Blockade, zu viele Ideen

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jim
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… ich lege mich hier mal auf die virtuelle Couch.;)

Ich habe nach „Blockade“ gesucht und viele ähnliche Beiträge gefunden, die z.T. schon viel älter sind (z.B. "Wie verfahren bei mehreren Songideen bzw. halbfertigen Songs?“) und mache an dieser Stelle einen neuen Beitrag.

Aktuelle Lage:
Ich (55 Jahre alt) mache nach meiner aktiven Band-Zeit (90er Jahre) nur noch Homerecording.
Bei mir liegen gefühlt über 100 Song-Fragmente/Parts auf der Festplatte und finden nicht zusammen.
Bis vor zwei Jahren habe ich zumindest 2 bis 4 „Songs“ pro Jahr bis zum Ende gebracht.
Scheinbar liegt das Problem in den zu vielen Möglichkeiten und Ideen.

In den 80er und 90er Jahren habe ich für meine Band viele Demos erstellt, aber auch Solo-Werke aufgenommen.
Hier liegt wohl das Hauptproblem…
Damals hatte ich (nur) ein Roland JX3P Keyboard, eine Yamaha MTX 4Spur Recorder, ein Yamaha RX5 Drumcomputer und eine Gitarre mit Multieffekt.
Damit habe ich viele Song-Ideen wirklich zu einen fertigen Song gebracht.

Songs sind bei mir heute instrumentale Werke die irgendwo zwischen Rock/Pop/Prog oder auch ChillOut/Ambient und Hans Zimmer Blockbuster-Musik liegen.:rolleyes:

Da ich häufig zwischen zwei DAWs (LogicX und Cubase) springe und Tonnen von virtuellen Instrumenten habe, verbringe ich viele Stunden nur mit dem Vorhören von Sounds.
Hintergrund sind viele alte Ideen vom PC in Cubase und neue Sache auf dem Mac in Logic.

Ja, ich habe erkannt das weniger oft mehr ist.:cool:
Deshalb habe ich mir DAW-Templates erstellt, die schnell laden und reduziert sind.
Dann ist die Sound Qualität aber wieder eingeschränkt und ich fange wieder an zu suchen.
Dabei bin ich dem Workstation-Ansatz gefolgt und Standard-Sounds (Piano, Bass, Drums, Synths) als Starter gewählt.

Auch habe ich meine Ideen von in A,B,C Klassen eingeteilt um zunächst nur mit A-Ideen weiter zu arbeiten.
Irgendwie hilft das alles nichts. Ob eine Hardware-Workstation statt Computer hilfreicher ist habe ich auch schon überlegt.

Lange Rede… Wer kennt das und hat seinen Weg aus der Lage gefunden?
Und nun "Feuer frei“ ;-):evil:
 
Eigenschaft
 
Lange Rede… Wer kennt das und hat seinen Weg aus der Lage gefunden?
Ich glaube, ich stand ein paar mal kurz vor Deinem Problem und ein paar mal mittendrin ... und die Lösung war, das Problem so zu sehen, dass es keins mehr ist ...

Also konkret: Ich habe lange Zeit in Bands gespielt und habe dann mangels Band mit homerecording angefangen. Vorher hatte ich auch schon Ideen, die zum größten Teil mit den jeweiligen Bands umgesetzt wurden. Habe neben drum, Gitarre, Texten und ne Art Nuschelgesang dann mit Bass angefangen, weil mir das irgendwie gefehlt hat.

Und dann habe ich festgestellt, dass ich immer weniger songs "fertig" bekomme. Fertig in Anführungsstrichen, weil Ziel war, eine Art Basis-Gerüst von einem song einzuspielen, mit dem Musiker was anfangen können, so dass man sie richtig fertig machen kann.
Mich hat das genervt, dass, seit ich mit dem Bass angefangen habe, die Stücke deutlich länger dauern. Aber warum ist das so? Weil ich jetzt jede songidee dafür nutze, Sachen am Bass auszuprobieren. Früher hätte ich mit der Gitarre eine Art Bass simuliert und das hätte gereicht. Nun probiere ich unterschiedliche Bassbegleitungen aus, fange an, Bass-Fill-Ins zu machen und knie mich da richtig rein.

Aus der Warte "Mach song als Demo fertig" bin ich deutlich schlechter als vorher.
Aus der Warte "Ich entdecke den Bass und erschließe mir neue Kontinente" bin ich super auf dem Weg.

