Eine Frage der Stimmung... (Gleichmäßig vs. Werckmeister)

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Hi Leute,

ist eigentlich kein typisches Digitalpiano-Thema sondern eher eine generelle Frage, aber ich denke es passt hier trotzdem gut rein:

Ich habe heute eher nur zum Test die Stimmung meines FP7 von der gleichmäßige Stimmung ("equal") auf Werckmeister umgestellt und bin von dieser Stimmung recht begeistert. Der Unterschied ist für mich (als quasi leicht fortgeschrittener Anfänger) nicht detailiert beschreibbar, eher habe ich den Eindruck, dass der Klang insgesamt etwas homogener ist und die Werckmeister-Stimmung einfach "runder" klingt. Schön. Das kann ich eigentlich vorerst mal so lassen.

Werde ich damit aber bei irgendwelchen Spieltechniken/Stilistiken Probleme bekommen? Kann man die Stimmung auch so lassen wenn man Bandkontext (zumindest mal mit einem e-Bass) zusammen jammed oder klingt das dann schnell "schräg"?

(Falls die Fragen jetzt redundant sind: Mea culpa - ich muss mir das ganze Thema mit der Stimmung und den verschiedenen Stimmungen nochmal in Ruhe reinziehen, bis dato weiß ich nur, dass bei manchen Stimmungen das ganze harmonische Gebilde nicht ganz aufgeht ... ;) )
 
Eigenschaft
 
Gleichmäßig (Wohltemperiert), dieses Thema kam z.B. zu Zeiten Bachs auf, und genau für diese Stimmung hat er "Das Wohltemperierte Klavier" komponiert, in 12 Tonarten, die bei obiger Stimmung alle "klingen".

Werckmeister wird heute manchmal vom Klavierstimmer z.B. noch für Theatervorführungen verlangt, erzählte er mir.

Grob gesagt dürfte diese Stimmung vor allem für Literatur vor Zeiten Bachs interessant sein. Aber da wissen andere sicher genaueres. Entscheidend ist wohl die Stimmung der Terz, die ganz früher sogar als Dissonanz galt aus den angedeuteten Gründen.

Teste es einfach an konkreten Stücken. Es kann gut sein, dass Werckmeister dann nicht in allen Tonarten so gut klingt. Dann stellst du eben einfach wieder zurück auf die andere Stimmung. Schön, wenn man die Möglichkeit so schnell hat, dank D-Piano :)
 
Vielleicht ist das interessant: in der angehängten Tabelle habe ich für Werckmeister III sowie für die gleichstufige Stimmung die Abweichungen von den reinen Intervallen berechnet (alle Zahlen in Cents).

Hier kannst du sehen, dass die Intervalle nicht über die ganze Oktave gleich stark abweichen: in den gelben Bereichen stehen die Abweichungen von der reinen Stimmung, wenn man von dem Ton in der entsprechenden Zeile aus das in der Spalte angegebene Intervall spielt.

Wenn ich also z. B. vom Grundton der Werckmeister-Stimmung aus eine grosse Terz spiele, dann ist diese 4 Cents "schärfer" als eine reine grosse Terz. Spiele ich die grosse Terz aber vom zweiten Ton aus, dann ist das Intervall sogar um 22 Cents "schärfer". Einige Tonarten müssten daher besser klingen als andere, welche ist abhängig vom Grundton der Stimmung.
 

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Eigentlich ist die gleichmäßige Stimmung nur ein Kompromiss, weil sie in allen Tonarten akzeptable Ergebnisse liefert. Hat man eine Werckmeister-Stimmung in einer bestimmten Tonart, klingt das wesentlich harmonischer. Auf einem traditionellen Klavier ist das ziemlich sinnlos, weil man vor jedem Tonartwechsel erst einmal den Stimmer kommen lassen müsste. Bei einem D-Piano geht das mit ein paar Tastendrücken schnell über die Bühne. Wenn man Werckmeister und die Tonart einstellt, klingt es sehr schön rund.
 
Eigentlich ist die gleichmäßige Stimmung nur ein Kompromiss, weil sie in allen Tonarten akzeptable Ergebnisse liefert.

