Controller Output Gains neu berechnen

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Anpassung Digitalcontroller/Limiter/Amp

Ich habe lange überlegt, ob ich ein derartiges Turtorial auf die Beine stelle. Letztlich wird im PA Bereich oft
per "gehör" kontrolliert, ob ein Controllerpreset funktioniert oder nicht. Allerdings verstecken sich ein paar kniffelige
Fakten hinter den Limitern, die trotz controlling einen Lautsprecher zerstören können bzw. zu unangenehmen Verzerrungen führen.
Jüngst haben wir einen Systemamp gegen einen hochwertigen Anderen getauscht und uns über ein zerstörtes Chassis wundern müssen.
Passiert ist das nur aus unachtsamkeit, kurz und schmerzlos, im Verstärkungsfaktor lediglich 2db Unterschied!

Damit ein Limiter wie vorgesehen funktioniert, ist es wichtig, dass alle Komponenten genau aufs Wort gehorchen.
Da sich in der Regel nur eine Endstufe zwischen dem Digitalcontroller und dem Lautsprecher befindet, schauen wir uns diese mal genauer an.

Endstufen haben für uns an dieser Stelle nur 3 relevante Daten:

Leistung in W RMS
Impedanz in Ohm
Verstärkungsfaktor in db

Zum Schutz eines Lautsprechers (egal ob Low, Mid, oder High) ist es unbedingt wichtig, dass genügend Leistung zur Verfügung steht, damit die Endstufe nicht (auch nur im Ansatz) ins Clipping geht.
Clipping ist im Prinzip vergleichbar mit einer Gleichspannung und absolut tödlich für Chassis. Es spielt auch keine Rolle ob ein Hochtöner oder ein Bass eine Gleichspannung sieht, Clipping ist eine Stresssituation für jeden Speaker!

Z.B. Ideal zum betreiben von Bässen ist eine Endstufe, die an der Nennimpedanz des Lautsprechers etwa 2x soviel Leistung abgibt wie vom Lautsprecher in RMS gefordert.
Der Grund ist, dass das Chassis in der Regel mehr Leistung verkraftet, diese aber Thermisch nicht verwalten kann. Wir wollen ja aber die maximale Performance aus unseren Lautsprechern raus holen.
Um eine Überhitzung des Spulenkörpers zu vermeiden, kommen unsere Limiter zum Einsatz.
Diese Limiter sprechen in den unterschiedlichen Frequenzbändern unterschiedlich stark/schnell an. Dazu aber später mehr.

Die Endstufe besitzt einen Verstärkungsfaktor! Dieser ist weit wichtiger als die angegebene Leistung und wird in db bemessen oder in "Ratio (z.dt. Faktor)" angegeben.
Dieser Faktor besagt, bei wieviel Eingangsspannung welche Ausgangsspannung anliegt.

Glücklicherweise interessieren uns für den weiteren Verlauf die Ausgangsspannungen garnicht so sehr, werden aber in einer Formel mit eingesetzt.

Hier gibts jetzt mal eine Tabelle mit relevanten Verstärkungsfaktoren in db Gain! Diese sollten auf die meisten Hersteller passen. Es gibt sicherlich exoten, deren Angabe nicht so korrekt ist wie im Datenblatt beschrieben, darauf können wir hier aber keine Rücksicht nehmen.

30db - 31.62x
32db - 39.81x
34db - 50.12x
35,75db - 60x
38db - 79.43x
40db - 100x

Die meisten Endstufen haben einen 40 fachen Verstärkungsfaktor, also etwa 32db Gain oder sind gar umschaltbar zwischen 26db, 32 db und 35,75 db. Bei solchen Endstufen ist äusserste Vorsicht geboten. Nur wirklich Amtliche Hersteller nehmen es hier genau. Oftmals wird lediglich eine Art Pad auf den Eingang gelegt. Es ist Ratsam, diese Endstufen auf Ihrer Maximalen Verstärkung zu fahren und die Limiter entsprechend zu konfigurieren. Sich darauf zu verlassen, dass der Hersteller die Spannungsteiler für diesen PAD genau berechnet hat ist ungefähr so wie mit Zitronen auf Polizisten zu schmeissen. Es kann gut gehen, kann aber auch schief gehen.
Damit wir nun unsere Limiter auf die Endstufe und den Lautsprecher tunen können fehlen uns ein paar Beispieldaten.

Beispiel
Woofer: 500 Watt RMS, 1000 Watt Programm
Impedanz: 8 Ohm
Frequenzbereich 40 bis 120 Hz
Das entspricht etwa dem gängigen 15 Zoll Basslautsprecher!

Wir nutzen eine Endstufe mit 1000 Watt an 8 Ohm bei einem Verstärkungsfaktor 40 fach(32db).

Hier gibt es zur Vereinfachung eine Excel Formel die Ihr einfach in eine Zelle kopieren könnt. Wer ein bisschen Excel Fit ist, kann sich daraus ein Berechnungsblatt bauen.

=Summe(20*LOG((WURZEL(500*8))/0,775)-32)
Die Aufschlüsselung: 2*log((Wurzel(Leistung Chassis RMS*Impedanz))/0,775)-Verstärkungsfaktor
Die 0,775 in der Formel ändern sich nicht! Sie entsprechen 0dbu, sind aber für die Herleitung des Ergebnisses wichtig.
Ich möchte die Formel auch garnicht zu weit auseinander pellen, damit keine Verwirrung entsteht.

