Workshop: Arrangieren eines Songs

4feetsmaller
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Allgemein

Sinn und Vorteile des Arrangierens

Durch ein vernünftiges Arrangement wird der Song durchlässiger, homogener und einzelne Instrumente besser deutbar. Dies hat zum Vorteil, dass der Song ansprechend auf den Zuhörer wirkt. Des weiteren ist im Recording das Arrangement essentiell für eine gute Produktion, was die halbe Miete ausmacht.


Bestandteile eines Songs

Intro

Das Intro ist der Anfang des Songs und eines der entscheidenden Elemente. Hier ist es wichtig, den Zuhörer auf den Song aufmerksam zumachen und in bei der Stange zuhalten. Man sollte sich einige Gedanken über diesen Bereich machen um einen gewissen Vorgeschmack auf den eigentlich Song liefern. Dies kann man durch verschiedene Möglichkeiten erreichen, wie zum Beispiel durch Ausschnitte des Refrains, Gitarren Riffs oder Drum Grooves. Der Kreativität stehen alle Türen offen.

Strophe

Die Strophe sollte eine Story über das Song-Thema erzählen, was im Refrain ihren Höhepunkt findet. Man sollte diesen Bereich etwas zurückhaltend und ruhig gestalten um die Dynamik zum Refrain zu erhalten. In der Regel ist der Vers der längste Teil des Songs.

Bridge

Die Bridge, wie der Name schon sagt, soll eine Verbindung zwischen den einzelnen Bestandteilen bilden. Sie kann eine Art abgewandelte Strophe sein, oder aber auch eine komplett neue Idee. Hier kann man sehr viel in die Dynamik setzen und den Song abwechslungsreicher gestalten.

Solo

Das Solo gibt dem Song noch eine ganz eigene, besondere Marke. Kreativität kennt hier keine Grenzen. Ein Solo sollte wie eine gute Rede mit Pausen versehen sein. So entsteht beim Hörer ein bleibender Eindruck von diesen Parts. Man sollt diese Sache nicht übertreiben. Weniger und präziser bringt hier eindeutig mehr.

Refrain

Der wichtigste Teil und Höhepunkt in einem Song. Man sollte hier die Hauptinformation des Songs reinpacken und in recht eingängig gestallten. Vor dem Refrain sollte man den Hörer wissen lassen das jetzt was Großes auf ihn zukommt. Den Refrain kann man durch Rhythmus, zusätzliche Instrumente, Spielweise oder andere Akkordfolge erkennbar machen. In diesem Bereich sollte der Song aufgehen und der Hörer sollte diesen Teil klar als Refrain definieren können.

Ending oder Outro

Der Schlussstrich unter einem Song. Oft werden hier Elemente aus dem bestehenden Lied genommen oder es kommt zu Wiederholungen des Refrains was anschließend langsam leiser wird. Man spricht in diesem Fall vom Fade-out. Man kann hier seiner Kreativität freien lauf lassen und dem Song einen gebürtigen Abschluss verleihen.

Allgemein

Ausnahmen gibt es natürlich immer. Es spricht nichts dagegen, den Refrain von der Dynamik her dezenter zu gestalten als die Strophen, wenn der Refrain Charakter erhalten bleibt.
Auch wenn die Bezeichnungen eher für Vokale Musik gelten, kann man das Prinzip für alle Musikstile übernehmen. - Daniel Remmel und Danny Jung


Tempo - Tonart - Rhythmus
  • Tempo
Das Tempo gibt Auskunft über die beabsichtigte Charakteristik des Songs. Es wird in der Einheit bpm (Beats per Minute) angegeben und zur genauen Fixierung von einem Metronom Wiedergegeben. Je nachdem wie schnell ein Song gespielt wird, kann er schwer,langsam, ruhig rüber kommen, oder aber auch lebhaft, lebendig, schnell. Das Tempo sollte so gewählt sein das jeder aus der Band den Song sicher und flüssig durchspielen kann.

