J. S. Bach und Seelenverkauf

whitie
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Hey,

ich informiere mich derzeit aufgrund einer Veranstaltung in der Uni über Bach und bräuchte einige Informationen über ihn.
Alles, was ich momentan noch brauche, ist ein Hinweis dazu, dass Bach Gerüchten zu Folge seine Seele verkauft haben soll. Ich weiß das nur, weil ein Dozent dies mal erwähnt hat.
Bislang hab ich aber noch nirgends wirklich was darüber nachlesen können.

Kann mir jemand vielleicht Näheres dazu schreiben oder mir sagen, wo ich was darüber finden kann?

Danke :)
 
Eigenschaft
 
Bach war zutiefst gläubiger Christ. Wenn er an irgendwen seine Seele verkauft hat, dann an Gott. ;)

Alex
 
Der, der seine Seele verkaufte, war Dr. Faustus. In einer fiktiven Geschichte ist das auch durchaus möglich. In der wirklichen Musikgeschichte ist das eher schwierig, denn wer zahlt schon was für eine Seele.
Kannst du verraten, von welchem Dozenten du diesen Blödsinn hast, oder ob du nur Spaß daran hast, einen unsinnigen Thread zu eröffnen?
 
ich hab mich mit Bach noch überhaupt nicht beschäftigt, daher hab ich ja bloß gefragt, ob es in seinem zusammenhang mal so was wie ein "gerücht" gab, was in diese richtung geht, kein grund, meine frage gleich als unsinnig zu betiteln.
und ich wüsste nicht, warum ich hier namen meiner dozenten nennen sollte, da das rein gar nichts damit zu tun hat.

ich kann mich erinnern, da das musiker-board noch freundlich war... vielleicht liegts auch an der uhrzeit... *flüster*
 
Was zur... im wahrsten Sinne des Wortes Hölle?

"Gerüchten zufolge" hat schon so ziemlich jeder erfolgreiche / gute Musiker seine Seele verkauft. Wissenschaftlich (was ich jetzt mal als Anspruch für jede Betrachtung im Rahmen einer Hochschule sehen würde) belegt ist natürlich nichts - alleine deshalb weil "Seele" (was auch immer man darunter verstehen möge; wenn es um's Verkaufen ebendieser geht aber wohl durchaus im transzendenten Sinne, also nicht als bloßer Sammelbegriff der persönlichen Eigenschaften) kein messbares (und kein reeles?) Konstrukt ist...
 
Bach hat zu Lebenszeiten ziemliche Ablehnung erfahren, es gibt Werke von ihm, die als unhörbar galten. Das berühmteste Beispiel ist hier die Matthäus-Passion.

Gut vorstellbar, dass ihm in diesem Zusammenhang auch vorgewworfen wurde, er habe seine Seele verkauft.
 
Bach war zutiefst gläubiger Christ. Wenn er an irgendwen seine Seele verkauft hat, dann an Gott. ;)

Um seine Seele dem (Christen)Teufel zu verkaufen muss man zwangsläufig gläubiger Christ sein, oder?
 
Um seine Seele dem (Christen)Teufel zu verkaufen muss man zwangsläufig gläubiger Christ sein, oder?
Ich würde eher unterstellen, dazu müsste man sich vom christlichen Gott abwenden. :gruebel:

Ein Christ wird man nicht dadurch, dass man die Existenz des christlichen Gottes vermutet, sondern dass man in den Bund mit ihm eintritt. Das eine setzt das andere voraus, aber nicht umgekehrt. :)

Jak 2,19-20: "Du glaubst, dass es nur einen Gott gibt? Da hast du Recht! Das glauben auch die Dämonen, und sie zittern vor Angst! Aber trotzdem bist du ein Dummkopf! Wann wirst du einsehen, dass ein Glaube, der nicht zu guten Taten führt, wertlos ist?"

