Posaune, Probleme mit der Höhe

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Hallo liebe Community!
Vielleicht das Wichtigste zuerst: Ich habe eine festsitzende Zahnspange (seit 2 Jahren) und spiele seit 4 Jahren Posaune, davor 5 Jahre Tenorhorn
Wie ihr wahrscheinlich meiner Überschrift schon enttnehmen könnt habe ich in letzter Zeit immer mehr Probleme mit der Höhe, obwohl ich nun schon seit gut 1 Jahr täglich mindestens 1 Stunde übe. Doch irgenwie schaffe ich es trotz dem konsequenten Üben nicht meine eher schwache Höhe zu erweitern (bis ca. a', das b' is schon nicht mehr so schön).
Daher meine Frage an euch: Könnt ihr mir irgendwelche Tipps bzw. Erfahrungen mit Zahnspangen und zum Erweitern des Tonumfanges mitgeben/sagen sodass sich das Üben auch ein wenig auszahlt.

Lg und besten Dank im voraus

Ps. In gut einem halben Jahr werd ich die Spange rausbekommen: Ist danach eine Besserung in Sicht?
 
Eigenschaft
 
Hallo

Hmmmm...

ich bin nun alles andere als ein Spezialist für Zahnprobleme - das Thema Zahnspange hatten wir hier aber schon mehrmals.

Wie sieht es mit der grundlegenden Ansatztechnik aus. Ich meine von hier, Probleme könnte vor allem erhöhte Mundstück -Druck
in den höheren Lagen machen.
Wie "drucklos" spielst Du? Vielleicht solltest Du darauf die Aufmerksamkeit richten.

Hast Du einen Lehrer? Was sagt der?

Allgemein ist eine gute Höhe so eine spezielle Sache - und bedarf konsequentes Training - wenn ich auch schon Leuten begegnet
bin denen dies irgendwie auch von der Natur in die Wiege gelegt wurde.

Mein Tipp: locker bleiben (vor allem Druck weg) und trotzdem dran bleiben.


LG
Bernd
 
Doch irgenwie schaffe ich es trotz dem konsequenten Üben nicht meine eher schwache Höhe zu erweitern (bis ca. a', das b' is schon nicht mehr so schön).
Dass dich die Zahnspange einschränkt, ist klar.
Aber wenn trotz der Gewöhnung in den letzten beiden Jahren und dem konsequenten Üben nun eine Verschlechterung passiert ist das ein deutlicher Hinweis auf "Baustellen". Damit meine ich die Folgen von Fehlern, die unbemerkt geübt werden und bisweilen wie bei dir in Richtung Sackgasse führen.

Deshalb ist eine Voraussage unmöglich, was nach der Zeit mit der Spange passieren wird. Manchmal verschwinden Probleme tatsächlich, weil man beim Üben unterm Strich mehr richtig als falsch macht. Manchmal passiert das leider nicht.

Ich habe so etwas selbst erlebt. Das ist inzwischen länger her und vollzog sich über gut 4 Jahre.
Nachdem ich bemerkte, dass ich mich verschlechtere, nahm ich mir drei Jahre lang einen sowohl qualifizierten wie letztlich hilflosen Lehrer.
Am Ende unserer Zusammenarbeit hatte ich buchstäblich überhaupt keinen Ansatz (dafür Kieferzittern) und auch keine brauchbare Atmung mehr.

Geholfen haben dann ein kompletter Neuaufbau der Technik durch einfache Erkenntnisse, die mich wieder in die Spur gebracht haben.
Zentrale Aufgabe: prüfe die Parameter deines Spielens.
Dabei kann eine fachkundige Hilfe in deiner Nähe zunächst sehr vorteilhaft sein. Letztlich geht es aber darum, dass Du dich selbst analysieren und korrigieren kannst, um deine Entwicklung voran zu bringen.
Darum geht es konkret:
  • Wie ist bei dir der Ablauf bis zum Ton (Körperhaltung, Instrumentenhaltung, Atmung, Ansatz, Zunge...)?
  • Wie und was übst Du (Aufbau der täglichen Übungen, Übungstechniken, Übungsablauf, Rückmeldungssystem)?
Vielleicht hast Du ja Interesse, über dein Üben unter diesen Apekten oder anderen Vorschlägen aus der Runde hier zu diskutieren.

