Elementarausbildung Klavierspielen - nur über klassische Musik zum Rock, Pop oder Jazz?

Guter Punkt: Viele Kirchenmusiker sind doch bis heute gut im Improvisieren, durch Generalbass geprägt.

Das höre ich bei unserem Propsteikantor, der auch stilsicher einen tollen Gospelchor leitet.

Meinst du äolisch und sollten wir das nicht einfach moll nennen?
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Witzig, umgekehrt kommt mir Bach immer viel zu schwer vor.

Ich KANN ihn also nicht nehmen, um was über Pop zu lernen.

Aber ich kann probieren, einige Soli von Jaques Loussier "play bach" nachzuspielen.

Tolle "Versöhnung" beider Stile.
 
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Meinst du äolisch und sollten wir das nicht einfach moll nennen?
Kann man machen, aber beim Harmonisieren sollte man schon die Unterschiede kennen da man sonst nicht sehr weit kommt (Stichwort Modal und Tonal) :)

Witzig, umgekehrt kommt mir Bach immer viel zu schwer vor.
Nimm dir ein Vierstimmiges Choralbuch und spiele jeden Tag ein oder zwei Choräle aus diesem Buch ab. Nach einem Jahr siehst du den oberen Ton und weißt quasi was der Rest sein wird und wie es vermutlich weitergeht und wann welche Wendung kommt. Das liegt dann einfach in den Fingern. Im Grunde ist das auf alles wie Arien, Fugen, Toccaten, Pop und so weiter übertragbar. Lege mir eine Zweistimmige Fuge hin die simpel und leicht ist. Ich werde daran verzweifeln wenn ich sie vom Blatt spielen soll. Eine Bach Toccata hingegen kein Problem :)

Ich KANN ihn also nicht nehmen, um was über Pop zu lernen.
Was spricht dagegen aus einem Bach Stück das Thema zu nehmen und das mit z.B Popelementen zu verarbeiten? Zugegeben wird das wohl nicht bei jeder Melodie einfach so gehen, da sich nicht alle Tonfolgen "Popifizieren" lassen in sinnvoller Art. Aber als Anlehnung kann man das finde ich nutzen. Wobei doch die reale Gefahr besteht, dass es sich unfreiwillig falsch anhören könnte. Da gab es ja schon einige Fehlschläge in den Charts wo jemand dachte es wäre eine gute Idee eine Techno Version oder Pop Ballade eines alten Liedes zu machen... Zugegeben bei einem Stück aus den 80er ist das noch sehr viel einfacher als bei einem Stück aus 1500 :) Aber bei solchen alten Stücken muss man ohnehin die heute Musiklehre hin und wieder vergessen um dort zu einem klanglich plausiblen Ergebnis zu kommen.

Ich persönlich liebe Stücke aus der Zeit 1400 - 1600 und spiele diese sehr gerne. Aber man muss sich teilweise eigene Wege erschließen um mit den originalen Melodien heute etwas anfangen zu können. Diese alten Tonarten sind überhaupt nicht sinnvoll nutzbar mit der Akkordlehre. Oder zumindest nicht Plausibel nutzbar damit.
 
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Ich persönlich empfinde den Aufbau und die Spielweise von Pop sehr viel schwieriger als ein Bach. Kann natürlich auch an meiner Ausbildung liegen.
Ich kenne auch junge Leute die an der Orgel wunderbar Pop spielen und es sich auch sehr gut anhört, wenn ich es hingegen mal machen muss, dann ist es zwar technisch nicht falsch, es fehlt aber etwas.
Defizite in der Ausbildung? Kein richtiges Fundament? Falscher Lernweg?

-> Ich könnte mit genau dem identischen Vokabular und der gleichen Argumentation tatsächlich begründen, dass jemand, der Klassik lernen will, erst Pop können muss.
 
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Defizite in der Ausbildung? Kein richtiges Fundament? Falscher Lernweg?
Ich würde eher sagen mangelnde Motivation sich damit zu befassen. Meine Ausbildung ist gut und wenn ich mir Pop ansehe, dann verstehe ich auch was dort gemacht wird. Technisch und musikalisch kann ich es also ohne Mühe verstehen, begreifen und mir erschließen. Nur ohne Praxis nützt es einem wenig. Es ist eine Sache es zu verstehen und nachvollziehen zu können und eine andere es auch praktisch gut anwenden zu können. Aber da mich persönlich Pop als Musikstil überhaupt nicht reizt habe ich auch keinen Anlass mich näher damit zu beschäftigen.

Ich kann also mit genau dem identischen Vokabular und der gleichen Argumentation tatsächlich begründen, dass jemand, der Klassik lernen will, erst Pop können muss.
Die spannende Frage ist nun aber eine andere. Wenn jemand eine klassische Ausbildung hat, dann kann er erklären und verstehen was im Pop passiert und warum es so passiert. Nun wäre die Frage ob jemand der nur musikalisch im, Pop Bereich auch erklären könnte wie Bach, Mozart, Reger oder andere auf ihr Ergebnis kommen und welche Grundlagen dahinter stecken. Natürlich ist die Akkordlehre schon ein wichtiger Punkt, aber viele Systeme die im Pop vorkommen haben ihren Ursprung ja in der Vergangenheit.

