Flamenco lernen

FrankyFrank
FrankyFrank
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
09.06.22
Registriert
08.03.21
Beiträge
2
Kekse
0
Hallo,

ich spielen seit ungefähr Ende Januar Gitarre und übe momentan viel Fingerübungen und Songs mit Tabs. Ich habee aber noch nicht richtig ein Musikstil gefunden in das ich mich hineinstürzen will, bis jetzt. Der Flamenco Spielstil interessiert mich sehr momentan und ich würde gerne wissen, was man alles für Theoretisches Wissen mitbringen/erlernen sollte, um schonmal ein gutes Grundgerüst zu haben. Was für Akkorde sollte man können ? Was in der harmonielehre hilft einfach generell?

Ich freue mich auf eure Antworten!
 
Eigenschaft
 
Ich übe auch etwas Flamenco das ich als sehr schwer empfinde vor allem die Techniken der rechten Hand erfordern viel
Geschick und Übung und sind essentiell für Flamenco- vor Allem die Kombination dieser diversen Techniken. Da sind Akkorde
erstmal nicht so wichtig. Ein gutes Grundgerüst ist die spanische Gitarrenschule (fängt bei Null an mit Haltung und Noten)
Das ist aber nur die Meinung von mir der eigentlich gar keine Ahnung vom Flameco hat.
Die richtigen Flamencospieler lernen das von klein auf.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Der Flamenco Spielstil interessiert mich sehr momentan und ich würde gerne wissen, was man alles für Theoretisches Wissen mitbringen/erlernen sollte, um schonmal ein gutes Grundgerüst zu habeein n.
Flamenco ist zwar ein eigener Musikstil mit einem eigenen Repertoire und einer teilweise eigenen Spieltechnik, aber die elementarsten praktischen und theoretischen Grundlagen unterscheiden sich zunächst nicht wesentlich von denen der Konzertgitarre. Du solltest also zumindest wissen, was ein angelegter Anschlag oder ein Arpeggio ist, oder was einen Durakkord von einem Mollakkord unterscheidet.
Da Flamencogitarristen auch im Solospiel überwiegend in Akkordgriffen und harmonischen Zusammenhängen denken, solltest du zunächst die "klassischen" Basisakkorde (Dur, Moll, Septimakkorde, jeweils als E-, A- und D-Typ) und ihre Transposition mit und ohne Barré sicher beherrschen. Technisch reichen zwei bis drei sicher beherrschte Rasgueadovarianten für den Anfang völlig aus - wichtiger ist es, die richtigen Akkorde rhythmisch sicher ("a compás") an den richtigen Stellen spielen zu können.

Brauchbares YT-Material setzt meist elementare Spanischkenntnisse voraus, etliches ist aber auch selbsterklärend. Ich kann hier die Videos des Kanals von Toma Flamenco empfehlen, da wird die ganze Bandbreite des Themas von Leuten abgedeckt, die nicht nur herumschwätzen, sondern auch wissen, was sie tun. Zumindest kannst du hier eine Ahnung davon bekommen, worum es geht und wie es klingen sollte.
Wenn du dir ein Lehrwerk zulegen möchtest, kann ich die mittlerweile zwar etwas in die Jahre gekommenen, aber immer noch sehr soliden Methoden von Juan Martín empfehlen (die Video-Kurse sind teilweise auch auf YT zu finden). Die fangen fast auf Null an und sind auch ohne Lehrer im weiteren Aufbau gut nachvollziehbar. Die in Deutschland recht bekannte Schule von Graf-Martinez schlägt nach meiner Ansicht methodisch zu viele Haken, ist sprachlich nicht immer auf dem Punkt und teilweise in ihrem besserwisserisch-belehrenden Unterton etwas nervig (eben "tipico alemán"), und verspricht letztlich mehr, als sie inhaltlich einlösen kann.

