Improvisation lernen durch Verschmelzen von Tonleitern auf Basis Pentatonik

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Hy Gitarreros,

ich hab mir Gedanken gemacht, wie man das Tonleiter-Werkzeug, das man zum Improvisieren braucht, für Anfänger anschaulich, selbsterklärend und strukturiert (zum selbst erarbeiten) aufbauen und erklären kann.

Und dieser Thread hier ist .... ein Versuch ... einer anschaulichen, einfachen und doch ausführlichen Hilfestellung ... Verbesserungsvorschläge sind jederzeit gerne herzlich willkommen!

Warum ein neuer Thread?
Es gibt hier im Board natürlich eine Menge ... eigentlich alles .... zu diesem Thema … nur: leider oft nicht in größerem Kontext, sondern als kurze Antwort von Detailfragen, die gerade jemanden beschäftigen. Wenn ich also weiß, wonach ich suche ... find ich’s in der Regel. Bitterer Beigeschmack: wenn man als Anfänger noch nicht so exakt weiß, wohin die Reise geht, dann stell ich es mir schon etwas schwieriger vor, die vielen Puzzleteile zusammen zu bauen.

Wem hilft dieser Thread?
Mein Thread richtet sich vor allem an Anfänger und Autodidakten, die ohne Lehrer improvisieren lernen oder bei der Improvisation auf der Stelle treten und daher ihre Improvisation verbessern wollen.

Ich denke, hilfreich ist dieser Thread vor allem dann für Euch, wenn Ihr eine der folgenden Situationen kennt:
- Viel Material über Tonleitern zur Verfügung. Aber wo anfangen, wie am einfachsten und schnellsten zum Ziel gelangen *ungeduldig-bin*, in welcher Reihenfolge erarbeiten und wie praktisch anwenden?
- Ihr hört oder lest über unterschiedliche Tonleitern und Skalen und es wirkt auf Euch, als ginge es hier um getrennte Welten, die wenig miteinander zu tun haben
- Ihr klebt auf bestimmten Ausschnitten Eures Griffbretts und habt das Gefühl, die volle Welt des Tonmaterials auf den (zumeist) 22 Bünden auf je 6 Saiten erschließt sich Euch nicht zufriedenstellend
- Ihr kennt die Pentatonik mittlerweile, Abstecher über die fünf Töne hinaus gestalten sich aber zuweilen abenteuerlich und zufällig
- Ihr habt mittlerweile einige recht gute eigene Ideen und ein paar schöne Phrasen, aber irgendwie fehlt der Kontext, um das ganze auf Anhieb reproduzierbar in einen Zusammenhang zu bringen

Der Gesamtkontext im Überblick: das „Big Picture“
Nachdem ich ein visueller Typ bin, brauche ich immer eine Art Gesamtbild vor Augen. Somit will ich mit meinem „Big Picture“ beginnen, dass sich auf A4 wunderbar in Farbe ausdrucken lässt und im wesentlichen die notwendigsten Informationen komprimiert beinhaltet.

Warum 8 Schritte?
Weil das „Big Picture“ beim ersten mal ansehen erschlagend ist, habe ich mich zur Eröffnung eines Threads entschieden, der in mehrere Schritte gegliedert ist. In dessen Verlauf will ich in ein paar simplen Stufen beschreiben, wie man sich die Struktur hinter den Tonleitern Stück für Stück erarbeiten und relativ einfach verinnerlichen (lernen) kann. Außerdem: was man alles aus dem „Big Picture“ „lesen“ kann. Und wie man es praktisch anwenden kann. Etwas willkürlich sind dies gerade 8 Stufen geworden.

Und nachdem ich ein minimalistisch veranlagter Mensch bin, will ich das von den Zwischenbildern so einfach, kurz und übersichtlich wie möglich machen. (Der erklärende Text dazu ist hoffentlich ausführlich und verständlich genug. Sonst: einfach nachfragen! Gerne auch per PN, falls Euch das lieber ist.)

Didaktischer Zugang
ich beschränke mich zu Beginn (in Schritt 1 und 2) beim Erarbeiten des Big Pictures auf jene Skalen, die sich in einer Lage („Je-Finger-ein-Bund“-Pattern) befinden und daher OHNE LAGENWECHSEL und OHNE ÜBERSTRECKEN gespielt werden können. Ich denke, dass dieser Ansatz gerade für Anfänger, die mit Basics noch zu kämpfen haben, sehr hilfreich ist. Fortgeschrittene können dann etwas später einsetzen (etwa ab Schritt 3) und finden da auch Lagen über die „Je-Finger-ein-Bund“-Pattern hinaus. Beziehungsweise würde ich Fortgeschrittenen gleich den Workshop von Stringgod empfehlen: [Spieltechnik] Pentatonik / Moll Tonleiter / Dur Tonleiter:
https://www.musiker-board.de/vb/faq...-pentatonik-moll-tonleiter-dur-tonleiter.html
Dieser Workshop von Stringgod ist kurz, prägnant, kommt mit wenig Text aus und geht davon aus, das man die Bilder auf Anhieb zuordnen kann, weil man das Grundwerkzeug zum Versehen der Pattern schon intus hat.

Handhabung des Big Pictures
Das „Big Picture“ ist in Farbe nach dem Regenbogenprinzip aufgebaut. Ich habe diese Darstellung gewählt (ich vermute sogar erfunden?) damit ich mit möglichst wenig „Fachvokabular“ auskomme und die Gedanken *hoffentlich* auch von Anfängern einfach und selbsterklärend nachvollzogen werden können. Außerdem lassen sich die komplexen Zusammenhänge auf visueller Ebene viel einfacher darstellen als auf der rein verbalen Ebene, die mir persönlich immer volle Konzentration abverlangt. Jeder kann sich zu Hause das Big Picture (auch mehrfach) ausdrucken und so nach Belieben gewünschte Skalen mit schwarzem Filzstift einzeichnen und seinen eigenen individuellen Weg des Improvisierens gehen.

Ziel dieses Threads
Ziel soll es sein, innerhalb von ein paar Wochen oder Monaten dieses „Big Picture“ verinnerlicht zu haben, damit Ihr Euch danach voll und ganz auf Eure Improvisation konzentrieren könnt und darauf, Euren eigenen Stil zu entwickeln. Wenn ihr also in ein paar Wochen auf Euer Griffbrett schaut, solltet Ihr die Struktur von dem Bild „Big-Picture“ im Anhang darauf "sehen". Ähnlich wie bunte Leuchtdioden, deren „tonale“ Bedeutung ihr der Farbe nach kennt.

