version ist hier zu finden.

Kapitel 4 liefert da vermutlich die Erklärung.

Ulf
 
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Ich hatte mal für einen Gig 1989 eine schwarze Performer mit geleimtem Hals als Reservegitarre ausgeliehen. Die hat meine damalige Hauptgitarre, eine 1973er- Lawsuit- Schraubhalspaula des gleichen Herstellers, soundmäßig ziemlich in die Tasche gesteckt - jedenfalls kam's mir so vor, als ob sie voller, runder, weicher und tiefmittiger klänge. Ich hab live dann trotzdem meine eigene gespielt. Das war einer meiner ersten öffentlichen Auftritte mit 'ner Band.

Der Artikel hat mich gerade etwas nostalgisiert. ;)

Alex
 
Da ich selber eine PF200 von 1978 spiele, kann ich hier auch noch ein paar Infos beisteuern. Die Gitarre habe ich um 50 Dollar 1997 in einem Pfandhaus in L.A. gekauft. Sie war damals schon recht abgenutzt (wellige Bünde, klappernder 3-way, korrodierte Bridge und Tailpiece, sowie grausam verstellter Hals mit einer Saitenlage wie ein Chello). Der Vorbesitzer hat an der Bridge einen Dimarzio Super Distortion Pickup montiert, was zwar optisch nicht so hübsch ist, aber viel vom jetzigen Charakter der Gitarre aus macht. Nach Jahren des Spielens hatte ich sie die letzten zwei Jahre im Koffer und musste vor einigen Wochen leider feststellen, dass die lange Lagerung ihr nicht gut getan hat. Der Sattel war gerissen (um die A-Saite) und das Griffbrett hatte sich inkl. Binding beginnend beim Sattel bis etwa zum 7. Bund vom Hals gelöst (ca. 0,5mm). Sie war jetzt eine Woche bei einem sehr guten Gitarrenbauer, der sie wieder fit gemacht hat (inkl. Bundservice, das schon längst fällig war).

Wie im Artikel eingangs beschrieben ist die Decke hohl, wobei die untergefütternden Stege verbunden sein dürften und den Pickups sicheren Kontakt zum Body geben. Durch den Hohlraum entstehen aber ganz faszinierende Klänge. Kein Vergleich zu einer Les Paul. Im direkten Vergleich zu meiner Epiphone LP Studio klingt sie wärmer, heller und lebendiger, clean jazziger und verzerrt sehr viel rauher. Was die Anfälligkeit gegenüber Feedback angeht, kann ich der Konstuktion nichts negatives nachsagen. Im Vergleich zu einer Mexico Strat (die ich bis vor einigen Jahren auch noch ab und an gespielt habe) ist sie harmlos. Man muss für wildes Gepfeiffe schon auf 11 drehen;)
Die Saitenlage ist typisch Ibanez sehr flach, was natürlich nicht zuletzt am mit einem hauchdünnen Keil (3cm lang am Body 0,4mm und mit Schraublöchern vershen) unterfütterten, geschraubten Hals liegt, der im übrigen nicht merklich Sustain kostet. Da hat die alte Lady viel mehr davon als die Epiphone.

Interessant ist bei meiner im Vergleich zu allen bisher gesehenen, dass ich zwar die Gibraltar Brücke drauf habe mit den weiten Wegen, nicht aber das "Quickchange" Tailpiece sondern ein verziertes mit gerader Durchführung.



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