"12 Takte" zu 12 Blues-Irrtümern

  • Ersteller DerZauberer
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@emptypockets
zum 1. Satz: Wie kommst du darauf? Blues ist für mich mehr intuitiv als Jazz(damit möchte ich nicht sagen das Jazz nicht intuitiv ist). Es gibt genügend Bluesmusiker die nichtmal wissen was sie da, theoretisch gesehen, spielen. Es ist aber im Jazz besonders wichtig theoretisch fitt zu sein. Daher dieser evtl etwas missverständliche Vergleich.

zum 2. Satz: Ich bin momentan mit meinem Gitarrenspiel und meinen Musikskills dort angekommen wo es entweder in die absolute Analyse von bestimmten Musikstilen bis ins letzte bisschen geht. Dabei würd mit der Spaß an der Musik vergehen, ich würde kategorischer (DEUTSCH:tongue:) Denken und das Beschäftigen mit der wissneschaftlichen Seite der Musik würde mehr Zeit in anspruch nehmen als das musizieren und praktizieren der Musik selber. Da geht Feeling flöten. Es ist ja wohl noch kein Bluesmusiker nach 5 Jahren UNI ein Weltstar geworden.
Das gilt natürlich auch für andere Musikrichtungen.

@DerZauberer : Die Eingruppierung in eine Musikrichtung ist die eine Sache ich glaube da könnten wir uns bis ins letzte Detail tot diskutieren.
Wo ich aber nochmal Nachhacken muss: Das "Blues-Feeling" für mich ist das etwas, zwar nicht fassbares, aber ich kann es bei manchen Menschen erkennen und bei manchen eben (noch)nicht. Das ist für mich sehr stark daran orientiert was du als "zu einfach" abstempelst.
Natürlich hast du in dem Punkt recht, dass es durchaus auch wichtig ist die historischen oder musikalischen Hintergründe zu kennen. Aber es wird kein Bluesmusiker sterben der die nicht kennt, trozdem den Blues im Blut hat.
Jeder hat ja auch irgendwo einen anderen Weg wie er an die Musik heran geht. Der historische ist deiner, der mehr emotionalgesteuerte meiner. Trozdessen bin ich logischerweise mehr Fan von meiner Methode. ;):D

Schlaft gut!:)
 
@Dumbledore
Zur Frage, ob es Musikstile gibt, die ohne den formalen Kriterien zu genügen, trotzdem ein "Blues - Feeling" 'rüberbringen, müsstest Du zunächst einmal formulieren, was denn dieses ominöse "Blues - Feeling" genau ist.

Und ob mein Halbsatz "nebulös" ist, kann natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Musik ist hochgradig emotionsgelanden und jeder hat das Recht zu entscheiden, was er unter eine Rubrik subsummiert. Ich und Du auch.

Ich behaupte nicht, dass meine auf einem Konglomerat aus persönlicher Spiel - Erfahrung, schnöden "Fachwissen", Intuition und sicherlich auch Geschmack basierenden Kriterien richtig und unfehlbar sind. Trotzdem werde ich sie immer vertreten und begründen können (hoffe ich zumindest;)).

Dabei ist für mich auch nicht entscheidend, ob ein spezielles Stück jetzt eher Blues oder Bluesrock ist. Interessanterweise war eine der ersten Fragen, die ich jemals in diesem Forum in den Raum gestellt habe, was denn die Grenze zwischen Blues und Blues - Rock ausmacht. Diese Frage wurde allerdings nicht beantwortet.
Und ich denke auch, dass sie befriedigend wohl kaum beantwortet werden kann.

Insofern gelten "meine" Kriterien also auch für Blues - Rock oder was es sonst noch so geben mag.

Die Frage, ob B.B. King zeitweise eher Pop - Musik gemacht hat, ist in meinen Augen relativ sinnlos. Wenn er Stücke gespielt hat, die keinerlei Bezug zum Blues haben, dann ist das eben schlicht kein Blues gewesen.

(Immer im Hinterkopf behaltend, dass Blues ja eigentlich per se immer auch Pop - Musik ist.... wie so gut wie alle Musik übrigens! Insofern ist "Pop - Musik" sowieso im Kern ein blödsinniger Begriff.)

