Hallo, vielleicht passend in diesen Thread:
Dies hier ist für mich der alles entscheidende Punkt, an dem bei einer E-Gitarrenaufnahme per Mikrofon über Gelingen oder Versagen entschieden wird:
Die Mikrofonposition
Ich möchte hier ein Wort an die Recording-Newbies richten. Und gleich eins vorneweg: Ihr findet hier keine Beschreibung
der perfekten Mikrofonposition.
Es ist jedoch wirklich von elementarer Bedeutung für eure Aufnahmen, dass ihr die Wichtigkeit dieses Punktes erkennt!
Jeder Zentimeter, um den das Mikrofon vor dem Speaker verschoben wird, verändert den Sound massiv.
Die Suche nach dem "perfekten" Gitarrensound hängt sehr eng mit der Suche nach einem "Sweet Spot" eines Lautsprechers zusammen, ich sage bewusst nicht "nach
dem Sweetspot").
Das ist die Position, an der ein Lautsprecher seine für den speziellen Fall besten Klangeigenschaften entwickelt.
Dabei muss man wissen: Ein Lautsprecher hat überall verschiedene Klangeigenschaften. In der Mitte klingt er sehr harsch und kratzig, sehr höhenbetont und kaum mit Bass. Zum äußeren Rand hin wirds bassiger und matschiger. Dazwischen sind entsprechende Mischformen dieser beiden extremen Sounds.
Wie suche ich einen "Sweet Spot"?
Am einfachsten geht es zu zweit und mit einem Setup, das ein direktes Abhören des Mikrofonsignals über Kopfhörer zulässt. Ich greife hier mal ein bei Recording-Newbies durchaus sehr übliches Recording-Setup auf:
Guter SM 57-Nachbau
Kleines Behringer-Pult
Kabel zur Onboard-Soundkarte
Besorgt euch gute Kopfhörer, am besten geschlossene.
Ein Tipp sind z.B. die hier:
http://www.musik-service.de/Recordi...-660-Recording-Headphones-prx395741596de.aspx
Das Mikro gehört an ein stabiles Stativ.

Setzt euch die Kopfhörer auf und bittet den Gitarristen, das Riff zu spielen, das ihr gerade aufnehmen möchtet. Über die direkt am Mischpult angeschlossenen Kopfhörer könnt ihr jetzt bei neutralem EQ am Mischpult das Mikrofonsignal hören. Begebt euch mit den Kopfhörern auf den Ohren vor den Amp und schiebt das Mikro ein bisschen umher. Probiert alle möglichen Positionen durch, am Speakerrand, an der Speakermitte, verschiedene Winkel, verschiedene Abstände zum Speaker.
Ihr werdet ein kleines "Aha-Erlebnis" haben und merken, dass der riesig groß geschriebene Satz in meinem Beitrag keine Übertreibung ist. Es dürfte jetzt ein Leichtes für euch sein, die Mikrofonposition einzustellen, die euch für dieses Riff am besten gefällt.
Mit anderen Aufnahmesystemen z.B. über USB-Interfaces wie Toneport und Konsorten lässt sich zur Kontrolle des Mikrofonsignals prima die Direct Monitoring-Funktion der Recordingsoftware nutzen.
Wer nicht direkt das Mikrofonsignal über Kopfhörer abhören kann, der nimmt einfach ein kleinen Gitarrenschnipsel nach jeder Positionsveränderung auf und entscheidet sich dann für den besten Sound.
Habt ihr den "Sweet Spot" für z.B. ein verzerrtes Riff gefunden, dieses Riff aufgenommen und wollt nun einen cleanen Part einspielen, beginnt die Suche von vorne.
Was ich damit sagen möchte: Jeder Speaker hat für jeden Sound einen anderen Punkt, an dem er super klingt. Dazu kommt noch das persönliche Empfinden. Was ich als "Sweet Spot" empfinde, kann für den Gitarristen schon der "Dead Spot" des Speaker sein. Es geht hier also wirklich nicht um Soundveränderungen, die nur Leuten vorbehalten sind, die den Unterschied zwischen Gold- und Silberkontakten und auch sonst das Gras wachsen hören können.
Gute Mikropositionen lassen sich mit Edding oder Gaffa-Tape auf der Frontbespannung der Lautsprecherbox bestens festhalten.
Es nützt euch kein Mesa-Boogie Triple Rectifier mit zugehöriger Box im Wert von tausenden von Euros, wenn ihr einfach ein Mikro davor knallt ohne mal darüber nachzudenken, was ihr da gerade tut. Und es hilft euch genauso wenig euch im Internet den Tipp zu holen:
RecordingMaster schrieb:
Für den Sound von Jimi Hendrix musst du ein Shure SM57 benutzen! Das Mikrofon muss 2,37 cm vom linken äußeren Rand des rechten oberen Speakers der 4x12er Box in einem Winkel von 44,6° ausgerichtet werden.
Das oder etwas ähnliches wäre sicherlich die Wunschantwort mancher Threadsteller.
Auch eine schweineteuere Box hat Punkte, an denen sie einfach grauenhaft klingt und nur einen halben Zentimeter daneben kann der perfekte Sound vorherrschen.
Jede Billigbox hat Punkte, an denen sie gut klingen kann, man muss sie nur suchen. Es lohnt sich, diese 10 Minuten pro Riff zu investieren. Diese 10 Minuten bewirken um einiges mehr als der Umstieg von einem DAP PL07 auf ein Shure SM57 oder sonstige Materialschlachten.
All diese genannten Dinge gelten sowohl live auf der Bühne als auch im Studio.
Und wenn euer Gitarrist die Notwendigkeit dieser Prozedur nicht einsieht und er sich lieber eine neue Tretmine kaufen will, um den Sound zu verschlimmbessern, dann setzt ihm die Kopfhörer auf und dreht ein bisschen am Mikro rum.
Vielleicht hilft ja dieser Hinweis dem ein oder anderen Homerecordler, seinen optimalen Gitarrensound zu finden
Viele liebe Grüße
Moritz