Umgang mit Instrumenten unterschiedlicher Stimmungen

  • Ersteller comicbookguy
  • Erstellt am
comicbookguy
comicbookguy
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
05.04.24
Registriert
26.06.07
Beiträge
66
Kekse
34
Liebes Forum,

der Titel deutet es schon an: Wie geht man mit kleinen Unstimmigkeiten von verschiedenen Instrumenten im Arrangement oder in der Praxis um?

Dass Streicher beispielsweise im Orchester je nach Tonart unterschiedlich intonieren, um möglichst reine Intervalle zu erhalten ist ein Beispiel aus der Praxis. Auch die Imperfektion der Gitarre aufgrund der Schwingungsverhältnisse wird im Studio-Kontext zum Teil (machen das viele?) zu umgehen versucht, indem beispielsweise die Terz eines Akkordes etwas tiefer gestimmt wird.

Wie geht man aber beispielsweise im Jazz-Kontext (Gitarre, Piano, Bläser) mit solchen Dingen um? Gitarre und Klavier dürften rein stimmungstechnisch schwierig gemeinsam zu intonieren sein - Bläser müssen sich mit entsprechender Spannung anpassen. Wird so etwas in der Instrumentierung/Arrangement/Ausführung/Praxis/Aufnahme etc. bedacht? Oder hat sich unser Gehör vielleicht auch an diese "unreinen" Intervalle und die Reibungen zwischen den Instrumenten gewöhnt? Hat jemand noch mehr Beispiele, gerne auch aus anderen Musikrichtungen parat? Solche Probleme sollten ja auch bei jeder Form der elektronischen Musikrichtung auftreten, wenn man diese mit akustischem Instrumentarium verbindet...

Liebe Grüße,
der comicbookguy
 
Eigenschaft
 
elektronischen Musikrichtung auftreten, wenn man diese mit akustischem Instrumentarium
Hi

Du hast den entscheidenden Punkt schon beschrieben. Bläser und Sänger durchlaufen harte Trainings, um im Kontext sauber zu intonieren. Gerade bei Holzbläsern, wie Saxophon, ist die Intonation ein ewiges Thema, das Dich von Minute 1 an Dein Leben lang begleitet. Dito für die Flöten (im Blech kenne ich mich nicht aus).

Solange ein Ensemble gemeinsam spielt werden sich die "akustischen" Musiker sofort an den Klang anpassen und ihre Intonation angleichen. Schwierig wird es mit "virtuellen" Produktionen, bei denen der "Elektronik-Satz" nach dem "akustischen Satz" erstellt wird. In dem Moment müsste sich die Elektronik der Akustik anpassen, tut sie aber logischerweise nicht.

Wie geht man nun damit um? Erst die Elektronik, dann die Akustik einspielen. Unisono Parts vermeiden. Gitarre und Klavier sind übrigens weniger ein Problem als Du denkst im Jazz. Leicht "out of tune" kann man auf der Gitarre (nach oben) korrigieren und bei weit gespreizten Akkorden, die ohnehin viele Farben haben (9, 11, 14, #9, you name them) ist das weniger wahrnehmbar als bei einem Powerchord mit stark verzerrter E-Gitarre. Der muss "stehen", die anderen dürfen "leben"
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Oder, anders formuliert: Sobald Du in irgend einem Ensemble Instrumente hast, die gleichschwebend temperiert gestimmt sind (Klavier etwa), müssen die anderen sich anpassen. Nur unter sich (Streichquartett, Chor etwa) kann man reine Intervalle spielen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Oder hat sich unser Gehör vielleicht auch an diese "unreinen" Intervalle und die Reibungen zwischen den Instrumenten gewöhnt
Ich persönlich würde eher sagen viele haben sich an den perfekten Klang einer Studioaufnahme gewöhnt und empfinden dadurch das natürliche Zusammenspiel als seltsam.

Es kommt denke ich auch auf das Stück an. Als jemand der viel Improvisiert (Orgel) nutze ich auch bewusst mal Register/Klänge die eigentlich nicht zusammen passen weil ich bewusst diese Wirkung einsetzen will. Davon abgesehen empfinde ich gewisse Schwebungen zwischen den Klängen als recht angenehm da es so natürlicher wirkt. Aber das ist eine sehr persönliche Meinung.