Aber: wie lernt man so ein umfangreiches Ding?

Nun eben: Schritt für Schritt: Think global, start local!

Erkennen der Tonart
Bevor ich jetzt zu Schritt 1 komme, muss allerdings noch ein Stolperstein geklärt werden. Die Bestimmung der Tonart. Wenn man diverse Tonleitern schon intus hat, ist es einfach. Man weiß es oder probiert einfach, in welche Lage die Pentatonik passt. Nur .... wenn man das noch nicht kann ... was dann ... ?

Für alle, die sich noch schwer tun, hier ein guter Link, der für die Ansprüche zu Beginn des Lernens reichen sollte:

Erkennen der Tonart (lest vor allem weiter unten im Text, unter der Überschrift: Anwendung in der Praxis)
http://de.wikipedia.org/wiki/Quintenzirkel



Inhaltsverzeichnis

Zur Erleichterung des Auffindens der Inhalte, insbesondere von „verschütteten“ Beiträgen, hier eine Linksammlung mit einzelnen Schwerpunkten dieses Threads rund um das Thema Improvisation:

Beitrag 002 bis 004
Pentatonik: die Standard Pattern
Beitrag 005 bis 006
Moll, Dur und die vertikalen Pattern der 7 Modi
Beitrag 007
Blues Pentatonik
Beitrag 009
Improvisation mit Konzept (von Lost Lover)
Beitrag 024
Bestimmen und Erkennen der Tonart
Beitrag 026
Klangfarbe der 7 Modi: Wie klingt man nach einem bestimmten Modus?
Beitrag 055 bis 062
Basic Pattern, 1-Octave-per-String, 3-Notes-per-String (3NpS): horizontale Pattern der 7 Modi
Beitrag 211
Improvisation: eine spannende Geschichte erzählen
Beitrag 213 bis 214
Kreativer Umgang mit Pattern: Ansätze zum Überwinden von festgefahrenen Mustern
Beitrag 216 bis 223, f
Wieso klingt Blues nach Blues?

Ergänzendes Thema: Akkorde (an den Beispielen Dur, Moll, dim, Moll-6, Dur-6, Moll-7, Dur-7, Dur-maj7, Moll-maj7, Moll-7-b5, Dur-add9, Dur-add11, Moll-add9 und Moll-add11) über den Pattern der 7 Modi, Harmonisch Moll und Melodisch Moll spielen:

Beitrag 001 bis 015
Akkordmuster in Tonleiter-Pattern erkennen: Drei- und Vierklänge mit stimmigen Tonleitern kombinieren

Bild (Big-Picture)
 
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Der erste einfache Schritt zur Improvisation ist die landläufig benannte „Moll Pentatonik“. Eigentlich handelt es sich hierbei aber richtiger um die Parallele zur Dur Pentatonik. (Für alle Freaks: C – D – E – G – A – C = Dur Pentatonik, C – D – D# – G – A – C = Moll Pentatonik) Wie auch immer: ich beziehe mich auf die etablierte Form, wie sie auch in Wikipedia verwendet wird ... und überwiegend auch hier im Board.

Warum die Pentatonik?
Es ist sinnvoll, mit der Erarbeitung der Pentatonik zu beginnen, weil die Töne der Pentatonik in der Regel harmonisch zu jenen Akkorden klingen, die der Tonleiter zugrunde liegen. Um ein Gefühl zu entwickeln, welche Töne nicht „falsch“ klingen (wenn man sie beispielsweise auf der Eins stehen lässt) ist es sinnvoll, die Klangfarbe der fünf Töne der Pentatonik in Fleisch und Blut übergehen zu lassen. Und das in Bezug auf die der Tonart zugrunde liegenden Akkorde. Alle anderen Töne außerhalb der Pentatonik erzeugen in der Regel eine tonale Spannung, die nach Auflösung dieser Spannung verlangt.

Die Grundzüge sind in Wikipedia schon recht anschaulich und sehr detailliert beschrieben:
http://de.wikibooks.org/wiki/Gitarre:_Die_Dur-Pentatonik
http://de.wikibooks.org/wiki/Gitarre:_Die_Moll-Pentatonik

In drei Schritten zur Pentatonik
Meine Empfehlung für Anfänger ist, den ganzen Moloch zunächst gedanklich in diese drei Schritte zu unterteilen:

Jeder Moll-Pattern entspricht einem parallelen Dur-Pattern
1. Schritt:
1.Moll = 5.Dur Pattern ... kann in einer Lage gespielt werden
4.Moll = 3.Dur Pattern ... kann in einer Lage gespielt werden
2. Schritt:
1.Dur = 2.Moll Pattern ... kann in einer Lage gespielt werden
4.Dur = 5.Moll Pattern ... kann in einer Lage gespielt werden
3. Schritt:
3.Moll = 2.Dur Pattern ... erfordert bereits ein Verlassen der Lage oder ein Überstrecken

Klammern kennzeichnen die Lagen
Diejenigen Pattern, die mit „Je-Finger-ein-Bund“ spielbar sind, sind mit einer schwarzen „Klammer“ versehen. Ist ein Überstrecken der vier Finger der Greifhand über vier Bünde hinaus erforderlich, habe ich eine graue „Klammer“ verwendet. Klammer ist das Ding, das die Lage im „Big Picture“ markiert.

Wie erkennt man die Töne der Pentatonik im „Big Picture?“
Im „Big Picture“ entsprechen alle großen Punkte (rot ((eigentlich: magenta)), violett, blau, grün, gelb) den Tönen der Pentatonik. Die Töne sind bewusst nach den Regenbogenfarben aufgebaut.

Der Moll-Fingersatz
Die schwarzen Punkte im Bild zu Schritt 1 sind nun die beiden Patterns, die in einer Lage gespielt werden und auf einem „Moll-Fingersatz“ beruhen.

Unter Moll-Fingersatz verstehe ich, dass der Grundton (die Prime) mit dem Zeigefinger der linken Hand gegriffen wird. Und zwar beim „1.Moll / 5.Dur Pattern“ auf der tiefen E-Saite, beim „4.Moll / 3.Dur Pattern“ auf der A-Saite.