Gruß Claus
 
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Hallo Claus!
Danke für deine schnelle Antwort.
Vielleicht sage ich zuerst ein bisschen was über mich selbst: Ich habe zurzeit (seit ca 4 Wochen) keinen Lehrer mehr, da dieser in Pension ging. Jedoch bekomme ich in 2 Wochen eh schon wieder einen neuen jungen Lehrer. Doch wirklich weiterhelfen konnte mir mein alter Lehrer mit der Zahnspange auch nicht wirklich.
Zu meinem Ansatz: Ich setze ziemlich mittig an sowohl vertikal als auch horizontal (vllt ein klein bisschen oberhalb, aber kaum merkbar), jedoch merke ich, dass sobald es in die höhere Oktave geht mein Mundstück leicht nach oben wandert (ist das schlimm). Meiner Meinung spiele ich sehr druckarm, dass heißt einen Abdruck nach dem Spielen sehe ich sowieso nie und auch sonst übe ich sehr wenig Druck aus. Ich versuche auch immer mehr, mir eine Zwerchfellatmung anzugewöhnen. Beim Üben selbst stehe ich meist aufrecht da und könnte da keine Auffälligkeiten bemerken.

Mein Übenprogramm sieht so aus:
15 min einspielen (Töne aushalten, Bindeübungen, Tonleiter inkl. Dreiklänge und verschiedene Variationen)
30 min Übungen (Bindeübungen in höherer Lage (wie gesagt leider komm ich nur bis zum as'), als auch in tiefer Lage zur Entspannung, Etüden und sonstige Konzertstücke)
15-30 min Stücke für Musikverein/Orchester (bin "leider" in meinem Verein zum 1. Posaunisten "befördert" worden, doch seit meinem letzten Zahnarztbesuch ist alles noch schlimmer geworden - mein Kiefer/Zähne mussten sich innerhalb 3 Tage um 2mm verschieben, vielleicht ist das auch der Grund für den Höhenverlust)

wenn dann noch Zeit übrig bleibt buzze ich auch hin und wieder

Ich hoffe du hast einen kleinen Einblick über mich bekommen und hoffe du kannst mir so ein paar wertvolle Tipps mitgeben :)
Lg
 
Ich hoffe eigentlich mehr auf die Posaunenkollegen... :)

Ein paar Vorschläge habe ich aber trotzdem, wenn auch ganz aus der Erfahrung auf der Trompete. Ich habe zwar eine King 4B mit Quartventil, spiele sie aber aus Zeitmangel praktisch nicht mehr.

Zum Ansatz halte ich mich zurück, aus der Ferne lässt sich da nur das Allgemeine sagen und mit der Zahnspange liegt ja eine besondere Situation vor.
Da kann der künftige Lehrer hoffentlich besser mit dir arbeiten.


wenn dann noch Zeit übrig bleibt buzze ich auch hin und wieder
Welches Ziel hat dann dein Buzzing?
Ich habe hier im Board öfter beschrieben, dass diese Technik für mich zur effektivsten Übungstechnik wurde, die ich kenne.
Methodisch gehört die Aktivierung von Ansatz und Atmung m.E. an den Anfang des Übens, es ist nun einmal die absolute Grundlage von Allem.

Ein guter Anfang ist das Lip Buzzing, denn das geht nur bei gestützter Atmung - wenige Minuten täglich genügen.
Dazu stelle ich in den nächsten Tagen hier ein praktisches Beispiel (Soundcloud) samt Notation ein.

