Was bringt mir die Theorie

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Heinrich III.
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Ich habe festgestellt, dass mein Gitarrenlehrer eine sadistische Ader hat. Ihm macht es anscheinend Freude, mich mit Quarten, Quinten im Reinen wie im Übermäßigen zu quälen.:D Auf die Frage nach dem Warum, höre ich von ihm nur, dass ich das später verstehen werde. Nun frage ich mich aber, ob ein C oder F anders klingt, wenn ich die Theorie verstanden habe. Ich glaube nicht, aber vielleicht sehen das hier einige anders. Also wofür brauche ich die Theorie, wenn selbst richtig große und gute Musiker noch nicht mal Noten lesen können?:gruebel:

..... ich bin nämlich gerade am Überlegen, ob ich das mit der Theorie sein lasse und die frei gewordene Zeit zum Klampfen nutze.
 
Eigenschaft
 
Gerade im Gitarrenbereich haben ja viele "Stars" das Instrument rein durch raushören und nachspielen gelernt, und wie du schon sagtest nie die Theorie gepaukt. Die Sache ist halt die, dass diese Leute die Theorie sozusagen intuitiv und mehr oder weniger unbewusst anwenden.
Der Ottonormalspieler kann das vielleicht nach vielen vielen Jahren auch, aber in der Regel wird es schon helfen, wenn man ein paar Grundlagen drauf hat.

Und die Stars ohne Noten- bzw. Theoriekenntnisse haben sich sicher auch schon öfter darüber geärgert, z.B. wenn es mal darum geht, mit anderen Musikern zu kommunizieren. Es geht halt schneller zu sagen "Probier mal statt dem Cmaj7 einen Cadd9" als dass man sich gegenseitig zeigen muss, wie man die Finger gerade auf dem Griffbrett hat und wo sie hinsollen. :D
Natürlich kann man auch 1000e Griffe auswendig lernen, aber mit dem nötigen Hintergrundwissen reicht es irgendwann fast aus, wenn man die Töne auf dem Griffbrett halbwegs kennt.

Natürlich kommt es dabei auch drauf an, was man überhaupt will. Wenn man nur ein paar bekannte Songs mitschrammeln möchte, geht es auch ohne. Aber sobald es z.B. an's improvisieren oder gar um eigene Songs geht, kann das Hintergrundwissen einem viel Rumprobieren ersparen.


Außerdem kann man ja für sich eine eigene Grenze ziehen. Ich hab auch nicht vor, ein Ass in Harmonielehre zu werden, sondern versuche immer nur das zu lernen, was ich gerade brauche. :)
 
Zuerst einmal ein Statement: THEORIE IST WICHTIG!:eek:

Ich bin selbst Autodidakt. Irgendwann stößt man aber immer an gewisse Grenzen. Da hab' ich mir Literatur besorgt und dann unendlich viel Zeit gebraucht um mir "Falschheiten" wieder abzugewöhnen.

Ich bin nach wie vor kein Ass in Harmonielehre, kenne mich über die Jahre aber mittlerweile ganz gut aus.;)

Das ist sehr hilfreich um z.B. in einem Band Kontext den Sound farbiger zu Gestalten. Wenn man um die Funtkion von Septimen, Nonen, Sexten etc. weiß, kann man schöne Harmonien oder eben auch Spannungsbögen erzeugen.

Auch beim Songwriting ist die Theorie hilfreich, man kann etwas gezielter nach Klangfarben und / oder harmonischen Verbindungen suchen.

Also: Kopf hoch und lasse Dich ein wenig quälen. Meiner erfahrung nach wirst Du dafür einmal dankbar sein;)

Dennoch: Nicht den Spaß vergessen und außer Üben und Theorie büffeln Gitarre spielen!:great:
 
Unter Musikern, die keine Theorie-Spezialisten sind, ist es "schick" zu sagen, dass sie keine Ahnung von Theorie haben und nach Gefühl spielen.
Absolute Grundlage wie Quarten, Quinten sind aber auch für die meisten solcher Musiker Basics, die so "basic" sind, dass sie von diesen gar nicht mehr unter den Begriff Theorie fallen.