Tempobezeichnung:

Langsames Tempo:

Largo (40 - 60)
Larghetto (60 - 66)
Adagio (66 - 76)

Mittleres Tempo:

Andante (76 - 108)
Moderato (108 - 120)

Schnelles Tempo:

Allegro (120 - 168)
Presto (168 - 208)
  • Tonart
Es kommt öfters mal vor, dass die Tonart nicht passt. Dies liegt meistens an der Stimmlage des Sängers bzw. der Sängerin. Man kann durch Transponierung dies relativ schnell in den Griff bekommen. In diesem Fall wird die Tonart durch Tonschritte rauf und runter verschoben, bis sie den Gesang angepasst ist. Geduld und Übung ist hier gefragt.
  • Rhythmus
Eine Rhythmus Änderung kann im Song wahre Wunder bewirken. Man kann ihn dadurch auf eine ganz neue Fährte bringen und in tanzbarer machen. Polyrhythmen sind hierbei sehr Interessant, da sie eine Schichtung von Rhythmen von gleicher Gesamtdauer sind.


Abwechslung ist die halbe Miete

Nichts ist schlimmer als ein Song der wie ein Kühlschrank läuft. Um hier Abwechslung zu schaffen, ist jedes Mittel recht. Schon kleine Änderungen der Song Bestandteile kann hier reichen.

Beispiele:
  • Änderungen im Tempo, Rhythmus, Tonart, Instrument, Melodie, Länge
  • Weglassen und hinzufügen von Komponenten
  • Ausdünnen von Parts
Frequenzspektrum

Es gibt neben dem rhythmischen Raster, den Frequenzbereich. Beides muss im zusammen Spiel geschickt aufgefüllt sein. Eine Zielsetzung in den meisten Stilistiken ist es beides möglichst abzudecken um das komplette Spektrum auszuschöpfen.
Gerade bei unerfahrenen Bands kommt es häufig zum so genanten Verdeckungseffekt. Bei diesem Effekt entsteht eine Überlagerung einzelner Instrumente. Wenn dies der Fall ist und einzelne Komponente in dem gleichen Frequenzbereich schwimmen, wird sich nur das "lautere" Instrument durchsetzen und das andere verdecken.

Dies kann man durch ein paar Tricks umgehen:
  • Weglassen überflüssiger Komponente
  • Frage- Antwortspiele der Instrumente
  • Arbeiten mit Harmonien (Intervall Oktave, Terz usw.)
Unser Gehör umfasst einen Frequenzbereich von 30 Hz - 16 kHz. Das ist natürlich von Mensch zu Mensch unterschiedlich. In seltenen fällen kann ein Mensch auch bis zu 20 kHz hören, aber das ist eher nicht die Regel.

Wo liegen die einzelnen Bereiche:

Im Bereich von 30 bis 200 Hz spielen sich die Tiefbässe ab. Hier sind die Hauptinformationen der Bassdrum und der Bass Gitarre zu finden. Das ist auch der Bereich den das Ohr nicht orten kann. Es ist also egal aus welcher Richtung dieses Signal kommt, man wird es eh nicht zuorten können.

Im Bereich von 200 Hz bis 1kHz (1000 Hz) liegen die unteren Mitten. Hier sind die oberen Grundtöne der Bass Gitarre angeordnet. Mit unter findet man hier auch Keyboard und Gitarre wenn sie in etwas tieferen Lagen gespielt werden.

Im Bereich von 1 kHz bis 3 kHz finden wir die Hauptinformation der Stimme. Das sollte der wichtigste Bereich sein den man unbedingt für die Stimme etwas freihalten sollte. Nichts ist schlimmer wenn man den Sänger/in nicht ordentlich wahrnehmen kann und er/sie im Gitarrengedudel untergeht. Des Weiteren findet man hier Gitarren, Keyboards und weitere Instrumente die man nicht den Bass zuordnet.

Alles was jetzt noch höher liegt, spielt im musikalischen Bereich kaum noch eine Rolle. Hier liegen die Attacksounds und die Obertöne der einzelnen Instrumente. Man sollte diesen Bereich aber nicht unterschätzen, da hier das Sprachverständnis der Stimme liegt. Auch für die Durchsichtigkeit ist dieser letzte Abschnitt recht wichtig.