Zum Mundstück Buzzing mit den riesigen Posaunenmundstücken kann ich mich methodisch nicht äußern, da fehlt mir jede Erfahrung.
Was die Trompete bestrifft, mache ich fast nur das Lip Buzzing als erste Einheit der täglichen Routine.
Das Mundstück Buzzing habe ich gemacht, als mein Atem/Ansatzsystem noch keine Balance hatte. Praktisch gesagt, wenn sich der Klang mies angehört hat und_oder ein Ton im oberen Register "eigentlich" noch erreichbar sein sollte, aber die "Tagesform" das nicht zuließ.
Da half es sehr, wenn ich das Instrument erst einmal zu Seite legte, die Atmung mit ein paar Luftstößen aktivierte (wie beim Lachen, Husten oder dem ersten Atemstoß zum Aufblasen eines Ballons) und die entsprechende Passage ein paar Mal allein auf dem Mundstück zum Klingen brachte.


Ich versuche auch immer mehr, mir eine Zwerchfellatmung anzugewöhnen.
Du weißt aber schon, dass der Begriff "Zwerchfellatmung" eigentlich keinen Sinn macht?
Das Zwechfell ist ein kuppelförmiger Muskel, der sich abflacht, wenn er sich zusammenzieht.
Lässt man den Vorgang natürlich geschehen, wird der Bauch von den verdrängten Eingeweiden etwas nach außen gedrückt. Zugleich werden im Brustkorb die Lungen gedehnt und in ihnen ein Unterdruck erzeugt. Dieser Unterdruck bewirkt das Einsaugen von Atemluft.
Das Zwerchfell entspannt sich einfach, wenn die Luft ausgeatmet wird.
Das machst Du automatisch richtig, seit Du als Baby auf die Welt gekommen bist.
Und was genau willst Du dir da jetzt angewöhnen und wie? :D

Es geht beim Spielen von Blechblasinstrumenten um etwas anderes, nämlich die angemessene Unterstützung der Ausatmung durch die Rumpfmuskulatur.
Wenn Du deine Atmung in Schwung bringen willst, kannst Du ein paar Ausatemstöße machen und am Ende jeder Ausatmung bewusst einfach loslassen.
Es ist eher ungünstig, wenn man die Einatmung schon kontrollieren will, bevor es "automatisch" richtig funktioniert.

Das Kapitel Atmung ist schon sicher zentral, aber aufgrund von verschiedenen "Bläser-Mythen" auch ein strittiges Thema.
Ein sehr einfaches Modell ohne medizinischen Anspruch stellt der herausragende Trompeter Christoph Moschberger in seinem Workshop vor.
Der Nutzen besteht darin, dass man es sehr gut als Grundlage beim täglichen Üben anwenden kann.
Wenn Du eine gute 3/4 Stunde Zeit hast, kann ich dir seinen Clip deshalb sehr empfehlen.
https://www.facebook.com/musikhaust...berger-live-aus-treppendorf/2178670769046813/

Deine Tonleitern und Akkordbrechungen kannst Du ebenfalls sehr gut zur Aktivierung der "richtigen" Atmung und Stütze verwenden, außerdem kann man damit auch sehr solide eine sehr gute Höhe aufbauen, wenn tägliches Buzzing und Beachten der Atemtechnik die Voraussetzungen dafür schaffen.
Ich notiere meinen entsprechenden Vorschlag für dich angepasst und stelle dann die Noten hier als PDF ein.

Gruß Claus
 
Moin,
das ist sehr komplex. Daher ist auf diesem Weg eine Hilfe schwierig, es gibt zu viele Detail-Rueckfragen.

Ich finde einen youtube Beitrag von Charlie Porter sehr auf-den-Punkt. Allerdings nennt er nicht die 4. Stellschraube: Form der "Düse". Leider.
Die Beschreibung der übrigen drei Funktionen ist aber klasse.

Da Du anscheinend fest steckst , könnte eine "Dysfunktion" vorliegen. Also so eine Art Funktionsstörung.
Falls Du alleine nicht weiter kommst, brauchst Du einen guten Lehrer, der sich mit Ansatz
bzw. Funktionsstörungen beim Blech wirklich auskennt. Davon gibt es in Germany nur sehr wenige....
Aber wenn Du das Internet gezielt durchsuchst, wirst Du bestimmt fündig. Viel Erfolg.
 