Du benötigst gewisse Dinge zur Kommunikation unter den Musikern.
Das merkst Du spätestens, wenn Du mit ein paar Leuten in der Band spielst und ein Arrangement ausarbeitest.
Auch beim Heraushören von Stücken sind Kenntnisse von Quintenzirkel etc. von Vorteil.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Heinrich III,
kann dich voll verstehen. Mein Geigenlehrer hatte mich damals 3 Tage die Woche a´2 Stunden lang über 7 Jahre damit gequält. Es waren später schon recht anspuchsvolle Stücke, auch im Orchesterchen. Wenn er mir aber eine Note zeigte und fragte "wie heißt die" kam ich in ernsthafte Schwierigkeiten. Steht sogar im Zeugnis, daß keiner versteht, warum ich trotzdem (recht gut) vom Blatt spielen konnte und da waren richtig viele Noten drauf !.
Also- bleib cool und lass es über dich ergehen. Vielleicht trägt das Wissen um Quarten, Quinten, Sexten usw...später auch unbewußt zur Herausbildung eines musikalischen Verständnisses /Hörvermögens bei. Gitarre und Bass habe ich mir selber beibebracht, aber die Theorie von damals hat vielleicht doch mehr geholfen als man denkt. Also: lernen hi hi
Viele Grüße
 
Die theorie ist gross und weit; man muss längst nicht alles können, finde ich. Als "sonntag-nachmittags auf dem sofa" musikant mit drei akkorden brauchst du kaum viel theorie. da ist der quintenzirkel schon das mass fast aller dinge. Um erste eigene songs zu schreiben, die nicht todlangweilig sind, brauchst du etwas mehr.

Um mit einer band zu spielen, brauchst du halt wieder was anderes, da kann's z.b. rein zur kommunikation untereindander schon drauf ankommen, ob das eine klassikformation (noten) oder eine countryband (Nashville Numbers), ne jazz-combo (kryptische akkordsymbole) oder sonstwas ist (lead sheets, tabs, schmierzettel, "finger x auf bund y" usw).

Wenn du weisst, wie II,V,I oder I,VI,IV,V und andere kadenzen klingen und auf diese weise theorie und praxis zusammen wachsen, bist du beim heraushören zehn mal so schnell als wenn du im blindflug rumprobieren musst. Auf diese weise braucht jede funktion, die du als musiker ausübst, wieder ihr eigenes stückchen theorie.

So gesehen meine ich, dass ein gesunder grundstock an theorie wirklich hilfreich ist. Und wahrscheinlich hat dein gitarrenlehrer auch recht, dass du es erst später "verstehen" wirst. Verstehen dann im sinne von beinahe unbewusstem anwenden des gelernten und damit "besser sein" oder "es leichter haben".

Es ist halt eine investition; die knochenarbeit ist jetzt, der gewinn kommt erst später und wie viel das sein wird, ist aus deiner sicht heute noch schwer abschätzbar.

Gruss, Ben
 
mir hilft theorie beim auswendig spielen sehr gut. ich erwische mich jeden tag mehrere male dabei, wie ich mir denke: "der nächste ton kann egientlich nur ein e sein." o.Ä.

oder stell dir vor du schreisbt eigene musik und es klingt nicht gut. willst du dann nicht wissen warum es nicht gut klingt und welcher ton besser klingen könnte an der stelle? oder willst du doch lieber stundenlang ausprobieren bis du ihn hast?

ich denke der rest ist gesagt. theorie ist unheimlich wichtig und.. kann auch spaß machen :great:

E:
ist es "schick ist" zu sagen, dass sie keine Ahnung von Theorie haben und nach Gefühl spielen.
dsa hab ich auch schon erlebt. spätestens beim gemeinsamen musizieren wird es dann peinlich - für die, nicht für dich.
 
Ja ja, ist ja schon gut, Ihr habt mich überzeugt ;)

Das waren eindeutige Statements von Euch. Da das Wichtigste für mich das Heraushören von Tönen wäre (irgendwann will ich das ja auch mal können, wer will schon ewig auf seinen Lehrer angewiesen sein), werde ich mich wohl wieder hinsetzen und lernen.

