Effekte auf Software-Instrumente: Gemeinsam oder separat?

Jan S.
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Zu diesem Thema, das mich gerade umtreibt, habe ich hier bisher nicht gefunden. Es geht mir um Klärung der Frage, ob man Software-Instrumente besser gemeinsam oder getrennt mit (denselben) Effekten belegt.

Als (beispielhaftes) Szenario: Nehmen wir drei Instrumente - z.b. eine Violine, eine Viola und ein Cello. Im „echten Leben“ säßen die drei Musiker im gleichen Raum. Der durch die Instrumente produzierte Ton „vermischt“ sich und erreicht gemeinsam die Ohren der Zuhörer. In einem kleinen Konzertsaal käme hierzu durch die Raumakustik ein kleiner Hall.

Stellt man die Situation mit Software-Instrumenten nach, dann hätte man nun (vereinfacht gesagt) zwei Alternativen hinsichtlich des Hall-Effekts:

Alt. 1.: Man routet die drei Instrumente jeweils auf einen (einzigen) Halleffekt, der kurz vor der Endabmischung sitzt. Die Konsequenz ist, dass der Ton der drei Instrumente gemeinsam verhallt wird.
Alt. 2: Man versieht jedes der drei Instrumente separat mit einem identischen Halleffekt und routet sie danach zur Endabmischung. Die Konsequenz ist, dass jedes der drei Instrumente „separat“ verhallt wird, d.h. der Hall wirkt jeweils getrennt auf die einzelnen Instrumente.

Sicherlich habe ich mich nicht standesgemäß ausgedrückt, hoffe aber, dass es gleichwohl verständlich ist.

Die Frage ist nun: „Taugen“ beide Varianten? Ist es gar „egal“, welchen Weg man geht? Oder hängt es von den - welchen? - Umständen ab?
 
Nein, es ist nicht egal, die Ergebnisse klingen unterschiedlich.

Probiere es doch aus!

Ich mache es meist so:

Einen Bus für den Hall-Effekt, den ich dann über die Sends der einzelnen Instrumente beschicke und dann zumische. Für mich klingt das am saubersten, auch hinsichtlich der Ortung der Instrumente im Stereobild.
Warum das so ist, kann ich Dir nicht plausibel begründen.

Vorteil an dieser Lösung: Ich kann auch noch leicht in der Tiefe staffeln, indem ich den Send des einen Kanals weiter aufdrehe als beim anderen.
 
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So funktioniert das, Tiefenstaffelung nachlesen ist auf jeden Fall mal sinnvoll. Verschiedene Kanäle für Hall benutz ich eher, wenn es nicht um einen natürlichen Klang gehen soll, sondern wirklich um den Effekt, spacige trancige Synths im Weltraum, sowas.
Wenn es matschig wird, kann es auch Sinn machen, mit einem EQ vor dem Hall zu arbeiten. Höhen lassen sich oft schön groß verhallen, ohne dass es matscht. Fette Mitten und Bässe kleistern den Mix schnell zu.
Und, mach ich bei elektronischem Kram öfter: man kann den Reverb auch mit Sidechain bearbeiten. Dann macht der nicht statisch alles dicht, sondern man drückt den Reverb etwas weg, so lang das Ursprungssignal klingt, oder beispielsweise die Drums. Kann natürlich auch schnell unnatürlich werden, aber ausprobieren hilft.
 
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Du hast es in deiner Anfrage im Prinzip auch schon beantwortet, nämlich dass ein natürlicher Hall in einem gemeinsamen Raum stattfindet.
Das erreicht man wie oben schon beschrieben durch einen Effektbus mit dem Halleffekt, in den man die einzelnen Signale sendet.
Den schon erwähnten EQ kann man auch im Effektbus gut hinter dem Hall einsetzen, um Bässe und auch Höhen zu begrenzen.
Die Bassbegrenzung kann unerwünschten Klangbrei reduzieren. Die Höhenbegrenzung kann je nach verwendetem Hall auch Schärf in den Höhen nehmen. Der Hall klingt dann runder und man kann etwas mehr zumischen. Reflexion höherer Frequenzen passiert ja, wenn es Material der Wände z.B. hart ist (wie bei Fliesen).
 
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Vielen Dank für eure Antworten! :)👍

Ich verstehe noch nicht jedes Detail, aber die Grundantwort ist klar und ich weiß nun auch, in welche Richtung ich weiter nachlesen sollte.
 
