Moll-Tonleitern meistens verfälscht?

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Kamel Leon
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Theoretisch enthält eine Moll-Tonleiter ja genau die gleichen sieben Töne wie die Tonleiter der parallelen Dur-Tonart, also müsste ein Lied in A-Moll theoretisch die gleichen sieben Töne enthalten wie ein Lied in C-Dur, nämlich A, H, C, D, E, F und G. Wenn ich mir aber real existierende Lieder in A-Moll angucke, kommen darin F und G kaum vor, statt dessen viel öfter Fis und Gis. In allen anderen Moll-Tonarten wird es entsprechend genauso gemacht - die beiden Töne, die unterhalb des Grundtons liegen, werden meistens um einen Halbton erhöht. So gesehen fußen diese Lieder ja gar nicht auf einer echten Moll-Tonleiter, sondern auf einer andersartigen Tonleiter, die nicht Dur, aber auch nicht richtig Moll ist. Gibt es für diese "verfälschten" Moll-Tonleitern einen Namen? Und inwieweit wird dieses Phänomen in der Musiktheorie beachtet und behandelt?
 
Eigenschaft
 
Harmonisch Moll und Melodisch Moll.

Harmonisch Moll wird die 7te Stufe erhöht.
Bei A-Moll:
G -> G#

Melodisch Moll wird die 6te und die 7te Stufe erhöht.
Bei A-Moll:
F -> F#
G -> G#

Psi~
 
Harmonisch Moll: 7. Stufe wird erhöht
Melodisch Moll: zusätzlich wird auch die 6. Stufe erhöht.

Der Grund steckt schon in den Namen der Tonleitern. Aus harmonischen Gründen wird die 7. Stufe erhöht. Die Dominante ist jetzt ein Dur- bzw. Dominant-Septakkord und löst sich besser in die Moll-Tonika auf als die Moll-Dominante.
Durch die erhöhte 7. Stufe ergibt sich aber zwischen der 6. und der 7. Stufe eine übermäßige Sekunde. Diesen Bruch im Stufenverlauf kann man durch zusätzliches erhöhen der 6. Stufe verhindern. Der Grund ist also rein melodisch.

Gruß
 
Ich danke euch herzlich für die klare und umfassende Auskunft.
 
um noch etwas Wesenhaftes loszuwerden.....

der besondere Reiz einer dauerhaften und beständigen Verwendung des sogenannten Leittons (ein Halbtonschritt hin zum Grundton) führte dazu, dass die Siebente Tonstufe einer Molltonart immer öfter in der Musikpraxis als das durale Chroma des Tons realisiert wurde. (Das war nicht immer so, aber immer öfter) Daraus ergab sich auch dass die Dominante eine durale terz erhielt und somit ein Derivat des reinen Moll - ehemals äolisch von seiten der Musiktheorie beschrieben worden ist.
Nämlich: harmoschisches Moll - eben mit Leitton!

blöd war an der Skale nur dieser für manche orienatlisch anmutende Tonschritt von der 6. Stufe hin zur 7. - das war jetzt eine übermäßige sekunde (Hiatus genannt), die man nun nicht immer hören will.

Und siehe da - man erinnerte sich an das zweite Tetrachord von Dur (Ganztonschritt-Ganztonschritt-Halbtonschritt)! Und flugs konnte man nun den bösen Hiatus auch noch ausgleichen, indem man die 6. Stufe (wenn sie denn als lineare Bewegung nach oben über den Leiton zum Gruntton gerichtet werden sollte) auch noch eröhte.

eine Tonart - drei Skalen, die nebeneinader existieren! Ein echtes Dilemma - jedoch ganz und gar nicht ungewöhnlich!
 
um noch etwas Wesenhaftes loszuwerden.....
kann ich auch^^

Die eben genannte übermäßige Sekunde wird gerne unsanglich genannt, und will deshalb ausgeglichen werden.

Desweiteren, um mal nur auf das "moll" einzugehen, ist die Terz der entsprechenden Skala entscheident um dieses Charakteristikum zu vergeben; du könntest also theoretisch eine beliebige Skala konstruieren, so lange die Terz klein ist, ist sie moll, ist sie groß, ist es dur.
 
Korrigiere: moll-ähnlich!