Seit ich das erkannt habe und mir bewußt Zeit lasse, weil ich erkannt habe, dass ich mir den Bass wirklich erschließen will, kann ich gut damit leben, dass es mit dem songfertigmachen länger dauert.

Vielleicht geht es Dir ebenso?
Vielleicht steht für Dich an, sounds und Möglichkeiten der DAW kennen zu lernen, tausend Instrumente zu entdecken und so weiter?
Und vielleicht betrachtest Du das alles noch unter der Brille: Song fertig machen?

just my 2,17 cent

x-Riff
 
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@jim Ich finde in Deiner Darstellung eigentlich nichts, was sich so anhört, als hättest Du ein Problem (Du schreibst auch "Lage"!); eher lese ich eine neutrale Beschreibung. Was fehlt(?!), ist eine Aussage wie "ich bin's leid, dass ich keinen Song fertig kriege" oder in der Art.

Ok, "Blockade" steht da, aber in Gänsefüßchen (ich liebe dieses Wort...), und dabei bleibt's.

Ich mach also mal den Advokat des Teufels: Du hast alles; Du beschäftigst Dich mich Musik und Klängen und hast damit ein tolles Hobby. Nichts fehlt am Glück.

Oder?

Falls doch was fehlt, würde es vielleicht helfen, die Frage zu beantworten, was das ist :rolleyes:
 
--- fein, es geht gleich zur Sache.:)

"Und vielleicht betrachtest Du das alles noch unter der Brille: Song fertig machen?"

und

"ich bin's leid, dass ich keinen Song fertig kriege"

Joh, das ist der Kern des Beitrags.:great:
 
... ok, vielleicht waren im Start-Beitrag zu viele Infos, die für die Frage nicht relevant sind.:gruebel:

Ich versuche es noch mal einfacher:

Wie bekomme ich aus den vielen Song-Fragmenten einen fertigen Song hin?
Meine Song-Ideen sind keine "normale" Song-Bausteine wie Vers, Bridge, Refrain.

Da es Instrumental-Musik ist, sind die Parts in unterschiedlichen Tempi und Tonarten entstanden.
Entsprechend sind auch Sounds der unterschiedlichsten Plugins genutzt worden.

Vielleicht kann jemand aus seiner eigenen Erfahrung berichten, wie er aus einzelnen Parts ein zusammenhängendes Musikstück schafft.

Als Beispiel kann ich Mike Oldfield's "Tubular Bells" oder "Theory of everything" von Ayreon nennen.
Auch hier ergeben unterschiedliche Parts ein komplettes Musikwerk.
:m_drummer::m_git2::m_key:
 
ich schneide die Sachen einfach auf mehreren Spuren zusammen,
Als Begriff habe ich das mal als 'den Sequencer (nur Audio, kein Taktraster) spielen' bezeichnet.
Dabei ist neben der aktuellen Spur auch immer ihr Kontext im Kopf, dh was an Effekten oder Stimmerweiterungen angdacht ist, wird gleichzeitig auf den Nachbarspuren angelegt.
Geht ziehmlich fix und ist für mich absolut entspannend.
Ich benutze immer das original Material, Elastic Audio und die Pitchgeschichten habe ich noch in der Schublade liegen - damit gäb's (für mich) keine Beschränkung mehr
Musikalisch nonsense, aber als Illustration brauchbar :D

https://soundcloud.com/anshoragg/pandoras-little-red-wav
 
Mir selber hat es in ähnlichen Situaionen geholhen, mich bewusst eintzschränken, indem ich mir vorgenommen und mich dann auch gezwungen habe, einen konkreten PLAN für das Arrangement/den Song schon VOR dem Arbeitsbeginn an der DAW festzulegen. Also Dinge wie

- Art des Grooves, Rhythmus
- HarmonikSong
- Instrumentierung

im voraus zu bestimmen, und sie dann als gegeben hinzunehmen und sich daran zu halten.

Wenns einem lustig genug erscheint, kann man sich dann immer noch an dem FERTIGEN Song/Arrangement (endlos) damit beschäftigen, "die genau ideale" E-Gitarre in der Soundbibliothek zu suchen, oder das wirklich perfekte Drumset.

Jedenfalls hat mir diese selbst auferlegte Limitierung geholfen, mich auf das wirklich Wesentliche zu fokussieren, und mich nicht von der Fülle der Möglichkeiten erschlagen zu lassen.