Was ich mich frage in diesem Kontext. Wenn ich ein Stück komponiere, dann weiß ich ja für welches Instrument(e) ich dieses schreibe und würde ja eigentlich die Besonderheiten der Instrumente berücksichtigen. Leider scheint es so zu sein das Ideen/Anweisungen zur Stimmung der Instrumente irgendwie auf den Notenblättern nie stehen. Vielleicht ein Thema an das Komponisten mal denken sollten um da eine gewisse Sicherheit zu schaffen und festzuhalten wie sie es sich vorgestellt haben.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
perfekten Klang einer Studioaufnahme
Ich glaube, das ist hier nicht gemeint. Auch Studioaufnahmen klingen von der Stimmung her nich tperfekt, weil das physikalisch nicht möglich ist, sobald ein gleichschwebend gestimmtes Instrument dabei ist. Google mal nach pythagoräischem Komma und diesen Dingen.
 
Gitarre und Klavier sind übrigens weniger ein Problem als Du denkst im Jazz. Leicht "out of tune" kann man auf der Gitarre (nach oben) korrigieren und bei weit gespreizten Akkorden, die ohnehin viele Farben haben (9, 11, 14, #9, you name them) ist das weniger wahrnehmbar als bei einem Powerchord mit stark verzerrter E-Gitarre. Der muss "stehen", die anderen dürfen "leben"
Spannend, aber ja: bei Akkorden, die von Haus aus schon ein bisschen Spannung mitbringen fällt es nicht so auf, wie vielleicht bei einem Dur-Akkord ohne Erweiterungen/Farben. Soweit ich mich erinnere, sind Gitarre und Klavier unterschiedlich temperiert gestimmt (weiß vielleicht jemand, wie genau? Man kann die 12 Töne der Oktave ja unterschiedlich aufteilen...) und haben natürlich auch eine andere Obertonstruktur. Wird es dann im Zusammenspiel problematischer? Gleichen Gitarristen solche Intonationsunterschiede teilweise durch minimales Saitenziehen aus (bei den Klassikern? öööhm) oder hält man die Spannungen im Zusammenspiel einfach aus?

Ich glaube, das ist hier nicht gemeint. Auch Studioaufnahmen klingen von der Stimmung her nich tperfekt, weil das physikalisch nicht möglich ist, sobald ein gleichschwebend gestimmtes Instrument dabei ist. Google mal nach pythagoräischem Komma und diesen Dingen.
Kennst du (oder das Forum) (professionelle) Aufnahmen, bei denen man imperfekte Stimmungen wahrnehmen kann? Oder Aufnahmen zum Gegenteil, bei denen man merkt, dass sich Gedanken um das Thema gemacht wurden? Absoluthörerinnen und -hörer bitte vortreten! :)
 
Zuletzt bearbeitet:
... bei denen man imperfekte Stimmungen wahrnehmen kann?
Man sollte in dem Zusammenhang nicht von "perfekt" oder "imperfekt" sprechen.
Denn JEDE Stimmung ist irgendwo ein Kompromiss in unserem Tonsystem.

LG
Thomas
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer


Hier wird das z.B. gut erklärt. Aber ich höre das, ehrlich gesagt, bei jeder großen Terz auf meinem (frisch gestimmten) Klavier.

Wenn Du pianoteq hast, da kann man auch andere Stimmungen einstellen, da hört man das dann auch gut.

Oder: Wenn Du auf einer perfekt gestimmten E-Gitarre eine große Terz spielst und verzerrst, dann matscht es. Machst Du (etwa durch ein leichtes Bending) der unteren Seite die Terz etwas kleiner, klingt es "sahnig".