Alex
 
Wissenschaftlich belegt ist natürlich nichts - alleine deshalb weil "Seele" kein messbares Konstrukt ist...
In der Kunst/Musik/Philosophie/Theologie gibt es so Manches was nicht messbar ist. Ideen und Zeichen, Dinge die zwischen den Zeilen stehen. Man sagt das Eine, aber was meint man damit wirklich...
"Bach hat seine Seele verkauft" muss ja nicht zwangsläufig so gemeint sein, dass er einen Käufer gefunden hat der Geld gegen Seele tauscht. "Cash for Soul - heute Komponistenrabatt"

Ich denke der Dozent des Threaderstellers hat es etwa so gemeint, wie mal ein Dozent auf eine Frage eines Studenten:

Student: "Ich habe gehört Schubert soll ja auch schwul gewesen sein. Stimmt das?"
Professor: "Klar - waren die doch alle. Außer Bach und Mozart natürlich! Alle schwul!"
:gruebel: :D
 
Paganini wurde ernsthaft vorgeworfen, mit dem teufel im bunde zu sein, sein sarg stand ca. 50 jahre herum, da er nicht in geweihte erde gehörte. Leider wahr, aufklärung war 1840 nicht nicht angekommen bei den prälaten in Nizza und Genua, vom papst ganz zu schweigen.
Da Bach zu seinen lebzeiten völlig unbedeutend war, wird kein teufel mit ihm ein geschäft gemacht haben.
 
Günter Sch.;4755640 schrieb:
Da Bach zu seinen lebzeiten völlig unbedeutend war, wird kein teufel mit ihm ein geschäft gemacht haben.
Posting des Tages. Äußerst pragmatische Herangehensweise. Geradezu profilermäßig. ;)

Peace and Love :)

Alex
 
Ohne jetzt alles gelesen zu haben, über den guten Paganini wurde damals, auch wegen seines etwas schreckhaften Aussehens und seinen unglaublichen Spielfertigkeiten gesagt, er habe einen Vertrag mit dem Teufel bzw. seine Seele verkauft (scheinbar jedoch nur scherzhaft, sonst hätte man damals wohl schnell gebrannt, tzz Menschen und Religion), also vieleicht verwechselst du die beiden.
 
Allgemein bekannt ist, dass Robert Johnson seine Seele dem Teufel verkauft hat, aber das war im 20. Jahrhundert. ;);)
Von Bach habe ich auch noch nie so etwas gelesen.
 
Ach, der Paganini war's. Tja, bei dem kann es angehen: sauschwer, was er geschrieben hat, und jeder Beseeltheit entratend. Der hat damals mit dem Teufel folgenden Pakt geschlossen: "Ich mache", sprach der Teufel, "dich zum berühmtesten Geiger aller Zeiten und zaubere dir alle erdenklichen Fiedel-Fertigkeiten an, wenn du mir dafür deine kompositorischen Gedanken verkaufst." Paganini ging drauf ein und komponierte hinfort ohne Seele und Gedanken ziemlich blödes Zeugs, das jedoch selbst Musiker-Kollegen wegen seiner Virtuosität die Münder offenstehen ließ. An wen der Teufel Seele und Gedanken weiterverkauft hat, wird zur Zeit noch erforscht ...
 
Ncht alle völker haben die deutsche "tiefgründigkeit", sie lieben den schönen klang.
Es war mal mode, Liszt als salonkomponisten zu bezeichnen, "ja", meinte mein lehrer, "das sagen die, die ihn nicht spielen können!". Ich habe gerade Schumanns Paganini- transkriptionen auf dem pult und habe mein freude dran.
 
Wenn bestimmte menschliche Fähigkeiten unerklärlich erschienen, war man früher sehr schnell dabei, einen Pakt mit dem Teufel zu unterstellen. (Die Hexenverbrennungen lassen grüßen.)