Welcher Ton ist welche Farbe?
Ganz egal. Jeder Ton kann jede Farbe sein. Willst Du beispielsweise eine Skala über A-Moll spielen, suchst Du Dir ein A (oder alle A) auf Deinem Griffbrett (zB der fünfte Bund auf der tiefen E-Saite) und legst das Big Picture gedanklich so darüber, dass der rote Punkt (die Moll-Prime) auf dem A liegt. Der untere der sechs Striche im Big Picture ist die tiefe E-Saite. Alle anderen Töne ergeben sich dann daraus. Violett ist nun in diesem Beispiel C (die kleine Terz), blau ist D (die Quarte), grün ist E (die Quinte) und gelb ist G (die kleine Septime).

Platzierung der Finger
Das „Big-Picture“ ist neutral und kann gedanklich auf jeden (!!) Bund auf der Gitarre projiziert werden.

Kurz gesagt gilt es lediglich zwei Dinge bei der Orientierung zu beachten: Will ich eine Dur-Leiter spielen, beginne ich beim violetten Punkt. Will ich eine Moll-Leiter spielen, beginne ich beim roten (eigentlich: magenta) Punkt.

Ein Beispiel zur Fingerplatzierung:
Bei einer Improvisation in A-Moll reicht die „1.Moll / 5.Dur Lage“ vom 5. bis zum 8. Bund und die „4.Moll / 3.Dur Lage“ vom 12. bis zum 15. Bund. Und dabei ist jeweils von der tiefen E-Saite bis hinauf zur hohen E-Saite kein Lagenwechsel erforderlich, um die Pentatonik zu spielen. Außerdem befindet sich in unserem Beispiel die „1.Moll / 5.Dur Lage“ noch einmal in der Oktave am Griffbrett, und zwar vom 17. bis zum 20. Bund. Auch die „4.Moll / 3.Dur Lage“ Lage kann ich nochmals spielen: allerdings tiefer, von der Leer-Saite bis zum 3. Bund.

unabhängig von einer fixen Position am Griffbrett werden
Im Normallfall reichen einige Tage üben, um diese beiden Patterns der Moll-Pentatonik verinnerlicht zu haben. Es ist sinnvoll, sie in unterschiedlichen Tonlagen (zB Cm, F#m etc.) zu üben, um unabhängig von einer fixen Position am Griffbrett zu werden.

Moll-Pattern auch im parallelen Dur-Pattern üben
Außerdem sollten diese beiden Moll-Patterns auch in der parallelen Dur geübt werden. Sie entfalten so eine andere Klangcharakteristik.

Um bei dem gleichen Beispiel zu bleiben:
Die Lagen vom A-Moll Beispiel oben beibehalten, aber zu einer Begleitung improvisieren, die in C-Dur ist.

Bild zu Schritt 1 (Moll-Pentatonik)
 

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Schritt 2 – Dur-Pentatonik
Der zweite einfache Schritt zur Improvisation ist die Dur Pentatonik.

Die schwarzen Punkte im Bild zu Schritt 2 sind die beiden Patterns, die wiederum in einer Lage gespielt werden aber diesmal auf einem „Dur-Fingersatz“ beruhen.

Der Dur-Fingersatz
Unter Dur-Fingersatz verstehe ich, dass der Grundton (beim „1.Dur / 2.Moll Pattern“ auf der tiefen E-Saite, beim „4.Dur / 5.Moll Pattern“ auf der A-Saite) mit dem Mittelfinger der linken Hand gegriffen wird. Der Mittelfinger am Grundton ist für Anfänger ev. etwas gewöhnungsbedürftig. (In dem Fall einfach mal Prime, gr. Terze, Quinte und gr. Sexte „im Kreis“ spielen, schon klingt’s wie Rock’ n Roll aus den 60ern und man versteht den Unterschied zu Moll auf Anhieb.)

Im Normallfall reichen wiederum einige Tage üben, um diese beiden Patterns der Dur-Pentatonik verinnerlicht zu haben. Das Lernen sollte etwas leichter gehen, weil das jeweils linke „Ende“ dieser beiden Dur-Patterns dem rechten „Ende“ der Moll-Pattern aus Schritt 1 entspricht.

unabhängig von einer fixen Position am Griffbrett werden
Auch hier ist es wiederum sinnvoll, sie in unterschiedlichen Tonlagen zu üben, um unabhängig von einer fixen Position am Griffbrett zu werden.

Dur-Pattern auch im parallelen Moll-Pattern üben
Außerdem sollten diese beiden Dur-Patterns wiederum zu einer Begleitung geübt werden, die in der parallelen Moll notiert ist. Die Patterns entfalten so gespielt wiederum eine andere Klangcharakteristik.

Bild zu Schritt 2 (Dur-Pentatonik)
 

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Der dritte Schritt zur Improvisation wird jetzt richtig interessant und bereits *cool*. Es ist das Verschmelzen von Schritt 1 und Schritt 2 und die Anwendung von ein paar Techniken auf dieses Bild.

Pattern über die 4-Finger-Lage hinaus
Wer sich mit der linken Greifhand leicht tut, kann an dieser Stelle bereits den 5. Pattern üben und verinnerlichen, der allerdings ein Verlassen oder Überstecken des Je-Finger-ein-Bund-Fingersatzes erfordert. Dieser Pattern ist im Bild darum mit einer grauen „Klammer“ gekennzeichnet.

Die schwarzen Punkte im Bild zu Schritt 3 bilden die vier Patterns, die alle in einer Lage gespielt werden. Den fünften Pattern (3.Moll / 2.Dur Pattern) hat man sich im Prinzip an dieser Stelle auch schon gemerkt, ohne ihn gespielt zu haben. Denn das Grundbild ist im Kopf komplett, auch wenn man nicht mit allen Teilen praktische Erfahrung hat.

Chronologische Auflistung der 5 Pattern
1.Dur-Pattern – 2.Moll-Pattern
2.Dur-Pattern – 3.Moll-Pattern
3.Dur-Pattern – 4.Moll-Pattern
4.Dur-Pattern – 5.Moll-Pattern
5.Dur-Pattern – 1.Moll-Pattern

Wie vom reinen Tonleiter-Spiel lösen?
Beim üben ist es allerspätestens jetzt an der Zeit, nicht nur die Skalen rauf und runter zu spielen, sondern seinen eigenen Ideen völlig freien Lauf zu lassen und vor allem ein paar Techniken anzuwenden und zu üben.