Auch wenn es momentan nicht anders geht: Flamenco ist nichts für Stubenhocker, sondern lebt von der persönlichen Interaktion. Die Ausbildung der spanischen Flamencogitarristen läuft daher nach wie vor meist über die Stationen Tanzbegleitung - Gesangsbegleitung - Duospiel - Solospiel. Das ist in Deutschland nicht immer realisierbar, aber vielleicht gibt es bei dir vor Ort ja eine spanische Community oder ein Studio für Flamencotanz, um erste Kontakte aufzubauen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich habe erst ziemlich gezögert, hier zu schreiben. Warum? Ich spiele keinen Flamenco. GAR KEINEN. Und das, obwohl ich schon Jahre Gitarre übe und wohl die allerbesten Voraussetzungen dafür hätte, Flamenco zu lernen.
Denn ich verbringe viel Zeit in andalusischen Hochburgen des Flamenco, meine ganzen Bekannten und Freunde sind entweder Flamenco-Textdichter, Flamenco-Sänger, Flamenco-Gitarristen, Flamenco-Tänzer, Flamenco-Clubvorsitzende, Flamenco-Veranstaltungsorgansiatoren usw usw. usw.
Was ich deshalb sehr wohl sagen kann (und auch, weil ich u. a. "Madre de Honor", so etwas wie "Fahnenmutter" in einem Flamenco-Verein (Peña) bin, die Ehrennadel in einer anderen habe:
Flamenco ist ein Gefühl. Es ist sehr schwer, sich da wirklich hineinzufinden. Die Texte (und die sind eigentlich das Allerwichtigste beim Flamenco!!! ) sind gesungene Poesie.
Das, was man sich bei uns so vorstellt unter der Bezeichnung, sind rauschende Walleröcke von rassigen Tänzerinnen und rasante "Rasqsgueos". Das ist aber eigentlich nicht der Kern.
Beim Flamenco gibt es keine verschiedenen Tonarten, die gespielt werden. Man arbeitet mit der Cejilla (Capo). Der Sänger gibt dem Gitarristen den "palo" = Musikstil = Rhytmus mit Akkordabfolge an und den Bund, an dem die cejilla angebracht wird. Schon passt ein wildfremder Sänger mit einem wildfremden Gitarristen zusammen, ohne dass der Sänger weiß, welche Kapriolen der Gitarrist gleich bringen wird oder der Gitarrist weiß, welches Lied der Sänger gleich darbieten wird. Trotzdem passt dann alles zusammen.
Hierbei richtet sich der Gitarrist immer nach dem Sänger, d. h. er schaut diesem gebannt auf den Mund und auf die Haltung. Er reagiert dann entsprechend sofort auf Betonungen oder Abweichungen.
Ist ein Tänzer mit von der Partie (was keinesfalls die Regel ist, entgegen dem, was den Touristen so serviert wird!!!), bestimmt dieser Tempo, Pausen usw. Sowohl Sänger als auch Gitarrist richten sich nach ihm/ihr. Völlig anders als Tänzer bei uns, die sich halt nach der vorgegebenen Musik richten.

Also alles wirklich eine Welt für sich. Ich kenne inzwischen einige "normale" Gitarristen, die bereits jahrelang lernen und erst die Oberfläche angekratzt haben.
Alleine die verschiedenen Takte sind schon zum Verzweifeln: Betonungen 1-2-3-4-5-6-7-8-9-10-11-12 sind üblich in verschiedenen Palos.
Mir hat eine geduldige Gitarristin (national beste junge F-Gitarristin in Spanien 2019), die uns hier in D besucht hat, mal eine Passage aus ungefähr 10 Takten gezeigt, auf Video aufgenommen und versucht, zu vermitteln. Ich habe aufgegeben....
 