Helene Fischer wird auch nicht zur Bluesmusikerin, wenn sie ein Stück von Muddy Waters singt. Genauso wenig wie Heino zum Metaller, wenn er ein Stück von Rammstein singt!

Und noch ein Hinweis sei mir erlaubt: dass meiner Meinung nach etwas "Blues" ist, bedeutet in keinster Weise, dass ich deshalb begeistert davon bin.
Es gibt eine Menge von durchaus bekannten Bluesmusikern, von denen ich nicht begeistert bin und die ich mir freiwillig auch nicht anhöre. Dazu gehört, um nur einen zu nennen, zum Beispiel John Lee Hooker.

Insofern ist, auch wenn das gerne so (miß)verstanden wird, ein Hinweis etwa wie "Das ist in meinen Augen kein Blues." kein qualitativer. Einige meiner absoluten Lieblingslieder haben nichts, aber auch rein gar nichts mit Blues zu tun.

@Brandenburger92

Erzähl 'mal z.B. einem klassischen, "studierten" Musiker in einem Sinfonieorchester, dass die ernsthafte, wissenschaftliche Beschäftigung mit Musiktheorie dazu führt, dass das "Feeling flöten" geht.... .

Und wie belegst Du Deine These, dass es "genügend Bluesmusiker" gibt, die eigentlich nicht wissen, was sie da genau machen?

In Verbindung mit Deinem Hinweis, dass das Wissen um Musktheorie eher das Feeling tötet, halte ich das außerdem für eine ziemlich verwegene These....
 
Zuletzt bearbeitet:
Da müsste ja jeder Song den Michael Angelo Batio spielt absolut null feel haben, da der gute Mensch Musiktheorie studiert hat.
Ich habe einige Sachen mal versucht zu spielen, so ganz komm ich da nicht ran :(, aber hey, beim Spielen wurde das nachher immer cooler, fluffiger, und das Feeling wurde immer geiler.

Meines erachtens gibt es mittlerweile so viele Arten von Blues und jede klingt etwas anders. Und auch der Blues hat sich über die Jahre weiterentwickelt wie jede andere Musikrichtung auch.
Entweder man mag ihn oder nicht.
Ich persönlich spiele auch gern blues (auf Gitarre) , besonders dann wenn ich ein klein bisschen down bin, aber halt mit reichlich overdrive im Amp, ist es jetzt metal weil ich ihn im Metalsound spiele oder immer noch Blues im Metalstil.
Letztenendes ist Musik Geschmack, und Geschmack ist was gefällt.
Egal ob arm, reich, Klavier, Gitarre, ob Notenkenntnisse oder nicht, es ist das Feeling was zählt, und das ist bei jedem anders.

Greets Thor
 
Ihr seid schon lustig.

Feeling heißt nicht gleich Blues.
Und:
Blues ist nicht gleichbedeutend mit Feeling.

Was für den einen "Feeling" hat, ist für den anderen bedeutungsloses Gedüddel. Hey, mein Boardfreund und Blues-Mitstreiter emptypockets kann mit John Lee Hooker nix anfangen und ich finde den total super - na und? Ich mag zB Tom Waits nicht, unabhängig vom Musikstil, den er gerade macht. Na und?

Vielleicht ist das des Pudels Kern: ich will auf eine in der Tat eher historisch-analytische Diskussion hinaus (was ist Blues bzw warum vielleicht auch nicht), viele hier wollen auf die emotionale Komponente und das ominöse "Feeling".

Wie ich in diversen PNs schon schrieb: Ich bin kein Purist. Aktuell laufen bei mir Alabama Shakes, Ryan Adams und die neueste Scheibe von The Darkness (unbedingt hören!). Ich mag Blues besonders, aber auch viel anderes. Und was ich mag, muss auch sonst keiner mögen. Jedem das Seine!

Also nochmal: "Feeling" ist kein Kriterium, das allein für einen Blues ausreicht! "Feeling" ist höchst individuell und nicht normierbar. Ich sage im Eingangspost mehrfach, dass es nicht unbedingt "das eine" Kriterium oder feste Regeln gibt, die einen Blues ausmachen.