Excel wird euch als Ergebnis 6,234 ausgeben - also 6,2 dbu an dieser Stelle!
Dieses ist der Wert auf den der Thresholdregler des Limiters eingestellt werden muß, keinesfalls höher!

Damit das Chassis nun aber richtig Krach machen kann, wollen wir natürlich auch wissen, welche Attack und Release Zeiten dafür wichtig sind.

1. 10Hz - 31Hz Attack: 45mS Release: x16 (720mS)
2. 31Hz - 63Hz Attack: 16mS Release: x16 (256mS)
3. 63Hz - 125Hz Attack: 8mS Release: x16 (128mS)
4.125Hz - 250Hz Attack: 4mS Release: x16 (64mS)
5.250Hz - 500Hz Attack: 2mS Release: x16 (32mS)
6.500Hz - 1kHz Attack: 1mS Release: x16 (16mS)
7.1kHz - 2kHz Attack: 0.5mS Release: x16 (8mS)
8.2kHz - 22kHz Attack: 0.3mS Release: x16 (4mS)

In unserem Fall wählen wir nummer 3! Der die Endstufe hat 8 ms Zeit, Ihre volle Leistung von 1000 Watt aufzubringen, bevor der Limiter die Ausgangsleistung auf 500 Watt reduziert.
Genau so sollte für Hoch und Mitteltöner verfahren werden.

Was passiert bei einer Fehlanpassung weil ich nicht aufgepasst habe?
Die Endstufe hat z.B. einen Gain von 35,75 db, ich habe meine Limiter aber wie oben stehend berechnet, dann sieht mein Chassis nicht mehr 500 Watt RMS sondern etwa 1150 watt bevor der Limiter anspricht!
Es ist also unbedingt darauf zu achten, dass die Anpassung Limiter/Verstärker sauber berechnet wird, auch wenn wir es nur mit etwa 3 db Unterscheid zu tun haben.

Eine solche Berechnung kann elementar wichtig sein, wenn z.B. ein Systemverstärker gegehen einen anderen Amp getauscht wird.
Möchte ich z.B. einen Systemamp mit 35,75 db Verstärkungsfaktor mit einem 32db Amp tauschen, muß ich nicht nur den Gain des Outputs am Controller um 3,75 db erhöhen, ich muß auch den Limiter entsprechend neu berechnen.

Welche Limitereinstellung benötige ich, wenn ich einen zweiten Lautsprecher an diesem Ampkanal betreiben möchte?
Grundsätzlich die Gleichen! Es halbiert sich die Impedanz aber es verdoppelt sich die RMS Leistung! Dementsprechend bleiben wir beim gleichen dbu Wert!

Kann man 2 verschiedene Chassis über einen Ampkanal betreiben?

Ganz klares nein! Da unterschiedliche Chassis auch unterschiedliche Impedanzkurven aufweisen, verhält sich der Verstärker unkontrollierbar! Das mag bis zu einem gewissen Grad funktionieren, birgt aber hohe Risiken!
Gleiches gilt für Selbe Chassis in unterschiedlichen Gehäusen

Für kleine Veranstaltungen zu kleine Amps verwenden?
Ja! Hierbei sollte der Controller bei etwa der Hälfte der Leistung bereits abriegeln. Somit sind auch 300 Watt Chassis mit 150 Watt Amps betreibbar, Nutzlast RMS sollte dann aber 75 Watt betragen. Zumindest bei Hoch/Mitteltönern. Ob die Leistung dann ausreichend ist, liegt in eurem Ermessen!


TBC

Fragen und Anregungen bzw. Korrekturen sind naürlich herzlich willkommen!

Joe

Ich übernehme für die Richtigkeit kein Gewähr und schon garnicht lasse ich Schadensersatzansprüche an mir geltend machen. Es ist nur ein Hilfsmittel, das hoffentlich viele Fragen rund um Limiter und Outputgains klärt! Also: Nutzung auf eingene Gefahr!
 
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Interessanter Beitrag. Zumal er ein wenig im Gegensatz zu dem gemeinen Tenor dieses Forums steht, wo es ja sonst immer heißt "Limiter so einstellen, dass die Endstufe nicht clippen kann". Nun baust du so eine Art RMS-Limiter, bei dem die Attack-Zeiten aber dermaßen kurz gewählt werden, dass nicht mal mehr die Transienten unlimitiert durchkommen können.

Liest sich für mich ein bisschen nach verschwendeter Leistung. Da würde ich mich doch eher weiterhin daran halten, einen echten Peak-Limiter zu setzen und zuzusehen, dass ich mein Signal halt nicht dermaßen ins Limit fahre, das schon wieder eine thermische Gefahr für die Speaker bestünde (was im Klartext bedeutet: Bei einer Endstufendimensionierung von 2x RMS der Box, müsste ich schon ein Signal mit weniger als 3 dB Unterschied zwischen Spitzen- und Durchschnittspegel in die Endstufe ballern).
 
Ja die Attackzeiten sind wirklich arschkurz ... damit eine Schwingung bei 50Hz einmal ohne Limitierung durchgeht, werden mind. 20ms benötigt.

BTW: Raumklang hatte schon mal ein Tabellentool gebastelt, mit dessen Hilfe der Threshold des Limiters berechnet werden kann ;)
 

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