Über Bach existiert wohl keine entsprechende Legende, wohl aber von dem Zeitgenossen Tartini (1692-1770), ganz besonders über den "Teufels-Geiger" Paganini oder auch den Orgelbauer Gabler (Vox humana):

Legende der Teufelstrillersonate von Tartini:

"Eines Nachts träumte mir, ich hätte einen Pakt mit dem Teufel um meine Seele geschlossen. Alles ging nach meinem Kommando, mein neuer Diener erkannte im voraus all meine Wünsche. Da kam mir der Gedanke ihm meine Fiedel zu überlassen und zu sehen was er damit anfangen würde. Wie groß war mein Erstaunen, als ich ihn mit vollendetem Geschick eine Sonate von derart erlesener Schönheit spielen hörte, dass meine kühnsten Erwartungen übertroffen wurden. Ich war verzückt, hingerissen und bezaubert; mir stockte der Atem, und ich erwachte. Dann griff ich zu meiner Violine und versuchte die Klänge nachzuvollziehen. Doch vergebens. Das Stück, das ich daraufhin geschrieben habe, mag das Beste sein, das ich je komponiert habe, doch es bleibt weit hinter dem zurück, was ich im Traum gehört habe."
Giuseppe Tartini
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Tartini#Legende_der_Teufelstrillersonate
Auszug:

Paganini:

Er wurde gefeiert wie ein Popstar, adelige Damen fielen reihenweise in Ohnmacht, wenn er spielte - ob in Mailand, Wien, Paris oder Berlin. Doch schon bald kam das Gerücht auf, es könne nicht alles mit rechten Dingen zugehen, Niccolò Paganini (1782-1840) habe seine Seele dem Teufel verschrieben. Schlimmer noch: Die G-Seite seines Instruments, auf der er die abenteuerlichsten Kunststücke vollbrachte, sei aus dem Darm einer von ihm gemeuchelten jungen Geliebten gefertigt. Dem Gerücht ist Paganini zeitlebens nicht mehr entronnen. Die Zeitungen spielten hier eine verhängnisvolle Rolle. Auch die Kirche war bis zuletzt beim Mobbing in vorderster Linie dabei und verweigerte dem Künstler sogar jahrzehntelang eine letzte Ruhestätte.
Werner Fuld: Paganinis Fluch, 276 Seiten, Hardcover, Schöffling & Co
'Ja, mein Freund', fuhr er fort, 'es ist wahr, was die ganze Welt behauptet, daß er sich dem Teufel verschrieben hat, Leib und Seele, um der beste Violinist zu werden, um Millionen zu erfiedeln, und zunächst, um von der verdammten Galeere loszukommen, wo er schon viele Jahre geschmachtet. Denn sehen Sie, Freund, als er zu Lucca Kapellenmeister war, verliebte er sich in eine Theaterprinzessin, ward eifersüchtig auf irgendeinen kleinen Abate, ward vielleicht cocu, erstach auf gut italienisch seine ungetreue Amata, kam auf die Galeere zu Genua und, wie gesagt, verschrieb sich endlich dem Teufel, um loszukommen, um der beste Violinspieler zu werden und um jeden von uns diesen Abend eine Brandschatzung von zwei Talern auferlegen zu können... Aber, sehen Sie! Alle gute Geister loben Gott! sehen Sie, dort in der Allee kommt er selber mit seinem zweideutigen Famulo!'
Heinrich Heine in "Florentinische Nächte"


Vergeblich versuchte Paganini dem "teuflischen" Mythos entgegenzutreten:

Ueber Paganinis Leben hatten sich die merkwürdigsten Mythen ausgebildet, die durch sein ungewöhnliches Aussehen, seine fast gespensterhafte Magerkeit und sein blasses Gesicht, auf welchem, wie Heine schreibt, Kummer, Genie und Hölle ihre unverwüstlichen Zeichen eingegraben hatten, gefördert wurden. Paganini trug übrigens durch sein excentrisches Benehmen selber nicht wenig zur Verbreitung dieser Mythen bei. Nur einmal, in Paris, fühlte er sich veranlaßt, den Fabeln, die in den Zeitungen über ihn berichtet wurden, entgegenzutreten. In einem Briefe, den er in der »Revue musicale« veröffentlichen ließ, schilderte er selbst sein Leben und führte dort den Nachweis, daß er weder seine Geliebte ermordet noch im Gefängniß gesessen, noch sich dem Teufel verschrieben habe. Er schloß mit der Hoffnung, man werde wohl seiner Asche einst die verdiente Ruhe gönnen. Doch auch diese Hoffnung sollte sich nicht erfüllen! Selbst eine Marmorbüste, die man Paganini in der Villetta di Negro zu Genua geweiht hatte, verschwand spurlos von jener Stätte.
http://www.gutenberg.org/files/30042/30042-h/30042-h.html