Oder, wenn Du gut singen kannst: Spiele eine Quinte auf dem Klavier. Singe die große Terz ganz sauber rein. Spiele dann zum Vergleich den Ton auf dem Klavier, dieser wird hörbar höher sein.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Wie geht man aber beispielsweise im Jazz-Kontext (Gitarre, Piano, Bläser) mit solchen Dingen um?
Als Ausgangspunkt kenne ich da nur die Voraussetzung der gleichstufigen Stimmung, thematisiert wurde das nie.
In der üblichen Big Band Besetzung gehören sowohl Gitarre wie Klavier zur Rhythm Section, idealerweise spielt die Gitarre bei der Begleitung dann tonal zurückhaltend. Das kann bedeuten, dass auf Pfaden des Count Basie Gitarristen Freddie Green nur ein- bis dreistimmig mit Dämpfung der Saiten nach dem Anschlag gespielt wird. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Guide Tones, der Tonumfang ist (notiert) ganz überwiegend nur c' bis g''.

Die Intonation ausgehaltenener Akkorde ist Thema in Satzproben, wie ich sie für die Trompeten kenne. Dort werden u.a. Akkorde mit langem Notenwerten geprobt und der Zusammenklang über das Spielen und Hören trainiert.
Auf hohem Niveau vermittelt das Brass Warm Up guter Drum and Bugle Corps einen Eindruck, was mit genügend vielen und genügend guten Blechbläsern möglich ist.
youtube.com/watch?v=4eyC0B7znaU
youtube.com/watch?v=2EDIDCdy5Es
...

Gruß Claus
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Hier wird das z.B. gut erklärt. Aber ich höre das, ehrlich gesagt, bei jeder großen Terz auf meinem (frisch gestimmten) Klavier.
Tatsächlich war dieses Video - neben anderen Faktoren - eine Inspiration für die Frage :). Mit Frusciante haben wir ja immerhin schon ein Beispiel, wo jemand die Kompromisse in der Stimmung seines Instrumentes zu umgehen versucht.

Als Ausgangspunkt kenne ich da nur die Voraussetzung der gleichstufigen Stimmung, thematisiert wurde das nie.
In der üblichen Big Band Besetzung gehören sowohl Gitarre wie Klavier zur Rhythm Section, idealerweise spielt die Gitarre bei der Begleitung dann tonal zurückhaltend. Das kann bedeuten, dass auf Pfaden des Count Basie Gitarristen Freddie Green nur ein- bis dreistimmig mit Dämpfung der Saiten nach dem Anschlag gespielt wird. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Guide Tones, der Tonumfang ist (notiert) ganz überwiegend nur c' bis g''.
Orientiert ihr euch bei der Satzprobe am Piano oder nach welcher "Stimmung" versucht ihr gemeinsam zu intonieren?

Ich habe die Freddie Green-Voicings als Grundton-Terz-Sept (137) beziehungsweise 173 abgespeichert. Das zweite Voicing ist ja im Prinzip genau das Beispiel von Frusciante mit Septime dazwischen. Auch hier nochmal die Frage: Wie gehen die Instrumente (insbesondere Piano - wobei, das kann ja eigentlich gar nichts machen) damit um? Oder ist das in dem Kontext egal, weil die Akkorde so kurz akzentuiert werden und das Gehör mehr den Impuls als die eigentliche Tonhöhe wahrnimmt?
 
Orientiert ihr euch bei der Satzprobe am Piano oder nach welcher "Stimmung" versucht ihr gemeinsam zu intonieren?
Ich glaube, da liegt ein grundsätzliches Mißverständnis vor.

Kein Sänger oder Bläser oder Streicher (also zusammengefaßt: Musiker mit bund- bzw. tastenlosen Instrumenten, die "frei" intonieren können) spielt nach einem fixen Stimmungssystem á la "pytagoräisch", "mitteltönig", oder "Werckmeister". Das schöne am freien Intonieren ist ja, daß man seine Intonation der jeweiligen Gelegenheit frei anpassen kann, und so alle Konflikte, die alle Stimmungssysteme halt so mit sich bringen, umgehen kann.

LG
Thomas

PS: Es kann aber auch neue Konflikte heraubeschwören ... :)
Ich selbst habe und leite ein Acappella-Ensemble, und es kommt nicht selten vor, daß wir über die "richtige" Intonation bei bestimmten Akkorden (meist Septakkorde als Zwischendominanten ! Womöglich noch mit reichlich Tensions ...) heftige Diskussionen führen ... :)
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben