Symphonic/Operatic Metal - Gesangstechnik? (weiblich)

  • Ersteller Sunny_Hunny
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Jetzt mal zum Thema "Probleme mit Belt":

Hatte ich am Anfang auch, ganz extrem sogar. Ich hatte eine jahrelange klassische Ausbildung hinter mir, bevor ich den Schwenk zu MT gemacht habe. Das prägt, sowohl die Einstellung des Kehlkopfs, die Art des "Mixes", wie auch die Einstellung des Ansatzrohrs. Jahrelange Angewohnheit stellt man nicht so einfach um, und die klassische Einstellung (die in Teilen lyrischem Popgesang sehr verwandt ist) ist so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was Du beim Belten brauchst. Insbesondere der (für Belt) zu frühe Tilt, eine zu flache Zungenposition plus zu viel hintere Weite sind da oft ein extremes Problem (ich versteh' schon, was broeschies meint, wenn ich es auch im vorliegenden Fall nicht so extrem finde). Man KANN das umstellen, wenn man will, es dauert aber, und alte Angewohnheiten zu durchbrechen ist schwer und oft frustrierend - das ist eigentlich das, woran es oft scheitert.

Ich widerspreche ehrlich gesagt ein bisschen, wenn es heisst "nicht jede/r kann belten". Oder, sagen wir's mal so: Es stimmt, dass nicht jede/r es kann, das hat aber nichts mit physiologischer Unfähigkeit, sondern mit technischer Gewohnheit und mentaler Einstellung zu tun. Ich konnte Belt bislang noch jedem beibringen, der es wirklich lernen wollte und eine gewisse Frustrationstoleranz mitgebracht hat ;).
Die richtige technische Einstellung in Übungen kriegen die meisten schon nach zwei oder drei Stunden hin (wenn das nicht der Fall ist, kann der Lehrer es entweder nicht unterrichten, oder der Schüler blockt, wenn vielleicht auch unbewusst - Belt erfordert am Anfang schon ein bisschen Mut zur Hässlichkeit ;)). ABER: Es dauert wesentlich länger, bis das in Songs sicher zur Verfügung steht. Oft viele Monate, je nach stimmlichen Angewohnheiten. Ganz einfach deswegen, weil das Instrument immer wieder in die gewohnte Einstellung zurück will. Das ist das, was man so schön "muscle memory" nennt, und bei Sängern kann das eben auch schon mal gegen einen arbeiten. Beim Belt oft leider: Je "schöner" und lyrischer geführt eine Stimme, desto länger dauert's. Da kann es für eine Zeit sogar mal angebracht sein, gewisse Singstile und Songs zu "verbieten", damit auch wirklich keine Gefahr besteht, wieder in alte Angewohnheiten zurückzufallen. Ihr merkt also: Man muss das wirklich, wirklich wollen.

Viele geben einfach zu früh auf. Ist auch keine Schande, denn wenn man so eine schöne Stimme hat wie Sunny, kann man genug anderes singen und da absolut toll und authentisch drin klingen. Wenn man aber WILL, arbeitet wie ein Tier und sich nicht entmutigen lässt, kann m.E. nach jede/r lernen, zu belten. Anatomisch spricht da nichts dagegen - bei niemandem, der einen normalen Kehlkopf und keine Stimmbandpathologien hat.

Edit: Es gibt ja auch diverse Belting Substyles (der Begriff an sich heisst ja erstmal nicht viel), und man kann da auch Kompromisse machen - von eher randstimmigem Extremtwang zu Heavy Low Belt ist es ja noch ein Stück. Muss man halt ausprobieren, was authentisch klingt und sich gleichzeitig nicht so anfühlt, als würde man sich stimmlich zu sehr verbiegen. Die Wahl hat man nicht immer (Musical Theatre ist z.B. sehr reglementiert), aber doch oft.
 
