Fichte als Korpusholz

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Natzrut
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Hallo,

Nachdem ich erfahren habe das viele Squier-Instrumente aus Agathis
sind, und einige Telecasters von denen auch aus Zeder, meines Wissens beides Nadelhölzer, und ich auch hier im Forum gelesen habe das man aus ersterem angeblich auch besseres bauen kann, lässt mich die Frage nicht mehr los ob man nicht auch aus Fichte was ordentliches bauen könnte, wenn die Qualität des betroffenen Holzstücks stimmt.
Zwar wurde auch schon in anderen Threads dieses Thema angerissen, aber dann im weiteren Verlauf immer etwas Stiefmütterlich behandelt. Also, habt ihr schon Erfahrungen mit Fichte als Korpusholz gemacht? Wenn ja welche?

MfG
 
Eigenschaft
 
Guten Abend fenderfc,
ich habe vor einigen Jahren 5 Gitarren mit Fichtenholzkorpus und geschraubtem Mahagonihals gebaut. Der Klang hatte wenig Sustain und war eher perkussiv. Das Holz ist vergleichsweise einfach zu bearbeiten. Ich fand es schwieriger als bei härteren Hölzern, eine schöne Oberfläche hinzukriegen. Heute bevorzuge ich anderes Holz: Kirsche, Nussbaum, Esche und rate Dir eher von Fichte/Tanne ab.
Beste Grüße

uwe.s.
 
Bei akustischen Gitarren das wohl am häufigsten verwendete Tonholz, bei E-Gitarren tendentiell eher ungeeignet, zumindest als alleiniges Tonholz - in Kombination mit anderen Hölzern dagegen sogar (ganz ganz selten und heutzutage praktisch garnicht mehr) manchmal verwendet worden.
 
Bei akustischen Gitarren das wohl am häufigsten verwendete Tonholz....

Ja, so weit ich weiß verwendet man Fichte (oder Zeder) bei Western- und Konzertgitarren oft für die (schwingende) Decke.
Aber auchbei Akustikgitarren wird Fichte selten für Zargen und Korpusrückseite benutzt, wenn ich mich nicht irre. Für Zarge und Rückseite nimmt man lieber härtere Hölzer wie Palisander, Ahorn oder Mahagoniarten.

Die schwingende Decke bei einer Akustikgitarre erfordert grundlegend andere Materialeigenschaften als der Korpus einer Solid-Body-Elektrogitarre. Im E-Gitarrenbau sind Nadelhölzer wie Fichte eher nicht erste Wahl, meiner Kenntnis nach, zumindest nicht als alleiniges Korpusholz.

B.
 
Erstmal danke für die Antworten

Habe noch zwei dinge hinzuzufügen, 1. Godin baut Solid-bodys aus Fichte, allerdings mit
Ahorndecke und Luftkammern drin, ähnlich wie bei den Gretsches.

2. hab ich mal die physikalischen Eigenschaften einiger Hölzer herausgesucht

Fichte

Kenngrössen
Raumgewicht : 0.43 g/ccm
Zugfestigkeit : 80 - 90 N/mm²
Druckfestigkeit : 40 - 50 N/mm²
Biegefestigkeit : 65 - 77 N/mm²
Scherfestigkeit : k.A.
Härte n.Brinell 12% Feuchtigkeit
H BII = 31 N/mm²
H BI = 12 N/mm²


Linde

Kenngrössen
Raumgewicht : 0.49 g/ccm
Zugfestigkeit : 83 N/mm²
Druckfestigkeit : 43 - 53 N/mm²
Biegefestigkeit : 88 - 105 N/mm²
Scherfestigkeit : k.A.
Härte n.Brinell 12% Feuchtigkeit
H BII = 37 - 41 N/mm²
H BI = 13 - 20 N/mm²



Erle

Kenngrössen
Raumgewicht : 0.49 g/ccm
Zugfestigkeit : 71 - 92 N/mm²
Druckfestigkeit : 41 - 54 N/mm²
Biegefestigkeit : 80 - 95 N/mm²
Scherfestigkeit : k.A.
Härte n.Brinell 12% Feuchtigkeit
H BII = 32 - 37 N/mm²
H BI = 7 - 17 N/mm²


Esche

Kenngrössen
Raumgewicht : 0.65 g/ccm
Zugfestigkeit : k.A.
Druckfestigkeit : 50 - 56 N/mm²
Biegefestigkeit : 105 - 110 N/mm²
Scherfestigkeit : k.A.
Härte n.Brinell 12% Feuchtigkeit
H BII = k.A.
H BI = k.A.