Hallo @music4live, zum Thema Atmung habe ich mal einen etwas ausführlicheren Beitrag geschrieben, den ich hier der Einfachheit halber vollständig zitiere, damit ich nicht alles neu schreiben muss:

Geht jetzt allerdings reichlich OT, aber ich bin´s ja selber schuld, habe ich das Thema Atmung doch selber angesprochen ...

Als Musiker-Dipokinesiopaede ("Dispokineter") sehe ich das natürlich grundsätzlich so, dass man die Atmung nicht "Üben" kann, da es sich zunächst um eine weitgehend vegetativ gesteuerte Körper-Funktion handelt, und die kann man nicht üben wie eine Tonleiter, man kann auch seine Verdauung nicht "üben" (wohl aber durch eine ausgewogenen, gesunde Ernährung unterstützen). Wobei das Prinzip der rein vegetativen Steuerung für unsere Atmung im Schlaf völlig gilt, für unsere Atmung im Wachen tagsüber nur bedingt und für Bläser/Sänger insofern noch weniger, als wir ja sehr bewusst Atmen und mit dem ausströmenden Atem unsere Musik machen und den Klang formen. Dabei gilt allerdings, dass die bewusste Atmung funktional nicht anders verlaufen soll als auf der vegetativen Ebene, da wir uns sonst Fehl-Atemstereotype einhandeln und damit Atemnot und das Gefühl von Luftknappheit, was uns schlussendlich beim Musizieren einen dicken Strich durch die Rechnung machen würde.
Es gilt für Bläser/Sänger, in kurzer Zeit die nötige Menge Luft ein zu atmen und mit dieser unsere nächste Phrase zu formen. Immer viel einatmen zu sollen ist also schon mal ein in vielen Fällen falscher Rat. Beim Dosieren der Ausatmung hilft uns an der Klarinette und am Saxophon (aber auch Oboe, Fagott, Trompete u.a.m.) die schöne "Engstelle" zwischen Blatt und Mundstück (sozusagen eine funktional positive Stenose), die immer nur eine begrenzte Menge Luft durchlässt, wobei wir qua Ansatz und Intensität des Luftstroms die Dynamik gut steuern können.

Wie geht denn nun das Ein- und das Ausatmen? Weiß man nach dem Betrachten der Videos oder dem Lesen der Texte jetzt wirklich Bescheid und ist man schlauer? Ich denke, nicht wirklich. Das meiste sind nur Allgemeinplätze, es gibt wohl einige hilfreiche Tipps (z.B. das mit der "Kerze ausblasen", was aber wohl schon jeder kennt), aber manches ist mindestens aus anatomischer Hinsicht falsch und grober Unfug.
So ist z.B. das Zwerchfell kein aktiver Ausatem-Muskel! Wie bei allen Muskeln können sich die Muskelfasern des Zwerchfells nur zusammen ziehen (kontrahieren) und nicht wieder aktiv ausdehnen. Dazu Bedarf es im Zusammenspiel der Muskeln eines oder mehrerer Antagonisten. Das Zwerchfell kann man sich in etwa im Querschnitt entspannt als eine Arte Melone (Hut) vorstellen und wenn es kontrahiert, also zusammenzieht, dann flacht sich diese "Melone" ab, das Zwerchfell geht nach unten und da es das ´angehängte´ Lungenfell (genauer den Pars diaphragmatica der Pleura visceralis) mitzieht, vergrößert sich das Volumen der Lunge und Luft strömt in sie hinein. Auf dem Weg nach unten schiebt das Zwerchfell die Eingeweide vor sich her (sie dabei sanft massierend) und dadurch erhöht sich der intraabdominale Druck, d.h. es baut sich eine Spannung auf. Lässt man das Zwerchfell dann los, entspannt es sich wieder und der vorher aufgebaute intraabdominale Druck baut sich wider ab, indem die Eingeweide das Zwerchfell wieder in seine Ausgangs-Ruhelage zurück schieben.

