EBU R128 - Was spricht gegen Normierung? (+weitere Fragen)

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Aus der Plauderecke nach hier verschoben - hier wird's wohl eher Resonanz geben. MfG. Basselch

Hallo Leute,

ich persönlich finde ja die Empfehlung 128 der EBU ziemlich nützlich. Ganz gleich wofür ich etwas mixe und mastere, ist mir alleine die Technik, um die Lautheit zu messen (kostenloses Tool, btw!), bisher stets eine große Hilfe gewesen. Man kann damit sehr gut im Ergebnis hörbar Lautheiten unterschiedlichster Stücke einander angleichen. Es bietet (mir persönlich) sogar beim Mixen eine gute Orientierung wie ich was hinregeln kann.


Quasi kurze Offtopic-Frage und -Gedanke auch an die R 128 Profis und Kenner unter euch:
Einzig und allein empfinde ich es bei Werken unsinnig bei INT auf -1 bis +1 LU zu landen, wenn diese z.B. aus dramaturgischen Gründen das nicht einhalten können. Beispiel: Man hat einen Film, in dem die ersten 5 Minuten nix groß geschieht, aber normal gesprochen wird und danach 25 Minuten nur noch Häuser explodieren - die dramaturgische Komplexität einer solchen Story soll hierbei einfach mal nicht in Frage gestellt werden. Um bei 5 min "normale Geräusche" gegen 25 min "Explosionskrach" noch auf -1 bis +1 INT gemäß der R 128 zu kommen, würden die 5 ersten Minuten ja vermutlich etwas weiter unter 0 LU liegen müssen, damit zum Schluss ein Durchschnitt von -1 bis +1 LU heraus kommt. Hingegen ist doch ein Grundprinzip, dass alle Vordergrundgeräusche bei 0 LU liegen, oder? Von daher wäre es doch sinniger, wenn man sich lediglich darum bemüht den Vordergrund auf 0 LU zu haben und die INT "relativ zu vernachlässigen", oder übersehe ich da etwas? (Natürlich wäre der Explosionsfilm dann ein sehr anstrengender ...)

Nun kam mir die Frage ob es wirkliche nachvollziehbare und logische Gründe gibt, die dagegen sprechen, dass die Empfehlung 128 zur Norm wird?

Darüber hinaus fände ich es ganz interessant mal von ein paar Profis hier zu hören, was sie generell von der Empfehlung halten.


Dann noch etwas: Die R128 wird ja mittlerweile wohl auch von deutschen Radiosendern und TV-Sendern eingehalten, oder? Ich gucke seit Jahren kein TV mehr und höre auch kein Radio. Mir kam dennoch die Frage auf, wie das genau gehandhabt wird. Werbung soll ja im Endeffekt nicht mehr so herausstechen. Was ist aber, wenn man eine Werbung mixt, die mit einem Knall von +18 LU anfängt und danach 90% der Länge des Clips (sehr) leise über das Produkt berichtet. Wäre das nicht eigentlich legitim gemäß der R128?

Bin gespannt auf Antworten! :)
 
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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hi Tag!

Ich bin kein Profi was die EBU R128 anlangt, aber zum ein bisschen mitdiskutieren reichts. :)

Dieser Standard hat sich bereits in vielen europäischen Staaten beim Fernsehen durchgesetzt. Daher ist er ansich schon Status Quo und wird vermutlich in Zukunft nur noch wichtiger werden. .. Was auch gut so ist (zumindest meiner Meinung nach). :)

Die Idee hinter dem INT (das war doch die tntegriere Lautstärke über alles, gell?) ist, einen einzahl Wert für ein gesamtes Werk zu haben. Dabei sind die Werte von INT innerhalb des Durchlaufs komplett irrelevant.
Dieser Wert gilt nämlich immer nur für den Bereich, welcher gerade durchlaufen wurde.
Der Clou ist bei der Integration das Exkludieren von leisen Passagen.. aber ich nehme an,
dass du das sicher eh weist, daher genug von den Grundlagen.

Meines Wissens nach, schreibt diese Richtline nichts weiter vor, als dass der Einzahlwert jedes Beitrags/Werkes bei -23LUFS bzw. 0LU liegen soll. Wenn ich mich recht entsinne gibts auch "Tipps" für die Dynamik, aber diese sich mWn nicht verbindlich (oder?).
Daher obliegt die Abstimmung der Lautstärke der Klänge innerhalb des Werkes immernoch vollkommen dem Tontechniker.
Von einer Richtline wie du sie schreibst: "Hingegen ist doch ein Grundprinzip, dass alle Vordergrundgeräusche bei 0 LU liegen, oder?" ist mich nichts bekannt.
Es geht bei der R128 einfach nur um eine Vereinheitlichung der Lautsträke (soweit man das halt beurteilen kann).
d.h. wenn du eine fertige Mischung (oder auch Master) hast, dann musst du lediglich zum Schluss die INT-Loudness bestimmen,
und bei bedarf den Masterfader um die Differenz zu -23LUFS verschieben. That's it. :)


LG Jakob

Edit:
Was ist aber, wenn man eine Werbung mixt, die mit einem Knall von +18 LU anfängt und danach 90% der Länge des Clips (sehr) leise über das Produkt berichtet. Wäre das nicht eigentlich legitim gemäß der R128?
Du darfst wie gesagt alles machen, aber es muss als Endresultat -23LUFS rauskommen. :)
In diesem Fall würde für die Lautstärkenermittelung vermutlich nur der Knall herangezogen werden (da der Rest vermutlich zu leise ist).
 