Kauri (Agathis?)

Kenngrössen
Raumgewicht : 0.46 g/ccm
Zugfestigkeit : 85 - 197 N/mm²
Druckfestigkeit : 34 - 68 N/mm²
Biegefestigkeit : 60 - 125 N/mm²
Scherfestigkeit : k.A.
Härte n.Brinell 12% Feuchtigkeit
H BII = 7 - 30 N/mm²
H BI = 29 - 57 N/mm²

(Quelle: www.holzwurm-page.de )

Jetzt fehlt nur noch einer der das genau deuten kann. Mir fällt bisher auf, das Fichte eine relativ grosse ähnlichkeit mit Erle besitzt, wenn man die Biegefestigkeit aussen vor lässt. Agathis hingegen tanzt völlig aus der Reihe, sofern ich hier den richtigen Kauribaum gefunden habe. Ausserdem wundert mich hier das Esche als dichter als Erle angegeben wird, wieso dann Lite Ash Telecaster? Vieleicht ist diese Seite doch eher mit vorsicht zu genießen...

MfG
 
Ja, so weit ich weiß verwendet man Fichte (oder Zeder) bei Western- und Konzertgitarren oft für die (schwingende) Decke.
Aber auchbei Akustikgitarren wird Fichte selten für Zargen und Korpusrückseite benutzt, wenn ich mich nicht irre. Für Zarge und Rückseite nimmt man lieber härtere Hölzer wie Palisander, Ahorn oder Mahagoniarten.

Jo, aber in ca. 85-90% aller Fälle wird eine Fichtendecke verwendet und der Korpus wird eben auf die anderen Holzarten verteilt, somit bleibt Fichte das häufigste Holz dort :) Ein Korpus aus Fichte ist mir noch nicht untergekommen. :)


Bei E-Gitarren - da erinnere ich mich gerade an eine Framus...
http://framus-vintage.de/modules/modells/instruments.php?modellID=1496&katID=4626&cl=DE
Sind aber anscheinend nur Decke und Boden aus Fichte, soweit ich "Sandwich-Bauweise" interpretiere.


Das Problem bei Fichte ist weniger das Holz an sich, als viel mehr das Harz, was bei Fichten sehr intensiv und klebrig ist und eben in gewisser Weise wohl dämpfend wirkt.

Ausserdem wundert mich hier das Esche als dichter als Erle angegeben wird, wieso dann Lite Ash Telecaster? Vieleicht ist diese Seite doch eher mit vorsicht zu genießen...
Holz ist eben auch ein Naturprodukt, dem man keine Eigenschaften aufdrücken kann. Esche gibt's von relativ leicht bis saumäßig schwer, durchschnittlich ist's eher schwerer als Erle. Lite Ash bedeutet ja eher, dass leichtere Esche als die schwere Esche verwendet wird, aber was man so hört - da scheint es auch ziemliche Schwankungen zu geben mit Überraschungen, wie schwer manche Lite Ash doch ist...
 
...

Holz ist eben auch ein Naturprodukt, dem man keine Eigenschaften aufdrücken kann. Esche gibt's von relativ leicht bis saumäßig schwer, durchschnittlich ist's eher schwerer als Erle. Lite Ash bedeutet ja eher, dass leichtere Esche als die schwere Esche verwendet wird...

Jo, alles sehr richtig.
Man darf auch nicht vergessen, dass es etliche Arten von Erlenbäumen und Eschen gibt.
Deshalb ist Erle nicht gleich Erle und Esche nicht gleich Esche und Fichte nicht gleich Fichte.
Und innerhalb der selben botanischen Art ist noch mal jeder Baum anders, und ein Stück holz von "weiter oben" kann wieder anders klingen als ein Stück vom selben Baum weiter unten ...

Trotzdem ist Fichte als reines Korpusholz für eine Solidbody (d.h. also keine Halbresonanz oder so) eher ungewöhnlich, und das liegt nicht am hohen Preis, sondern an der geringen Eignung von Nadelhölzern für den Korpus von Solidbodies. Agathis ist übrigens kein Nadelholz im Sinne einer mitteleuropäischen Kiefer oder Fichte.

Tschau
B.
 
Hey fenderfc10,

Jiko hat das Thema Harz ja schon angesprochen, Fichte harzt sehr stark und viel und behält dieses auch sehr lange.
Was mir persönlich noch zu Fichte einfällt:

Fichtenholz ist dafür bekannt sehr viele Astlöcher zu haben, selbst teures Tischlerholz bekommt man selten wirklich astfrei. Deshalb ist es, denke ich, wahrscheinlich teurer astfreies Fichteholz zu bekommen als Essche, Erle,Linde, usw...

Eine weitere Vermutung meinerseits ist, dass Fichte generell ein sehr weiches (vom Härtegrad) Holz ist, man kann mit leichtem Druck des Fingernagels schon große Spuren in der Holzstruktur hinterlassen. Vielleicht wird es auch deshalb nicht gerne verwendet?? Stichwort Langlebigkeit als fertiges Instrument.?

Nachtrag:
Bei der Härteprüfung nach Brinell wird eine Stahlkugel (Durchmesser: 10 mm) mit langsam steigender Belastung 30 Sekunden lang in den Holzkörper (bei 12% Holzfeuchtigkeit) eingedrückt. Die hinterlassene Eindruckfläche der Stahlkugel wird danach ausgemessen und berechnet.

Bei den von dir angegebenen Beispielen sind hier die H BI - Werte interessant, welche für Fichte bei ca. 12 N/mm² liegt, im Vergleich dazu Esche: ca. 38 N/mm².

Mfg Philipp
 
Vielleicht wird es auch deshalb nicht gerne verwendet?? Stichwort Langlebigkeit als fertiges Instrument.?
Das bezweifle ich eher. Bei akustischen Gitarren sind die Decken rund 3mm dick und großteils aus Fichte ;) Und da es auch heutzutage noch Stradivari-Geigen (etc.) von 17xx mit Fichtendecke gibt, die noch gespielt werden.... :rolleyes:
 
Das bezweifle ich eher. Bei akustischen Gitarren sind die Decken rund 3mm dick und großteils aus Fichte ;) Und da es auch heutzutage noch Stradivari-Geigen (etc.) von 17xx mit Fichtendecke gibt, die noch gespielt werden.... :rolleyes:

Da hast du natürlich vollkommen recht!!
Bzw. Soviele sind ja nicht mehr die eine Stradi spielen, zeugt also nicht von Qualität!;)

Mfg Philipp
 
ich habe vor einigen Jahren 5 Gitarren mit Fichtenholzkorpus und geschraubtem Mahagonihals gebaut.

ich habe auch eine aus Fichte gebaut. allerdings mit Ahornhals.

Der Klang hatte wenig Sustain und war eher perkussiv.
das kann ich so nocht bestätigen. bei meiner ist das sustain tierisch! Länger als bei vielen anderen Gitarren! Perkussiv kann man es aber definitiv nennen. die ansprache ist auch recht gut, aber nicht sooo direkt wie bei harthölzern.


Das Holz ist vergleichsweise einfach zu bearbeiten.

das fand ich gerade nicht, da ich sehr große probleme mit ausfransen usw. hatte. eine saubere schnittkante hin zu bekommen erfordert schon etwas...naja... glück :)

