Unser Sohn hat keine Meinung zu dem Thema. Er lernt Akkordeon gerne, aber er würde auch das andere sicher gerne machen oder ausprobieren. Nur ständig hin und her wechseln ist eben auch nicht immer sinnvoll und wenn er jedesmal neu anfängt oder nur die einfacheren Lieder macht, weil alle Anfänger sind vielleicht auch nicht so toll. Anderseits ist die Alternative dazu nicht in die Bläserklasse zu gehen und normalen Musikunterricht zu haben... sie lernen das Instrument ja quasie im Musikunterricht (zzgl. üben zu Hause + Auftritte).
Dein Sohn wird also 10-12 Jahre sein, je nachdem, wann er eingeschult wurde und ob ihr in Berlin wohnt oder woanders. Ich habe als Musiklehrer an Musikschulen, in Bläserklassen an Gymnasien (bin Posaunist im Hauptfach) und als Musikschulleiter oft die Erfahrung gemacht, dass es für Jugendliche im Alter 10-16 sehr sinnvoll ist, mehrere Instrumente zu spielen. In dieser Zeit findet man heraus, was einem liegt, was zu einem passt, wie der eigene Charakter und das soziale Umfeld sich entwickeln. Dann ist es immer gut, mehrere musikalische Optionen zu haben, denn Instrumente spielen bedeutet auch Mitwirkung in Ensembles.
Es kann durchaus sein, dass dein Sohn in einem Akkordeonorchester o.ä. gerne mitwirkt und dass das ein außerschulisches hilfreiches soziales Umfeld ist. Auch bei einer Bläserklasse können solche Effekte innerschulisch entstehen. Das Erlernen des Instruments ist in dem Alter ja meist nicht das zentrale Ziel, sondern Persönlichkeitsbildung an, mit, durch (und manchmal trotz
) Musik.
Auf dem Hintergrund rate ich grundsätzlich zur Bläserklasse. Aber nur dann, wenn der Kennenlern- und Instrumenteauswahl-Prozess gut läuft. Am Anfang des Schuljahres wird es Termine geben, an dem Schüler und Instrumentallehrer sich kennenlernen und das Instrument ausgewählt wird. Wenn da zu erkennen ist, dass dein Sohn etwas findet, was er gern machen möchte bei einer Lehrkraft, die ihn musikalisch und pädagogisch vernünftig fördern kann, dann macht die Bläserklasse Sinn. Falls dein Sohn dagegen schon lange seinen Weg mit dem Akkordeon gefunden hat, lass ihn dabei.
Das unterrichtet ein Pädagoge der staatlichen Musikschule. Erstmal soll zusammen musiziert werden, ich denke in den zwei Jahren gibt es keine abgestimmte Förderung. Man kann sich sein Blasinstrument für die Bläserklasse aussuchen, da gibts ja auch eine gewisse Bandbreite. Nach den zwei Jahren kann man sich entscheiden, an der Musikschule weiter unterrichtet zu werden.
Mit "abgestimmt" meinst du vermutlich "differenziert". Es hängt vom pädagogischen Geschick der Lehrkraft ab, das hinzubekommen. Und Differenzierung soll durchaus passieren.
Musikschulen sind übrigens nicht staatlich, sondern i.d.R. kommunal. Also städtische oder kreisweite Einrichtungen.
Außerdem eine Philosphie-Frage - sollen alle Kinder auf ihrem Niveau gemeinsam "hupen", oder gibt es abgestimmte Förderung? Der Leistungsgedanken wird zunehmend als abwegig empfunden.
Hohe Leistung ist im Bläserklassen-Unterricht ist in der Tat nicht das alleinige Ziel.
Der Wikipedia-Artikel ist ganz aufschlussreich dazu. Ich habe viele Fälle erlebt, in denen Schüler mit hoher Leistungsfähigkeit in einer Bläserklasse unterrichtet wurden, und die in der ein oder anderen Form davon pofitiert haben. Da gibt es ganz viele Konstellationen, z.B. dass ein Schüler bereits vorher ein Blasinstrument gespielt hat, aber durch die Bläserklasse auf einem anderen schnell sehr gut wurde, dass Streicher oder Sänger einen viel breiteren und besseren Blick aufs Musikmachen bekamen, oder dass ein Schüler durch die Bläserklasse herausgefunden hat, dass das Blasinstrument zwar nett ist und es gut war, das gespielt zu haben, dass es jetzt nach zwei Jahren auch reicht.
(*) Freund von mir, Lehrer in der zweiten Reihe an der Musikhochschule in Mannheim, studierter Posaunist, macht 2x die Woche auch Bläserklassen an Gymnasien.
Freund von mir ist auch Posaunist und leitet die Musikschule Mannheim
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