  • Interessant
Reaktionen: 2 Benutzer
Beim Flamenco gibt es keine verschiedenen Tonarten, die gespielt werden. Man arbeitet mit der Cejilla (Capo).
Auch wenn wir jetzt arg off topic gehen - das muss ich korrigieren: Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Palos sind die verschiedenen "Tongeschlechter" (Modo de MI, Dur, Moll) und die sich aus deren Tonarten ergebenden Klangfarben!
Ein "modo de MI" (vergleichbar mit Phrygisch) in E klingt definitiv anders, als der gleiche Modus in H oder Fis. Anhand dieser Unterschiede hört ein Flamencomusiker sofort, was kommt - so ist z.B. H-Phrygisch für die Granaínas typisch, Fis-Phrygisch hingegen für Tarantas. Soleares bevorzugen E-Phrygisch, Bulerías hingegen A-Phrygisch. Caracoles stehen meist in C-Dur, die musikalisch verwandten Romeras aber in E-Dur, während die Alegrías de Córdoba Passagen in E-Moll enthalten. Es gibt im Flamenco also ein durchaus ausgeprägtes und differenziertes Tonartenbewußtsein.

Was du meinst, ist die Transposition einer Tonart mittels Kapodaster, wobei sich die Tonhöhe ändert, der Charakter der Tonart aber erhalten bleibt. Es gibt also keine Verbindung von Tonarten mit absoluten Tonhöhen, d.h. "C-Dur" bezieht sich auf das gitarristische Griffrepertoire dieser Tonart in der I. Lage, egal in welchen Bund man es aus gesangspraktischen Erwägungen transponiert. C-Dur mit Kapodaster im zweiten Bund erklingt zwar in der Tonhöhe von D-dur, wird im Flamenco aber aufgrund der charakteristischen Akkordgriffe nach wie vor als C-Dur wahrgenommen.

Schon passt ein wildfremder Sänger mit einem wildfremden Gitarristen zusammen, ohne dass der Sänger weiß, welche Kapriolen der Gitarrist gleich bringen wird oder der Gitarrist weiß, welches Lied der Sänger gleich darbieten wird. Trotzdem passt dann alles zusammen.
Das ist eine etwas romantisch-naive Vorstellung von dem, was wirklich passiert. Flamenco-Palos sind durchaus mit den "Standards" des Jazz- oder Bluesrepertoires vergleichbar, d.h. die Beteiligten haben hinsichtlich Form, Metrum/Rhythmus, Melodieverlauf und Akkordfolgen durchaus eine klare Vorstellung von dem, was zu singen, zu spielen oder zu tanzen ist.

Wenn ich als Gitarrist der Meinung bin, die traditionelle Akkordfolge bei einem Fandango abändern zu müssen, wird das nicht als Ausdruck von Kreativität empfunden, sondern als stilistisches Unvermögen. Im Normalfall "passt alles zusammen", weil sich Flamencokünstler weniger über ihre individuelle Kunstfertigkeit definieren, sondern über die Beherrschung des zugrunde liegenden und für alle Beteiligten verbindlichen Regelwerks. Wer hier ohne Kenntnis der Spielregeln mitmischen möchte, fliegt ganz gewaltig auf die Nase.
Nebensächliche Details dürfen zwar spontan der Situation angepasst werden, allerdings ist der Anteil echter Improvisation im Flamenco relativ gering, weil zu viele individuelle "Kapriolen" die musikalische Interaktion stören und daher nicht gerne gesehen werden.

Die Texte (und die sind eigentlich das Allerwichtigste beim Flamenco!!! ) sind gesungene Poesie.
Naja, es gibt da aber auch jede Menge "Poetisiererei" mit schwülstigem Wortgeklingel und hohler Attitüde ...
Und die "allerwichtigsten" Innovationen der letzten Jahrzehnte haben de facto überwiegend im harmonischen, rhythmischen und formalen Bereich des Flamenco stattgefunden - dazu hat die eher rückwärtsgewandte "Poesie" des Flamencogesangs herzlich wenig beigetragen.

Alleine die verschiedenen Takte sind schon zum Verzweifeln: Betonungen 1-2-3-4-5-6-7-8-9-10-11-12 sind üblich in verschiedenen Palos.
Ich weiss zur Genüge, wie methodisch absurd und unorganisch der compás flamenco teilweise unterrichtet wird - aber wenn man das zugrunde liegende Prinzip verstanden hat (was z.B. absolut nichts mit der starren und kontraproduktiven Tanzschul-Zählerei nach der reloj flamenco zu tun hat), erweist er sich als nicht entscheidend leichter oder schwieriger als in jeder anderen Musik, die kreative Spielräume bietet.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
  • Gefällt mir
  • Interessant
Reaktionen: 4 Benutzer
2 sehr gute, (weil) leicht kontroverse Beiträge :great:
 
... leicht kontroverse Beiträge ...
... die dich hoffentlich nicht davon abhalten, dich intensiver mit der Materie zu befassen.