Stimmen von wichtigen Zeitgenossen:

"Mittwoch. Paganinis erstes Concert. Ich werde mir Zeit nehmen, mehr über dieses höchst wunderbare, unbegreifliche Talent, über diesen Menschen, der das Aussehen eines wahnsinnigen Mörders und die Bewegungen eines Affen hat [zu schreiben]. Ein übernatürliches, wildes Genie. Er ist höchst aufregend und pikant."
Fanny Mendelssohn

"Auf der Bühne kam eine Gestalt zum Vorschein, die der Unterwelt entstiegen zu sein schien. Das war Paganini in seiner schwarzen Gala. Der schwarze Frack und die schwarze Weste von einem entsetzlichen Zuschnitt. [...] Ist das ein Lebender, der im Verscheiden begriffen ist und der das Publikum in der Kunstarena, ein sterbender Fechter, mit seinen Zuckungen ergötzen soll? Oder ist es ein Toter, der aus dem Graben gestiegen, ein Vampir mit der Violine, der uns, wo nicht das Blut aus dem Herzen, doch auf jeden Fall das Geld aus der Tasche saugt?"
Heinrich Heine

"Paganini kündigte das Unmögliche an - und verwirklichte es dann."
Hector Berlioz

aus Renate Hellwig-Unruh in: Der Teufelsgeiger


Über den Orgelbauer Gabler (1700–-1771) wird folgende Sage erzählt:

Gabler arbeitete jahrelang daran, die menschliche Stimme nachzuahmen. Doch trotz aller Anstrengungen misslangen alle seine Versuche. Er bearbeitete die verschiedensten Holzarten und Metallmischungen, jedoch ohne den gewünschten Erfolg. Da flüsterte ihm der Böse bei Nacht ins Ohr, dass er ihm helfe, wenn er ihm seine Seele verschreibe.

Gabler ging darauf ein und in einer stürmischen Nacht schlich sich Gabler aus dem Kloster fort an den vereinbarten Platz. Und der Leibhaftige erschien tatsächlich, Gabler verschrieb dem Teufel mit seinem Blut die Seele und erhielt dafür ein Stück Metall, das er zum Pfeifenguss verwenden sollte.

Die Pfeife wurde gegossen und tatsächlich erklang die Vox humana wie eines Menschen Stimme. Doch sein Glück währte nicht lange. Die Mönche waren von dem Gesang so verwirrt, dass sie den Gottesdiensten nicht mehr mit Andacht folgen konnten. Der Abt lässt Gabler vorführen und der gesteht die Tat. Es wird Gabler der Prozess gemacht und er soll samt dem Teufelsregister verbrannt werden. Vorher sollte er aber einen würdigen Ersatz herstellen. Dieser gelang Gabler so gut, dass der Abt ihm gnädig das Leben schenkte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Orgel_der_Basilika_St._Martin_(Weingarten)

Viele Grüße

Klaus
 
Interessanter Beitrag, die Sache mit Orgelbauer Gabler war mir bislang nicht bekannt.
Das Thema, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen, ist häufig aufgetaucht in der Literatur und Kunst und auch der Musik.

Wer es noch nicht kennen sollte, dem sei mal von Strawinsky "Die Geschichte vom Soldaten" empfohlen, nach Texten des Dichters C.F. Ramuz.
Auch die musikalische Verarbeitung finde ich äußerst gelungen.
 

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