Aber eben auch: Es ist immer begründbar (relativ unemotional), warum ein Stück (kein) Blues ist.

Sollte bei einer Überarbeitung im Jahr 2020 vielleicht zum Thema "Feeling" was sagen :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier wie versprochen ein paar Beispiele mit Videos aus meinem Eingangspost. Ich habe ab und an auch wirklich Videos mit bewegten Bildern genommen, nicht nur Audio - des Gesamteindrucks wegen (auch wenn manchmal die Live-Videos nicht so gut sind wie die reinen Audio-Aufnahmen). Bei alten Stücken gezwungenermaßen nur Audio.

Getestet mit deutschem Proxy aus USA, hoffe, dass die Links gehen...

Howlin' Wolf / Smokestack Lightning
Nur ein Akkord. Man beachte zudem - das Ding ist "geschrieben", das ist ein Stück mit Melodie und Text und Arrangement.


R.L. Burnside / Goin' Down South
Eigentlich nur ein Akkord, kein AAB, keine 12 Takte. Aber schon Blues.
(Hier nur Audio - es gibt auch Videos, aber die sind im Vergleich zu dieser Aufnahme alle wirklich mies).


John Lee Hooker / Boogie Chillen
Hier fehlt es quasi an allem, was überhaupt ein Stück ausmacht. Struktur, Akkorde, Melodie... Ist das ein früher Rap? Ist jedenfalls hauptsächlich dieses eine Riff. Aber ein Blues ist es auf jeden Fall.
(Hier auch ohne Video, nur die "definitive" Audio-Version)


Lonnie Johnson / Playing With The Strings
Mein Kinnladen-Runterfall-Stück. Solo-Gitarre von 1928 (!). Lonnie Johnson war unter anderem auch Blues-Gitarrist und Sänger, er war wohl auch der "Erfinder" des Single-Note-Gitarrensolos. Und ein ganz ganz feiner Gitarrist. Nun, dieses Stück ist nicht unbedingt ein Blues, das ist schon eher was jazziges irgendwie. Hier aber als Beispiel, dass eben auch erfolgreiche Bluesmusiker auch "richtig gebildete" Musiker sein konnten.


So, dabei lass ich es erstmal. Meine Proxy-Geschichte kracht ständig zusammen, lasst mich erstmal wissen, ob das hier überhaupt Videos sind, die man in DE auch sieht...
 
@emptypockets

(...)müsstest Du zunächst einmal formulieren, was denn dieses ominöse "Blues - Feeling" genau ist.
Oder woher glaubst Du zu wissen, dass dem Zauberer das "durchkommende" Feeling abgeht?
Also wie jetzt? Feeling oder nicht Feeling?


wenn man darauf Wert legt, nur das als Blues zu bezeichnen, was Blues ist.
Jetzt klapp' mal das Visier hoch. Erkläre mir bitte, was aus deiner Sicht Blues ist und was nicht. Aber bitte nicht an den hanebüchenen Extrembeispielen Johnson vs. Fischer. Mich Ahnungslosen würde wirklich Interessieren wo du die Grenze ziehst. Super wäre es, wenn du mir Musikbeispiele nennen könntest, eines welches gerade noch als eindeutiger Blues durchgeht, und ein zweites, welches gerade nicht mehr als Blues durchgeht.
Oder erkläre mir welche Kriterien an Harmonien-Rhythmus-Ausdruck-Textrelevanz ein Musikstück erfüllen muß, um als emptypocketscher Blues anerkannt zu werden.

Danke!
 
Dein Prunkstück, Zauberer, - das letzte Video - ist leider hier nicht verfügbar ...

Und ja: das ist definitiv eine Art von Blues, die ich mag und die mich zuweilen und immer wieder einfängt: Ich mag die repetativen Elemente, das Hypnotische, die Sogkraft des einen Riffs, des einen grooves, der durchgeht (das mag ich auch bei anderen Musikrichtungen, beispielsweise der psychodelic musik). Ich mag auch das "ungestriegelte" der "one-man-band" - ich habe den Eindruck, nein: mehr noch: die Überzeugung, dass das in Band-Arrangements fast zwangsläufig verloren geht (weil Du als one-man-Band, vielleicht noch zu zweit) halt viel leichter wechseln kannst, wie Du willst, Zeilen wiederholen, Phrasen länger spielen kannst etc.