Ich sehe da auch keine wirkliche Kontroverse, sondern zwei schlichtweg unvereinbare Standpunkte. So finde ich es mehr als befremdlich, dass insbesonders außerhalb Spaniens von manchen Leuten im Zusammenhang mit dem Flamenco mit Aussagen der Kategorie (ZITAT) "Flamenco ist ein Gefühl. Es ist sehr schwer, sich da wirklich hineinzufinden" immer noch eine Exklusivitäts- und Exklusions-Rhetorik gepflegt wird, die mittlerweile selbst in der Flamenco-Kernregion Andalusien weitgehend als überholt, wenn nicht sogar als reaktionär gilt.
Natürlich ist Flamenco mehr als ein Genre, es umfasst auch eine Lebenseinstellung und eine Lebensart - aber das trifft mehr oder weniger auf jede künstlerische Szene zu. Und dass es schwer ist, sich in etwas "hineinzufinden", mit dem man nicht aufgewachsen ist, ist eine universelle Binsenweisheit - da muss man gar nicht in die Ferne schweifen.

Flamenco ist heute eine globale Kunst, die ohne ihre zahlreichen (und zahlungskräftigen) Anhänger im Ausland wahrscheinlich längst zur Bedeutungslosigkeit verurteilt wäre. Und ohne die regelmäßigen Engagements in touristischen Flamenco-Shows mit "rauschenden Walleröcken von rassigen Tänzerinnen und rasanten Rasgueos" hätten bereits vor Corona viele Flamencokünstler in Spanien keine Existenzgrundlage gehabt. Flamenco ist eben nicht irgendeine romantische Gefühlsduselei, sondern ein knallhartes Geschäft, wenn man davon leben muss. Daher macht es wenig Sinn, bestenfalls hobbymäßig am Flamenco interessierte Menschen mit mystifizierendem Gefühls-Gebrabbel abzuschrecken.

Natürlich erlernt man die Spielregeln des Flamenco nicht mal so eben aus ein paar Lehrbuchseiten, aber auch in Andalusien wird man nicht automatisch als Flamencokünstler geboren (auch wenn man das ahnungslosen Touristen gerne so erzählt), sondern muss sich das Handwerk trotz kulturell günstigerer Startbedingungen wie jeder andere hart erarbeiten. Und das hat letztlich nichts mit der Gnade der Geburt im richtigen Umfeld am richtigen Ort zu tun:
Auf dem von mir bereits empfohlenen YT-Kanal von Toma Flamenco gibt es etliche Videos zur Gesangsbegleitung. Auf einigen dieser Videos ist der Sänger niemand Geringeres als Niño de Elche, der heute als einer der progressivsten (allerdings auch umstrittensten) Flamencosänger gilt. Sein Begleitgitarrist ist (Überraschung!) gebürtiger Holländer, der durch sein unbestreitbares Können die alten Blut-und-Boden-Argumente der Flamenco-Puristen - wonach man, wenn schon nicht Gitano, dann aber wenigstens Andalusier sein müsse, um sich in die "wahre Gefühlswelt" des Flamenco "hineinfinden" zu können - ad absurdum führt.

Mit anderen Worten: Wenn du dich für Flamenco interessierst, lass dich nicht verunsichern und fang einfach an.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Nachtrag - und nur der Korrektheit wegen:
... national beste junge F-Gitarristin in Spanien 2019 ...

Die junge Dame (Alba Espert) hat einen der Preise beim Certamen de Jóvenes Flamencos gewonnen (einem Nachwuchswettbewerb, ausgerichtet von der Stadtverwaltung von Córdoba) , der aber nichts mit dem renommierten Concurso nacional de Córdoba zu tun hat - da wollen wir die Kirche doch mal im Dorfe lassen.
 