Das Schlagzeug besetzt eigentlich das komplette Frequenzspekrum. Durch die Impulsartigen Schläge, ist eher weniger auf das Drumset zuachten. Die Ausnahme liegt hier eher bei den Becken. Je nachdem wie tief ein Becken klingt, kann es auch hier zu Überlagerungen kommen. Probieren geht hier über studieren.


Tipps und Tricks
  • Es ist wichtig, den Song unter Spannung zuhalten. Man spricht hier auch von einen Spannungsbogen, der viel mit der Dynamik zutun hat. Die Dynamik ist die Bewegung zwischen dem leisesten und dem lautesten Geräusch. Man arbeitet also auf einen gewissen Höhepunkt im Lied hin, mittelst der Dynamik.
  • Um einen transparenten Song zu erzielen und den Soundbrei zu umgehen, sollte man Platz für einzelne Instrumente schaffen. Dies kann man über Rhythmus, Harmonien, Frage- Antwortspiele und einfaches weglassen überflüssiger Komponenten erreichen.
  • Sobald ein Instrument seine Bedeutung verliert und im Arrangement untergeht, heißt es zu handeln. Hier kann man gerade durch das arbeiten mit Harmonien (Terzen, Quinten oder Oktaven), einzelne Instrument auf andere Frequenz bringen, die eventuell noch Platz bietet.
  • Durch das einbringen von so genannten "Half-Time" Rhythmen, kann man jede menge Platz im Arrangement schaffen.
  • Die Stimme hat oftmals die Hauptaufgabe im Song. Sie gibt das Songthema wieder und bringt in manchen fällen die Grundmelodie mit. Da sie im oberen Mittenbereich angesiedelt ist, muss sie sich diesen Platz mit weiteren Lead-Rhythmus Instrumenten teilen, wie zum Beispiel der Gitarre. Gerade in diesem Bereich, wo auch das Hauptaugenmerk des Hörers liegt, sollte man richtig arrangieren und der Stimme den nötigen Platz bieten.
  • Gerade im Recording und Live Bereich kann man viel über die Klangregelung (EQ) erziehen. Hier sollte man Überbetonungen und Sachen die im Sound fehlen nachregeln. Auch das Sprachverständnis der Stimme kann man gut über den Equalizer reindrehen.
  • Über das arbeiten von Solos kann man schöne Überleitungen einzelner Parts erzielen ohne das es sich wie ein Baukastensystem anhört. Hier empfiehlt es sich mit gewissen Breaks im Solo zuarbeiten.

Quellen

Literatur von Uli Eisner - Mixing Workshop

Internetseiten:
www.wikipedia.de
www.Schooljam.de
www.2Sound.de

…und natürlich meiner eigenen Erfahrung im Bezug auf das Arrangieren.

Fazit

Die Kreativität und die Künstlerische Freiheit sollten auf jedenfall im Vordergrund stehen. Dieser Workshop soll eher als Leitfaden für das vernünftige arrangieren eines Songs dienen und Tipps zur Verfügung stellen.
 
Eigenschaft
 
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Gefällt mir sehr gut, ich würde nur noch das Interlude hinzufügen.
 
Man kann in der tat sehr viel machen. Auch mit relativ einfachen mitteln ist schon viel interessantes entstanden. Ich habe beispielsweise neulich einen zimlich simplen song geschrieben der wirklich sehr minimalistisch ist. Er enthält so zimlich am ende ein gitarrensolo. Dieses solo kommt schon vorher im song zwei mal vor aber relativ im hintergrund, nämlich als melodische bassline, unter dem rythmusriff der gitarren, der viele palmutes enthält, nur rythmisch bzw durch betonungsverschiebungen variiert ist und sich ansonsten, nur auf die grundtöne beschränkt. Im solo dann schlägt es wieder um. Plötzlich ist die melodie ganz vorn und der bass spielt auch eine andere linie.