Lg
Thomas
 
Ich schreibe einfach alle Ideen auf, die mir kommen und sortiere sie nach Atmosphäre und Tonart. Nun ist es für mich sehr hilfreich, dass ich, bevor ich mich an einen Song setze, sehr genau weiß, worum es in dem Song geht: Erzähle ich eine Geschichte, habe ich ein Anliegen, etc. Dann picke ich aus meinen Fragmenten diejenigen heraus, die passen könnten, und wenn ich damit eine grobe Struktur bekomme, mache ich weiter. Wichtig ist hierbei, dass man ständig neue Ideen hat, es ist wie bei einem Puzzle, von dem du von vornherein weißt, dass einige Teile nicht passen werden.
 
... Danke für die Beiträge :hat:

Da sind ja schon einige Anregungen dabei die sich leicht umsetzten lassen.
Ich würde den Beitrag noch etwas offen lassen, evtl. finden sich noch einige Nachzügler.
 
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....Ich würde den Beitrag noch etwas offen lassen...
Du meinst das Thema bzw. den Thread?
Die bleiben bei uns im Board praktisch immer offen und können jederzeit fortgesetzt werden, wenn jemand danach ist.

Gruß Claus
 
Du kannst den thread auch dazu nutzen, im weiteren Verlauf zu beschreiben, welche Ansätze und Lösungsideen denn nun für Dich erfolgreich waren, ob Du auf noch andere Möglichkeiten gestoßen bist etc. - ist ja nicht wie bei den Kaufüberlegungen für eine Gitarre oder einen Amps, die mit dem Kauf dann überflüssig geworden sind ... das ist ja eher so eine Art work in progress ...

Bei mir ist es so, dass ich ganz altmodisch musikalische Ideen kurz aufnehme und dann irgendwo ablege - und wenn ich Zeit habe oder ein Text neu entstanden ist, dann schaue ich schon mal, ob da nicht irgendwas verwertbares dabei ist - umgekehrt schau ich bei einer musikalischen Idee, die mich grade anmacht, ob da nicht ein Text oder Text-Fragment zu paßt ...

Das ist zwar auch schon am Rande der Unübersichtlichkeit, aber zumindest ist das alles noch auf der Ebene handwerklicher Musik - also definierter sounds, Effekte und Instrumente - wenn ich mir vorstelle, dass bei all diesen Ideen auch noch alle möglichen Arten der soundmäßigen Ausgestaltung dabei wären - es also viel, viel offener wäre - dann wäre es doch deutlich unübersichtlicher ...

Da ist die Idee des Übereinanderlegens verschiedener Spuren und Parts schon ein ganz guter Ansatz, finde ich - das wäre bei dem handwerklich umgesetzten Ideenpool deutlich umständlicher.

x-Riff
 
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Fein das der Thread weiter für Nachzügler offen bleibt.
Ich werde auch berichten wie es bei mir weitergegangen ist. :great:
 
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Ich kann die beschriebene Situation absolut nachvollziehen.

Alleine seit Anfang 2017 habe ich sage und schreibe 63 neue Projekte in Logic angelegt. Bei diesen Sessions finde ich bei ca. 80% einen einzelnen A-Part, mit Glück bereits mit verschiedenen Instrumenten eingespielt.

Durch Zufall bin ich vor einigen Wochen auf ein Video gestoßen wo ein ziemlicher bekannter YouTuber Einblick in seinen persönlichen Workflow gibt. Das Video hat meine Welt geändert! Dazu aber gleich mehr.

Mein eigenes Verhalten hat mir gezeigt, dass ich dazu neige einzelne Riffs aufzunehmen, und diese dann in der gleichen Aufnahmesession bis zur absoluten Perfektion einzuspielen (Timing, Sound etc.). Eigentlich sollte ich aber mehr Zeit damit verbringen auch gleich einen passenden B-Part aus dem Riffbestand auszuwählen und festzuhalten. Natürlich sollte ich dabei auch akzeptieren, dass es sich bei dieser Aufnahme in erster Linie nur um eine Demoaufnahme handelt. Die musikalische Idee festhalten, dann später die Session erneut öffnen und inkrementell verbessern oder ausbauen.