Auch wenn wir jetzt arg off topic gehen - das muss ich korrigieren: Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Palos sind die verschiedenen "Tongeschlechter" (Modo de MI, Dur, Moll) und die sich aus deren Tonarten ergebenden Klangfarben!
Ein "modo de MI" (vergleichbar mit Phrygisch) in E klingt definitiv anders, als der gleiche Modus in H oder Fis. Anhand dieser Unterschiede hört ein Flamencomusiker sofort, was kommt - so ist z.B. H-Phrygisch für die Granaínas typisch, Fis-Phrygisch hingegen für Tarantas. Soleares bevorzugen E-Phrygisch, Bulerías hingegen A-Phrygisch. Caracoles stehen meist in C-Dur, die musikalisch verwandten Romeras aber in E-Dur, während die Alegrías de Córdoba Passagen in E-Moll enthalten. Es gibt im Flamenco also ein durchaus ausgeprägtes und differenziertes Tonartenbewußtsein.

Was du meinst, ist die Transposition einer Tonart mittels Kapodaster, wobei sich die Tonhöhe ändert, der Charakter der Tonart aber erhalten bleibt. Es gibt also keine Verbindung von Tonarten mit absoluten Tonhöhen, d.h. "C-Dur" bezieht sich auf das gitarristische Griffrepertoire dieser Tonart in der I. Lage, egal in welchen Bund man es aus gesangspraktischen Erwägungen transponiert. C-Dur mit Kapodaster im zweiten Bund erklingt zwar in der Tonhöhe von D-dur, wird im Flamenco aber aufgrund der charakteristischen Akkordgriffe nach wie vor als C-Dur wahrgenommen.
Gut. Du hast das Ganze jetzt ausführlich, sicher musikwissenschaftlich korrekt und so weiter erklärt. Alles, was ICH in meinem schmalen Sätzchen unterbringen wollte ist, dass anders als bei unserem Musikmachen üblich "Das ist mir zu tief. Spiel mir das bitte mal in F statt E" der Flamencosänger seinem Gitarristen sagt "al primero!" statt "al aire!"