Oder nicht einmal das; Lokrisch (oder Lokrisch2 etc.) hat eine kleine Terz, klingt aber nicht wie Moll. Im übrigen empfinde ich auch Phrygisch als nicht besonders mollähnlich. Geht es noch jemandem so?

eine Tonart - drei Skalen, die nebeneinader existieren!

Vier; Dorisch kommt ja noch dazu.
 
Ein interessantes Thema, auch wenn es schon etwas älter ist...

Ich finde es hier interessant, die Tonleitern anhand der Hauptfunktionen darzustellen:

Dur: S T D

(reines) Moll: s t d
Harmonisch Moll: s t D
Melodisch Moll: S t D

Ergänzt man die weiteren Kombinationen von Dur- / Moll-Hauptdreiklängen, so erhält man je vier Tonleitern mit Dur- bzw. Moll-Charakter (abhängig vom Tonika-Dreiklang):

Dur: S T D
"Harmonisch" / vermolltes Dur: s T D
Mixolydisch: S T d
Melodisch Moll V: s T d ("Melodisch Dur")

(reines) Moll: s t d
Harmonisch Moll: s t D
Dorisch: S t d
Melodisch Moll: S t D

Dabei besitzt D - wie bereits erwähnt wurde - den Leitton zum Tonikagrundton. Aber auch s besitzt eine Art abwärtsführenden Leitton zur Quinte der Tonika, der m.M.n. nicht unterschätzt werden sollte.

Tauchen s und D gleichzeitig auf (-> harm. Dur / Moll), so ergeben sich Leittöne zu Grundton und Quinte der Tonika; der Tonika-Dreiklang wird also von einer verminderten Septime umschlossen. Diese ist das Kehrintervall zur übermäßigen Sekunde, die deshalb natürlich auch enthalten ist.

Kirchentonleitern (Ionisch, Mixolydisch, Dorisch, Äolisch) ergeben sich übrigens genau dann, wenn in obiger Darstellung kein Dur-Dreiklang rechts von einem Moll-Dreiklang steht (äquivalent: kein Moll-Dreiklang links von einem Dur-Dreiklang): S T D, S T d, S t d, s t d
Bei Lydisch fehlt die Subdominante, bei Phrygisch die Dominante, und Lokrisch hat nicht einmal eine Dur-/Moll-Tonika, weswegen sie in der Liste nicht vorkommen.

Lokrisch (oder Lokrisch2 etc.) hat eine kleine Terz, klingt aber nicht wie Moll. Im übrigen empfinde ich auch Phrygisch als nicht besonders mollähnlich. Geht es noch jemandem so?
Ich denke Lokrisch und Phrygisch lassen sich besser verwenden, wenn man sie abwärts singt / spielt, so wie es bei den alten Griechen üblich war. Du kannst ja mal Phrygisch vom Grundton abwärts bis zur Unterquarte, -quinte oder -sexte spielen, und dann wieder rauf. Wenn du wieder oben angekommen bist kannst du auch gut den Leitton von oben verwenden (kleine Sekunde über dem Grundton).

Das hört sich dann allerdings ein bisschen so an als ob man Äolisch spielt, nur dass man immer wieder zur Quinte zurückkehrt, statt zum Grundton. Auch müsste man konsequenter Weise den Dreiklang vom Grundton aus in Terzen abwärts stapeln, statt aufwärts, und heraus käme der Moll-Dreiklang, den man üblicher Weise eher Äolisch zuordnen würde als Phrygisch; von daher sind die Grenzen zwischen Äolisch aufwärts und dem Phrygisch abwärts, so wie ich es hier beschreibe, recht fließend.

Spielt man Phrygisch dagegen aufwärts, so macht sich die kleine Sekunde direkt am Anfang bemerkbar, und schon der erste Ton nach dem Grundton unterscheidet sich vom reinen Moll. Auch gibt es wegen der kleinen Sekunde keine Dominante mit reiner Quinte, von daher kann ich deine Bemerkung schon verstehen. Und Lokrisch aufwärts würde ich wegen der verminderten Quinte nicht als Tonart mit Moll-Charakter bezeichnen.


P.S.: Dieser Beitrag enthält subjektive und musikphilosophische Gedanken, die zu Verwirrungen führen können. :D
 

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