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Diskussion zu Sunny_Hunnys Hörprobe abgezweigt: https://www.musiker-board.de/contem...ul-etc-voc/502156-stimme-nicht-so-robust.html

Das prägt, sowohl die Einstellung des Kehlkopfs, die Art des "Mixes", wie auch die Einstellung des Ansatzrohrs. Jahrelange Angewohnheit stellt man nicht so einfach um, und die klassische Einstellung (die in Teilen lyrischem Popgesang sehr verwandt ist) ist so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was Du beim Belten brauchst. Insbesondere der (für Belt) zu frühe Tilt, eine zu flache Zungenposition plus zu viel hintere Weite sind da oft ein extremes Problem (ich versteh' schon, was broeschies meint, wenn ich es auch im vorliegenden Fall nicht so extrem finde). Man KANN das umstellen, wenn man will, es dauert aber, und alte Angewohnheiten zu durchbrechen ist schwer und oft frustrierend - das ist eigentlich das, woran es oft scheitert.
Ja, genau das. Ich finde auch nicht, dass der klangliche Effekt insgesamt extrem ist. Was fürs Belten halt sehr ungünstig ist, ist diese flache, etwas hinten sitzende Zungenposition.
 
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Ich widerspreche ehrlich gesagt ein bisschen, wenn es heisst "nicht jede/r kann belten". Oder, sagen wir's mal so: Es stimmt, dass nicht jede/r es kann, das hat aber nichts mit physiologischer Unfähigkeit, sondern mit technischer Gewohnheit und mentaler Einstellung zu tun. Ich konnte Belt bislang noch jedem beibringen, der es wirklich lernen wollte und eine gewisse Frustrationstoleranz mitgebracht hat ;).
Die richtige technische Einstellung in Übungen kriegen die meisten schon nach zwei oder drei Stunden hin (wenn das nicht der Fall ist, kann der Lehrer es entweder nicht unterrichten, oder der Schüler blockt, wenn vielleicht auch unbewusst - Belt erfordert am Anfang schon ein bisschen Mut zur Hässlichkeit ;)). ABER: Es dauert wesentlich länger, bis das in Songs sicher zur Verfügung steht. Oft viele Monate, je nach stimmlichen Angewohnheiten.

Dieses Durchhaltevermögen haben aber nicht alle - und Mut zur Häßlichkeit erst recht nicht.
Ich habe nie behauptet, daß anatomische Gründe gegen das Belten sprechen - es sind eher persönliche, die muß man dann aber auch akzeptieren. Wenn man keine professionelle Musicalkarriere anstrebt, gibt es ja auch keinen zwingenden Grund, warum man belten lernen muß.
Eine Schülerin von mir hat es so ausgedrückt: ich finde es unangenehm, und ich mag auch nicht so laut sein.
Sie hat es auch nie wirklich hingekriegt und mittlerweile sind wir gänzlich davon abgekommen.
 
Völlig d'accord, Bell, schrieb ich ja auch. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man keine Angst haben muss, weil man eine vermeintlich sanfte oder "empfindliche" Stimme hat, wie hier ein paarmal erwähnt. Man macht sich da nichts kaputt, wenn man es vernünftig lernt.
Ich weiss aber auch, dass manche Schüler genau deswegen nicht in den richtigen Sitz kommen, weil sie sich sozusagen selbst mental ausbremsen und unterbewusste Angst haben, sich Schaden zuzufügen. Das ist total legitim, und erzwingen sollte man sowieso nichts. Es geht halt nur um die, die es wirklich wollen - ist das der Fall, muss man sich nicht mit einem "meine Stimme ist dafür nicht geeignet" zufrieden geben:
Jede Stimme (physiologisch gesehen) ist prinzipiell fürs Belten geeignet, aber nicht jeder Sänger (mental gesehen) - weil zum Singen eben mehr gehört als nur die Stimme...
 