Das ist aber nur die Ruheatmung oder die rein vegetative Atmung im Schlaf. Um der Klarinette einen Ton zu entlocken oder gar einen forte-Ton, bedarf es mehr als nur dieses normalen intraabdominalen Drucks.
Wie geht es also dann?

Der Ausgangspunkt ist (für einen Dispokineter sowieso) immer die eingenomme Haltung und ihr Ausdruck. Steht (bzw. sitzt) jemand spannkräftig, aktiv aufgerichtet oder schlaff, losgelassen, eingesunken? Im letzteren Fall wird die Atmung nicht frei und spannkräftig funktionieren können, der Ton klingt schnell flach, trägt nicht, das Spielen wird schnell anstrengend und um irgendetwas zu retten, werden dann alle möglichen kompensatorischen Sperenzien mit dem Ansatz gemacht - mit den bekannten mehr als mageren und unsicheren Ergebnissen.
Es gilt also, zuallererst eine spannkräftig aufgerichtete Haltung aufzubauen. Dazu hier nur in aller Kürze einige Stichworte: Der Ausgangspunkt ist immer der gute und aktive Bodenkontakt, bei dem der Fuß, insbesondere der Vorderfuß aktiv den Boden "anfasst", so als ob man sich bildlich gesprochen am Boden mit den Vorderfüßen ein wenig festhalten wollte wenn eine starke Windböe von vorne einen umzuwehen droht (aber bitte alles gut dosiert und niemals übertrieben). Wenn die Körperreflexe nicht durch ein starkes Fehlhaltungs-Stereotyp womöglich schwach sind und funktional eingeschränkt wurden, wird man unmittelbar spüren, wie sich der Unterbauch (dort wo der Musculus Pyramidalis sitzt, der mittig am Schambein ansetzt) reflektorisch anspannt und damit zusammen eine gewisse, nicht wirklich starke Spannung in der Bauchdecke entsteht. Ebenso spannt sich der Beckenboden an (das kann man mit der Vorstellung unterstützen, den Anus ein klein wenig einzuziehen, so als ob man "einen Wind nicht fahren lassen möchte"). Wie gesagt, im Prinzip sollte das qua körpereigener Reflex auf den Bodenkontakt einfach so entstehen, es geht hier im Grundsatz nicht um´s "Machen", wobei man die Beckenbodenspannung und die Unterbauchspannung schon ein wenig aktiv intensivieren kann.