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„Taugen“ beide Varianten? Ist es gar „egal“, welchen Weg man geht? Oder hängt es von den - welchen? - Umständen ab?
es taugen beide Varianten, aber es ist nicht egal :) es wird unterschiedlich klingen und beide Varianten haben ihre Vor und Nachteile.

Grundsätzlich verwende ich meistens einen oder mehrere Effektbusse, welche ich mit unterschiedliche Signalen füttere.

Was mMn nach ganz wichtig ist bei Reverb ist die Predelay Einstellung, damit kann ich sehr schön mit der Tiefenstaffelung arbeiten, aber das funktioniert mit einem Effektbus eher schwierig.

dh, es kommt also immer darauf an ;)
 
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… Was mMn nach ganz wichtig ist bei Reverb ist die Predelay Einstellung, damit kann ich sehr schön mit der Tiefenstaffelung arbeiten …
Das sind dann die Spezialitäten, von deren Beherrschung ich noch weit entfernt bin… ;)

Mit Effekten ordentlich zu arbeiten, scheint mir eine „kleine“ Wissenschaft für sich zu sein. Natürlich kenne ich das Thema dem Grunde nach bereits vom Korg Nautilus. Da ist man aber stark limitiert, was es auf der anderen Seite wieder recht einfach macht. Am Computer finde ich schon die Wahl des passenden Effekts dem Grunde nach herausfordernd - von den Feinjustierungen ganz abgesehen.

Aber das kommt mit der Zeit, klar. :) Wichtig ist mir, dass ich nicht komplett falsch abbiege, deshalb helfen mir solche Threads.
 
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Was mMn nach ganz wichtig ist bei Reverb ist die Predelay Einstellung, damit kann ich sehr schön mit der Tiefenstaffelung arbeiten, aber das funktioniert mit einem Effektbus eher schwierig.
Naja, ich arbeite sehr viel mit unterschiedlichen PreDelays. Wenn ich wirklich für verschiedene Instrumente den gleichen Hall haben möchte, mir aber die Teifenstaffelung wichtig ist, dann beschicke ich tatsächlich mehrere Buss mit dem gleichen Raum als Plugin. Unterschiedlich sind dann die Predelay-Zeiten und auch der Hall-Anteil zum Direkt-Signal.

Meistens nutze ich für eine Pop-Produktion aber unterschiedliche Räume. Aber auch hier:
- Raum 1: Vorne: Langes Predelay, kleinere Raumgröße, weniger Hall-Anteil, mehr Höhenanteil im Direkt-Signal.
- Raum 2: Mitte. Mittleres Predelay, mittlere Raumgröße, mittlerer Hall Anteil, etwas weniger Höhen im Direkt-Signal
- Raum 3: Hinten: kurzes Predelay, größerer Raum, mehr Hall-Anteil, weniger Höhen im Direkt-Signal.

So erreicht man eine Tiefenstaffelung.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Hier wird das im groben ganz gut erklärt:


View: https://www.youtube.com/watch?v=WmTfNX92PEc
 
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Hoppla, interessant - danke! (y)

Nachtrag: Wirklich klasse, der o.a. Link! Eigentlich schaue ich ungern Videos, weil da häufig wenig Information in viel Gequatsche verpackt wird (Grüße an die YouTuber :geek:). Aber was man in kürzester Zeit vom „Jonas“ lernen kann, ist ja richtig prima! :)

Dieses Vorgehen mit mehreren „Hallräumen“ wird für klassische Instrumente dann nochmal herausfordernder, weil die in der Regel ja bereits mit einem gewissen Hallanteil gesampled werden. Zudem muss man dann ggf. die „mitgelieferten“ Effektanteile reduzieren oder herausnehmen. Es bleibt spannend (nicht für die alten Hasen, natürlich ;)).
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade im Bereich klassischer Musik, die man via elektronischer Klangerzeugung macht, ist wohl ein maximale natürlicher Halleinsatz das um und auf. Da braucht es gute Raum Simulatoren um das wirklich natürlich klingen zu lassen.
Tiefen Staffelung mit gut aufeinander abgestimmten Hallebenen sind da wohl der Schlüssel zum Erfolg.
Im genannten Beispiel aber, das sich nach Kammermusik anhört, würde ich mit einem relativ kleinen Raum und wenig Hallanteil arbeiten um den intimen Charakter zu erhalten. Hall je Instrument sehe ich gerade bei Klassik gar nicht, denn dadurch kann der Sound Recht schnell auseinander fallen.
 