S'braucht also vom Feeling her ein gutes Gefühl.... :D

Unsere Sunny ist derweil ins Klassik-UFO entwichen, menno. :p
 
Völlig d'accord, Bell, schrieb ich ja auch. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass man keine Angst haben muss, weil man eine vermeintlich sanfte oder "empfindliche" Stimme hat, wie hier ein paarmal erwähnt. Man macht sich da nichts kaputt, wenn man es vernünftig lernt.
Ich weiss aber auch, dass manche Schüler genau deswegen nicht in den richtigen Sitz kommen, weil sie sich sozusagen selbst mental ausbremsen und unterbewusste Angst haben, sich Schaden zuzufügen. Das ist total legitim, und erzwingen sollte man sowieso nichts. Es geht halt nur um die, die es wirklich wollen - ist das der Fall, muss man sich nicht mit einem "meine Stimme ist dafür nicht geeignet" zufrieden geben:
Jede Stimme (physiologisch gesehen) ist prinzipiell fürs Belten geeignet, aber nicht jeder Sänger (mental gesehen) - weil zum Singen eben mehr gehört als nur die Stimme...

Das sehe ich nicht ganz so. Klar, wenn man wirklich will und mental dazu bereit ist, dann kann man es auch lernen, wenn man nicht als geborener Belter/in auf die Welt gekommen ist. Aber es gibt sie, die empfindlichen Stimmen.
Meine ist sehr robust und hat mir vieles verziehen - und tut es noch. Auf der Bühne neigte ich immer gerne dazu, sämtliche "ökonomischen Gesangstechniken" über Bord zu werfen und ordentlich Gas zu geben. Bisher ist es gut gegangen - es geht schon seit Jahrzehnten gut ;)
Ich kenne allerdings Sänger/innen (darunter leider viele Musical-Leute), die massive Probleme bekommen haben. Bis zum Stimmverlust.
Ich habe auch Schülerinnen, die sehr schnell heiser werden, bei denen die Stimme nicht belastbar ist - da bin ich mit Beltingübungen sehr vorsichtig und bevor nicht die Kopfstimme ordentlich aufgebaut ist, mache bei ihnen nix in der Richtung.
 
Weil es für Sunny vielleicht relevant sein könnte, wollte ich noch gerne anmerken, dass wenn man beide Stile (klassische Kopfstimme und Belting) lernen will, das besser nacheinander und nicht gleichzeitig machen sollte. Da die Einstellungen tatsächlich gegensätzlich sind (kl. Kopfstimme viel Kuppelklang, runde Mundöffnung, großes Ansatzrohr; Belting stark vordersitzig, evtl. mit eher eckiger Mundöffnung, kleineres Ansatzrohr als Klassisch), kommt man nur durcheinander, wenn man beides parallel zu lernen versucht. Ich selbst hab es zwar andersrum gelernt (klassische Kopfstimme vor Belting), aber ich tue mich wirklich schwer die Gewohnheiten abzulegen. Ich kann mir vorstellen, dass es besser ist erst Popgesang zu lernen, wobei man ja auch an der Kopf- und Mischstimme arbeitet und sich Belting nicht so falsch anfühlt, weil es näher am Sprechen liegt. Wenn man dann darin gefestigt ist, kann man Klassischen Unterricht nehmen und die Kopfstimme klassisch ausbilden. Wichtig ist es, dass man im Popstil gefestigt ist, denn sonst fällt einem das "Umschalten" schwerer.
Am einfachsten ist wenn man entweder Contemporary oder Klassisch singt. In dem Genre machen eh die wenigsten das Umgeschalte und ich weiß auch nicht, ob das überhaupt so gut ankommt, vor allem, wenn dann keins so ganz überzeugend ist (ich find After Forever und erst recht Revamp von der Musik her jedenfalls schrecklich, auch wenn Floor ne super Technik hat). Ich mach zwar auch beides, aber bisher nie in einem Song. Meine eigenen Songs sind entweder komplett modern gesungen oder komplett mit klassischem Ansatz.
Und wenn man tatsächlich zu den Sängerinnen gehört, denen es schwer fällt zu Belten (weil Stimme super empfindlich ist, man Angst hat laut zu sein, sich nicht traut mal so richtig hässlich zu klingen, etc.), sollte man tatsächlich überlegen, ob es das überhaupt braucht.