Könnte man gut nachvollziehen, wenn man sich spätere Versionen der gleichen Stücke im Vergleich anhört, die von Bands / Orchestern gespielt werden. (Es gibt allerdings Bands, die es geschafft haben, so eine organische Einheit zu bilden, dass diese Spontanität auch bei drei, vier, fünf Leuten möglich wird - gerade live ist das eine für mich hohe Qualität, sowas zu können.)

Zu der Diskussion Blues / Nicht-Blues und Feeling:
Feeling ist für mich definitiv eine genreübergreifende Kategorie, genauso wie groove. Es gibt definitiv Musik, die groove und Feeling hat und Blues ist und es gibt definitiv Musik, die Feeling und groove hat und nicht Blues ist. Und es gibt definitiv Blues, der uninspiriert ist und weder groove noch Feeling hat, aber dennoch ein Blues-Stück ist und bleibt und es gibt Blues-Stücke (oder Interpreten), die beides haben.

Von daher verbietet sich logischerweise, groove oder Feeling zu einem Kriterium für eine Genre-Abgrenzung zu machen.
Innerhalb des Blues kann man natürlich unterscheiden zwischen Blues mit Feeling und groove und Blues ohne das eine oder andere oder beidem. Meinethalben wäre das dann eine Art "Gütekriterium" im Sinne von: Wenn Blues Feeling und groove hat, ist es (für mich) guter Blues.

Kennt jemand die auf den ARD/ZDF-Spartensendern häufiger wiederholten Filme zu Metal - "metal evolution" heißt sie? (Gibts´auch auf youtube, einfach googeln.) Da wird ein meines Erachtens interessanter Versuch gemacht, den bestimmenden Elementen des Metal über dessen Entwicklung dadurch auf die Spur zu kommen, dass man sich ihm von den Rändern her nähert. Der Mensch, der das tut, nimmt Stücke und Bands als Beispiele und interviewt dann vorwiegend die Musiker, manchmal die Produzenten und dann kommen so Aussagen wie beispielsweise zum Progressive Metal: Klar - wir wurden durch die Prog-Rock-Bands der 70er (Genesis, Yes, King Crimson) beeinflußt, die haben wir gehört und wir wollten von den 3-Minuten-Stücken weg und wir wollten das, was Prog-Rock gemacht hat, mit unserer Musik auf unsere Weise machen ... Und was ist der Unterschied zu Prog-Rock lautet dann die Frage und die Antwort geht in etwas so: Na ja - es ist definitiv härter und lauter ...

In der Kurzfassung: Progessive Metal ist wie Progressive Rock, nur härter und lauter ...
Und so zieht sich das durch mit Abgrenzungen zu hard Rock, Early Metal, Glam Metal etc.

Und im Laufe der Zeit bekommt man halt dadurch einen Eindruck von dem "Sonnensystem" Metal, das allein, was die zeitliche Spanne anbetrifft, nicht mit dem "Universum" Blues mithalten kann (was sozusagen die Ausdehnung zum einen, die Entwicklung zum anderen und die Einflüße (sozusagen rein und raus) angeht).

Und vielleicht noch eins: Diese Sendereihe ist auch deshalb so erfrischend und ergiebig, weil die Reise, die der interessierte Mensch dort macht, vor allem von Neugier und nicht von Scheuklappen geprägt ist und definitiv nicht akademisch (im Sinne von steril sezierend oder musiktheoretisch), aber gleichwohl an der Bestimmung von Unterschieden interessiert: es geht eben weder darum, den einen heiligen Gral des Metal auszumachen (und der Rest, der sich vielleicht trotzdem Metal nennt, landet in der Hölle), noch geht es darum, alles, was irgendwie wie Metal klingt, in den grßen eigenen Sack zu stopfen, auf dem Metal steht ...

Und: die interviewten Musiker sind ungefähr eine Million Lichtjahre entspannter und freier, was das Schubladendenken angeht als etliche Fans, die halt irgendwie doch gerne Schubladen zu brauchen scheinen ...

