Erklärungen zu Musikstilen

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Christian_Hofmann
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Hallo zusammen,

ich habe mal wieder eine Frage auf die ich keine Antwort finde. Wenn ich ein Stück komponieren möchte klappt das recht gut in meiner eigenen Art. Wenn ich jetzt aber ein Stück in einer bestimmten Art komponieren möchte stehe ich irgendwie auf dem Schlauch. Beispiel ich möchte eine Toccata schreiben, dann stelle ich mir die Frage was ist eigentlich eine Toccata, was macht diese aus, welche Elemente sind dort enthalten, welchen Regeln folgt diese. Natürlich ist es naheliegend sich fertige Stücke anzusehen und zu analysieren. Aber wirklich sicher ist man dann ja auch nicht.

Daher meine Frage, wo finde ich Informationen dazu wie verschiedene Stile aufgebaut sind, welchen Regeln diese folgen, welche Elemente wie verwendet werden und warum. Ich suche eine Quelle wo ich z.B den Aufbau einer Toccata, eines Rondos, einer Fuge oder einem Adagio finden kann. Das waren jetzt nur beispielhafte Aufzählungen. Schön wäre es wenn man es als nicht Musikprofessor verstehen könnte :)
 
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Daher meine Frage, wo finde ich Informationen dazu wie verschiedene Stile aufgebaut sind,
Das Thema nennt sich "Formenlehre", Du benötigst außerdem Wissen zur klassischen Harmonielehre und dem Kontrapunkt.

In den Wiki-Links findest Du nach der thematischen Einführung einige Literaturhinweise, möglicherweise melden sich noch in klassischer Musik ausgebildete Forumsmitglieder.
https://de.wikipedia.org/wiki/Formenlehre_(Musik)
https://de.wikipedia.org/wiki/Harmonik_und_Harmonielehre
https://de.wikipedia.org/wiki/Kontrapunkt

Gruß Claus
 
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Für welches Instrument oder welche Besetzungen möchtest du komponieren? Das ist für eine Literaturempfehlung schon wichtig zu wissen, weil du dich natürlich nicht durch das komplette Teilgebiet der Partitur- und Instrumentationslehre quälen musst, wenn du nur für Soloinstrumente oder kleine Besetzungen schreiben möchtest.

Natürlich ist es naheliegend sich fertige Stücke anzusehen und zu analysieren.

Ungefähr 50% eines Kompositionsstudiums besteht aus der Analyse fremder Kompositionen (untergliedert in "hörende und lesende Analyse") - diese Vorgehensweise ist nicht nur naheliegend, sondern auch unverzichtbar, weil wirklich lehrreich.

Wie der Kollege Claus bereits erwähnt hat, werden bzw. wurden die handwerklichen Grundlagen traditionell (Betonung auf "traditionell"!) durch die Teilgebiete Harmonielehre, Kontrapunkt und Formenlehre (zuzüglich Partitur- und Instrumentationslehre) vermittelt. Das ist allerdings die "traditionelle" Methodik, die in dieser strengen Formg in der heutigen Kompositionsausbildung nur noch stark modifiziert praktiziert wird, weil sie an den Voraussetzungen der Zeitgenössischen Musik vorbeigeht.

Für Laien, die nicht unbedingt auf den Spuren von Stockhausen, Ligeti und Co. wandeln wollen, sind die alten Lehrbücher allerdings nicht die schlechteste Wahl, zumal die umfangreichen Standardwerke des 19. Jahrhunderts (Adolf Bernhard Marx, Hugo Riemann) sehr ausführlich ins Detail gehen und von den Bibliotheken im Internet als pdf-Digitalisate kostenlos zur Verfügung gestellt werden (einfach auf archive.org "Kompositionslehre" oder die voranstehend genannten Namen eingeben).
Meine Empfehlung wäre hier die "Lehre von der musikalischen Komposition" von Adolf Bernhard Marx (4 Bände, ca. 2500 Seiten!) in den Scans der New York Library (https://archive.org/details/newyorkpubliclibrary?and[]=adolf+bernhard+marx&sin=). Band IV brauchst du nur, wenn du ergänzend noch Instrumentationslehre betreiben willst. Die Bände I-III bauen aufeinander auf, d.h. Harmonik, Kontrapunkt und Formenlehre werden nicht realitätsfern als unverbundene Einzelthemen abgearbeitet, sondern sind ganz praxisnahe immer miteinander verknüft.

Marx war zudem einer der ersten, der nicht mit isoliert stehenden und abstrakten Regeln, sondern mit konkreten musikalischen Beispielen gearbeitet hat. Dadurch hat man von Anfang an mit "echten" Kompositionen und realistischen Aufgaben zu tun, es wird also ab der 1. Lektion bereits in größeren Zusammenhängen gedacht und komponiert. Das hat also nichts mehr mit den ätzenden "Kompositionslehren" zu tun, in denen man sich erstmal durch den nervtötenden 2-stimmigen Kontrapunkt nach Fuchs oder Palestrina quälen muss, um dann nach Jahren endlich mal ein 16-taktiges Menuett komponieren zu dürfen.

Stilistisch ist das natürlich im Stile des 19. Jahrhundert, die Beispiele reichen also von Bach über Beethoven bis zur Romantik um 1850, was aber kein Problem ist, sofern du keine Karriere als "progressiver Neutöner" anstrebst - dann würde ich dir allerdings zur Ergänzung noch ein paar andere Bücher empfehlen.
 
Ich danke euch, das Zauberwort welches mir gefehlt hatte war "Formlehre". Damit spuckt Google plötzlich viel hilfreiches aus.