Und Sunny hat ja wohl schon so eine supertolle Stimme, die mMn nicht nur bühnenreif, sondern sogar überfällig ist! Meine Liebe, ich singe jetzt schon seit rund 10 Jahren in Bands und ich habe am Anfang nicht mal ansatzweise so gut gesungen wie du! Es passiert so gut wie nie, dass man irgendwo als Anfänger startet und schon alles perfekt ist! Gerade Bandsingen lernt man nur durch Praxis und es bringt einen als Sänger extrem weiter!
 
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Genau so ist es, Vali, nichts hinzuzufuegen.
 
He, Sunny, merkste was? Wir wollen dich auf der Bühne sehen/hören!! :D
 
Ok, um mal wieder zum Thema zu kommen: Um so singen zu können wie die Damen muss man v.a. eine Technik haben, die das dauerhafte Singen mit vergleichsweise hohem Atemdruck erlaubt, also eher Richtung Belting. Das Hinzunehmen von bestimmten Techniken, die den Klang klassischer werden lassen bzw. das frühe Wechseln in die Randstimme ist dann eher Bonus.

Die große Schwierigkeit hat Bell* nämlich im Prinzip schon beschrieben. Im Umfeld einer lauten Rock-Band ist es EXTREM schwierig klangorientiert zu singen. Ich habe mal mit einer Symphonic Metal Band geprobt die zuletzt einen Opern-Sänger am Mikrofon hatte. Der hatte wirklich eine echte klassische Technik und hat die Band auch verlassen um sich primär auf seine Opernkarriere zu konzentrieren. Trotzdem hat er es bei der Band nicht geschafft seine klassische Technik auch einzusetzen und ist in eine Singweise mit höherem Atemdruck verfallen, ziemlich genau so wie es auch Tarja macht.

Gleiches gilt auch z.B. für die Band Falconer, die ich sehr gerne höre. Die haben einen Musical-Bariton am Mikrofon, der am schwedischen Staatstheater singt und dementsprechend normalerweise im Mix beltet und dies auf den Studio-Aufnahmen auch tut. In Live-Situationen hingegen verfällt er regelmäßig ins Ruf-Belten, verschiebt also seinen Stimmsitz und singt mit mehr Atemdruck, was man ihm auch anmerkt, denn seine gesangliche Ausdauer ist mit seiner Metal-Band wesentlich geringer als bei seinen Musical-Auftritten.

Kurz gesagt: Auch wenn die Techniken im Symphonic Metal sich an anderen Genres orientieren mögen. Die primäre Gesangseinstellung bei lauter Rock-Musik ist und bleibt das Belting.
 
Ich kann dem nicht so zustimmen. Könnte ja sein, dass das bei Männern zutrifft, die tatsächlich eher belten, aber bei Frauen in dem Genre ist das nicht immer so. Bei Tarja höre ich jedenfalls nirgends Belting! Ich würde auch niemals von der einen Band bei der du warst auf die Allgemeinheit schließen. Richtige Klassiker in einer lauten Metalband sind es oft nicht gewöhnt, dass es so laut ist und meist ist das Monitoring schlecht bzw. die Bandkollegen viel zu laut. Natürlich presst der Sänger dann. Mich wunderts auch nicht, wenn live viele Sänger ins Pressen rutschen, aber deswegen ist das noch lange nicht normal/typisch/die Regel. Viele hauen live auch gerne mal ne Schippe drauf und nehmen mehr Brustanteil in ihre Belts, bzw. belten Stellen, die sie in der Studioaufnahme nicht belten. Das ist aber Absicht, um live mehr Intensität zu bringen. Schließlich wird live mit weniger Effekten und ohne Doppelung gearbeitet. Man muss auch beachten, dass die Soprane, die da singen jetzt nach klassischer Hinsicht technisch auch eher mittelmäßig einzustufen sind.
Jedenfalls gibt es genügend Symphonic Metal Bands, die zeigen, dass zumindest Frau sehr wohl ohne Belt oder ausschließlich mit Klassischer Gesangstechnik bestehen kann!