Man müsste das Experiment einmal machen und einem Popmusiker der keine Ahnung von klassischer Musik hat einmal ein altes Stück zur Analyse geben und seine Erklärungen über den Aufbau und die Funktionen betrachten. Das wäre durchaus eine spannende Idee.

Ich sage ja nicht, dass es nicht geht, sondern ich sage es ist nicht unbedingt falsch sich auch einmal ältere Techniken anzuschauen. Nur weil etwas bis z.B 1600 so gemacht wurde, heißt es ja nicht dass man es in einem Popsong im Jahre 2022 nicht auch so machen könnte um sich von der breiten Masse abzuheben.
 
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Man müsste das Experiment einmal machen und einem Popmusiker der keine Ahnung von klassischer Musik hat einmal ein altes Stück zur Analyse geben und seine Erklärungen über den Aufbau und die Funktionen betrachten. Das wäre durchaus eine spannende Idee.
das wär sicher sehr interessant, da stimme ich dir zu.

aber:
Wenn jemand eine klassische Ausbildung hat, dann kann er erklären und verstehen was im Pop passiert und warum es so passiert.
erklären ist das eine. aber eigentlich geht's um's Musik machen, also "erschaffen".
und da sind / waren Leute wie Dave Brubeck, McCartney, Lennon, Hendrix, Cobain, Jimmy Page, Van Halen, Taylor Swift Genies, ganz ohne klassisches Fundament.
 
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erklären ist das eine. aber eigentlich geht's um's Musik machen, also "erschaffen".
und da sind / waren Leute wie Dave Brubeck, McCartney, Lennon, Hendrix, Cobain, Jimmy Page, Van Halen, Taylor Swift Genies, ganz ohne klassisches Fundament.
Ja, diese Leute sind genau so wie andere vor ihnen eigene Wege gegangen und dieser Klang hat vielen eben gefallen. Ich lehne auch die Idee ab dass eine klassische Musikausbildung etwas über den möglichen Erfolg eines Musikers aussagt. Immerhin ist Musik mehr als ein paar Töne in einer Abfolge. Es gibt nicht wenige Sänger die objektiv betrachtet nicht singen können, aber mit ihrer Art und ihrem Text die Menschen bewegen.

So ist es auch in der Musik meiner Meinung nach. Eine Ausbildung ist eine gute Grundlage, mehr aber auch nicht. Zugegeben wird man es aber nicht leicht haben wenn man sich alle Prinzipien die bekannt sind in der Musiklehre selber erschließen möchte. Daher hat man schon einen Vorteil wenn man auf Bausteine und Wissen zurückgreifen kann. Ein simples Beispiel ist ein Vorhalt. Er ist nicht notwendig, gibt einem Stück aber mehr Dynamik. Das Prinzip vom Auflösen einzelner Töne kann man sich durchaus selber erschließen, aber man kann auch einfach nachlesen und anhand von Beispielen das ganze schneller begreifen.

In meinen Augen ist ein wichtiger Aspekt der oft vergessen wird das nachspielen. Leadsheets und co sind eine schöne Sache und verleiten auch mehr als ein ausgearbeitetes Notenblatt zum experimentieren. Aber in einem ausgearbeiteten Komposition findet man eben auch Ideen auf die man selbst vielleicht nicht kommen würde und kann diese dann in sein Spielprinzip übernehmen.
 
Ich sehe den Nutzen für die Ausbildung (u.a.) durch "klassische Klaviermusik" nicht allein im Kennenlernen musikalischer Stile, sondern in hohem Maß in dem über Jahrhunderte angewachsenen Schatz an Übungen, Etüden und Spielstücken der Ausbildungsliteratur, der sich bisher weiterentwickelt.
Den Versuch einer Elementarausbildung für Klavierspiel allein durch - schon bei Erscheinen historische - Popularmusik kenne ich nur aus der ursprünglichen Ausgabe von Margret Feils, Piano (1985).

Ein jugendlicher oder erwachsener Schüler kann sich freilich selbst entscheiden, einen auf eigene Vorlieben ausgerichteten Unterricht zu suchen.
Ich bezweifle allerdings, dass es für Lehrer dann "normal" wäre, ihren Schülern bedarfsgerecht z.B. polyphone Stücke (Petzold/Bach, Türk, Hook) oder rhythmische Übungen (Seiber) zu schreiben, obwohl beides der Entwicklung des Spiels in technischer wie musikalischer Hinsicht nutzen würde.
Grundlegende Merkmale gelungener Improvisationen wie die Mischung von Skalenfragmenten, Arpeggien sowie diversen Figuren mit verschiedenen Arten von Approach Notes und Enclosures (dt. Akkordtonumspielungen) samt gängigen Akkordfolgen der Pop-Musik kann man bereits in der Barockmusik kennenlernen.

Bei Kindern bin ich sehr für einen stilübergreifenden Unterricht, der in einigen modernen Lehrplänen beschrieben wird (Barock, Romantik, Moderne, Jazz, Pop, Rock).
Dazu gehören dann natürlich auch Gehörbildungsübungen und von Anfang an durch konkrete Stücke häppchenweise vermittelte Musiktheorie sowie die Anleitung zur Improvisation. So behalten Kinder alle Chancen, eine eigene Wahl treffen zu können.
Allerdings wird das aus unterschiedlichen Gründen beileibe nicht jeder Lehrer leisten, wenn ich von dem ausgehe, was ich so bei mir vor Ort mitbekomme.

Gruß Claus
 
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