Das ist eine etwas romantisch-naive Vorstellung von dem, was wirklich passiert. Flamenco-Palos sind durchaus mit den "Standards" des Jazz- oder Bluesrepertoires vergleichbar, d.h. die Beteiligten haben hinsichtlich Form, Metrum/Rhythmus, Melodieverlauf und Akkordfolgen durchaus eine klare Vorstellung von dem, was zu singen, zu spielen oder zu tanzen ist.
Flamenco-Palos sind NATÜRLICH Standards wie in Jazz und Blues. Nur vermutlich noch komplexer und variantenreicher, weil kleinteiliger entwickelt und entstanden. Soleá ist nicht gleich Soleá, wo in Andalusien (geschweigedenn Spanien) sie gespielt und gesungen wird. Die Cantes de las Minas alleine füllen seit vielen Jahren einen ganzen nationalen Wettbewerb mit variantenreichen Darbietungen.
Dass die Leute selber wissen was sie singen, ist schon klar. Aber sie halten sich an ein Korsett, die Gitarristen halten sich an ein Korsett und beides passt dann zusammen, obwohl jeder improvisieren kann.
Meeensch, ich wollte bloß keinen Roman schreiben, nur um jemanden seine Entscheidung zum Flamenco oder dagegen zu erleichtern.....
Wenn ich als Gitarrist der Meinung bin, die traditionelle Akkordfolge bei einem Fandango abändern zu müssen, wird das nicht als Ausdruck von Kreativität empfunden, sondern als stilistisches Unvermögen. Im Normalfall "passt alles zusammen", weil sich Flamencokünstler weniger über ihre individuelle Kunstfertigkeit definieren, sondern über die Beherrschung des zugrunde liegenden und für alle Beteiligten verbindlichen Regelwerks. Wer hier ohne Kenntnis der Spielregeln mitmischen möchte, fliegt ganz gewaltig auf die Nase.
Nebensächliche Details dürfen zwar spontan der Situation angepasst werden, allerdings ist der Anteil echter Improvisation im Flamenco relativ gering, weil zu viele individuelle "Kapriolen" die musikalische Interaktion stören und daher nicht gerne gesehen werden.
Das kommt wieder total darauf an, in welchem Rahmen du spielst. Ich war da vor Jahren sogar mal auf einem Symposium in Cartagena, das sich im Prinzip genau mit diesem Thema befasst hat: Wo will/soll/darf der Flamenco hin? Soll er starr mit allen Regeln und Traditionen bewahrt werden, wobei viele Teile des "echten" Flamenco aber wenig fremden- und jugend-attraktiv sind und somit die Gefahr eines teilweisen Aussterbens besteht? Soll er frischer, flexibler werden und damit zwar attraktiver für diverse Publikumsteile, jedoch auch durch die Verjüngung alte Äste und Wurzeln verlierend?
Zur Improvisation an sich: Fast immer sind Einleitungen, Zwischenstücke und Endpartien vorhanden, die dem Gitarristen viel Raum zur Entfaltung bieten.
Naja, es gibt da aber auch jede Menge "Poetisiererei" mit schwülstigem Wortgeklingel und hohler Attitüde ...
Mag es geben. Die Auswüchse der deutschen "Volksmusik" sind ja ebenso mit Schwülstigkeit und stupiden Texten gespickt wie Teile des Blues und eigentlich jede andere Musikrichtung, die ich kenne. Je populärer, desto ausgelutschter.
Aber ich würde Herren wie García Lorca und Antonio Machado nicht gerade als Wortstümper einstufen.....und es gibt unzählige Poesie-Abende des Flamenco, fast jeder Flamenco-Verein hat Leute, die sich der Poesie widmen und bei Gitarrenklang rezidieren. Die Cantes de las Minas haben z. B. das schwere Los der Minenarbeiter zum Thema, die große Wahrscheinlichkeit, in Krankheit, Minenunglück usw. Familienmitglieder und Freunde zu verlieren. Die Saetas haben religiöse Themen, die sicher kein Bisschen weniger gut herübergebracht werden wie Negroe-Spirutials das tun.
Und die "allerwichtigsten" Innovationen der letzten Jahrzehnte haben de facto überwiegend im harmonischen, rhythmischen und formalen Bereich des Flamenco stattgefunden - dazu hat die eher rückwärtsgewandte "Poesie" des Flamencogesangs herzlich wenig beigetragen.
Wieso rückwärtsgewandt? Tagesaktuelle Themen werden genauso verarbeitet und sind durchaus auch populär. Es gibt auch sowas wie Improvisation. Sänger werden selber aktiv und dichten, ich kenne auch einen reinen Texter, der selber nicht singt, dessen Texte sich aber sogar beim National-Wettbewerb wiederfinden. Der Flamenco lebt. Traditionelle Poesie (wie die o. g. Herren) wird neben Neuerungen problemlos integriert. Der große Unterschied hier: Flamenco bringt die Alten und die Jungen zusammen. Flamenco lernt man am besten, indem man zuhört. Und dann nach und nach mitmacht. Das tun die jungen aficionados. Flamenco ist generationenübergreifend und "richtig" eigentlich nur im direkten Kontakt zu lernen.
Bring deinen Satz mit der "rückwärtsgewandten Poesie" mal mit Goethe, Schiller oder Ringelnatz, statt mit den von mir oben genannten spanischen Dichtern, dann siehst du, wie absurd er ist.
Ich weiss zur Genüge, wie methodisch absurd und unorganisch der compás flamenco teilweise unterrichtet wird - aber wenn man das zugrunde liegende Prinzip verstanden hat (was z.B. absolut nichts mit der starren und kontraproduktiven Tanzschul-Zählerei nach der reloj flamenco zu tun hat), erweist er sich als nicht entscheidend leichter oder schwieriger als in jeder anderen Musik, die kreative Spielräume bietet.
Sag ich doch: Nicht leichter und nicht schwerer, aber komplett ANDERS. Ich kenne zwar gute "Quereinsteiger"-Gitarristen, einer davon Türke, einer Amerikaner. Sogar eine Italienerin, die ein oder zwei palos gut singt. Aber "el alma" des Flamenco zu erfassen ist auch denen nur bedingt gelungen. Du kannst das Prinzip, wie du das nennst "verstehen", das ist nicht die Frage. Aber schon der Beitrag an sich beweist, dass dein Verstand hauptsächlich (oder praktisch ausschließlich?) den Flamenco angeht.
Damit ist selbiger der beste Beleg für meine Aussage.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kommt mal bitte zum Lernen der Spieltechnik des Flamenco zurück. Musikhistorie, Genrediskussionen und Musikwissenschaftliche DIskussionen haben ihren eigenen Bereich in unserem Forum ;)

