Der Knackpunkt liegt darin, dass du bei Gitarrenamps willst, das sie verzerren, d.h. übersteuern. Wenn ein Röhrenamp das tut, klingt das warm, mittig und knurrig, der typische Rocksound eben. Wenn ein Transistoramp übersteuert, ist das Krach. Transistoramps, die "verzerren", übersteuern technisch nicht, sondern simulieren das Verhalten einer übersteuerten Röhre. Es gibt z. B. auch viele Amps mit Röhrenvorstufe und Transistorendstufe, bei denen authentische Röhrenverzerrung in der Vorstufe erreicht wird, die dann neutral von der Transistorendstufe verstärkt wird.
Tatsächlich machen Röhrenendstufen bei den heutigen Amps (5150, XXX, Rectifier, Powerball etc.) keinen, bzw. nur noch einen sehr geringen Teil der Verzerrung aus, weswegen viele argumentieren, dass die Röhrenendstufen nur verbaut werden, um ahnungslosen "puren" Sound zu verkaufen - der faktisch und bei gleicher Vorstufe allerdings mit einer Transistorendstufe fast identisch wäre.
Bei alten Gitarrenamps (JCM800 2204, AC30, Orange etc.) oder heutigen Amps mit Vintage-Touch (ENGL Classic50, Mesa Stiletto Ace etc.) sieht das schon anders aus. Die zerren meist erst ab einer gewissen Lautstärke und dann auch aus der Endstufe heraus.
So viel zur Gitarre. Beim Bass sieht das Ganze schon wieder anders aus. Meistens WILL man hier keine Verzerrung - oder zumindest nur in Parts und nicht dauerhaft. Anders als an der Gitarre sucht man sich seinen Amp in der Regel nach solidem Cleansound aus. Für eventuelle Verzerrung später verwendet man dann Pedale. Wiegesagt, in der Regel (Eine Ausnahme wäre z. B. Motörhead, wobei ich immer noch der Ansicht bin, Lemmy spielt Gitarre. Nur eben mit einem Bass in der Hand)
Sprich - alle Ausnahmen ausgenommen - wir wollen einen Sound, der NICHT übersteuert und NICHT verzerrt. Wir wissen: Röhrenendstufen verzerren schön, brauchen wir aber nicht. Weil Transistorendstufen (besonders seit der digitalen Technologie) pflegeleichter (In meinen Gitarrentops wechsel ich alle 2 Jahre Endröhren, die eingemessen werden müssen, Vorstufenröhren werden mikrofonisch...) und leichter zu handhaben sind (mein Markbass Little Mark wiegt 2,6kg und ist in's Rack geschraubt, Mein JCM800 26kg. und sollte nach Möglichkeit keine Kratzer und Macken abbekommen...), greifen wir hier meist zum Transistorverstärker.
Transistorverstärker bergen aber die Gefahr HÄSSLICHER Übersteuerung, was dann passiert, wenn die Leistung zu niedrig ist. Deswegen haben die meisten Bassamps zwischen 150 und 400W. Nochmal: Bei Gitarrenröhrenamps ist zu niedrige Leistung kein Problem, oder sogar erwünscht, denn dann gibt's natürliche Röhrenübersteuerung und Endstufensättigung.
Einige Puristen greifen dennoch auch am Bass zu Röhrenamps... warum, hab ich so recht noch nicht verstanden. Vielleicht gefällt ihnen eine leichte, natürliche, runde Übersteuerung, vielleicht aber kommen sie auch von der Gitarre und haben sich von den Puristen dort einhämmern lassen, dass ein Verstärker nunmal 30kg wiegen muss.
Gruß,
Markus.