..... mit so einer einstimmigen Meinung hätte ich hier wirklich nicht gerechnet.:great:
 
:D

War jetzt klar, dass da noch was kommt, oder?

Also: nach dem, was meine geschätzten Mituser da geschrieben haben, bin ich "schick".

Meine Theoriekennstnisse sind vergleichbar mit denen von Keith Richards, Noten kann ich so gut lesen wie Stevie Ray Vaughan das konnte. Das Einzige an Theorie, bei dem ich fit bin, sind tabs. Wenn es um Musik geht sind mir meine Ohren wichtiger als meine Augen. Voicings, Tonfolgen, Arrangements u.ä. finden bei mir nicht im Kopf, sondern im Bauch statt.

Bisher vermisse ich keinerlei theoretische Kenntnisse. Ich bin allerdings auch ein reiner Solospieler.

Sicher ist aber eins: schaden würde mir Musiktheorie wahrscheinlich nicht. Und: ich spiele schon ein paar Jahr(zehnt)e. Wenn Du gerade anfängst und schon dabei bist, solltest Du Dich mit der Theorie ruhig auseinandersetzen. Langfristig wird sie eher helfen als schaden.
 
Hi, auch die Theorie ist sehr wichtig :great:
Glaube mir, auch wenn es langweilig erscheint ( tut's bei mir auch) wirst Du schneller merken wenn irgendetwas
in einem Musikstück nicht stimmt oder warum dir bei einem Song an einigen Stellen die Haare zu Berge stehen.

Wenn Du dann sagst, das passt da nicht :great: Dann bist Du sehr weit.

Einen Stern der Deinen Namen trägt kommt zwar mit nur vier Akkorden aus, aber wenn Du mal ausserhalb der kommerziellen Musik
Dir eigene Stücke schreiben möchtest wirst Du sehen wie toll doch die Harmonielehre ist.

Übrigens, mein Gitarrenlehrer war auch Sadist :rofl:

Da steh ich drauf und das tut gut. Also, lerne Harmonielehre und hau auch in die Saiten. Beides im richtigen Maß :great:

LG

Rolf
 
Das Einzige an Theorie, bei dem ich fit bin, sind tabs.

AAAArgh... Tabs haben mal mit Theorie echt wenig zu tun. ;-) (Sorry Bernd) Ich sag ja immer Tab sind wie "Malen nach Zahlen": Klar krieg ich schnell raus, dass ich da wo ne "1" steht Blau malen muss und da wo eine "2" steht Rot.
Und wenn ich dann ein Bild ausmale sieht es hinterher vllt wirklich aus wie ein surrealistisches Werk, aber ich hab dann halt gar nicht verstanden was das überhaupt ist. Wo Unterschiede zu anderen Stilen sind etc.

Musiktheorie umspannt ja ein weites Feld, dessen Basis quasi das Notenlesen bildet. Dann gibt es diesen "platt"-theoretischen Teil, der sich mit Struturen beschäftigt (Akkordaufbau, Akkordverbindungen, Melodieführung etc), aber es gibt auch das ganze Feld von
"WIE spiel ich überhaupt etwas?" Welche Töne sind wichtiger als andere und warum? Wozu gibt es überhaupt verschiedene Taktarten? Welche Teile gibt es in meinem Stück, wie unterscheiden sie sich, wie bekomm ich es hin, dass spannende Stellen auch spannend klingen? Was sind mehrere Stimmen und wieso kann man die in Tabs (meist) nicht sehen? und so weiter und so fort.
Dazu kommt dann noch der musikhistorische Teil. Und ich meine jetzt nicht nur klassische Musik, sondern auch z.B. die Entwicklung des Jazz, oder der Rockmusik.
Hinter vieler Musik steckt ja einfach auch noch ein anderer Gedanke als "Musik ist zum Konsumieren gedacht".

Was ich allerdings überhaupt nicht mag sind solche Aussagen wie "lern das, du wirst es später verstehen". Das fördert weder das Interesse der Schüler noch hat es irgendwelchen Effekt. Das ist quasi tote Theorie. Das braucht es nicht.
Beispiel Intervalle (Quarten, Quinten) hat Heinrich angesprochen. Da ist es doch super simpel einfach ein paar Anwendungsbeispiele zu geben.
Z.B. wenn man von jedem Ton aus ne Quinte hoch oder ne Quarte runtergehen kann, kann man den ganzen Quintenzirkel (deswegen heißt der so) und hat damit ein Werkzeug um schnell Akkorde zu finden die miteinander gut klingen, oder eben auch nicht.
Wenn ich verstanden hab was eine Septime oder None ist, kann ich mir Akkorde bilden die diese Töne beinhalten, und zwar nicht nur die 08/15 standard offenen oder Barree-Akkorde, sondern auch ganz eigene Voicings, was mir dann zum Beispiel wieder erlaubt in einem Stück eine bestimmte Stimmung hervorzurufen, oder mir kompliziertes Umgreifen erspart.

Deswegen: Musiktheorie ist ein unterstützendes Mittel. Man braucht etwas Übung, aber dann kann man an etlichen Stellen kleine Vorteile daraus ziehen, die es einem einfacher machen ein guter Musiker zu sein.
Natürlich gibt es immer wieder Ausnahmetalente die da quasi drüber stehen und Musik auf andere Art begreifen und wahrnehmen. Die dann einfach "merken" welcher Ton der Wichtige und Richtige ist und die ein Gefühl dafür haben wie sie Töne anordnen können um bestimmte Effekte zu erzielen. Oder die ein rhythmisches Gespür haben und sich darüber keine Gedanken machen müssen.
Aber wenn einem das eben nicht in den Schoss fällt, kann man viele Dinge einfach kompensieren indem man auch mal ein wenig Theorie anguckt und versteht und auch anwendet.
 
AAAArgh... Tabs haben mal mit Theorie echt wenig zu tun. ;-) (Sorry Bernd) Ich sag ja immer Tab sind wie "Malen nach Zahlen": Klar krieg ich schnell raus, dass ich da wo ne "1" steht Blau malen muss und da wo eine "2" steht Rot.
Und wenn ich dann ein Bild ausmale sieht es hinterher vllt wirklich aus wie ein surrealistisches Werk, aber ich hab dann halt gar nicht verstanden was das überhaupt ist. Wo Unterschiede zu anderen Stilen sind etc.

Schon okay :D Seh ich völlig anders, da ich mich sehr viel in verschiedenen offenen Stimmungen bewege, und eine Gitarre ist nun mal kein Klavier, bei dem eine Taste immer die gleiche Note ist und jede Note sich immer auf der selben Taste befindet. Deswegen sind Noten für mich viel zu krampfig.

Aber das ist ja das Schöne an Musik: es ist garantiert immer für jeden etwas dabei. Und bei Musik gibts einfach kein "besser" oder "schlechter". Es gibt nur "anders".
 
Absolute Grundlage wie Quarten, Quinten sind aber auch für die meisten solcher Musiker Basics, die so "basic" sind, dass sie von diesen gar nicht mehr unter den Begriff Theorie fallen.

Genial! :) Echt. So hab ich das noch nie gesehen und es erscheint mir auf Anhieb verständlich...

Und unserem Akquarius bleiben solche Seiten ein Buch mit sieben Siegeln: http://www.classicalguitarschool.net/en/Download.aspx?id=1111 Du weißt ja nicht, was dir entgeht.;)
Klar ist es cool zu sagen "warum soll ich die Musik anderer Leute spielen, wenn ich meine eigene mache". Aber richtig glaubwürdig ist das nicht..
 
ich kann Dir zumindest sagen, dass es nichts Schlimmeres gibt, als mit "Musikern" zu kommunizieren, die keine Ahnung von der Theorie haben. Von Angesicht zu Angesicht kann man sich ja noch irgendwie mit Händen und Füssen behelfen (und bei einem Hobby kann das durchaus reichen), aber einmal hatte ich so einen Fall über das Internet. Das wurde mir echt zu blöd, vor allem wenn ich immer wieder den Satz gehört habe "ach, Theorie, dafür habe ich keine Zeit, das brauche ich nicht". Wenn man aber die einfachsten Abläufe in einem Stück (an dem man gemeinsam arbeitet) nicht diskutieren kann, weil man keine gemeinsame Sprache spricht, dann kann man es gleich lassen. Ich konnte in diesem Fall zumindest nichts mit Beschreibungen wie "na da beim dummdidumm wo Du tralalala machst, also bei dem 3. lala, kurz bevor die Gitarre pling macht und dieses lustige wutschiwutschi kommt"

So etwas mache ich jedenfalls nie wieder :D.
 
Naja, er hat für sich gesehen schon irgendwie recht. Wenn man parallel viel in verschiedenen Stimmungen spielt können Noten schon verwirren. Ich hab in letzter zeit ein paar Sachen aus Lautenstimmung gespielt, wo die G-Saite auf Fis gestimmt wurde.
Wie oft ich da saß und überlegt hab "wie zum Henker soll ich jetzt nochn Fis greifen?", bevor mir einfiel, dass ich das ja auf ner leeren Saite hab.
Wenn man das jetzt für Standard E, DADGAD, DADF#AD, Dropped D, Open E, mit Capo etc hat, würd ich auch eher nach Tabulatur spielen wollen.
Und der Vorteil den viele Leute mittleren Alters *zwinker* haben, ist einfach: wenn man 40 Jahre lang Musik gehört hat, hat man da (möglicherweise!) auch schon eine Entwicklung vollzogen, weiß worauf man Wert legt, hat ein Gespür für "was passt zusammen und was nicht?"
Das ist bei Kindern einfach anders. Die kennen einfach noch nicht so viel, haben noch keine Meinung oder Erfahrungswerte auf die sie sich stützen können. Bei vielen Erwachsenen ist das auch so (meine Mom.. ;-)..

Der zentrale Punkt ist immernoch: es muss auch Spaß machen. Jemanden jahrelang mit Theorie quälen macht auch keinen Sinn, wenn er dadurch die Lust am musizieren verliert.
 
Ganz nüchtern betrachtet habe ich ohne die Theorie keine Chance meine Ziele zu erreichen, also werde ich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und mal wieder etwas lernen. Ich finde es aber trotzdem interessant, dass es Leute gibt, die trotz theoretischem Wissen in der Lage sind, Musik zu machen :D
 
Ich gebe zu, ich habe früher auch mal gedacht Musiktheorie sei nur was für steife Klassiker und würde den wahren Künstler (also mich) nur in der Kreativität behindern. Denn sie schreibt ja ausgetretene musikalische Wege vor, die ich eben nicht beschreiten wollte.
So dachte ich jedenfalls.

Aber das ist natürlich Quatsch. Genauso gut könnte man behaupten, die Verwendung von Werkzeug würde einen Bildhauer kreativ einschränken.

Das Gegenteil ist der Fall. Je besser und umfangreicher die Werkzeuge, die zur Verfügung stehen, umso kreativer kann der Künstler werden.
Für den Musiker sind seine Kenntnisse der Harmonielehre wie Werkzeuge. Sie unterstützen seine Kreativität und schränken sie nicht ein.



 
Also, da bin ich dann doch ganz anderer Meinung.

Natürlich schränkt die Kenntnis von Theorie die persönliche Kreativität nicht ein. Wissen ist niemals einschränkend oder behindernd.

Aber ich würde Musiktheorie oder Harmonielehre niemals als ein Werkzeug für den Musiker bezeichnen.

Das Werkzeug ist die Uilleann Pipe von Willie Clancy, die Gitarre von Big Bill Broonzy, die Stimmen der Frères Morvan oder, wenn wir ganz weit zurückgehen, der Oud des Zyriab. Und alle waren hervorragende Musiker ohne den Hauch eines gelehrten Wissens von Musiktheorie zu haben. Natürlich wusste Willie Clancy, welche Tonfolge auf seiner Pfeife unter welchen Umständen am schönsten klang. Und das gilt auch für den dreistimmigen Gesang der Frères Morvan. Aber sie wussten das nicht, weil sie es irgendwo gelesen haben, sondern weil sie sich intensiv mit seiner Musik auseinandergesetzt haben.

Und das gilt für alle Musiker aller Zeiten und Kontinente, die jenseits von Theorie ihr Instrument beherrschten oder beherrschen um so Ihre Musik zu machen.

Wenn wir den Vergleich des Künstlers, des Werkzeuges und des Werkes selber weiterführen, dann ist Musiktheorie (wie milamber das ja auch schon sehr schön formuliert hat) die Sprache, die es dem Künstler ermöglicht, sein Werk zu erläutern, die Entstehung zu beschreiben, sich mit anderen Künstlern über die Feinheiten des Werkes zu unterhalten und das Werk letztendlich festzuhalten.

Ich bin der Meinung, dass Musiker wie Blind Blake oder Turlogh O'Carolan keinen Deut schönere Musik gemacht hätten, wenn sie ein fundiertes Wissen von Harmonielehre gehabt hätten. Mehr Geld hätten sie auch nicht gehabt.

Und wenn man sich überlegt, dass bereits jenseits des Mittelmeeres eine musikalische Welt beginnt, in der unsere komplette Musiktheorie mit Ihren Nonen, Ganztonschritten und Phrasierungen komplett für den A... ist, dann könnte jemand von Außerhalb unseres Kulturkreises ziemlich schnell den Eindruck gewinnen, das die Mitteleuropäer des 21. Jahrunderts mal wieder glauben, nur Ihr Weg sei der einzig richtige.

Ich bin Eurer Meinung: Musiktheorie ist wichtig, wenn man über neuzeitliche westliche Musik kommunizieren will. In welcher Form auch immer.

Wenn man sich mit Musik, vor allem (aber bei weitem nicht nur) mit der Musik anderer Kulturen und Zeiten, auseinandersetzen will um zu musizieren, dann sind das Beherrschen des eigenen Instrumentes, ein offenes Ohr und ein offenes Herz bedeutend wichtiger.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das mit dem Werkzeug ist ja nur ein Sinnbild.

Der Sinn und die Aufgabe jeder Theorie ist es, Phänomene, die wir real wahrnehmen, zu erklären und vorauszusagen. Musikalisch heißt das: "Was führt zu diesem Sound und was muss ich tun um diesen Sound wieder zu bekommen?" Wir betrachten sozusagen die Baupläne musikalischer Phänomene um dann zu wissen, "wenn ich das so und so mache, dann erreiche ich diese und jene Wahrnehmung."
Theorie ist nur dazu da, um das was wir in der Musik hören und empfinden, zu erklären.
Wie jede Theorie dient sie ausschließlich dem Zweck reale Wahrnehmungen (in unserem Fall musikalische Phänomene) zu erklären und sie reproduzierbar zu machen.
Keinesfalls dient die Musiktheorie als Gesetzestext in dem steht was "richtig" und "falsch" ist! (Auch wenn das manche gerne so sehen…)

Der Sinn der Harmonielehre liegt also in der Reproduzierbarkeit klanglicher Phänomene. Wenn uns eine bestimmte Stelle, ein bestimmter Übergang, oder besonderer Sound gut gefällt, können wir uns sozusagen den musikalischen Bauplan ansehen und dann so eine Stelle in unsere eigene Musik einbauen.


Das heißt nicht, daß wir ohne theoretische Kenntnisse keine gute Musik machen können. -Aber zu verstehen was da passiert ist eben hilfreich.
Und um dann darüber kommunizieren zu können braucht es aben auch Begriffe die eine bestimmte Bedeutung haben. Die Kinder brauchen Namen.
Damit ich nicht immer sagen muss "Der Ton der sieben Halbtonschritte höher liegt als der andere" nennt man ihn Quinte
 
Hervoragend formuliert Jafko!

Diese Erläuterung trifft den Nagel auf den Kopf.
Bei Theorie geht es um Verstehen, Erklären und Kommunizieren. That's it.

Mir persönlich fällt Hören und Umsetzen zwar leichter als Lesen oder Erklärt bekommen und umsetzen, aber das hat ja nichts mit dem Für und Wider von Musiktheorie zu tun.
 

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