Durch meinen unbewussten Fokus auf den A-Part kam es einfach nie zum B-Part, und schlimmer! Wenn man 2 Stunden lang einen A-Part immer wieder hört, kann man diesen auch irgendwann nicht mehr hören und verliert die Lust am weitermachen.

Zumindest bei mir habe ich damit die Fehlerursache entdecken können.

Vom YouTube-Video habe ich einen neuen Impuls bekommen der meine Blockade gelöst hat. Seitdem arbeite ich produktiver, die Ideen sind weit lebendiger, ich kann mir alles jederzeit anhören und jeder Teil ist auch nach mehreren Aufnahmesessions spannend und frisch.

Wie? Ganz einfach:

- Ich zwinge mich dazu an einem Tag nur ein einzelnes Instrument aufzunehmen (z.B. Montag Drums programmieren, Dienstag Bass einspielen, Mittwoch Gitarren... etc. pp.)
- Ich begrenze mich auf maximal 5 Takes pro Spur
- Ich versuche beim Einspielen nicht direkt "den Sound" zu finden
- Ich arbeite parallel in mehreren Sessions um den Kopf und die Ohren frisch zu halten
- Ich begrenze meine Arbeitszeit vor dem PC und mache öfter Pausen zwischen den Takes

Ganz einfache Schritte aber sie machen für mich DEN Unterschied. Vielleicht hilft das ja noch jemandem weiter?
 
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Ja - hilft mir weiter!

Besonders:
Eigentlich sollte ich aber mehr Zeit damit verbringen auch gleich einen passenden B-Part aus dem Riffbestand auszuwählen und festzuhalten. Natürlich sollte ich dabei auch akzeptieren, dass es sich bei dieser Aufnahme in erster Linie nur um eine Demoaufnahme handelt. Die musikalische Idee festhalten, dann später die Session erneut öffnen und inkrementell verbessern oder ausbauen.

Ich neige nämlich auch dazu, ein Riff oder einen Part oder eine Spur zu perfektionieren, statt an der Grundstruktur von dem song weiter zu arbeiten. Oft ergeben sich dadurch sowieso noch Änderungen für das erste Riff oder die erste Idee (Tempo, Charakter etc.). Umgekehrt: Je mehr Arbeit man da reingesteckt hat, desto größer ist der Wiederstand, ihn zu verändern - was wiederum dem song nicht gut tut.

Aber: Ich würde eher dahin gehen, bei der Arbeit an der Grundstruktur zu bleiben und dabei durchaus mehrere Instrumente eines songs aufzunehmen - ganz einfach, weil sich dadurch die Grundstruktur klarer zeigt. Außerdem komme ich nur unregelmäßig zum homerecording, daher wäre eine Aufteilung der Tage auf unterschiedliche Instrumente wenig sinnvoll.

Ein großer Unterschied ergibt sich für mich dadurch, ob ein Text für den song vorliegt oder nicht. Wenn ja - dann kann ich von der Grundstruktur den song fertig machen - wenn nicht, dann lasse ich die Idee oft stehen, weil sie sich durch den Text eh noch ändert.

Letzthin habe ich eine Idee gehabt und dann aus dem Archiv einen Text von mir dazugepackt und dementsprechend die Struktur festgelegt und daran gearbeitet - um dann festzustellen, dass ich den Text schon vertont hatte ... > muss mehr für meine Übersicht tun ... :D

x-Riff
 
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Durch Zufall bin ich vor einigen Wochen auf ein Video gestoßen wo ein ziemlicher bekannter YouTuber Einblick in seinen persönlichen Workflow gibt. Das Video hat meine Welt geändert! Dazu aber gleich mehr.

... kannst du uns auch das Video dazu verraten?
 
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... kannst du uns auch das Video dazu verraten?

Das würde mich auch interessieren.

Mir geht es momentan ähnlich. Ich habe vor einigen Jahren mehrere Songs und Instumentals aufgenommen. Wenn ich die heute höre, frag ich mich, wie ich das gemacht habe.

Heute bleibt es auch oft bei Fragmenten. Momentan versuche ich, Sachen umzuarrangieren. Was wir vorher mit Band gemacht haben, soll jetzt in neuem Gewand entstehen.

Aus den neuen Fragmenten möchte ich selbstverständlich auch Stücke machen, aber da fehlt mir im Moment noch der Zündfunke.
 