Danke!
 
Ich dachte, der Frank wollte sich überlegen, ob er diese Richtung ansteuern will und man ihm deshalb mehr oder weniger hilfreiche Tips für diese Entscheidung geben soll, damit er weiß, auf was er sich einlässt??
Oder habe ich das mißverstanden?
 
@peter55, ich denke, dass die Diskussion schon eine wesentliche Frage des Lernens betrifft; "Flamenco lernen" bedeutet ja nicht nur, ein paar Griffe und Anschlagsweisen zu lernen, sondern eine Musik "zu verstehen". Und der TE fragt ja explizit nach theoretischem Wissen, das würde ich ihm hier nicht verbieten wollen:)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
@FrankyFrank hat sich ja nun seit seinem Startpost hier noch nicht wieder sehen lassen ...
Lasst doch ihn erst mal wieder zu Wort kommen, bevor ihr hier Diskussionen führt, die - wie schon erwähnt - hier bei der Spieltechnik
nicht am richtigen Platz sind. Wenn der Threadersteller so tief in die Materie einsteigen möchte, wie ihr das hier schon
vollzogen habt, dann wäre zu überlegen, den Thread in die Musikwissenschaft oder zu den Genres zu verschieben.
 
D
  • Gelöscht von peter55
  • Grund: OT
Telefunky
  • Gelöscht von peter55
  • Grund: Bezugspost gelöscht
Post #6 wurde nicht vom Threadstarter goutiert.

@FrankyFrank möge sich bei mir melden, wenn er wieder online ist.
Bis dahin ist hier erstmal :zu:

bitte mal wieder die Boardregeln lesen:

1. Anweisungen von Administratoren und Moderatoren sind verbindlich

  • Beschwerden über Maßnahmen der Moderatoren gehören ausschließlich in den Bereich
    Anliegen & Beschwerden.
 
Hallo,

vielen dank erstmal für die Antworten unter meinem Post!
Ich habe zwar nach Spieltechniken und theoretischen Wissen gefragt (habe beides ja prinzipiell durch die Diskussion bekommen), finde aber dennoch die Diskussion von @OckhamsRazor und @Claudia Wenzel sehr interessant, auch wenn es ein bisschen kompliziert ist. Ich fand aber die Tipps die ich bekommen habe von @OckhamsRazor hilfreich und versuche das auch umzusetzen.
Hätte nicht gedacht das Flamenco so ein große Welt für sich ist... Bleibe aber dennoch jetzt am Ball und versuche mich in das Thema Stück für Stück ran zu tasten :).
Weitere Spieltipps für den Anfang zum Thema Flamenco sind gerne erwünscht!
 
Obwohl ich selbst für mich entschieden habe, mich nicht so sehr mit Flamenco zu beschäftigen, weil ich eingesehen habe, dass es nicht meinem lethargischen Temperament entspricht (spiele lieber Bach u.ä.), habe ich hier zufällig ein absolut anfängertaugliches Heftchen von der großartigen Gohar Vardanyan (auf YouTube suchen!), „First Lessons Flamenco Guitar“ mit Klangbeispielen auf CD. Ist allerdings auf Englisch. Dort findet man erste Rhythmus-Übungen verschiedener Flamenco-Formen sowohl in Notenschrift als auch mit Tabulatur.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben