Mich interessiert schon wie Du zu dieser Meinung kommst. Wenn Du es von der subjektiven vllt mehr auf die objektive Ebene übertragen könntest, hätte ich womöglich auch die Chance, es zu verstehen.
OKay. Ich tu das aber wirklich nur aufgrund deiner ausdrücklichen Nachfrage, da es nicht mein Anliegen ist,
objektiv die Fähigkeiten und Leistungen von Kollegen infrage zu stellen. Ein paar Dinge habe ich ja bereits angemerkt, die durchaus objektiv zu verstehen waren. Ich wiederhole diese Aspekte der Nachvollziehbarkeit halber hier gern nochmal. Komplett objektiv geht es natürlich nicht, da es in der Musik jenseits von Tonhöhe, Tonalität, Phrasierung usw. nicht allzu viele rein objektive Parameter gibt.
Zur Basis:
Objektiv gesehen ist dies ein klassisches, schnörkelloses Bluesschema ohne viele harmonische oder dynamische Variationen. Hier sind also schon mal keine Überraschungen, Wendungen oder Abwechslungen drin. Kennt man die ersten zwei Minuten, erahnt man auch den Rest.
(Halbwegs) objektiv gesehen ist der Song im Verhältnis dazu recht lang.
Zur Gitarre
Objektiv gesehen, also faktisch spielt die Gitarre permanent solo. Sowohl während des Gesangs als auch in zwei (!) eigenen, reinen Soloteilen am Anfang und in der Mitte. Ebenfalls objektiv gesehen rutschen einige Töne in die falsche Tonart, was du ja bestätigt hast.
Jetzt komme ich zwangläufig wieder in den subjektiven Bereich. Ich glaube dir, dass du versucht hast, mit dem Gitarrenspiel die Emotion des Songs zu treffen oder sie zu untermalen. Aber obwohl du recht ordentlich und zurückhaltend spielst, reicht mir persönlich deine musikalische Ausdruckskraft auf der Leadgitarre nicht aus, um ihr fünfeinhalb Minuten permanent zuhören zu wollen. Neben dem bereits erwähnten Abrutschen in eine andere Tonart ist es mMn auch nicht variantenreich genug, um die Aufmerksamkeit über den ganzen Zeitraum zu halten. Aber auch wieder zu dominant, um sie ausblenden oder ignorieren zu können. Ein paar souverän untergelegte Harmonien bei den Strophen und ein einzelner, aber gewitzter Solopart hätten dem Song meiner Ansicht nach gut getan.
Gesang
Objektiv gesehen bist du sicher kein trainierter Sänger und die Stimme klingt eher zurückhaltend, fast im Sprachmodus. Nun - für Blues muss man sicher keine Gesangsakademie besucht haben und grundsätzlich finde ich es vernüftig, dass du gar nicht erst versucht hast, extrovertiert zu shouten oder Ad libs zu singen, wie es im Blues gern mal gemacht wird. So hinterlässt der Gesang immer noch einen angenehmen, nicht störenden Eindruck. Nachteil: Auch beim Gesang nicht viel Abwechslung.
Die Lyrics / der Inhalt
Das ist schwierig. Objektiv sind die Lyrics sehr kurz im Verhältnis zur Länge des Songs. Der Inhalt ist rasant erzählt: Als du in der Nachkriegszeit lesen lerntest, hast du den Satz "Hier wohnen Juden" auf der Häuserwand eines leer stehenden Gebäudes gelesen, der dich irgendwie bewegt hat. Nach Jahren erklärte man dir die Hintergründe des Holocaust. Daraufhin hast du dich der Friedensbewegung angeschlossen.
Das war's doch im Prinzip, oder?
Ganz ehrlich und objektiv? In dieser Form wirst du deinem Anliegen, eine ganz persönliche Geschichte zu erzählen, nicht gerecht. Das, was du tatsächlich erzählst, ist eine sehr allgemeine, ja eigentlich sogar eine Kollektiv-Erfahrung, mit der etliche Nachkriegsgenerationen früher oder später konfrontiert wurden und werden. Und ja - auch viele aus meiner Generation schlossen sich der Friedensbewegung an. Ich hätte den Text fast genauso schreiben können, nur dass ich die Jahreszahl leicht hätte anheben müssen. Und die Häuserwand war bei mir eine Leinwand im Filmraum meiner Grundschule.
Die Hinweise von
@x-Riff im Lyricsforum, sich mehr auf die (wahren und fiktiven) Geschichten im und ums Haus zu konzentrieren, würde ich unbedingt beherzigen. Wie du das ins Format deines Songs bringst, hängt von deiner Kreativität ab. Du könntest auf Wiederholungen (Textzeilen und ein Gitarrensolo) und "Allgemeinwissen" verzichten. Dass Juden verfolgt und systematisch getötet wurden, wissen wohl die meisten. Für deinen Text wäre es daher wichtiger, diesen Teil der Deutschen Geschichte in Verbindung zu dir und diesem Haus plastisch und persönlich werden zu lassen.
Fazit:
Objektiv gesehen bietet der Track textlich, sprachlich, inhaltlich, harmonisch, spielerisch und strukturell kaum Abwechslung oder Höhepunkte . Subjektiv gesehen muss das nicht jeden stören.
Objektiv gesehen ist innerhalb dieses Rahmens alles recht solide umgesetzt, sofern man sich an den Dissonanzen nicht stört. Groove stimmt, Intonation ist okay, Phrasierung auch. Subjektiv gesehen reicht mir das nicht, um den Track objektiv gut zu finden.