Alles sehr simpel aber es erzeugt eine gute dynamik ohne an eingängigkeit zu verlieren und anstrengend zu werden. Es gibt nichts schlimmeres als songs, die zu vollgepackt sind und vorallem zu komplexe gitarrensoli usw. Können schnell anstrengend werden. Die dosierung machts und vorallem sollte man beim hören eines songs nicht nachdenken müssen um zu verstehn was da gerade passiert.

:)
 
Schöner Beitrag 4feetsmaller!

Wenn ich etwas anmerken dürfte, dann wäre es, dass die Begriffserklärung impliziert wie ein Song aufzubauen ist. Alles ist natürlich richtig erklärt und die Implikationen sind sehr etabliert. Durch den vorgeschlagenen Aufbau wird ein Song gefällig und wird kaum zu unterscheiden sein von der nahezu unzähligen Anzahl an korrekt arrangierten Songs mit immer dem gleichen Aufbau, der Spannungskurve, der Standartakkordfolge und der typischen Modulation zum Refrain am Ende usw. Ich persönlich finde, dass nicht jeder Song eine Bridge braucht (warum nicht 5 oder keine) oder einen Refrain. Ich mag am liebsten durchkomponierte Sachen aber das ist auch eine Geschmacksfrage. Auch finde ich, dass Dinge von denen im Arrangement abgeraten wird als Stilmittel benutzen werden können. Z.B. können langweilige repetitive Elemente Ausdruck bestimmter Gefühle oder Gedanken sein; repetitive Elemente könnten eine Sysphusarbeit symbolisieren. Warum soll ein Song nicht wie ein Kühlschrank klingen wenn er über einen Kühlschrank geht(falls überhaupt jemand einen Song über einen Kühlschrank schreibt.....)? Warum instrumental überladene oder notenüberladene oder dissonante Passagen nicht nutzen um emotionale Überladung zu illustrieren usw.? Wenn man das nutzt wird man mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Musikstück produzieren, dass niemandem gefällt. Manchmal kann dabei aber auch ein besonderes Stück Musik geschaffen werden. Auch unterscheidet sich der eine Hörer vom anderen. Was der eine zu anstrengend findet ist für den nächsten gerade recht. Wieder einem anderen ist es trotzdem zu simpel.
Man kann es ohnehin nicht allen Recht machen. Wenn man nicht darauf angewiesen ist mit seiner Musik Geld zu verdienen, kann man sich, wenn man möchte von dem entfernen was der allgemeine Zuhörer verlangt der einen Song schon bein unvollständigen Hören zu beurteilen versucht. Für jede Art von Musik gibt es ein Ohr und einen Sinn; für die komplexe und auch für die minimalistische und alles was es sonst noch so gibt. Es wäre schade die Daseinsberechtigung der Musik und Ihrer Musiker auf einen Bruchteil des Spektrums zu reduzieren.
 
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Es gibt Welt Hit´s, die mit zwei Harmonien und einer einfachen Line durchgespielt wurden.
So wie vom Thread Eröffner wunderbar dargestellt kann es eine Anleitung sein, wie man es machen könnte oder sollte,
Wahrscheinlich sind auf diese Art die meisten PoP Songs erstellt und erfolgreich geworden.
Man muss sich da aber keinerlei Einschränkung auferlegen, sondern sollte es so tun, wie es der Musik und dem Text zu Gute kommt.
Ich selber arbeite zum Beispiel meistens in der Reihenfolge, wie vorne beschrieben, mache aber nach der Bridge zur dritten Refrain Wiederholung noch
einen Halbtonschritt nach Oben.
Das nährt den Spannungsbogen im letzten Drittel nochmal.
Deswegen wurde ich schon öfter kritisiert, und man kann es natürlich auch anders machen.
Irgendwie finde ich es aber so am Besten.
Kommt auch immer sehr auf das Genre an.
Die oben beschriebene Methode würde ich für POP & SCHLAGER am Besten halten. wie gesagt, feste Regeln gibt es da nicht, Bestenfalls sollten es Empfehlungen sein.
Frage Antwort sowie Takt und Gegentakt mit kleinen Arpplines geschmückt geben dem ganzen dann noch den richtigen Drive.

Franzilein
 

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