Ab Schritt 3 empfiehlt es sich daher, seine eigenen Lieblingslieder mitzuspielen und alles was man so aufschnappt, gedanklich in den Raster des Big Pictures zu bringen. Somit lassen sich die aufgeschnappten Ideen, Licks, Phrasen etc. später jederzeit in anderen Tonarten felsenfest an der richtigen Stelle abrufen, mutieren und für den neuen Song adaptieren.

Darum sollte man mit diesem Schritt 3 viel Zeit verbringen. Ein paar Lern-DVDs können an dieser Stelle ebenfalls nicht schaden.

Am besten vergisst Du an dieser Stelle vorübergehend das Wort Tonleiter und versuchst Dich von der Starrheit des Konzeptes „Tonleiter“ zu lösen.

ein paar Anregungen
- Quer über die Lagen spielen:
Übergänge einbauen, wie man von einer Lage in die nächste kommt und wieder zurück.
- Sliding:
Sliden von einem Ton zum nächsten, biete sich beispielsweise auch zum Lagenwechsel an
– Ganzton-Bendings im “Big-Picture” erkennen:
Ganzton-Bendings sind im „Big Picture“ schön zu sehen: zwei Bünde Abstand zwischen den Punkten am Griffbrett heißt: den tieferen der beiden um einen Ganzton ziehen und Du triffst dort wiederum einen Ton der Pentatonik. Auf einen Blick erkennt man nun: die großen gelben und blauen Punkte im Big Picture bieten sich für Ganzton-Bendings ideal an. Farblich gesehen bendest Du gelb, bis es rot „klingt“, und Du ziehst violett, bis es blau „klingt“. (Farblich hab ich die Pentatonik so aufgebaut, dass Du entlang eines Regenbogens durch die Farbskala spielst.)
- Hammer on/Pull off:
Beispiel für bekanntes Blues-Lick: das Dreieck „blau, grün, gelb“ auf G- und H-Saite im Kreis spielen und grün Hammer on oder Pull off spielen. Gilt natürlich auch für gelb, rot und violett auf G- und H-Saite. Und einige andere Stellen ... aber die soll jeder für sich selbst entdecken ...
- Tapping:
Eine Lage mit der linken Hand greifen und eine oder mehrere der nächst höheren Lagen mit der rechten Hand tappen.
- Mehrstimmigkeit:
zwei oder mehr Töne der Pentatonik gleichzeitig spielen und schon entstehen Akkordfragmente.
– Kombinationen ausprobieren:
Beispiel: Mehrstimmigkeit und Bendings: Beispielsweise den roten Punkt auf der hohen E-Saite gleichzeitig mit dem gelben Punkt auf der H-Saite anschlagen, beide klingen lassen und den gelben Punkt auf der H-Saite um einen Ganzton benden, bis er ebenfalls rot „klingt“. *was-für-eine-blöde-idee-den-ton-auf-sich-selbst-zu benden* *aber-klingt-halt-so-was-von-fein* Gleiches bietet sich für grün und blau auf der hohen E- und H-Saite an.
- etc.
ad persönlicher Kreativität *jetzt-wird’s-schon-richtig-lustig*

Bild zu Schritt 3 (Pentatonik)
 

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Der vierte Schritt zur Improvisation ist die Erweiterung des spielbaren Tonmaterials. Hier wird in der Regel Zuflucht zu allen möglichen Tonleitern genommen.

Neue Tonleitern mit der Pentatonik in Einklang bringen
Am übersichtlichsten ist es aus meiner Erfahrung, die neuen Tonleitern gedanklich über die bisher gelernte Pentatonik Struktur zu legen.

Vorteile des Verschmelzens
- das Lernen geht einfacher und schneller, weil die gängigsten Tonleitern die (Mehrheit der) Töne der Pentatonik subsumieren. Man lernt dann nur wenige zusätzliche Töne oder Abweichungen neu, der Rest ist bereits „gegessen“
- man merkt sich die neuen Tonleitern besser, weil das neue in engem Bezug zu dem steht, das man bereits kann oder gar beherrscht
- man kann viel leichter unterschiedlichste Dinge unter einen Hut bringen, weil man einen vollständigen Bezugs-Raster hat, in den man das neue einordnen kann

Fazit: die Improvisation wird immer sicherer und ... abwechslungsreicher!!

Was heißt „parallele Moll- zu Ionischer Dur“?
Die Dur-Tonleiter hat 7 Modi, von denen der 1. Modus Ionisch und der 6. Modus Aeolisch genannt werden. Der 6. Modus ist gleich die parallele Moll Tonleiter. (Mehr dazu im Schritt 5.) Wie schon bei der Pentatonik zuvor fällt sehr schnell auf, dass man die (ionische) Dur-Tonleiter mit der parallelen Moll (und umgekehrt) beim Improvisieren einfach vertauschen kann. Die Klangcharakteristik ändert sich wie schon bei der Pentatonik zuvor ... was dem eigenen Spiel bessere Ausdruckskraft verleiht ... ansonsten stellen wir hier aber erleichtert fest: „so viele“ Tonleitern und alles schaut doch irgendwie vertraut aus und lässt sich miteinander verbinden. Vielleicht das erste Aha-Erlebnis, dass die Skalen-Welten gar nicht so verschieden sind, wie sie zu Anfang gewirkt haben.

Erklärendes Beispiel
C-Dur und A-Moll sind ihrer Töne nach exakt die gleichen Skalen. Die Töne werden lediglich bei C-ionisch von C, bei A-Moll von A aus gespielt: D-Dur: C - D - E - F - G - A - H – C, A-Moll: A - H - C - D - E - F - G - A

Intervalle bei Dur und Moll vergleichen
Sehr schön kann man nun die Intervalle von Dur und Moll miteinander vergleichen und deren Klangfarbe „verstehen“.
Hier am Beispiel C-Dur:
violett = C (Prime),
blau = D (Sekunde),
grün = E (gr. Terz),
hellgrün (kleiner Punkt) = F (Quarte),
gelb = G (Quinte),
rot = A (gr. Sexte),
hellviolett (kleiner Punkt) = H (gr. Septime).

Im Vergleich dazu die Intervalle der gleichen Töne, jedoch über A-Moll gespielt:
rot = A (Prime),
hellviolett (kleiner Punkt) = H (Sekunde),
violett = C (kleine Terz),
blau = D (Quarte),
grün = E (Quinte),
hellgrün (kleiner Punkt) = F (kl. Sexte),
gelb = G (kl. Septime).

Welche Tonleitern gibt es noch?
Eine Übersicht über verschiedenste andere Tonleitern findet Ihr in einem tollen Thread von Hans_3: Skalen und Tonleitern aus aller Welt: Hier:
https://www.musiker-board.de/vb/harmonielehre/40397-skalen-tonleitern-aus-aller-welt-hier.html

Dur- und Moll-Tonleiter ohne Lagenwechsel spielen
Im Bild zu Schritt 4 hab ich jetzt die Dur-Tonleiter und ihre parallele Moll mit dem Bild der Pentatonik verschmolzen und mit schwarzen Punkten gekennzeichnet. Wiederum hab ich mich auf jene Moll-Lage und jene Dur-Lage beschränkt, in der keine Lagenwechsel notwendig sind. Es sind dies zwei der schon bekannten Lagen, nämlich die „1.Dur / 2.Moll Lage“ und die „4.Moll / 3.Dur Lage“. Diesen beiden Lagen brauchen lediglich zwei neue Töne hinzugefügt werden, sie sind mit der schwarzen Klammer gekennzeichnet. Dem bereits gelernte Fingersatz brauchen lediglich zwei Töne je Oktave hinzugefügt werden.

Die graue Verlängerung der schwarzen Klammer drückt aus, dass bei diesen beiden Lagen („4.Dur / 5.Moll Lage“ und „1.Moll / 5.Dur Lage“) ein Überstrecken bzw. ein Lagenwechsel notwendig ist, damit man die Dur- bzw. Moll-Tonleiter auf den Pattern der zugrunde liegenden Pentatonik aufbauen und spielen kann.

Es steht aber natürlich jedem frei, sich von der anfänglichen Starrheit zu lösen und sich ein paar schöne Lines über die Lagen auszudenken!

Halbton-Bendings im Big-Picture erkennen
Im „Big Picture“ erkannt man nun zusätzlich auch geeignete Stellen für Halbton-Bendings: der große grüne Punkt neben dem kleinen grünen und der große violette Punkt neben dem kleinen violetten. Die Bendings sind etwas anders zu handhaben, weil die kleinen Punkte zumeist nach einer Auflösung verlangen. Darum sind sie auch mit kleinen Punkten dargestellt.

Charakteristik der „neuen“ Töne
Grundsätzlich kann man zu den zwei neuen Tönen aus Schritt 5 sagen, dass sich diese beiden neuen Töne von der Pentatonik in der Regel dadurch unterscheiden, dass sie nach Auflösung der tonalen Spannung (die sie erzeugen) verlangen und eher „Durchgangstöne“ sind. Die Töne der Pentatonik eigenen sich in der Regel besser dazu, sie klingen und „stehen“ zu lassen.

große und kleine Punkte im Big Picture
Darum ist es auch hilfreich, zu wissen, welche Töne in einer Tonleiter gleichzeitig auch der Pentatonik entsprechen. Ich habe für die zwei zusätzliche Moll- und Dur-Töne genau aus diesem Grund kleinere Kreise verwendet und diese farblich in das Regenbogenschema der zugrunde liegenden Pentatonik eingebaut. So erkennt man sie sofort an der Größe und kann schon von der Farbgebung her verstehen, wie man die Spannung in der Klangfarbe auflösen kann.

Wer den Unterschied im Kopf hat, trifft die „richtigen“ Töne besser. Das soll aber nicht dazu führen, sich dadurch einschränken zu lassen. Improvisation kann ja unter anderem auch dadurch interessant gemacht werden, wenn man Grenzen ganz bewusst und vorsätzlich überschreitet! Gute Improvisatoren sind im Grunde auch immer Rebellen!

Bild zu Schritt 4 (Dur-und-parallele-Moll)
 

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Im Schritt 5 geht es darum, die 7 Modi der Dur-Tonleiter im „Big Picture“ zu erkennen.

Die Modi der Dur Skala im Überblick
Ionisch (Mode I)
Dorisch (Mode II)
Phrygisch (Mode III)
Lydisch (Mode IV)
Mixolydisch (Mode V)
Aeolisch (Mode VI) – parallele Moll
Lokrisch (Mode VII)

Welche Skalen für die 7 Modi verwenden?
Ganz zu anfangs ist es sicherlich am einfachsten, die bereits im Schritt 4 gelernte (ionische) Dur-Skala mit dem Fingersatz der „1.Dur / 2.Moll Lage“ herzunehmen und (von der Prime ausgehend) einfach diese Skala ab zweitem Ton (Dorisch), ab dritten Ton (Phrygisch), ab viertem Ton (Lydisch), ab fünftem Ton (Mixolydisch), ab sechstem Ton (Aeolisch = die parallele Moll), ab siebtem Ton (Lokrisch) zu spielen. Genauso kann man auch den bereits gelernten Fingersatz der „4.Moll / 3.Dur Lage“ aus Schritt 4 verwenden, und (von der Prime ausgehend) ab zweitem Ton (Lokrisch), ab dritten Ton (Ionisch = parallele Dur), ab viertem Ton (Dorisch), ab fünftem Ton (Phrygisch), ab sechstem Ton (Lydisch), ab siebtem Ton (Mixolydisch) spielen.

Wie erkenne ich die 7 Modi im „Big Picture?“
Im „Big Picture“ ist immer der Grundton des jeweiligen Modus der entsprechenden Farbe zugeordnet, ab der man die Skala spielt. Dabei gilt: Ich kann, um wieder in einer Lage zu bleiben, sowohl den Fingersatz von der „1.Dur / 2.Moll Lage“ als auch den Fingersatz von der „4.Moll / 3.Dur Lage“ verwenden. In beiden Fällen spiele ich ab dem großen violetten Punkt den Modus I (Ionisch), ab dem großen blauen Punkt den Modus II (Dorisch), ab dem großen grünen Punkt den Mode III (Phrygisch), ab dem kleinen hellgrünen Punkt den Mode IV (Lydisch), ab dem großen gelben Punkt den Modus V (Mixolydisch), ab dem großen roten Punkt den Modus VI (Aeolisch) und ab dem kleinen violetten Punkt den Modus VII (Lokrisch).