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Ich komme mal aus einer ganz anderen Ecke - überall höre ich nur "ich, ich, ich". Nun gebt Euch aber dies:
- Lennon/McCartney
- Jagger/Richards
- Tyler/Perry
- Young/Young/Scott (bzw. in den letzten Jahrzehnten Young/Young/Johnson)
- Andersson/Ulvaeus (vielleicht eher bekannt als Björn und Benny)
uva.

Klingelt's?

Ich beziehe mich zwar auf die Bandsituation statt auf Recording, aber ich denke der kreative Prozess ist weitestgehend vergleichbar. Hier meine Story: Ich schreibe Songs, seit ich ca. 14 oder 15 bin. Manchmal alleine, aber lieber (und meist besser) zusammen mit dem jeweiligen Sänger und/oder Texter meiner Bands. Das ging so während Schulzeit und Studium. Seit Beginn meiner Zeit als Arbeitnehmer 1998 habe ich fast 20 Jahre keinen einzigen Song mehr geschrieben. Oft war ich aber so eine Art Arrangeur oder Produzent für die Songs der jeweiligen Songlieferanten meiner Bands. Einmal z.B. hatte ich einen sehr kreativen Sänger/Gitarristen. Der Output war hoch die Qualität oft ebenso, nur hatte der kein Gespür dafür, was gut ist und was nicht. Also habe ich für ihn die Rolle des "Filters" übernommen, ihm quasi erklärt, was an seinen Songs richtig gut ist und was eher nicht. Z.B. "Cooler Song, Phil, aber mach das Intro nur halb solang, und da muss dann was vom Schlagzeug dazu, was so richtig knallt. Der gedachte Strophenteil sollte eigentlich der Refrain werden, und den zweiten Zwischenteil lass weg, der passt irgendwie gar nicht zum Rest." So sind wirklich tolle Songs entstanden. Unser Gitarrist dagegen kam oft mit fertigen Stücken an, denen fehlte quasi nix, die musste man nur noch etwas interessanter arrangieren, dann waren die spitze.

Ca. zwei Jahre nach Auflösung dieser Band habe ich den Sänger/Gitarristen mal bei einem Soloauftritt gehört, und da war sie wieder, diese Filterlosigkeit - uninteressante Parts wurden übermäßig ausgedehnt, die wahren Perlen in den Songs nur mal kurz angespielt (natürlich nicht überall, aber eben übermäßig oft). Danach dann hat er eine CD veröffentlicht - oh, da hatte jemand Filter gespielt und ihm geholfen, die Songs durchzustrukturieren! Zufällig kenne ich seinen Recordingengineer, und der sagte dazu nur knapp: "Yep, das war ich."

Und um zum Abschluss zu kommen, derzeit viele ich in zwei Bands. In der einen sorge ich für trickreiche Breaks und dafür, dass die Songs "stromlinienförmig" werden. In der anderen, zusammen mit dem Gitarristen und zweiten Sänger hab eich wieder zu komponieren begonnen! Wir haben uns vor ein paar Wochen die Parts gegenseitig hin und her geworfen, und innerhalb von zwei Stunden hatten wir einen Song mit Struktur, Text für die ersten beiden Strophen und einen Refrain. Was noch fehlt, sind der Text für einen Zwischenteil und die Frage:refrain zum Schluss nochmal spielen, oder den Song lieber anders enden lassen? Auch er sagte danach, dass er so leicht und schnell schon lange keinen Song mehr geschrieben hat. Und Spass gemacht hat es auch noch!

Der langen Rede kurzer Sinn: Holt Euch für ein oder zwei Sessions jemanden dazu, der musikalisch ein wenig anders drauf ist als Ihr selbst. Der bringt eine frische Sicht auf Eure Arbeit und hilft Euch evtl., dort Zusammenhänge oder auch Widersprüche zu finden, wo Ihr sie bislang nicht gesehen habt. Und ein paar Wochen später macht Ihr das mit jemand anderem. Vielleicht hilft Euch das. Ich jedenfalls mag diese Kollaborationen.

Gruß
Jo
 
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@mix4munich
Gefällt mir was du schreibst.
Ich kenne aber viele Musiker die introvertiert sind und auch nicht in soziale Netzwerke integriert. Dann ist es praktikabel ein grobes Arrangement seinen Freunden vorzulegen und erst dann gemeinsam daran zu arbeiten, oder überhaupt alleine etwas zu produzieren. Dennoch sollte man sich das was du schreibst immer vor Augen halten. :)
 
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