6-Saiter mit Aktiv-Elektronik

Uli
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Durch Zufall lief mir für kleines Geld ein schwarzer, namenloser 6-Saiter zu, der eine ganz passable Saitenlage hatte und wenig benutzt aussah. Zu Hause stellte sich dann heraus, daß die Potis ziemlich kratzten, was darauf schließen ließ, daß er trotz des relativ guten Aussehens schon einige Jahre hinter sich hatte. Eine spätere Netzrecherche ergab dann, daß es sich wohl um das ehemaliges Modell SB26 der koreanischen Shine Music Corporation handelte, daß es auch in dieser Farbe gab...

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...und das in Europa auch von Thomann unter dem hauseigenen Handelsnamen Harley Benton vor rund 20 Jahren als Modell HBB600 vertrieben worden war. Die Altersschätzung mit 20 Jahren drängt sich auch deshalb auf, weil z.B. bei talkbass bereits in einem Thread von 2003 über dieses Modell diskutiert wurde.

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Das Vorhandensein getrennter Höhen- und Bassregler legte den Verdacht nahe, daß es sich um eine aktive Schaltung handelte, allerdings war nirgends ein Batteriefach zu sehen. Dieses Rätsel löste sich dann bei Entfernen der Elektronik-Abdeckung...

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Als Billig(st)modell hatte man wohl auch das Batteriefach einsparen wollen und diese mit ins Elektronikfach verbannt, wo sie auch einigen Platz beanspruchte. Die Schraubenlöcher des Deckels hatten bereits Wurfpassungen und da ich die Schaltung wegen der kratzenden Potis ohnehin austauschen wollte, beschloß ich, ein separates Batteriefach einzubauen und dank des freigewordenen Platzes die 2-Band- gegen eine 3-Band Elektronik zu tauschen.

Auch wenn mir eine Glockenklang Elektronik vom Klang her vermutlich eher zugesagt hätte, sollte die Schaltung in akzeptablem Verhältnis zum Wert des Instrumentes stehen, weshalb ich auf Artec zurückgriff. Zuvor mußte ich aber die Gelegenheit des leeren Elektronikfaches nutzen um es mit Kupferfolie abzuschirmen.

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Die Nähte werden verlötet und an der Stelle des ursprünglichen Batteriehalters wird ein zusätzliches Loch für den Mittenregler gebohrt. Da der Deckel des Fachs als einziges bereits eine Art Abschirmung durch Silberfolie hat (die aber nicht geerdet war), wird die Kupferfolie oben am Rand an einer Stelle umgefaltet, wodurch der Deckel bei Montage in Kontakt kommt.

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Dann geht es an den Batteriehalter. Zunächst hatte ich einen schmalen Batteriehalter auf dem Schirm, den ich dann auch bereits etwas vorschnell anzeichnete. Dann entschied ich mich aber für einen Batteriekasten, in dem die Batterie flach zu liegen kommt, wodurch der Ausschnitt zwar etwas breiter, dafür aber weniger tief ausfallen muß. Die falsche Anzeichnung wird eh mit ausgefräst, weshalb sie nicht weiter schadet, die neuen Eckpunkte werden mit der Reißnadel eingedrückt. Der wesentliche große Holzabtrag wird in Ermangelung einer echten Fräse mit dem Forstner-Bohrer geschehen, wofür schonmal die Zentrierlöcher gebohrt werden.

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Zwischendurch muß immer nachgemessen werden, ob die Senke bereits tief genug ist. Es erzeugt schon ein mulmiges Gefühl, wenn man nur wenige Millimeter vom Durchbruch auf die andere Seite entfernt ist, daher auch die Wahl des weniger tiefen flachen Batteriehalters.

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Wenn der Forstnerbohrer seine Arbeit getan hat, muß der Rest - also die gedachte Linie zwischen den mit der Reißnadeln eingeprägten Löchern - mit der Vibrationssäge und der Powerfeile gemacht werden.

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Irgendwann ist es tief genug und es muß nur noch der Bohrkanal für das Batteriekabel rein und der Kasten kann montiert werden.

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Unterwegs kam mir noch die Idee, einen aktiv/passiv Umschalter einzubauen, Platz genug ist ja jetzt. Ich verwende dazu einen zweipoligen Kipp-Umschalter mit Mittelstellung, bei dem die eine Schaltlinie die Stromversorgung für den Preamp schaltet und die andere Linie die Pickups wahlweise auf den Eingang des Preamps oder direkt auf die Ausgangsbuchse legt. In de Mittelstellung ist keiner der Schaltkontakte miteinander verbunden, die Pickups hängen dann also in der Luft und der Preamp bekommt keine Spannung.

Im Bild ist erst der Zweig angelötet, der die Batterie schaltet. Den Ausgang der Pickups kann man bei dieser Schaltung sehr praktisch hinter dem Balance-Regler abnehmen (rote Ader), für den es eine kleine Extra-Platine gibt.

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Im Schaltbild für diese kleine Änderung ist der Umschalter in Schaltstellung 'passiv' gezeichnet: die 9V werden nicht zum Preamp durchgeschaltet und das Summensignal der Pickups legt direkt an der Ausgangsbuchse.
Das ist natürlich eine sehr rudimentäre Not-Schaltung, weil in Passiv-Schaltstellung keinerlei Lautstärke- oder Klangregelung möglich ist, bei einer leeren Batterie aber sicher ausreichend hilfreich... dann muß eben mit dem Verstärker geregelt werden.

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Grundsätzlich wäre es schon möglich, auch im Passiv-Modus Klang- und Volumenreglung anzubieten. Dafür müßten dann beim Lautstärkeregler und einem der Klangregler jeweils ein Tandem-Poti verwendet werden, dessen Zweitgehäuse jeweils die Regelung im Passiv-Modus übernimmt. Ein gewisses Problem ergibt sich aber dadurch, daß es Tandem-Potis in aller Regel nur mit gleichen Widerstandswerten gibt, die erforderlichen Werte sich aber bei Aktiv- und Passivschaltung stark unterscheiden. So benötigt man in einer Passivschaltung z.B. für den Volume-Regler 250 oder gar 500kOhm, weil man die parallel liegenden Tonabnehmer nicht mit geringeren Werten quasi kurzschließen will, in einer Aktivschaltung hat das Volume-Poti aber z. B. nur 10kOhm, weil lediglich die Vorspannung des Operationsverstärkers beeinflußt werden soll. Ließe sich also ein Doppelpotentiometer auftreiben, dessen vorderes Gehäuse 10kOhm und dessen hinteres Gehäuse 250kOhm hätte, wäre es kein Problem. Solche Potis gibt es zwar, es sind aber meistens Sonderanfertigungen auf Herstellerwunsch für bestimmte Geräte, also eher nicht im freien Handel erhältlich.

Nach der Änderung hat sich die Optik nur geringfügig geändert: auf der Rückseite gibt es jetzt ein Batteriefach und auf der Vorderseite außer neuen Saiten einen zusätzlichen Mittenregler und einen Schalter mehr. Der Schalter hat übrigens noch den kleinen Seiteneffekt, daß man das Klinkenkabel eingesteckt lassen kann, ohne daß die Batterie sich entlädt... wenn man denn am Kippschalter ausgeschaltet hat.

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Schöner Bericht und schönes Ergebnis!
Über den Umbau hätte ich mich nicht getraut, bei Dir ist er was geworden. Ich hoffe, der Bass klingt so gut, wie er aussieht!
 
Beim Klang ist definitiv noch Luft nach oben. Den Bass-Regler darf man nicht ganz aufdrehen, sonst dröhnt er ziemlich. Es scheint fast, als sei der voreingestellte Verstärkungsfaktor für den Output der Pickups zu hoch, die Platine bietet aber keinen Vorregler dafür. Mitten- und Höhenregelung sind dagegen eher weniger wirkungsvoll.
Der Artec Preamp verwendet ausschließlich SMD Bauteile, also auch für die Schicht-Kondensatoren. Das ist auch einer der augenfälligsten Unterschiede zum Glockenklang, dessen Platine mit etlichen Folienkondensatoren bestückt ist, die natürlich wesentlich platzgreifender sind, dafür aber eine schönere Filterkurve erzeugen, was man hören kann.
Wahrscheinlich kommt noch erschwerend hinzu, daß ich zu geizig war, etwas teurere Saiten zu kaufen und der 6er Satz von Warwick für 14,90 klingt leider ziemlich blechern. Für den Kurs bekommt man allerdings von Thomastik vermutlich nichtmal die H-Saite.
 
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Beim Klang ist definitiv noch Luft nach oben. ...
Naja, ausgehend von
für kleines Geld ein schwarzer, namenloser 6-Saiter
und mit Budget-Saiten drauf ist das doch ganz gut, was Du da so beschreibst. Sicher wird ein Sechssaiter aus vierstelligen Preisregionen mit guten Saiten besser klingen - aber wie war das doch gleich mit den Äpfeln und den Birnen? ;)
 
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...... schöner bericht und doch auch alles ganz gut gelöst !

wenn die saiten nich so das dolle sind , hast du mal probiert , ob ev runterstimmen ( halb bis ganz ton ) etwas bringt ?

das funktionierte bei mir mal bei sonem ganz einfachen bass ganz gut , wollte da auch keine teuren saiten drauf machen .
 
Da hast du sicher recht, grundsätzlich wäre das ein Möglichkeit. Sollte sich allerdings herauskristallisieren, daß ich den Sechser öfter bis regelmäßig in der Band nutze, würde ich auch sicher mal in ein paar teurere Saiten investieren. Der erste Satz war im Grunde nur Testhardware, daß da keine Wunder zu erwarten waren, ließ sich erahnen. Momentan sehe ich aber alleine schon von der Ergonomie her die Anwendung eher in (sitzender) Studioarbeit als auf der Bühne, denn ich hab mich mit den Jahren doch schon ziemlich an etwas leichtere Bässe gewöhnt. Hat sicher auch mit der zunehmenden Vergreisung zu tun (und der Corona-Wampe), wodurch mir selbst der Rick manchmal zu schwer erscheint. Wenn das so weitergeht, werde ich vllt wieder beim 2kg Höfner Violinbass enden, das war auch mein erster Bass von 1969 mit dem ich begonnen hatte und den ich heute noch habe (aber eigentlich seit Jahren nicht mehr spiele). ;)
 
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Mein erster Fünfsaiter Bass war ein Harley Benton HBB5000 o.ä. Könnte ein Vorgänger des HBZ 2005 gewesen sein, allerdings noch mit graden Pickups: https://www.thomann.de/de/harley_benton_hbz2005.htm

Der klang erstmal recht leblos, und (schlimmer) eine der Saiten ließ sich nicht richtig stimmen. Auf Empfehlung spendierte ich dem Bass erstmal einen guten Satz Saiten - die beschichteten Elixirs waren eine massive Aufwertung, es klang wesentlich "bässer", breitbandiger und artikulierter damit. Der Wunsch nach anderer Hardware oder Elektronik kam danach nicht mehr auf.
 
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