Hi Jörg,
das ist immer ne Frage mit wem du sprichst. Manche fangen ab 16 Kanälen grade mal erst an... hängt natürlich auch von der Bestückung des Drumsets ab. Aber mit 'ner vollen Mikrofonierung im Studio kann man locker 16 Kanäle und mehr füllen, ohne mehrere Optionen bereit zu halten (je 2 Mikros an Kick und Snare nehme ich hier mal als Standard an - das ist ja später auch keine entweder-oder-Frage, sondern die werden alle im Mix verwendet).
Gehen wir mal vom Standard-Drumset aus:
- Kick 1 und 2
- Tom lo, mid, hi
- Snare 1 und 2
- HiHat
- Becken
- 2x Overheads
Sind schon 11 Kanäle. In der Annahme, das Set steht in einem gut klingenden Raum, nimmt man den auch noch mit:
- 2x Raum, mittlere Entfernung (stereo)
- 1x Raum, weiter weg (mono)
Sind wir bei 14. Kommen noch ein paar andere Elemente dazu - ein bisschen China, ne Glocke, ein Schellenkranz,... - die auch je ein Mikro verpasst bekommen. Dann noch eine Art von Übermikrofonierung, die durchaus nicht ungewöhnlich ist: Ein Kleinmembraner von oben auf die Snare, ein weiteres Mikro für die HiHat... damit haben wir dann schon bei "normaler" voller Mikrofonierung die 20 Kanäle geknackt.
Also was tun? Zuerst will ich noch unbedingt erwähnen, das jedes weitere Mikro auch noch mal deutlich mehr Aufwand bedeutet, v.a. beim "säubern" der Spuren vor dem eigentlichen mischen. Übersprechen und zeitliche Verschiebung der Spuren sind zwei Punkte, die auf jeden Fall bearbeitet werden wollen.
Meine Herangehensweise wäre die:
1. Egal ob wenige oder viele Mikros - ganz wichtig ist die Positionierung!
2. Qualität vor Quantität
Auch ganz wichtig. Mikrofone, Vorverstärker, Wandler und Interface-Kanäle (bei dir sind die letzten 3 alle im Pult vereint) kosten pro weiterem Kanal nicht unerheblich Geld. (Kabel, Stative und Klemmen lass ich mal unter den Tisch fallen und ne relevante Kanalbeschränkung gibt's bei ner ordentlichen DAW nicht.) Okay, die 16 Kanäle hast du und hast wahrscheinlich auch erst mal nicht vor, hier auszubauen. Wie sieht's mit Mikros aus? Ich würde lieber bei weniger Mikros bleiben, bevor ich solche hinstelle, die qualitativ nicht zum restlichen Level passen oder von der Art her (Frequenzgang oder Richtcharakteristik für jeweilige Anwendung) ungeeignet sind.
3. Normale Vollabnahme
...denn die hat sich bewährt. Lieber erst mal die volle Kontrolle (gleichbedeutend mit viel Aufwand!) über alle Elemente, bevor ich anfange, an einzelnen Dingen ewig herumzudoktorn und dabei andere vernachlässige. Aber es braucht halt auch schon Übung, eine große Anzahl Kanäle vom mehr oder weniger selben Instrument zu mischen.
4. Dann erst würd ich über Übermikrofonierung nachdenken...
...bei der ich mehrere Mikros an ein Element stelle, in der Absicht, nachher entweder/oder zu wählen. Wenn ich dann noch genügend Ressourcen hab (qualitativ gute Mikros und Signalwege, siehe #2).
Aber hier kommt noch ein nicht-technischer Faktor hinzu: Zeit. Die investiere ich eigentlich lieber in weniger Material und achte da lieber auf eine gute Positionierung. Es ist ja auch nicht so, dass man die Mikros hinstellt, der Drummer lostrommelt, danach wieder einpackt und geht. Es gibt ja vor der Aufnahme einen Soundcheck, mit Korrektur der Mikros usw... dafür kann schon mal ein halber oder gar ganzer Tag draufgehen. Im Prinzip sollte da auch schon alles abgecheckt werden, wofür eine Übermikrofonierung gut sein könnte. Und deshalb seh ich das Thema im Studio als nicht wirklich relevant an. Es sei denn es sind wirklich alle vorherigen Punkte erfüllt und die beteiligten können sich am Aufbau-Tag wirklich noch nicht zwischen verschiedenen Mikros oder Positionen entscheiden und wollen mal noch abwarten. Was mal vorkommt, wenn alle noch nicht so recht wissen, in welche Richtung das Projekt klanglich gehen wird.
Live-Recording ist wieder ne andere Sache, da ist der Soundcheck nicht aufs Recording abgestimmt sondern auf den live-Mix. Aber da sind oft auch weniger Ressourcen da - allen voran die Zeit, an zweiter Stelle oft der Platz auf der Bühne.
MfG, livebox