Ich habe das sehr sehr starke Gefühl, dass genau das beim Blues genauso ist.
(Und bin doch, Verzeihung für die "Schleife Metal", wieder punktgenau beim Blues und dieser Diskussion gelandet.)
Als kleiner Beleg zum Schluss ein song von John Lee Hooker, Tupelo Flood, eines meiner Favoriten, das ich auch als 9-Minuten-Stück kenne (aber leider nicht finde): auch ein one-riff-Blues, den er live mit der Ehrung eines anderen Entertainers einleitet:

 
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Ich liebe diese Musik. Das musste mal gesagt werden! Übrings sehr anregender, informativer Artikel. Vielen Dank!!!
 
@emptypockets


Also wie jetzt? Feeling oder nicht Feeling?


Jetzt klapp' mal das Visier hoch. Erkläre mir bitte, was aus deiner Sicht Blues ist und was nicht. Aber bitte nicht an den hanebüchenen Extrembeispielen Johnson vs. Fischer. Mich Ahnungslosen würde wirklich Interessieren wo du die Grenze ziehst. Super wäre es, wenn du mir Musikbeispiele nennen könntest, eines welches gerade noch als eindeutiger Blues durchgeht, und ein zweites, welches gerade nicht mehr als Blues durchgeht.
Oder erkläre mir welche Kriterien an Harmonien-Rhythmus-Ausdruck-Textrelevanz ein Musikstück erfüllen muß, um als emptypocketscher Blues anerkannt zu werden.

Danke!

Tut mir leid.

Ich glaube, dass ich sehr klar gemacht habe, wie ich mit der Bezeichnung "Blues" umgehe.

Ich muss doch jetzt nicht wirklich eine Abhandlung über die verschiedenen Ausprägungen des "Bluesschemas", Akkordprogression, unterschiedliche Taktzahlen, Strophenaufbau, bluestypische Inhalte usw., usw.. schreiben, oder? Was soll das werden? Eine Überprüfung, ob ich Blödsinn schreibe und keine Ahnung habe?

Wenn Du Dir meinen Beitrag nochmal ansiehst, sollte Dir klar sein, dass es für Dich völlig irrelevant sein sollte, was ich für einen Blues halte oder nicht.

Natürlich gibt es - auch berühmte - Stücke, bei denen eine klare Einordnung an Grenzen stößt. Ist z.B. "Dark was the night, cold was the ground" wirklich ein Blues? Meiner Meinung nach ja, obwohl er fast vermissen lässt, was "theoretisch" einen Blues ausmacht. Und dann auch noch instrumental!

Aber darüber könnte man hervorragend streiten, wenn man so an die Sache herangeht, wie Du jetzt von mir erwartest. Insbesondere bleibt so ein Stück, völlig egal, ob Du oder ich es als Blues bezeichnen würde, ein fantastisches Stück Musik! Es wird nicht besser, weil ich es als Blues ansehe, und nicht schlechter, wenn Du das anders empfindest.

"Hanebüchene Extrembeispiele" habe ich nur gebracht, um das "Dilemma" zu verdeutlichen, das Du ins Spiel gebracht hast, als Du die Frage nach B.B.King als Pop - Musiker aufgeworfen hast.
 
Für mich ganz persönlich ist in diesem Zusammenhang am wenigsten nachvollziehbar diese imaginäre Grenze, die viele gerade zwischen Blues und Jazz ziehen. Was soll das ?

Natürlich gibt es gewisse Jazz-Spielarten, in denen sich der Blues nur mehr sehr schwer oder auch gar nicht mehr als Element oder Ingredienz erkennen läßt. Aber geschätzte 80 % aller Jazzmusik, egal welcher Epoche, egal welche Instrumente, sind so untrennbar mit dem Blues verbunden, daß mir diese strikte Trennung mehr als seltsam vorkommt. Eigentlich als lächerlich ...

Thomas
 
Grenzen sind fließend aber irgendwann überschreitet man den Rubikon.

Wenn man die Haltung einnimmt (pointiert formuliert), dass alles, was nach dem Blues kam, auch von diesem beeinflußt wurde und dann sagt: Ist ja alles Blues, nur ein bißchen anders und versucht, die Grenze daran festzumachen, dass es auf keinen Fall in irgendeiner Art und Weise vom Blues beeinflusst wurde oder sein könnte (und seien es die Musiker, ihre Erfahrungen oder ein song-Schatz bzw. Standards), dann landet man wirklich schnell bei: Alles ist Blues.