Ein paar Nicht-Tarja Beispiele:







Ich hör da kein Belt und es funktioniert doch. Ich finde nicht, dass Belten-können eine Grundvoraussetzung ist, um überzeugend bei einer Symphonic Metal Band zu singen.
 
Ich wollte auch nicht sagen, dass man Belten im eigentlichen Sinne beherrschen muss, aber eben das dauerhafte Singen mit erhöhtem Atemdruck, eben genau das was Tarja macht und was Sunny als "druckvolle, breite Kopfstimme" bezeichnet hat. Die Grundeinstellung dabei ist denke ich recht ähnlich wie im Belt und basiert eher auf einem Pushing von Atemdruck als auf einem besonders filigranen, abschlankenden Stil. Gerade aufgrund dieser Einstellung würde Tarja wohl in der Klassik als technisch eher mittelmäßig eingestuft, obwohl ich mir vorstellen kann, dass sie echten klassischen Gesang durchaus beherrscht.

Ich bezweifle auch nicht, dass das bei vielen Absicht ist, in Live-Auftritten druckvoller zu singen, aber ich habe zumindest Live noch nie "echten" klassischen Gesang in einer Metal-Band gehört. Da kommt man um ein gewisses Pushing nicht herum, wenn man so singen will.
 
Ich sehe da keine Verwandtschaft mit Belting. Im Gegenteil. Wenn die Kopfstimme groß werden und einen umpusten soll, wird mit großem Ansatzrohr (tiefer Kehlkopf, viel hintere Weite, viel Kuppelklang), weit vertikal, runden geöffneten Mund, aber trotzdem randstimmig gesungen. Wer da versucht zu pushen, hat verloren, verliert sogar an Lautstärke und Klangqualität. Belting hat eine ganz andere Grundeinstellung, kleineres Ansatzrohr, stark vordersitzig, mit mehr oder weniger Twang und tendenziell eckigere Mundöffnung mit Zahn und vollstimmiger. Ich schrieb ja schon, dass die Techniken so gegensätzlich sind, dass man sie schlecht parallel lernen kann. Wenn du aber meinst, dass man eine gut trainierte, zuverlässige Stütze haben muss, dann gebe ich dir recht.
Dass man bei Metalband bisher keinen richtigen Klassischen Gesang gehört hat, ist klar. Die die es richtig gut können, singen halt im klassischen Umfeld und eben nicht in ner Metalband. Die wenigsten sind überhaupt studierte Sängerinnen. Auch wenn ich viele der Sängerinnen der bekannten Bands verehre, mMn pushen die einfach aus technischem Unvermögen, aber nicht weil sich das für den Stil gehört. Mit weniger Pushen würde man auch länger durchhalten. Man muss sich ja nur Soprane aus der Topliga anhören. Das ist an Power ne ganze Hausnummer größer. Aber ganz egal, ob jetzt Klassisch oder Belting, man kann Symphonic Metal auch mit kleiner Stimme singen. Am extremsten finde ich die Sängerin von The Sins Of Thy Beloved. Die piepst ja nur und das vor einer brachialen Gitarrenwand.

Und nein, Tarja ist auch rein klassisch mMn nur Mittelklasse, was natürlich nichts dran ändert, dass sie DIE Stilikone ist.
http://www.youtube.com/watch?v=X7MNiVrF4ik (<-- für den Laien tönts natürlich super, aber darum gehts nicht)
 
Wenn du aber meinst, dass man eine gut trainierte, zuverlässige Stütze haben muss, dann gebe ich dir recht.
Ja, im Prinzip das. Man muss halt sehr viel aktiv mit dem Atem arbeiten ähnlich wie beim Belting. Man hört auch schön im Vergleich des klassischen Tarja-Videos das du gepostet hast zu den Nightwish-Sachen, dass sie in der klassischen Variante deutlich anders singt. Auch wenn sie insgesamt nur Mittelklasse ist, würde ich schon sagen, dass ihre Technik hier eher klassisch ist und definitiv anders als bei Nightwish.