Ich fand es schwieriger als bei härteren Hölzern, eine schöne Oberfläche hinzukriegen.
es kommt halt drauf an, was du willst und wie es aussehen soll. ich habe sie einfach abgeschliffen, gebeitzt und dann geölt. mir gefällt das, aber hat natürlich nie die optik einer riegelahorndecke ;)


der sound ist allerdings anderst als erwartet. ich habe in meine zwei 81er EMGs rein gebaut und die klingen sehr fett und untenrum drückend, aber diese highgain-staccato-Rifft funktionieren NULL! es fängt an zu matschen und zu blubbern. was aber cool kommt sind heavy und rock-sachen! da drückt sie ganz schön was weg und der ton steht wirklich ewig. ich würde den sound als weich und warm bezeichnen! mir gefällts, aber würde es nicht immer und für alles verwenden.

mein nächster eigenbau wird wahrscheinlich auch nicht nochmal fichte, aber für meinen ersten bauversuch war es mir zu schade edles tonholz zu kaufen. nur mal so ein paar gedanken, ohne anspruch auf richtigkeit oder allgemeingültigkeit!:)
 
Ich würde sagen, dass Fichte in erster Linie aufgrund der relativ niedrigen Biegesteifigkeit, aber auch durch seine mangelde Härte eher ungeeignet ist. Dass führt dann zu einer Bedämpfung ("-> wenig Sustain"), insbesondere der hohen Frequenzen (-> "mumpfiger Sound, Matschen"). Deshalb wird auch Agathis ein eher mumpfiger, nicht sehr obertonreicher, Sound zugesagt und ist daher auch nicht unbedingt erste Wahl. Vgl. http://www.elektronikinfo.de/audio/elektrogitarre.htm#Holz. Aus Musikersicht sollte man allerdings nicht alle Infos auf dieser Seite auf die Goldwaage legen, weil für den Musiker Nuancen (wie z.B. durch unterschiedliche Harthölzer des Korpus) durchaus entscheidend sein können, aber prinzipiell hat er schon recht.
 
Guten Abend Frama 78,

ich habe mich über Deine Antwort gefreut und werde Dir jetzt antworten:
- Zum Sustain: Damals sollte ich möglichst billig für eine Jugendwohneinrichtung diese Gitarren bauen und habe auch die Tonabnehmer niederohmig selbst gewickelt. Die waren recht höhenlastig im Klang, vielleicht kam daher der Eindruck des geringen Sustains.

- Einfach zu bearbeitendes Holz: Du hast recht, die Kanten fransten beim Sägen schnell aus. Dafür brauchte ich aber für die Halstasche und die Tonabnehmerlöcher-Ränder nicht mal eine Oberfräse. Das konnte ich einfach von Hand stechbeiteln. Nur die Löcherböden musste ich dann maschinell glätten

- Zur Oberfläche: Fichte/Tanne-Naturoptik sah mir zu sehr nach Ikea aus, deshalb wollte ich deckend lackieren. Bei den letzten beiden habe ich dann auch gebeizt. Dabei ist mir aufgefallen, dass durch die Struktur des weichen Holzes die Beize unterschiedlich aufgenommen wurde, das sah ganz gut aus. Die eine Gitarre hieß dann bei den Jugendlichen "Tigerhöschen".

Jetzt wo ich so drüber schreibe, denke ich, vielleicht werde ich mal Tanne mit einem harten Holz kombinieren und hören, wie`s klingt.

Besten Dank an Frama78 für die Anregungen

uwe.s.
 
Als Holz für die Decke (sowohl bei Semiakustikgitarren als auch bei Solidbodys mit aufgeleimter Decke) findet man Fichte schon gelegentlich, von Fender gab's mal eine Sonderserie der Telecaster mit "spruce top".
Leo Fender baute seine allerersten Teles übrigens auch aus Nadelholz, nämlich aus "pine", also Kiefer (wobei's da natürlich auch wieder x Unterarten gibt); Teles mit "pine body" (vor allem "sugar pine") sind in bei den Ami-Edel-Boutique-Kleinsereineherstellern momentan extrem angesagt, klingen angeblich besonders twangig und luftig, und sind v.a. federleicht; allerdings ist halt die Oberfläche ziemlich anfällig für Kratzer und Dellen; ich hab hier selber einen Tele Thinline-Body mit einer Decke aus "redwood" (Mammutbaum - ebenfalls ein Nadelbaum), und die bekommt schon vom scharf anblicken Dellen... Also ideal fpr die "relic"-Fraktion! ;)
 
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