Singen bei Trauer

S
Schlumpfienchen
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
20.07.25
Registriert
29.03.24
Beiträge
124
Kekse
15
Hallo Leute.
Leider habe ich gerade einen familiären Verlust erlitten und habe Angst, bei bestimmten Liedern, die wir demnächst im Chor aufführen werden, anzufangen zu weinen und dann nicht singen zu können. Gerade bei den Solostücken ist das natürlich nicht so wirklich schön.

Gibt es von euch Erfahrungen und Tipps? Es gibt ja sogar Leute, die bei Trauerfeiern singen.

Ich danke euch
 
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Hey, danke für den Link. Mir geht es aber gar nicht darum, bei einer Beerdigung zu singen, sondern dass mir bei einer normalen öffentlichen Aufführungen plötzlich bei Liedern, wie zum Beispiel „Yesterday“ plötzlich die Stimme versagt. Bei uns war es auch so, dass gestern noch alles in Ordnung war, und heute ist alles vorbei und die geliebte Person nicht mehr da.

Wie schaltet man sich bei sowas emotional weg?
 
Ist das dein Beruf? Musst du singen? Wenn du in Trauer bist, gibt es mehr als nur das Singen, wozu du im Moment keine Neigung haben wirst. Gesellige Momente, Tanzen, Feiern, ... Dass du emotional weniger stabil bist, finde ich jetzt eher normal. Wir haben ja kein Herz aus Stein.

Du fragst direkt: Wie schalte ich das weg? Es mag Tricks geben, aber es gibt auch die Möglichkeit zu sagen: Lieber Herr Chorleiter, dieses und jenes Solo solltest du mir in den nächsten x Wochen nicht abverlangen, weil ich nicht garantieren kann, dass ich es durchstehe.
Beitrag automatisch zusammengefĂĽgt:

Und noch etwas: Ich habe auch schon Profi-Musiker erlebt, die bei einer ihnen verbundenen Person den Abschied mitgestalten wollten - und die es vergeigt haben: zittrige Geigen, Trompeter mit flatteriger AtemstĂĽtze etc. Das mag im Einzelfall trotzdem richtig gewesen sein, aber "funktionieren" tun wir Menschen eher in Grenzen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 5 Benutzer
Nein, ich mach das nicht beruflich, aber es ist ein großes Jubiläums Konzert. Ich kann mit Sicherheit mit meiner Chorleiterin reden, aber ich will das auch nicht auffallen lassen.

Ich danke dir.
 
Wie schaltet man sich bei sowas emotional weg?
Ich stimme meinen Vorrednern zu: Wir sind keine Maschinen, fĂĽr die es einen An-, Aus- oder Wegschalt-Knopf gibt. Das ist auch gut so!

Gleichzeitig gibt es zum Glück auch Möglichkeiten, sich emotional zu regulieren - sonst würde die Therapie von Ängsten etc. nicht möglich sein.

Ein SchlĂĽssel ist hier "Fokussierung" und Achtsamkeit. Das kann man lernen: Sich im "Hier-und-jetzt" zu verankern.

Für die Therapie von Ängsten und bei Traumata werden Übungen wie die 5-4-3-2-1-Übung erlernt und geübt. Nur als Beispiel.
Wenn man diese und andere Ăśbungen in seinem Alltag integriert und geĂĽbt hat, kann es auch in "heiklen" Situationen gelingen, leichter "umzuschalten".

Google mal nach "AchtsamkeitsĂĽbungen". Da findest Du sicher vieles: Vom achtsamen Sitzen (Atembeobachtung) bis Bodyscan und mehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Meine Zeilen passen vielleicht nicht so ganz.

Ich verstehe das sehr gut. Ich kann nicht mal Grönemeyers „Der Weg“ für mich alleine und meine Frau singen. Ich begleite mich dazu auf der Gitarre. An mehreren Stellen versagt die Stimme.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Hallo @Schlumpfienchen
erstmal wĂĽnsche ich dir viel Kraft bei deinem Verlust.

Ich habe recht "nahe am Wasser gebaut" und es passiert mir regelmäßig, dass mir die Tränen in die Augen steigen wenn wir was schönes getragenes spielen, das machen wir immer am Schluss unserer Konzerte. Ich kriege das auch nicht weg.

Von konkreten Trauersituationen kann ich nur anekdotisch berichten, aber vielleicht hilft es dir.

Vor neun Jahren ist ein lieber Kollege im Urlaub verunglĂĽckt und wir haben bei uns in der Klinikkapelle eine Trauerfeier gemacht weil die eigentliche Beerdigung so weit weg war. Ich habe was von Khalil Gibran vorgetragen ("Der Freundliche"). Zu Hause beim Ăśben habe ich keine zwei Verse am StĂĽck rausgebracht.
Bei der eigentlichen Feier hat es irgendwie "Klick" gemacht und ich konnte das ohne zu stocken vortragen, zwar mit einem fetten Kloß im Hals, aber störungsfrei.

Bei der Trauerfeier fĂĽr meinen Papa vor einem halben Jahr genau das gleiche, ich habe einen Psalm vorgetragen den er ins Alemannische ĂĽbersetzt hatte.

Wie schaltet man sich bei sowas emotional weg?
Ich wĂĽrde sagen, nicht ich habe mich weggeschaltet, sondern "es" hat sich weggeschaltet. Wie wenn man aus dem Auto steigt und denkt "wie komme ich hierher, waren ĂĽberhaupt alle Ampeln auf grĂĽn...?"

Vielleicht kannst du dich von den Solostellen entbinden lassen. Langfristig ist das keine Lösung, denn die Trauer hört ja nicht auf. Sie versteckt sich nur. Als Auslöser reicht ein Bild an der Wand oder ein Thread wie dieser hier. Es gehört zum Leben.
Aber du schaffst das.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Ich danke euch für eure lieben Worte. Es ist mein Papa der plötzlich und unerwartet gestorben ist.
 
Hallo, @Schlumpfienchen
Es ist mein Papa der plötzlich und unerwartet gestorben ist.
...zuunächst mal herzliche Anteilnahme, und euch allen viel Kraft in der kommenden Zeit!

In dem oben bereitrs von Antipasti verlinkten Thread habe ich hier u. a. meine Erfahrungen zum Singen bei Trauerfeiern geschilderrt.
In anderen Fällen ist mir auch schon mal die Stimme weggeblieben. Ziemlich sichere Kandidaten sind bei mir "Wie liegt die Stadt so wüst" von Mauersberger und das "Agnus Dei" von Samuel Barber. Beim Mauersberger sind auch schon mal um Konzert Tränen geflossen - aber im gesamten Chor... was uns das Publikum damals gar nicht übelgenommen hat.
Eine besondere Strategie zum "Abschalten" habe ich nicht, weil ich festgestellt habe, daĂź ich mich damit nur selbst verrĂĽckt mache. Mittlerweile vertraue ich darauf, daĂź es "klick" macht, wie es oben rbur in seinem Beitrag schreibt, und mein UnterbewuĂźtsein die Kontrolle ĂĽbernimmt. Falls es nicht klappt... was soll's? Das Publikum darf zur Not ruhig mitbekommen, daĂź ich bewegt bin ;)

Viele GrĂĽĂźe
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Hallo Schlumpfinchen,

ich wĂĽnsche dir alle Kraft und Beistand in dieser Zeit!

Ich bin zwar nicht sonderlich Stage-Erfahren was das Singen angeht, aber ich weiß wie tief und wie sehr die Emotionen bei bestimmten Songs hochkommen können. Ich nutze das ganz gerne für mich, anstatt zu versuchen es abzuwehren. In Momenten, in denen ich für mich alleine singe, lasse ich dann all diese Emotionen in den Song heraus, quasi wie ein Ventil. Vllt kannst du das ausprobieren, in einem Moment ganz für dich, alles fließen lassen und dadurch kannst du dann mit dem Song in anderen Momenten ggf. etwas bewusster umgehen. Dann übermannt er dich nicht mehr so. Du fühlst ihn, aber etwas ruhiger.

Ich wĂĽnsche dir das aller Beste und zwinge dich zu nichts, womit du dich aktuell nicht wohlfĂĽhlst. Du bist ein Mensch und Trauer ist so tief und roh und wichtig. Du brauchst dich fĂĽr nichts verstecken, du bist ein Mensch und das ist wunderbar!

Warme GrĂĽĂźe an dich!
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Wie schaltet man sich bei sowas emotional weg?
Erst mal herzliches Beileid.

Ich kann nur für mich sprechen: Mein Vater starb vor acht Jahren, und bei manchen Liedern, Gedichten und Geschichten habe ich heute noch Schwierigkeiten, den Kloß im Hals und "die Träne im Knopfloch" (würde mein Vater sagen) zu vermeiden. Das kann ich nicht "emotional wegschalten".
Mein Weg war (und ist), vor solchen Aktionen zwei Gedanken in den Vordergrund zu schieben:

1. Den Tod des Vaters kann ich nicht ändern, egal, ob ich jetzt singe / etwas vortrage oder nicht. Sein Tod ist Fakt, also leb damit (klingt hart, aber mir hat's geholfen).
2. Der Chor / der Veranstalter / die Familie vertraut bei dieser "Darbietung" auf mich. Also mach ich jetzt mein Ding, ich schaffe das.

Das ist bestimmt kein Allheilmittel, und ob es bei Dir (@Schlumpfienchen) funktioniert, weiĂź ich nicht.

Und wenn man wirklich mal über die Maßen ergriffen ist, dann sollte und kann man dazu stehen. Bei einem Konzert eines Meisterschülers (Name fällt mir nicht mehr ein, es war eine Veranstaltung des "Kölner Klaviertrio") habe ich erlebt, dass dieser Pianist ein Stück anfing, nach etwa 15 Sekunden abbrach und ins Publikum sagte: "Das Stück kann ich heute nicht spielen, tut mir leid. Ich spiel was anderes." Niemand hat es ihm übel genommen.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Gesang ist natĂĽrlich so nahe dran an der menschlichen Emotion wie kein anderes Instrument. Deswegen wird Gesang auch immer emotional beeinflusst sein, in welche Richtung auch immer.

Vielleicht hilft es dir, wenn du dich dran erinnerst, wie bzw. ob deinem Vater Gesang grundsätzlich und speziell dein Gesang etwas bedeutet hat. Hätte er es zu Lebzeiten gut gefunden oder dich darin bestärkt, auf einer Trauerfeier eines Angehörigen m Chor zu singen? Wie stand er dazu, dass du deine Emotionen u.a. auch in Musik legst? Hoffentlich zustimmend.

Wenn seine Haltung positiv und emphatisch zu dir und deiner Musik war, ist Gesang und die Beschäftigung mit Musik in diesem Verlustmoment genau das Richtige. Der Verlust ist eine harte Trennung, aber die hoffentlich gemeinsame Liebe zur Musik verbindet, auch über den Tod hinaus. Ich wusste in der entsprechenden Situation, dass mir aus der Trauer nur die Musik heraushilft (neben langjährigem Pilgern auf Jakobswegen). Ich habe auf der Trauerfeier für meinen Vater Posaune solo gespielt, was nicht leicht war, aber genau das Richtige.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ihr seid toll. Danke. Es hilft mir sehr zu wissen, dass es anderen auch so geht. Papa hat es geliebt wenn ich gesungen habe.
 
Mein Mitgefühl 🙏

Schau mal, wie toll die Menschen bei Patti Smith reagieren:


View: https://youtu.be/941PHEJHCwU?si=R_Gc38T4h2we7DWe

Patti Smith sagt: "I'm so nervous." , aber ich denke, sie meint, dass sie zu gerĂĽhrt ist.

Wenn ich irgendwo singen "sollte" wo ich weiĂź dass ich dort heulen wĂĽrde, dann heule ich sozusagen vor. Ich singe das so oft durch und durchschreite die Trauer dermaĂźen, dass ich gefasst bin.

Sage mir dann fĂĽr den Vortrag, dass es jetzt drauf ankommt, gefasst du bleiben.

Falls doch KloĂź im Hals, wĂĽrde ich instrumental auf Klavier ĂĽberbrĂĽcken.

In deinem Fall mit dem Chor würde ich absprechen, dass du zB mitsingen möchtest und ggf bei Kloß im Hals dann halt aussetzt. Selbst wenn Tränen laufen wird jeder Verständnis haben und gerührt sein.

PS
Mein Vater ist 1993 gestorben als ich 19 war. Ich konnte mich aber darauf vorbereiten, weil der bewusste Sterbensprozess ca. 8 Wochen war und Leukämie 4 1/2 Jahre insgesamt.

Geholfen hat mir, immer wieder Bilder anzuschauen und zu weinen, die Lieder von Peter Gabriel "love to be loved" und "blood of Eden".
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Es ist mein Papa der plötzlich und unerwartet gestorben ist.
FĂĽhl Dich lieb gedrĂĽckt, wenn Du magst.
Papa hat es geliebt wenn ich gesungen habe.
Es gibt verschiedene Phasen der Trauer. Vielleicht kannst Du es zum Konzert schon schaffen, Dich in Dankbarkeit daran zurück zu erinnern. Auf alle Fälle würde ich für die Solostellen mit der Chorleiterin reden. Sie kennt Dich auch besser und weiß dann, wie sie planen muss.
Langfristig ist das keine Lösung, denn die Trauer hört ja nicht auf. Sie versteckt sich nur.
Sie wird mit der Zeit leichter.

Es ist ein schwieriges und für mich nicht wirklich vorhersagbares Thema. Ich habe schon die unterschiedlichsten Erfahrungen in Requiems inzwischen - Tränen bei Personen die ich kannte, andererseits keine Tränen bei anderen Personen, die ich kannte (und mochte). Tränen bei Personen, die ich nicht kannte, bis dahin, dass selbst untere Mittellage plötzlich unerreichbar "hoch" war. Bei Konzerten in der Regel nicht, bis auf dieses eine bei Amnesty damals. Andererseits konnte ich ewig keine Zither spielen, ohne dass die Schleusen aufgingen, da stört das nur nicht so.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Hallo @Schlumpfienchen ,

auch von mir mein Beileid!

Keine Ahnung ab das für dich funktionieren kann, ich habe das aus einem anderen Bereich aber vielleicht könnte es dir auch helfen:

Wenn wir vom Moment ergriffen werden sind wir auch voll in diesem Moment gefangen und die GefĂĽhle ĂĽbermannen uns. Es gibt auch die Technik nicht im Moment zu sein, sondern man steht "auĂźerhalb von sich" und beobachtet sich von auĂźen wie man z.B. gerade singt.

Im Endeffekt verändert man dabei die innere Blickrichtung, man ist nicht der der gerade singt sondern man ist der der Beobachtet wie man gerade singt. Das ist wie eine Meta-Ebene. Verbal kann ich das schlecht erklären, aber man kann es ganz einfach ausprobieren und du wirst ziemlich schnell merken, was du da machen musst und ob dir das liegt.

Man muss das auch gezielt üben, der Moment wird immer versuchen dich hineinzuziehen, du musst es immer wieder merken und dich "draußen" halten. Diese Technik ist vielleicht auch ganz interessant um sich selbst beim Musizieren einzuschätzen. Es gibt Momente in der Musik die einem voll mitnehmen und abgehen lassen, hört man dann nachträglich die entsprechende Aufnahme ist man oft nicht mehr so begeistert.. :D

Na ja, die Info wollte ich mal dalassen, wie gesagt, du kannst das jederzeit selbst ausprobieren, eigentlich in jedem Moment, egal was du gerade machst.

Dir eine gute Zeit! :)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich danke euch❤️
 

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
ZurĂĽck
Oben