Mir ist noch eine Kategorie eingefallen, die fĂŒr mich sehr wichtig ist und in gewisser Weise quer zu den Begriffen "dienendes" vs. "eigenstĂ€ndig-gleichwertigem" drum steht.
Es bezieht sich eher auf eine Band als Ganzes und ich möchte es als "organische Einheit" bezeichnen.
Was meine ich damit? Ich meine damit, dass eine Band im Laufe der Zeit so zusammen gewachsen ist, dass deren Mitglieder intuitiv wissen, was der andere tut und sie in einen flow kommen - man hat das GefĂŒhl, alles greift ineinander, ohne dass es unbedingt eines Leaders, eines Dirigenten, eines scripts bedarf - es wĂ€chst quasi im Zusammenspiel: deshalb der vielleicht unbeholfene Begriff "organisch". Vermutlich hat jeder von uns mal diese Erfahrung gemacht - sie kann auch beim jammen entstehen und bedingt nicht unbedingt, dass sich alle "in und auswendig" kennen.
WĂ€hrend "dienend" vs. "eigenstĂ€ndig" sich in meinem VerstĂ€ndnis eher auf eine Funktion, Rolle oder Haltung bezieht, ist das organische Ganze einer Band eher ein Zustand (und diesen Zustand zu erreichen, eher ein Ziel oder eine Vision). Es hat damit zu tun, dass alle aufeinander hören, miteinander kommunizieren, sich stĂ€ndig aufeinander beziehen. Von daher verbinde ich es mit Begriffen wie "gleichberechtigt", intensiv, flow, intuitiv. Und damit bezieht es sich auch auf das drum und seine Ausdrucksweise in einer Band. Ein drummer in einem solchen organischen Ganzen wird weder dominieren noch dienen wollen - er wird, wie alle anderen Mitglieder, das spielen wollen, was gerade gebraucht wird (oder was er oder sie denkt, was gebraucht wird). Es geht eher um Aufmerksamkeit oder im Hier und Jetzt Sein (ohne ins esoterische abdriften zu wollen). TatsĂ€chlich ergeben Hirnforschungen, dass Mitglieder einer Band, wenn sie eingespielt sind, sich tatsĂ€chlich gemeinsam im gleichen Hirnzustand befinden - dieser gleicht sich.mit der Zeit an. Sie befinden sich, umgangssprachlich ausgedrĂŒckt, auf einer WellenlĂ€nge.
Ich habe festgestellt, dass ich eine Vorliebe fĂŒr Bands habe (auch jenseits meiner ĂŒblichen Genres), die ein solches Level des Zusammenspiels erreicht haben. Ich habe auch eine Vorliebe fĂŒr Live-Aufnahmen, wo so ein Zustand erreicht wird.
Das hat - im Unterschied zu Prog-Rock - nicht unbedingt etwas mit ĂŒberragender oder virtuoser individueller Beherrschung des Instruments zu tun, obwohl, glaube ich, ein gewisses Level der Beherrschung nötig, zumindest vorteilhaft ist.
Etliche Prog-Rock-Bands, insbesondere sogenannte All-Star-Bands, fallen nicht oder nicht durchgĂ€ngig darunter. YES zum Beispiel haben Alben, wo jeweils ein Mitglied einen Song geschrieben hat. Oder Bands mit sehr ausgetĂŒftelten Arrangements, wo die einzelnen Parts durchkomponiert und festgelegt sind, worunter ich beispielsweise King Crimson zĂ€hle. Die organusche Art des Zusammenspiels ergibt sich oft eher in der gemeinsamen Improvisation - daher fĂŒr mich der Zusammenhang mit Live-Alben. Wozu wiederum auch Songs vom Dreier-Album YESSONGS zĂ€hlen, etwa das StĂŒck "I've seen all good people". Oder Nils Lundgren mit der Funk Unit auf dem Album "Live in Amsterdam".
Aber Bands können diesen Zustand auch bei Studio-Alben erreichen. Etwa Mastodon auf "Hushed and grim", Black Sabbath auf vielen ihrer Alben, zuletzt auf "13", QUATSA auf "Songs for the Deaf" oder - dort doch eher wieder auf Live-Alben - Led Zeppelin oder Miles Davis, mindestens in seiner Fusion-Phase (We want Miles) oder Bob Marley auf "Exodus by Bus", insbesondere live, ebenso Cream oder Jimi Hendrix oder Abdulla Ibrahim & Johnny Dyani auf "Ecoes of Afrika" oder John Coltranes "A Love Supreme".
Ich könnte noch mehr Beispiele anfĂŒgen, habe aber das GefĂŒhl, dass entweder das, was ich meine, rĂŒbergekommen ist - oder auch nicht (und dann wĂŒrden mehr Beispiele auch nicht erhellender sein).
Mehr wĂŒrde mich interessieren, ob Ihr mit der Band als "organischem Ganzen" etwas anfangen könnt, ob es fĂŒr Euch eine Rolle spielt, welche Erfahrungen Ihr damit habt, welche Beispiele, welche Bands, Songs oder Auftritte Euch dazu einfallen!
Herzliche GrĂŒĂe
x-Riff