Bei diesem Ansatz braucht man im Prinzip gar nichts neu zu lernen ... außer: ab welcher Farbe man die Tonleiter zu spielen beginnt und ... die kryptischen Begriffe, die die einzelnen Modi benennen!

Die „3-Noten-Pro-Saite“ Pattern
Allen Freaks empfehle ich hier, einen intensiven Blick auf die „3-Noten-Pro-Saite“ Pattern aus dem gelungenen Workshop von Stringgod zu werfen: [Spieltechnik] Pentatonik / Moll Tonleiter / Dur Tonleiter:
https://www.musiker-board.de/vb/faq...-pentatonik-moll-tonleiter-dur-tonleiter.html

Um schnelle Läufe in den einzelnen Modi mit Wechselschlag zu spielen, braucht man dann lediglich die einzelnen Modi aus diesem Workshop von Stringgod gedanklich auf den Raster des Big Pictures zu übertragen.

Ihr könnt dazu auch ganz simpel das „Big Picture“ mehrmals in Farbe ausdrucken und die einzelnen Skalen von Stringgod jeweils mit schwarzem Filzstift markieren. Ihr werdet sehen, das Lernen wird so viel einfacher und logischer.

Und irgendwie ist das ganze dann nicht mehr abschreckend, sondern es drängt sich dann vielmehr der Gedanke auf: jo ... eh kloa ... wie denn sonst? Is ja logisch ... passt genauso in mein eigenes Schema.

Wenn Interesse Eurerseits besteht, kann ich auch gerne nachträglich mal ein wenig Zeit darauf verwenden, die „3-Noten-Pro-Saite“ Pattern von Stringgod ins Big Picture zu übertragen. Aber zuerst schau ich mal, ob mein Thread überhaupt hilfreich ist.

Bild zu Schritt 5 (Die-7-Modi)
 

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Der sechste Schritt zur Improvisation ist die Erweiterung des spielbaren Tonmaterials um die Bluesleiter, eigentlich um den „Blue Tone“. Nachdem es mehrer verschiedene Varianten der Bluestonleiter gibt, hab ich mich im Detailbild zu Schritt 6 auf die Blues Pentatonik beschränkt.

Wie baut sich die Blues-Pentatonik auf?
Wenn man den Raster des Big Pictues im Kopf hat, stellt man fest, dass die Bluestonleiter eigentlich ein Rückschritt oder vielmehr eine Reduktion ist. Sie besteht aus: Grundton, kl. Terz, Quarte, Quinte, Oktave und zusätzlich aus der verminderten Quinte, die “Blue Note” genannt wird, dargestellt im Bild zu Schritt 6.

Irgendwie ist es schade, wenn man jetzt einiges wieder wegwerfen soll, was man schon gelernt hat. Genau an dieser Stelle ist mir damals auch die Idee gekommen, alles was ich benötige auf ein Bild zu verschmelzen und ein Big Picture zu gestalten.

Die „Blue Note“ zufügen
Und da entstand auch meine Idee, das ganze als Verschmelzen zu bezeichnen. Dieses Bild in meinem Kopf löste damals meine geistige Blockade, dass unterschiedliche Tonleitern getrennte und isolierte Welten sind. Also lösche ich nichts aus dem „Big Picture“, sondern füge einfach die „Blue Note“ als Innovation hinzu.

Was andere vor mir offensichtlich schneller überringelt *ggg* haben, warum es auch unterschiedliche Bluestonleitern gibt. Meine Empfehlung: ab hier ist es sinnvoller, das „Big Picture“ als ganzes zu verstehen und nicht zu sehr in seine Detail-Bilder zu zerlegen.

Die Blues-Pentatonik in einer Lage spielen
Jetzt sieht man im Detailbild zu Schritt 6 wiederum, wie man die Blues-Pentatonik in einer Lage spielen kann, verwendet man die „1.Moll / 5.Dur Lage“.

Nachteil der Lagen
Jedoch empfiehlt es sich allerspätestens an dieser Stele, die Starrheit von Skalen und Lagen zu verlassen und sehr frei ans Improvisieren ran zu gehen. Schöne Riffs, Licks, Phrasen etc. „findet“ man viel eher, wenn man die gerade eben erst gelernten Lagen hinten anstellt. Der graue Rahmen um die „4.Moll / 3.Dur Lage“ zeigt, dass man beim Picken der „Blue Note“ über die 4-Finger-Lage hinaus kommt. Beim Benden bleibt man innerhalb der schwarzen Klammer auf der 4-Finger-Lage. Will man die Lage nicht verlassen, bendet man mit dem kleinen Finger. Gewisse Licks lassen sich mit Bending durch den Ringfinger besser spielen.

Wie auch immer, so sieht das Detailbild zu Schritt 6 nun aus, wenn man die Pentatonik um die „Blue Note“ ergänzt. Alternativ kann man die „Blue Note“ der Moll- oder Dur-Tonleiter aus Schritt 4 beifügen. Oder besser noch: man wirft an dieser Stelle wieder einen Blick in den Workshop von Stringgod. Dort ist ein Blues-Trick beschrieben, wie man die Moll- und Dur-Pentatonik übereinander legen kann und diesen interessanten Hybrid um die „Blue Note“ ergänzt. Gedanklich legt man dazu nun den roten Punkt exakt über den violetten Punkt im „Big Picture“.

Optisches Erkennen der „Blue Note“ im Big Picture
Die „Blue Note“ ist mit einem kleinen Quadrat gekennzeichnet, damit sie sich von Pentatonik und Dur- und Molltonleiter optisch gut unterscheidet. Farblich ist sie im Teilbild zu Schritt 5 schwarz, passt im „Big Picture“ aber wieder in den Regenbogen.