@OckhamsRazor in meinem Fall geht es um die Sakral Orgel. Ich habe schon einige Bearbeitungen geschrieben und sitze seit einiger Zeit an einem eigenen größeren Stück. Macht gute Fortschritte aber stellenweise würde ich gerne bekannte Elemente für mein Thema nutzen. Daher war meine Frage in diese Richtung gedacht wo ich diverse Ansätze finde. Analysen von vielen Stücken habe ich schon gemacht. Nur ist es immer fraglich ob die eigene Analyse zu dem selben Schluss kommt welchen der Komponist hatte. Da ja auch jeder etwas eigenes macht könnte man auf die Idee kommen das z.B eine Pachelbel Fuge eine echte Fuge wäre obwohl es theoretisch keine echten Fugen sind sondern Pachelbel Fugen :)
 
... in meinem Fall geht es um die Sakral Orgel.

Dann lohnt sich vielleicht doch ein ergänzender Blick in den Bd. IV (Instrumentationslehre) der Kompositionslehre von Marx, weil er hier auch auf kompositorische Besonderheiten der Orgel eingeht.

Nur ist es immer fraglich ob die eigene Analyse zu dem selben Schluss kommt welchen der Komponist hatte.

Das ist eine Idealvorstellung, die die objektiven Möglichkeiten jeder Analyse überstrapaziert und der Sache auch nicht wirklich dient, weil eine Analyse zunächst einmal ganz pragmatisch dem Analysierenden und seinen Zeitgenossen im Sinne einer Übersetzertätigkeit zu Einsichten verhelfen sollte.
Was du anstrebst, ist eine historisch und biografisch informierte Analyse - dazu musst du dann aber auch neben außermusikalischen Phänomenen, wie dem jeweiligen Zeitgeist als fait social, nicht nur die ganze Theorie der jeweiligen Epoche parat haben, was ein enormes Spezialistenwissen voraussetzt, sondern auch anhand biografischer Bezüge zunächst klären, welche dieser Theorien vom Komponisten überhaupt berücksichtigt wurden. So ist z.B. Bach nicht einfach mit dem Rameauschen Begriffsapparat erklärbar, obwohl beide Zeitgenossen sind.
 
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Hallo zusammen,

ich denke, wichtiger als eine Menge Harmonielehrebücher durchzuarbeiten, ist doch, sich die Musik anzuhören oder praktische Erfahrungen sammeln, durch selber schreiben und ausprobieren. Harmonielehrepublikationen sind immer auch Kinder ihrer Zeit. Selbstverständlich habe auch ich mich fast ein Leben lang mit dem analysieren von Musikstücken beschäftigt. Das bin ich als ausführende Musikerin den Komponisten sowieso schuldig. Ich kam aber im Lauf der Jahre, bei ein und dem selben Werk immer wieder zu neuen Deutungen.
Auch bei Werken die ich oft gespielt habe, ergeben sich für mich immer wieder neue Fragen.
Beim Arrangieren oder Komponieren tauchen vor meinem inneren Ohr oft Klangfarben und Kombinationen auf, die ich irgendwann einmal gehört habe, kaum jedoch Anweisungen oder Vorschläge aus Lehrbüchern. Beim Arrangieren und Bearbeiten von Stücken, im tonalen Bereich, kommen mir selten irgendwelche Harmonielehreregeln in den Sinn. Meistens arbeite ich linear. Also die Stimmen müssen kontrapunktisch zueinander passen. Jedes Schnipsel einer Tonfolge kann wichtig sein. Ein Halbtonschritt an einer bestimmten Stelle, kann beim Zuhören den Eindruck eines Leittons erzeugen. Kommt natürlich auch auf das Tempo der Musik an.
Was du anstrebst, ist eine historisch und biografisch informierte Analyse - dazu musst du dann aber auch neben außermusikalischen Phänomenen, wie dem jeweiligen Zeitgeist als fait social, nicht nur die ganze Theorie der jeweiligen Epoche parat haben, was ein enormes Spezialistenwissen voraussetzt, sondern auch anhand biografischer Bezüge zunächst klären, welche dieser Theorien vom Komponisten überhaupt berücksichtigt wurden. So ist z.B. Bach nicht einfach mit dem Rameauschen Begriffsapparat erklärbar, obwohl beide Zeitgenossen sind.
Wichtig ist dieses Wissen sicher in Bezug auf die Aufführungspraxis. Ich bezweifle jedoch, dass es mich befähigen würde, ein Stück im Stil dieser Komponisten zu komponieren. Natürlich kann ich eine Melodie im Stile Brahms harmonisieren. Das hat aber nichts mit der Konzeption einer ganzen Komposition zu tun.
Ich habe viel gehört und viel gelesen, habe viele Bearbeitungen geschrieben und eigene Stücke komponiert. Am Ende kommt auch bei mir immer meine eigene Art heraus. Für mich ist das gut so. Es gibt ja auch keinen Instrumentalisten, der ein Stück genau gleich wie ein anderer spielen könnte.
 
Beispiel ich möchte eine Toccata schreiben, dann stelle ich mir die Frage was ist eigentlich eine Toccata, was macht diese aus, welche Elemente sind dort enthalten, welchen Regeln folgt diese. Natürlich ist es naheliegend sich fertige Stücke anzusehen und zu analysieren. Aber wirklich sicher ist man dann ja auch nicht.
Bei der Toccata handelt sich um ein Instrumentalstück, i.d.R. für Orgel, aber auch für andere Tasteninstrumente oder die Laute.

Toccaten charakterisiert zwei Dinge:
1.) vollstimmige Akkorde oft in längeren Notenwerten
2.) Spielfiguren (Läufe, Akkordbrechungen, o. ä.) in kurzen Notenwerten

Diese beiden Bestandteile wechseln sich nun im Verlauf der Toccata ab. Oft wird mit den vollstimmigen Akkorden begonnen.

Viel Spaß beim Komponieren!
 

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