Das ist aber nicht weiter tragisch, ich denke, das ist einfach unsere Hörgewohnheit heutzutage.
 
Das ist aber nicht weiter tragisch, ich denke, das ist einfach unsere Hörgewohnheit heutzutage.

Du meinst, wir haben uns an das Gleichmaß gewöhnt? Ist das was Gutes oder was Schlechtes?
 
Du meinst, wir haben uns an das Gleichmaß gewöhnt? Ist das was Gutes oder was Schlechtes?

Na ja, nicht wir alle. Man sollte bedenken, daß dieser Kompomiß eigentlich fast nur Tasteninstrumente trifft, denn Bläser oder Streicher wissen (oder sollten es) sehr wohl um die feinen Unterschiede und können durchaus die gespielten Töne so korrigieren, daß es optimal klingt.
Ich kenne Orchestermusiker, denen es regelrecht schlecht wird, wenn sie zu lange Klaviermusik hören, weil es immer so "falsch" klingt :rolleyes:

Viele Grüße
Torsten
 
Du meinst, wir haben uns an das Gleichmaß gewöhnt? Ist das was Gutes oder was Schlechtes?

Ich hör da wirklich nichts "falsches" und sorge mich daher auch nicht. Es ist halt "wohltemperiert". Der "Fehler" ist rechnerisch auf alle 12 Töne verteilt, ich halte das für einen sehr guten Kompromiss und nicht für einen faulen.
 
Ich hör da wirklich nichts "falsches" und sorge mich daher auch nicht. Es ist halt "wohltemperiert". Der "Fehler" ist rechnerisch auf alle 12 Töne verteilt, ich halte das für einen sehr guten Kompromiss und nicht für einen faulen.
Ich empfinde Werckmeister im direkten Vergleich als eine Wohltat.
 
Hey, merci für die Antworten zuerstmal. Also wie geschrieben empfinde ich die Werkmeister-Stimmung auch eher "wohlklingend" - wenn auch der Unterschied für mich nicht immer so deutlich ersichtlich (bzw. erhörbar) ist.

Werde auf jeden Fall die Stimmung weiter beibehalten und sie entsprechend den Stücken dann auch anpassen (merci für den Hinweis @klicki). Die meisten Stücke/Patterns die ich bis jetzt damit angespielt hatte waren sowieso in C geschrieben - also kein Wunder das es ad hoc rund klang. ;)
 
Hi allerseits, experimentiere selbst gerne mit Stimmungen (und finde es schade, dass die preisgünstigeren DP's hier nicht flexibler sind).
Die Sache ist allerdings ziemlich komplex, wenn man mal anfängt richtig hinzuhören. Die Barockstimmungen wie Werckmeister, Kirnberger oder auch die mitteltönige Stimmung machen Terzen schöner (weil näher an der reinen Stimmung), dafür sind aber in der Regel die Quinten (also auch Quarten) vermindert (vermehrt). In bestimmten Musikarten stört das, z.B. empfinde ich in moderneren Jazz-Varianten die wohltemperierten Quarten und Quinten als wohltuend. Und natürlich gilt auch: Wann immer ihr viel moduliert innerhalb des Stückes, können die auf einen Grundton bezogenen Stimmungen ziemlich 'reiben'. Das kann ein ästhetischer Effekt sein, oder auch einfach nur störend. Da wäre auf Bühneninstrumenten die Möglichkeit schön, sehr rasch während des Spiels den Stimmton wechseln zu können... Tja, und dann sind da noch die lieben Mitspieler mit ihren Instrumenten....

PS. Bach hat nach allem, was wir wissen, nicht mit der gleichschwebenden Stimmung, die heute Standard ist, gespielt. 'Wohltemperiert' hieß damals jede Stimmung (=Temperatur), die ein flexibles Modulieren erlaubte und halbwegs praktikabel (d.h. auf den damaligen Instrumenten ohne riesigen Aufwand stimmbar) war. http://de.wikipedia.org/wiki/Wohltemperierte_Stimmung gibt einen ganz guten Einstieg in dieses Thema...
 

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