Besonderheit der „Blue Note“
Die „Blue Note“ ist bei genauerem Hinsehen türkis, weil sie zwischen blau und grün liegt. Sollte sie eigentlich nicht blau sein, wenn sie doch schon „Blue Note“ heißt? Ja, eigentlich schon. Ich hab mich aber dazu entschieden, den Halbton darunter blau zu färben, weil man die „Blue Note“ besonders schön durch Benden dieses Halbtones darunter (der große blaue Punkt auf der Pentatonik) erzeugen kann. By the way ist meines Wissens die „Blue Note“ frequenzmäßig nicht eindeutig definiert ... und sollte daher nicht puristisch als exaktes Halbton-Bending des blauen Punktes gespielt werden ... jeder bekannte Bluesmusiker hat wohl seine eigene Interpretation der Tonhöhe gerade dieser markanten Note. Die Besonderheit des Türkis (die individuelle Blau-Grün-Mischung) ist das Erkennungsmerkmal der großen Blues Gittaristen. (Das wäre eine Anregung für Wetten dass...: Wetten dass ich anhand des Hörens der Blue Note den Gitarristen erkenne! *ggg*)

Fazit: Bendings und Phrasen in der Gegend von blau nach grün klingen bluesig.

Tritonus
Detaillierte Erläuterungen erhält man nicht nur, wenn man nach „Blue Note“ googelt, sondern in diesem Zusammenhang ist es auch empfehlenswert, sich über den Begriff „Tritonus“ schlau zu machen.

Charakteristik der „Blue Note“
Die „Blue Note“ drängt intensiv nach Auflösung der tonalen Spannung, die sie erzeugt ... hin zu den (benachbarten) Tönen der Pentatonik. Farblich gesehen könnte man sagen: der türkise Ton will gerne grün oder blau (oder auch gelb etc.) abgeschlossen werden.

Chromatische Tonleiter einfügen
Und noch etwas fällt auf: durch Hinzufügen der „Blue Note“ erhält man auf dem „Big Picture“ bereits ein Stück weit eine chromatische Tonleiter: blau, türkis, grün ... und beim Verschmelzen mit der Moll-Tonleiter sogar noch einen kleinen grünen Punkt dazu!

Bild zu Schritt 6 (Blues-Pentatonik)
 

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Das Arbeiten oder Improvisieren mit extremen tonalen Spannungen aus Schritt 6 mit der Blue Note führt mich nun zu diesem nächsten Schritt 7, den ich im „Big Picture“ allerdings gar nicht mehr eingebaut habe, um das Big Picture nicht zu verwirrend zu machen.

Weitere chromatische Tonleiter-Segmente einfügen
Mittlerweile haben wir bereits sehr viele der gängigen Skalen in ein globales Bild ... das „Big Picture“ ... gebracht. Anstelle weitere Tonleitern einzubauen, hab ich mich darum in diesem Schritt dazu entschlossen, in das „Big Picture“ Teile der Chromatik auf andere Stellen innerhalb der Pentatonik zu übertragen.

Das heißt, dieser Schritt kann als Verschmelzen der bereits verinnerlichten Pentatonik mit der chromatischen Tonleiter verstanden werden.

Die zwei chromatischen Ergänzungen (kl. Terz, gr. Terz, Quarte und kl. Septime, gr. Septime, Prime) habe ich im Bild zu Schritt 7 ... genau wie die „Blue Note“ ... mit kleinen Quadraten gekennzeichnet, damit sie sich von Pentatonik und Dur- und Molltonleiter optisch gut unterscheiden.

Auch diese chromatischen Ergänzungen drängen wieder nach Auflösung der tonalen Spannung die sie erzeugen ... hin zu den benachbarten Tönen der Pentatonik.

Spielt man sie ergänzend zu den Schritten bisher, verfärbt sich das Klangbild in Richtung Jazz, wo sich festgelegte Strukturen ohnedies aufzulösen beginnen.

Interessant, wie sich das gesamte Klanggebilde der Improvisation verfärbt, wenn man in anfänglicher Begeisterung chromatischen Teile einbaut ... und auch darauf achtet, dass guter Jazz „coole“ Töne über weite Akkordfolgen einfach stehen und wirken lässt ... und bewusst mit Spannung und Auflösung arbeitet.

In Ansätzen lässt sich hier bereits erkennen, warum sich im Jazz die Strukturen scheinbar aufzulösen beginnen: mittlerweile spielen wir beinahe jeden verfügbaren Ton auf dem Gitarrengriffbrett ... und entwickeln nun ein erstes Gefühl dafür, wie wir das genau so machen, dass es nicht „falsch“ klingt ... sondern gut ... und setzen bewusst Spannungen ein, die wir aufzulösen in der Lage sind.

An dieser Stelle empfiehlt es sich auch, kurz nochmals zu Schritt 3 zu gehen und den Punkt „ein paar Anregungen“ mit dem neuen Background zu überdenken. Alleine die Mehrstimmigkeit erhält jetzt ganz andere Dimensionen und ermuntert nun richtig, sich komplexe Akkord-Strukturen anzusehen und anzueignen.

Aber eigentlich ist an dieser Stelle die Zeit reif, dass Du das „Big Picture“ zerknüllst und im „Rundordner“ ablegst. Ist ja nur Anfängerkram und solche Selbstverständlichkeiten hast Du ja mittlerweile nicht mehr notwendig! Außerdem ist der Schritt 7 sowieso sehr willkürlich von mir ... und ab einem bestimmten Level geht jeder seinen eigenen Weg in der Improvisation.

Bild zu Schritt 7 ("Jazz"-Improvisation)
 

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Im letzten Schritt soll es noch darum gehen, die Improvisation abwechslungsreicher zu gestalten und unter eine kreative, geschlossene „Klammer“ zu stellen. Nachdem es da dazu schon einen wirklichen guten Beitrag gibt, will ich bei Schritt 8 einfach auf den sehr gelungenen Thread von LostLover verweisen: Wichtig: Improvisation als Konzept:
https://www.musiker-board.de/vb/tabs-spieltechniken/136710-improvisation-als-konzept.html

Genaugenommen ist es bereits ab Schritt 3 sehr hilfreich, die Ideen von LostLover anzuwenden und sie dann im weiteren Verlauf dieses Threads hier, von Schritt zu Schritt, auszubauen. Das ist dann zusätzlich sehr hilfreich, um sich vom „starren“ Spielen von Skalen leichter zu lösen.