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Danke dir. Nur zur Erläuterung: Das Eingangs-Szenario diente nur der Veranschaulichung meiner Frage. Für meine Praxis wird es eher um größere Orchestrierungen gehen sowie um die Kombination von elektronischen Sounds mit Orchester.

Das Grundprinzip dürfte dasselbe bleiben, nur die ordentliche Ausführung dürfte anspruchsvoll werden. Aber es ist ja noch kein Meister vom Himmel gefallen. ;)
 
Welche Hall Effekte benutzt du denn aktuell?
 
Kleiner Tipp, scheint fast offensichtlich, aber trotzdem: Hall auch mal Solo anhören. Also nicht nur Hall drauf, klingt nicht, nächster Hall, klingt auch nicht... sondern mal hören, was der Hall allein so macht und was passiert, wenn man dran rum schraubt. Dann kommt man auch dahinter, warum was wie funktioniert.
 
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Welche Hall Effekte benutzt du …?
- ChromaVerb (Logic Pro)
- Raum (Native Instruments)
- Spaces II (EastWest Sounds).

Wobei sich kaum von „… benutzen …“ sprechen lässt, bisher experimentiere ich nur. Mit Spaces II habe ich noch nicht viel gemacht, wohingegen ich „Raum“ und „ChromaVerb“ allmählich zu mögen beginne. Bei dem Letzteren gefällt mir u.a. der Preset „Greek Wash“ sehr gut, mit dem sich ein „Vangelis-typischer“ Hall erzeugen lässt. Und beide scheinen mir in der Bedienung recht einfach zu sein.

Aufgrund der Antworten hier im Thread (und nach Vorgabe im o.a. Video) habe ich nun mal begonnen, mir für mein Orchester-Setup mehrere Kanäle mit Halleffekten zu basteln. Herausfordernd ist der Umstand. Dass die klassischen Instrumente nicht nur mit Hallanteil daherkommen, sondern man ja u.aß auch die Mikrofone einstellen muss - mit entsprechenden Auswirkungen auf die räumliche Anordnung der Instrumente. Das hat dann wiederum Auswirkungen auf die Hinzugabe von Hall.
 
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Die von Dir genannten UAD Hall-Plugins nutze ich inzwischen alle. Und alle sind - wenn man sie passend einsetzt - erste Sahne!
Mehr braucht es für eine Pop oder Rock-Produktion eigentlich nicht.
 
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gibt es übrigens auch in einem Bundle mit sehr vielen anderen sehr guten Plugins (wo ua weitere klasse Reverbs dabei sind wie Capitol Chambers, Pure Plate, Lexicon 224, Hitsville Reverb)
das war der Vangelis Hall, natürlich alles andere als „natürlich“ ;)
(Stichwort Blade Runner, aber auch bekannt für Pop Stimmen, ua George Michael „Careless Whisper“)
 
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Nein, der Lexicon-Hall ist nicht natürlich. Aber legendär für Pop-Produktionen. Als das Lexicon 224 im Jahre 1978 auf den Markt kam, gab es Faltungshalls noch nicht. Da ist man für so etwas noch in die Hall-Kammer (z.B. eben in die Capitol Chambers) gegangen. Das Lexicon 224 war das beste, was es damals gab - und schweine-teuer.
Das Lexicon 224 kann schön dichte Hallräume erzeugen, die sich vor allem für Vocals wunderbar eignen. Für einen natürlichen Raum für ein Orchester würde ich das nicht nutzen.

Ich hatte übrigens Ende der 90er noch die Gelegenheit, an einem Lexicon 224 rumzuschrauben - also nicht als Plugin, sondern als externes Gerät damals.
 
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Das Lexicon 224 kann schön dichte Hallräume erzeugen, die sich vor allem für Vocals wunderbar eignen.
Ja, dafür eignet es sich wunderbar... aber „schön“ (nach heutigen Massstäben) trifft es imho nicht wirklich... ;)
Eher: genau das, was es im Mix braucht.
Das Video hatten wir schon mal, kann aber nicht schaden

View: https://www.youtube.com/watch?v=k8gTekwY0pg&list=RDk8gTekwY0pg&start_radio=1&pp=ygUcY2FyZWxlc3Mgd2hpc3BlciB2b2NhbHMgb25seaAHAQ%3D%3D

Nach dem gleichen Prinzip, aber wegen der „künstlichen Sound-Quellen“ mit viel mehr Freiheit: der Blade Runner Soundtrack, bei dem das L224 mindestens den gleichen Stellenwert wie der Yamaha CS80 hat.

Es kommt bei solchen Effekten extrem auf den Kontext an... ;)
 
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