Das bringt mir persönlich aber nix und ich glaube auch, dass das kein sonderlich tauglich Mittel für eine Genrediskussion ist (falls - und da bin ich mir noch nicht so sicher - das hier angestrebt wird).

Aber mal zu Deinen 80% des Jazz:
Melde starke Zweifel an, Euer Ehren. Bebop mag auf den Schultern des Blues sitzen, aber es ist kein Blues mehr. Dixieland greift meinethalben auch Elemente des Blues auf, aber ist kein Blues mehr. Free Jazz schon mal gleich gar nicht.
Ich behaupte hier mal schlankweg, dass jeglicher Jazz, der auf lateinamerikanischen Rhytmen beruht, kein Blues ist, obwohl auch bei den lateinamerikanischen Rhytmen afrikanische Einflüsse oder Elemente ausgemacht werden können, die auch beim Blues Einzug fanden - aber dadurch wird ein Stück wie Girl von Ipanema noch nicht zu einem Blues.
Ich behaupte weiterhin, dass Jazz der Coleur von Keith Jarret kein Blues ist.
Ich schreite voran und bezweifle vehement, dass man Fusion als Blues bezeichnen sollte, dass Funk auf den Schultern des Blues ruhen mag, aber von diesem deutlich unterscheidbar ist und unterschieden werden sollte, das gilt ebenso für jazzorientierten Hip Hop (Jazzkantine), das gilt für das ganze Feld des Ambient Jazz und ich könnte hier noch weiteres anfügen, weil ein Merkmal des Jazz ist, andere musikalische Einflüsse aufzunehmen, sie auf jazztypische Weise zu bearbeiten und (und das ist hier positiv gemeint) bereichert daraus hervorzugehen.

Wie Du da auf 80% Jazz kommst, die "untrennbar mit dem Blues verbunden" sind, ist mir ein wenig nebel-schleierhaft.

Ich könnte bei vielleicht 15-20% des Jazz sagen, dass er engste Verbindungen mit dem Blues hat (wobei schon die Titel der songs davon Zeugnis geben) und bei weiteren 15-20% von einer starken Beeinflussung oder gemeinsamen Wurzeln sprechen (Funk, Soul), bei dem Rest würde ich laut Musikverpackungsverordnung davon sprechen "dass diese Musik Spuren von Blues enthalten kann", um die zu warnen, die auf Spuren von Blues allergisch reagieren ...
 
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Bebop mag auf den Schultern des Blues sitzen, aber es ist kein
Blues mehr...

Nein, aber der Blues ist im Bebop einfach d´rinnnen, so, wie in - und ich wiederhole mich - in schätzungsweise 80 % der Jazzmusik. Auch im Latin-JAZZ. Wer wollte behaupten, daß ein Arturo Sandoval "bluesfrei" denkt, empfindet und spielt. Auch in der melodischen Welt und in der Phrasierungsweise des Latin-Jazz findet sich der Blues wieder, nur hat er halt auch ANDERE Wurzeln als den Blues, vor allem rhythmischer Natur.
Daß Du Girl from Ipanema in diesem Kontext aufrufst, ist nicht sehr hilfreich, denn im Original ist das wohl überhaupt nicht als Jazzmusik, sondern als hochklassige Schlagermusik brasilianischer Herkunft aka Bossa Nova
zu bezeichnen. Daß es als Rohmaterial für die eine oder andere Jazz-Interpretation gebraucht wurde und wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber dann müßte man auch die konkreten Interpretationen besprechen, und nicht das Original.

Thomas
 
Na ja - aber das ist es ja gerade:

Wenn man Blues als Genre so betrachtet, dass alles, wo Blues drin ist und Blueselemente irgendwie Verwendung finden, dazu gehört, dann wird zwar 80% zu Blues - aber was ist damit gewonnen?

Wenn ich Seide betrachten will, dann bringt es meiner Meinung nach nichts, alle Mischgewebe der Welt, in denen Seide vorkommt, in einen Sack zu stecken und "von Seide beeinflußt" draufzuschreiben.