Zunächst einmal vielen Dank an Basselch für das Verschieben des Threads! Ich war mir unsicher, ob das in's Know How "darf". :)


Dieser Standard hat sich bereits in vielen europäischen Staaten beim Fernsehen durchgesetzt. Daher ist er ansich schon Status Quo und wird vermutlich in Zukunft nur noch wichtiger werden. .. Was auch gut so ist (zumindest meiner Meinung nach). :)
Das klingt super! Genaue Informationen, wie weit die Empfehlung wirklich schon verbreitet ist, waren mir bisher nicht bewusst.


Die Idee hinter dem INT (das war doch die tntegriere Lautstärke über alles, gell?) ist, einen einzahl Wert für ein gesamtes Werk zu haben. Dabei sind die Werte von INT innerhalb des Durchlaufs komplett irrelevant.
Dieser Wert gilt nämlich immer nur für den Bereich, welcher gerade durchlaufen wurde.
Der Clou ist bei der Integration das Exkludieren von leisen Passagen.. aber ich nehme an,
dass du das sicher eh weist, daher genug von den Grundlagen.
In wiefern sind die Werte innerhalb des (zu messenden, oder?) Durchlaufs irrelevant? Der INT-Wert gibt doch die Durchschnittslautheit innerhalb der Messung an. Dabei beziehe ich mich auf Seite 11, Abschnitt 2.1 dieses Dokuments.
Ich befürchte ich verstehe gerade eventuell nicht, was du mir anderenfalls damit sagen möchtest, tut mir Leid. :D


Meines Wissens nach, schreibt diese Richtline nichts weiter vor, als dass der Einzahlwert jedes Beitrags/Werkes bei -23LUFS bzw. 0LU liegen soll. Wenn ich mich recht entsinne gibts auch "Tipps" für die Dynamik, aber diese sich mWn nicht verbindlich (oder?).
Daher obliegt die Abstimmung der Lautstärke der Klänge innerhalb des Werkes immernoch vollkommen dem Tontechniker.
Ja, aber trotzdem muss ja laut R128 -23 LUFS als Durchschnittswert rauskommen.


Von einer Richtline wie du sie schreibst: "Hingegen ist doch ein Grundprinzip, dass alle Vordergrundgeräusche bei 0 LU liegen, oder?" ist mich nichts bekannt.
Eventuell habe ich das ja auch etwas missverstanden. Ich wollte mich dabei auf Seite 25, den Text im Kasten dieses Dokuments beziehen.

Ganz gleich, was nun damit gemeint ist oder wie man es zu verstehen hat: es ist doch eine sinnige Idee, wenn man z.B. in einem Film normale Gespräche als Vordergrundgeräusche erachtet und diese gezielt auf 0 LU / - 23 LUFS abmischt, oder nicht?


Es geht bei der R128 einfach nur um eine Vereinheitlichung der Lautsträke (soweit man das halt beurteilen kann).
d.h. wenn du eine fertige Mischung (oder auch Master) hast, dann musst du lediglich zum Schluss die INT-Loudness bestimmen,
und bei bedarf den Masterfader um die Differenz zu -23LUFS verschieben. That's it. :)
(...)
Du darfst wie gesagt alles machen, aber es muss als Endresultat -23LUFS rauskommen. :)
In diesem Fall würde für die Lautstärkenermittelung vermutlich nur der Knall herangezogen werden (da der Rest vermutlich zu leise ist).
Gemäß des Textes unter -23 LUFS ist das Gate ein relatives Gate mit einem Abstand von -10 LU. Wobei ich dann die Grafik auf Seite 19 dieses Dokuments nicht ganz verstehe. Wenn man da den Dynamikumfang einer Kinoumgebung betrachtet, bekommt man einen Umfang von 30 LU. Wie geht das, wenn das Gate relativ bei -10 LU bereits keine Daten mehr misst?


Ich habe schon einige Videos gemixt und habe dabei auf die Empfehlung geachtet und hatte auch alle Werte erfüllt - mit dem richtigen Tool auch kein Problem. Würde jetzt nur mal gerne wissen, ob ich das, was im Hintergrund passiert (technisch), eigentlich auch richtig verstanden habe. ;)
 
Hallo.

Der auf Seite 25 geschilderte Text gibt eine Information darüber, dass der subjektive Höreindruck der Lautheit hauptsächlich von vordergründigen Geräuschen geprägt wird und nicht von Hintergrundgeräuschen. Das ist also keine Richtlinie, sondern lediglich ein Hinweis, was bei der Messung eigentlich entscheident für die Adaption an den subjektiven Höreindruck des menschlichen Gehörs ist.

Die Grafik auf Seite 19 gibt ein Beispiel der Loudness Range von verschiedenem Programm-Material. Das z.B. Kinosound mit seiner hohen Dynamik auch mal unter -10 LU gehen kann, stört dabei keineswegs.
Ich glaube du machst dort einen Denkfehler. Das Gating selbst hat keinen Einfluss auf die Dynamik des Programm-Materials. Es soll verhindern, dass leisere Hintergrundgeräusche, die subjektiv keinen nennenswerten Einfluss auf die empfundene Lautheit haben, die Messung stark verfälschen würden.
 
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Hi Novik. Vielen Dank für deine Erläuterung. Klingt alles nachvollziehbar und einleuchtend für mich! :)
 

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