Ich bezweifle halt allgemein, dass eine rein-klassische, sehr stark klang-fokussierte Technik im Umfeld einer lauten, elektrisch verstärkten Band überhaupt möglich ist. Deshalb ist es halt wichtig, dass man das unweigerlich auftretende Pushen durch entsprechende Atemtechnik abfangen kann.

Wer stark twangt und piepsig singt, hat es da natürlich deutlich leichter, das wäre eben die Alternative, wobei es auch hier schonmal passiert, dass man in eine belt-ähnliche Einstellung rutscht.
 
Nur mal kurz, weil ich schlafen will :D

Mit Tarja muss man etwas vorsichtiger sein, denn sie singt mit Absicht bei Nightwish anders! Siehe dieses Interview Frage 8: http://www.metal-temple.com/site/ca...urunen.htm?keep_has_js=1&keep_session=1770859

In Once you're using a much softer voice, less operatic. In my opinion it sounds much better than Century Child. Considering though that your area of expertise is operatic vocals, did you feel weird or perhaps uncomfortable?

I feel very comfortable with Once because I have tried to change my singing style with Nightwish already since Century Child because Tuomas requested that, the songs requested that. Also it's easier for more people to listen to this kind of voice. It has been hard work and I didn't manage to do that on Century Child, I was not very happy with it. On Once it's all very natural, how I'm singing and what I'm singing. But as I said, it has been really hard work because I've been a classical singer for the last ten years so it was hard to start over again and think of different styles. Of course I'm always singing with my classical techniques, I never sing with my poor speaking voice - I cannot do that anymore\[laughs]! So now I'm very comfortable with what Tuomas has done because he was able to write for my voice; it was also a lesson for him as it was for me.

Sie sang also nicht anders, weil sie sich nicht durchsetzen konnte (mit richtig klassischer Technik würde sie sich mMn sogar so richtig durchsetzen), sondern weil Tuomas Holopainen einen, ich sag mal salopp, mainstreamtauglicheren, poppigeren Gesang haben wollte.
 
Da geht es um ihre Stiländerung mit dem Album Century Child und noch ein wenig mehr mit Once. Da ist aber die Hauptänderung, dass sie zumindest auf den Alben etwas mehr in Richtung Pop singt mit etwas mehr Twang und leicht geringerer hinterer Weite. Aber auch auf den früheren Alben singt sie nicht wirklich echt klassisch.

Ich habe mal irgendwo ein Interview mit Tuomas zur gleichen Frage gesehen, in dem er sinngemäß geantwortet hat: "Wir wollten etwas weg vom lauten, vollen Gesang hin zu einem etwas leichteren Stil". Und genau so würde ich Tarjas Gesang auch beschreiben: Klassische Elemente ja, aber der Fokus ist mehr auf Lautstärke als auf "Schönklang". Live hat sie aber auch nach Once oft eher ihren früheren Stil zum Besten gegeben.
 
Wieso jetzt "mehr auf Lautstärke"? Der kontemporale Gesang , gerade in der Randstimme, müsste doch leiser sein als der klassische? Oder liegt da ein Mistverständnis meinerseits vor?
 
Wieso jetzt "mehr auf Lautstärke"? Der kontemporale Gesang , gerade in der Randstimme, müsste doch leiser sein als der klassische? Oder liegt da ein Mistverständnis meinerseits vor?

Der Fokus in ihrer älteren Singweise war mehr auf Lautstärke. Bei Live-Auftritten klang sie aber auch nach Once eher noch wie früher (also laut). Auf dem eigentlichen Album Once hört man aber schon, dass sie etwas softer und poppiger singt. Wobei man natürlich sagen muss, dass es auch im echten klassischen Gesang traditionell einen gewissen Fokus auf Lautstärke im Sinne von Tragfähigkeit gibt, diese wird aber, wie Vali schon schrieb, nicht primär durch Atemdruck erzeugt.
 