Es gibt doch hier niemanden, der die Bedeutung des Blues für die Musik, zumal die amerikanische und europäische, herabmindern will.

Es geht aber darum, was der Blues ist. Genauer gesagt: Mir geht es darum und nicht darum, worin er überall vorkommt. Und die Argumentationslinie, dass erst mal bewiesen werden muss, dass irgendetwas NICHT vom Blues beeinflußt ist, ist untauglich, weil dieser Beweis nicht erbracht werden kann. Wenn die Behauptung ist, dass etwas vom Blues beeinflußt ist/wurde, dann geht es darum, positiv zu bestimmen, was genau das ist ...

Okay - Girl von Ipanema war natürlich polemisch.
Wie wär´s mit Spanish Harlem Orchestra - Morena (Latin Jazz)


Blues?
Zu den 80% gehörig, die untrennbar mit dem Blues verbunden sind?
(sorry, wollte eigentlich nur den link posten, weil das mit Blues nix zu tun hat, aber irgendwie wird das video doch mit reingepackt)
 
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Ich muss doch jetzt nicht wirklich eine Abhandlung über die verschiedenen Ausprägungen des "Bluesschemas", Akkordprogression, unterschiedliche Taktzahlen, Strophenaufbau, bluestypische Inhalte usw., usw.. schreiben, oder?
Warum nicht, was wäre schlimm daran es aus deiner Sicht und mit deiner Erfahrung darzustellen, so wie der Zauberer es für sich hier öffentlich getan hat?

Was soll das werden? Eine Überprüfung, ob ich Blödsinn schreibe und keine Ahnung habe?
Also wirklich, man kann aber auch alles ins Negative interpretieren. Du musst nicht mehr antworten, ich gebs' auf. Schönes Wochende noch!
 
Wenn man Blues als Genre so betrachtet, dass alles, wo Blues drin ist und Blueselemente irgendwie Verwendung finden, dazu gehört, dann wird zwar 80% zu Blues - aber was ist damit gewonnen?

Abslut nichts. Da gebe ich Dir recht.
So, wie auch absolut nichts mit der ganzen Diskussion hier - in die ich mich bedauerlicherweise nun auch hineinziehen habe lassen - gewonnen ist.

Im übrigen ist das, was ich meinte, präziser formuliert das:

Nicht nur, daß IGENDetwas vom Blues im Bebop und in den vom mir behaupteten 80 % des Jazz steckt ist der springende Punkt, sondern der, daß Blues und die von mir gemeinden Musikweisen und -arten so nah verwandt und ineinander verstrickt sind, daß so eine fundamentale Unterscheidung/Trennung überhaupt keinen Sinn macht.

Thomas
 
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Lies doch bitte durch, was ich geschrieben habe. Was willst Du denn noch?

Ich verstehe wirklich nicht Deine Absicht.

Theoretische Abhandlungen über Blues gibt es tausende, von weit kompetenteren Leuten, als ich es bin, wozu soll ich noch eine weitere erstellen? Es sei denn, Du bezweifelst, dass ich sie verstanden habe. Und wenn es so ist, kann ich es nicht ändern.
 
Manchmal glaube ich, Blues ist wie Zen:

Sobald Du versuchst ihn zu packen und rufst "Hier, das ist der Blues!", liegst Du meilenweit daneben. ;)
 
Ain't no use being bockig, senseless to complain.
Ain't no use being bockig, senseless to complain.
Just sit down relaxin', better start the playin'.

Blöder Text, aber ein Blues in beliebiger Tonart....;).
 
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...
Im übrigen ist das, was ich meinte, präziser formuliert das:

Nicht nur, daß IGENDetwas vom Blues im Bebop und in den vom mir behaupteten 80 % des Jazz steckt ist der springende Punkt, sondern der, daß Blues und die von mir gemeinden Musikweisen und -arten so nah verwandt und ineinander verstrickt sind, daß so eine fundamentale Unterscheidung/Trennung überhaupt keinen Sinn macht.

Thomas
Das kann ich nachvollziehen.
Ich bin zwar anderer Ansicht, aber ich kann es nachvollziehen.

herzliche grüße
x-Riff
 

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