Ich hoffe, das ich dem einen oder anderen von Euch mit diesem Thread helfen kann und würde mich über
- weitere Idee, wie man das „Big Picture“ weiterentwickeln kann,
- was man außerdem noch alles heraus lesen kann
- damit gemachte Erfahrungen
- missverständliche Formulierungen
- Fehler
- Verbesserungsvorschläge
- etc.
sehr freuen.

Greetz relact

PS: anbei noch das „Big Picture“ als Anhang im pdf Format, bei Bedarf auch sehr gut zum Ausdrucken geeignet.
 

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Ganz, ganz großes Lob.
Werd mich mal etwas damit befassen, damit ich endlich mal vernünftig die Ganzen Patterns gelernt krieg und nicht immer in den selben festhänge^^
 
GENAU DAS such ich zur Zeit, danke danke danke!!
Würd mich jetzt sofort draufstürzen wenn die Schule nich rufen würde... :(
egal morgen is ja auch nochn tag :)
bzw nächste woche sinn ja auch noch eine tage^^
 
Sehr schön - tolle Arbeit :great:

lg,NOMORE
 
Wow ... wahnsinns Arbeit.
Morgen wirds ausgedruckt und an die Wand geheftet, bisher habe ich noch in keinem Buch etwas eingängigeres gelesen.
 
Vielen Dank für Eure positive Rückmeldung! *ehrlich-riesig-freu* Das tut wirklich gut, nach all der Zeit und Arbeit, die in die Aufbereitung und Ausarbeitung rein geflossen ist.

Obwohl ich das Big Picture im Grunde genommen für meine eigene Denke entworfen habe ... war der chronologische Aufbau dann doch ziemlich viel Zusatzarbeit.

Ein herzliches DANKE an Eure Wertschätzung meiner Arbeit! Und ich freu mich, dass es einigen hier herinnen weiterhilft!

Besonders schön war auch das Feedback *from-behind-the-scenes*, dass einige „alte Hasen“ Neues für sich raus holen können ... oder einfach nur die Arbeit gut heißen.

Ich hoffe, die Mods werden den OT verzeihen, wenn ich kurz auf die einzelnen Posts antworte ... ist halt mein Verständnis von Kommunikation ... weil ich auch meine, dass ein Danke in einem kollegialen Board nicht zu kurz kommen soll ...

Ganz, ganz großes Lob.
Werd mich mal etwas damit befassen, damit ich endlich mal vernünftig die Ganzen Patterns gelernt krieg und nicht immer in den selben festhänge^^

Hy Kiview ... danke für das Lob ... würde mich freuen, wenn Du mir dann beizeiten irgendwann mal ein kurzes Feedback gegen könntest, wie es Dir persönlich beim Umsetzen ergangen ist!

GENAU DAS such ich zur Zeit, danke danke danke!!
Würd mich jetzt sofort draufstürzen wenn die Schule nich rufen würde... :( (...)

Super, da hab ich mit diesem Thread ja genau den richtigen Zeitpunkt für Dich erwischt Thunderbird! Von Deinen aktuellen Schulterminen mal abgesehen :) Gibt’s schon erste Erfahrungen bei der Anwendung?

Sehr schön - tolle Arbeit :great:

lg,NOMORE

Wir haben uns ja über PN schon kurz unterhalten … nochmals Danke Nomore!

Wow ... wahnsinns Arbeit.
Morgen wirds ausgedruckt und an die Wand geheftet, bisher habe ich noch in keinem Buch etwas eingängigeres gelesen.

Danke JoeJackson ... und ... hängt es nun schon bei Dir an der Wand? :) Ich hab’s in A3 (Format-für-Sehschwache) im Gitarrenkoffer und in A4 im Ordner.

Da hast Du mich jetzt tatsächlich auf die Idee gebracht, meinen Ansatz und die Aufbereitung in irgendeiner Form weiterzuverfolgen und auszubauen. Ich vermute ja mal, dass die meisten Gitarristen so ein ähnliches Bild im Kopf haben ... umso verwunderter bin ich, dass ich diese Art der Darstellung bisher auch noch nirgends gefunden habe.

Ein kleiner Ausblick:
Ich werde mir in den nächsten Wochen noch ein paar Gedanken machen, wie ich diesen Ansatz noch etwas ausbauen kann. Im Moment tendiere ich dazu ein paar Detailbilder mit Skalen über die Lagen zu posten. Ev. mit Noten oder ev. auch Tabs zur Erklärung dazu. Mal schauen.

Gibt’s irgendwelche Anregungen?

Greetz, relact
 
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Hab zwar jetzt nur den ersten Schritt durchgelesen, aber ich weiss jetzt schon das es eine tolle Sache ist :) Eventuell könnte man beim Big Picture noch Bundangabe machen, oder hast du die mit Absicht weggelassen ? Aber auch kein Ding, kann man sich ja selbst hinzuschreiben :)

An die Mods, macht bitte einen Sticky Thread daraus :)

Und weiter so ! *thumps up* werd mich heute Abend intensiv damit beschäftigen :)
 
echt tolle Idee! :)
Bis ich das durch habe dauerts ein weilchen :D

*bewert*
 
Hallo relact,

großes Lob für deinen Text!

So was habe ich gerade gesucht.

Gruß M_Charly
 
Wahnsinns Arbeit die du dir da gemacht hast, riesiges Lob und Dankeschön von mir!

@Mods: Bitte ganz ganz oben Sticky ;)!!!
 
Hab zwar jetzt nur den ersten Schritt durchgelesen, aber ich weiss jetzt schon das es eine tolle Sache ist :) Eventuell könnte man beim Big Picture noch Bundangabe machen, oder hast du die mit Absicht weggelassen ? Aber auch kein Ding, kann man sich ja selbst hinzuschreiben :)

Hallo Tri,

ja, die Bundangaben hab ich absichtlich nicht dazugeschrieben. Sobald Du zu Schritt 1 kommst, verstehst Du auch warum!

Ist unter den beiden Überschriften:
- Welcher Ton ist welche Farbe?
- Platzierung der Finger
erklärt: Das Bild passt auf alle Bünde ... abhängig lediglich vom Grundton der Skala!

Du kannst Dir natürlich zu Beginn trotzdem die Bünde auf den Zettel drauf schreiben ... ist ev. zum Lernen zunächst einfacher. Vergiss nur nicht, Dich dann rechtzeitig wieder davon zu lösen! ;)

Viel Spass!

Relact
 

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