Was hat das nun mit dem Zwerchfell zu tun und mit der Atmung?
Sehr viel, im Wesentlichen ist diese aktive, spannkräftige Haltung die Grundlage und der Raum, auf dem sich die Atmung erst einmal ohne weiteres Zutun entfalten kann.
Wenn das Zwerchfell nämlich auf seinem Weg nach unten etwas mehr Widerstand erfährt, der vom Beckenboden, dem Unterbauch und der moderat (!) mit angespannten Bauchdecke über die Eingeweide weiter gegeben wird, dann, und wirklich erst dann, kann dieser Muskel seine Kraft voll entfalten, denn jeder Muskel braucht einen gewissen, dosierten (!) Widerstand um voll kontrahieren zu können (der sog. myostatische Reflex). Dann kann das Zwerchfell seinen maximalen Hub ausschöpfen (den es in der Ruheatmung nicht braucht) und das Lungenvolumen deutlich mehr erweitern, es fällt mehr Luft in die Lunge. Diesen großen Hub kann man dadurch spüren - und auch sehen -, dass sich dabei die Flanken und die Bauchdecke etwas nach außen bewegen. Eine fest angespannte Bauchdecke würde das Zwerchfell in seiner Bewegung nach unten blockieren.
Wiederum reflektorisch beteiligen sich die Zwischenrippenmuskeln an dem Ganzen, indem sie die Rippen etwas auseinander spreizen (auch hier ein "Geschehen", kein "Machen"!).
Nun kann sich die Lunge sehr gut füllen und hätte, wenn wir wirklich mal ganz tief einatmen, ihre maximale Füllung. Aber wie gesagt, maximal muss nicht immer sein.
In diesem gut geweiteten, ´offenen´ Raum, der praktisch den ganzen Rumpf umfasst, hat sich sozusagen von alleine eine gewisse Spannung aufgebaut, die schon für deutlich mehr Spannkraft im Ausatem sorgt als es bei der rein vegetativen Atmung der Fall war. Durch den guten, aktiven und angemessen intensiven Bodenkontakt zusammen mit der dadurch hervorgerufenen Unterbauchspannung/Beckenbodenspannung kann durch eine zusätzliche gut dosierte Intensivierung vor allem letzterer die zusätzliche "Stütze" aufgebracht werden, die wir für einen vollen, raumfüllenden Ton (sowohl im piano als auch forte) brauchen. Ohne den Körper zu überfordern oder gar gegen ihn zu arbeiten. Die Muskeln der Bauchdecke sind dabei immer Synergisten (unterstützend) und nicht Agonisten - also nie mit "Bauchpresse" ausatmen.
Jetzt wird auch klar, warum die oben erwähnte "Engstelle" am Mundstück unsere Ausatmung unterstützt: Auch hier wird der myostatische Reflex wirksam, indem die Ausatemmuskeln schon alleine dadurch besser kontrahieren können, weil sie gegen diesen Widerstand (der wiederum auch nicht zu groß sein darf) arbeiten müssen.
Wenn man so will, ist der ganze Rumpf der Antagonist zum Zwerchfell.

Das im Video von D. Juchem gezeigte aktive heraus-Drücken des Bauchs (so sieht es jedenfalls aus) ist absolut kontraproduktiv, denn das vermindert den intraabdominalen Druck und man verringert damit sein Atemvolumen. Wenn das jemand sehr stark macht, kann man sogar sehen, wie dabei das Brustbein zum Körper hin einfällt!

Bei der nächsten Phrase soll man seine Luft ganz ausatmen (bis auf das unvermeidliche Residualvolumen natürlich und möglichst ohne zusätzlich zu Pressen), denn nur dann ist wieder genug Platz in der Lunge für die nächste Einatmung. Eine gute Ausatmung stimuliert eine gute Einatmung (G.O. van de Klashorst). Außerdem sollte schon deshalb möglichst alles ausgeatmet werden, damit ein vollständiger Luftaustausch stattfindet, denn die CO2-haltige Luft in der Lunge muss raus und frische Luft mit mehr Sauerstoff muss hinein. Wer zu viel Luft in seinen Lungen belässt und in der Art einer Schnappatmung immer nur etwas oben drauf setzt, wird bald in arge Atemnot kommen, denn die Luft in der Lunge enthält dann immer weniger und irgendwann zu wenig Sauerstoff - sehr unangenehm!

Ich musste hier ein wenig ausholen, aber ich hoffe, dass klar wurde, wie schön unser Körper die höhere Anforderung an die Ausatmung bewältigen kann und im Endeffekt mit welcher Leichtigkeit, die das Spielen einer Klarinette mit sich bringt ("kompressive Ausatmung"). Allein dadurch, dass wir das Vermögen unseres Körpers und seiner natürlichen Reflexe nutzen.
Das meint der Ausdruck "der Musiker ist/spielt disponiert".

Ich hoffe, Du kannst diesem Beitrag einige für Dich relevante Informationen entnehmen.

Besonderes Augenmerk in Hinsicht auf eine gut ansprechende, stabile und sauber intonierte Höhe bei Bläsern, und vor allem auch den Tonumfang nach oben hin betreffend solltest Du auf die Beckenbodenspannung legen.
Ist der Beckenboden instabil oder gar schlaff, geht ein mehr oder weniger großer Teil der Ausatem-Energie sozusagen verloren und es sind immer die hohen Lagen, die dann zuerst instabil werden bzw. wegbrechen oder eben erst gar nicht erreichbar sind.

Viel Erfolg!
 

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