@ Broeschies

Dauernd sprichst du vom "pushen" und singen "mit mehr Atemdruck". Ich glaube, du verstehst da ein paar Dinge, gerade was Klassik betrifft, aber auch was Belting betrifft nicht ganz richtig. Hast du überhaupt eine annähernde Vorstellung wie laut klassischer Gesang ist (und sein MUSS) und wie tragend? Also echter klassischer Gesang? Gerade die Soprane sind ganze Häuserblocks weit hörbar, ich habe das oft erlebt, als ich noch klassische Gesangskurse mitgemacht habe. Die sind so tragend (=laut), WEIL sie über ein großes Orchester singen müssen und zwar ohne Mikro. Technisch hat Vali das schon beschrieben: Großes Instrument und ich füge hinzu = Großer Atem. Denn ohne den starken und entsprechend eingesetzten Atem kannst du ein großes Anzrohr nicht ausnutzen. Der Atem ist dafür die Grundvoraussetzung. Die Frage ist da nicht, wie man es sich leichter machen kann durch Twang oder was weiß ich was für Ausweichtechniken: In der Klassik wird trainiert was das Zeug hält.
Gutes Belting braucht ebenso viel Atempower (Ich nenne es bewusst nicht "Druck"). Da kommst du einfach nicht drum herum, denn wenn dein Atem zu schwach ist musst du Abstriche am Klang machen. Ich erlebe das immer wieder bei mir und meinen SchülerInnen: Wenn die SchülerInnen sich auf das Atemtraining einlassen machen sie Quantensprünge in jeder Hinsicht. Das gilt eigentlich für jeden Stil, der mit sehr viel Dramatik gesungen wird. Das Symphonic Metal gehört da ohne Zweifel dazu, aber auch Soul und Rock und Musical, wo ja auch enorm viel gebeltet wird. Live ist das alles natürlich noch eine ganz besondere Härte. Das wird aber auf Dauer niemand gut verkraften, der nicht fit ist mit der Atmung (und Körper). Daß die Symphonic-Metal Sängerinnen nicht komplett klassisch singen liegt meines Erachtens an der Stilempfindung und überhaupt nicht daran, daß es klassisch nicht ginge.
Letztendlich muss JEDER Gesang, der tragfähig, laut und einigermaßen ökonomisch für das Organ sein soll klangorientiert - und damit auch atemorientiert - sein. Twang hin oder her. Das ist doch keine Lösung für alle möglichen Schwächen. In den Power-Stilen kann man mal ein paar ganz hohe Töne "twangen" um sie zu verkleinern (Was dann aber kreischig und eigentlich nicht "schön" klingt"). Aber grundsätzlich muss man da schon ein wenig mehr können. Tarja kann das offensichtlich, das hat sie lange genug bewiesen. Und jeder der genannten Sängerinnen löst es auf ihre Weise. Sharon den Adel hat in dem von Vali verlinkten Video schon ganz schön viel markiert. Und sie hatte Unterstützung vom Band. Da waren definitiv mehr Stimmen zu hören als nur ihre und mehr als man auf der Bühne an Sängerinnen sah ;-)

Lange Rede kurzer Sinn: Klangbildung und Atem(power) gehören einfach zusammen. Ohne entsprechenden Atemeinsatz kannst du als SängerIn keine Klangfülle produzieren. "Druck" ist keine Alternative, weil dadurch der Sound nur magerer wird und man zudem Einbußen an der Klangschönheit hat. Von den Folgen dauerhaft unökonomischen Singens mal ganz zu schweigen. Twang ist auch nur bedingt eine Alternative, weil er den Klangraum zu stark verkleinert und daher nölig oder kreischig klingt. Das geht einfach nicht für jeden beliebigen Stil.

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Wobei man natürlich sagen muss, dass es auch im echten klassischen Gesang traditionell einen gewissen Fokus auf Lautstärke im Sinne von Tragfähigkeit gibt, diese wird aber, wie Vali schon schrieb, nicht primär durch Atemdruck erzeugt.

Das siehst du komplett falsch. Sorry, aber du hast keine Ahnung wie gerade für klassischen Gesang der Atem trainiert wird. Wir haben doch in der Atem-FAQ die Atemübungen beschrieben. Ich kenne Sängerinnen, die machen 1000 Stück von den starken sch sch sch jeden Tag für ihren Sound. Das ist keine Frage, ob man das will oder gut findet oder nicht. Man macht das einfach weil es notwendig ist. Klassik braucht einfach diese große Klangfülle und Tragfähigkeit. Ohne den entsprechenden Atem wird das nichts, da machst du dir was vor. Im Symphonic braucht man nicht ganz so konsequent und kultiviert sein, was den Klang angeht, weil man ja mit Mikroverstärkung singt. Und da wird eben auch merh Trickserei toleriert (Stimmen vom Band zum Beispiel).

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Wieso jetzt "mehr auf Lautstärke"? Der kontemporale Gesang , gerade in der Randstimme, müsste doch leiser sein als der klassische? Oder liegt da ein Mistverständnis meinerseits vor?


Das ist total richtig. Im Pop sind die Klangideale ganz andere. Und man singt mit Mikro. Deshalb kann man es sich hier leisten (Was ja auch schön ist) mal ganz zart und weich und leise zu sein. Ganz intim. Da geht man ganz nah ans Mikro und braucht nur noch zu flüstern. Das ist der Vorteil von Popgesang, daß eben auch die ganz zarten Klänge einsetzbar werden.

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Ich bezweifle halt allgemein, dass eine rein-klassische, sehr stark klang-fokussierte Technik im Umfeld einer lauten, elektrisch verstärkten Band überhaupt möglich ist. Deshalb ist es halt wichtig, dass man das unweigerlich auftretende Pushen durch entsprechende Atemtechnik abfangen kann.

Wer stark twangt und piepsig singt, hat es da natürlich deutlich leichter, das wäre eben die Alternative, wobei es auch hier schonmal passiert, dass man in eine belt-ähnliche Einstellung rutscht.

Arrrgh, es sträuben sich mir die Haare. Wer twangt und piepst hat es leichter in einer elektrisch verstärkten Band?! Wohl kaum. Das sind Ausweichmechanismen und die führen dann nur zu leicht zum drücken und schieben, was gar nicht gut ist für die Stimmgesundheit und dem Klang auch abträglich.
Eine Vollklassische Stimme könnte sehr wohl in einer Rockband singen. Zumal wenn sie auch ein Mikro hätte. Nur entspricht das nicht dem Klangempfinden der Stilistik. Und man muss auch bedenken, daß die Orte an denen Rockbands im Allgemeinen auftreten soundmäßig oft eher suboptimal sind. Opernhäuser dagegen sind extra geschaffen um dort zu singen.

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Ich sehe da keine Verwandtschaft mit Belting. Im Gegenteil. Wenn die Kopfstimme groß werden und einen umpusten soll, wird mit großem Ansatzrohr (tiefer Kehlkopf, viel hintere Weite, viel Kuppelklang), weit vertikal, runden geöffneten Mund, aber trotzdem randstimmig gesungen. Wer da versucht zu pushen, hat verloren, verliert sogar an Lautstärke und Klangqualität.

Ganz genau

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Aber mal was ganz anderes: Ich musste gerade echt lachen über die Klischees in den gezeigten Videos: Immer wieder 3 bis 4 langhaarige Typen, die auf ihre E-Gitarren eindreschen und ein Glockenstimmchen im romantischen Kleid. Es sind auch immer die gleichen Gesten, die die Sängerinnen machen und immer das gleiche Gehabe der Musiker.
 
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