Wenn du das für eine Aufnahmeprüfung vorbereitest (ist ja jetzt gerade die Zeit dafür), dann gibt es durchaus eine Hierarchie, in der die Regeln des vierstimmigen Satzes beachtet werden müssen. Es gibt im Rahmen von Aufnahmeprüfungen Generalbass- und Kantionalsatz-Übungen, für die im großen und ganzen aber die gleichen Regeln gelten. Trotzdem solltest du deinen Theorielehrer nach seiner Einschätzung der Wichtigkeits-Hierarchien befragen. Ich schlage folgende Abstufung in "Basics" (=wenn du da da deutliche Fehler machst zeigst du fehlendes Grundverständnis) und "historische Ideale/Regeln" vor (=Fehler dort zeigen "nur" Unkenntnis der spezifischen Ästhetik und Tradition):
absolute Basics:
1. Akkorde sollten grundsätzlich vollständig sein, d.h. Grundton, Terz und Quinte sollten vorhanden sein
2. Gesetz des nächsten Weges: die Stimmen sollen sich möglichst wenig bewegen
3. Tonumfänge von Gesangsstimmen einhalten, keine extremen Lagen
4. Vermeidung von Prim-, Quint- und Oktavparallelen
die historischen Ideale bzw. Regeln:
1. Septimen im Dominantseptimakkord nach unten auflösen, Leittöne immer nach oben, Quarten in Quartvorhalt-Situationen nach unten zur Terz
2. Dissonanzen vorbereiten
3. Abstand Bass-Tenor höchstens zwei Oktaven, nicht mehr!
4. Verdopplung der Terz soll möglichst vermieden werden. Ist die Terz im Bass, ist die Verdopplung verboten
5. Quartsextakkorde dürfen nur in einer Kadenz vorkommen und sind als Vorhaltsquartsextakkorde zu betrachten ( siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Quartsextakkord#Vorhaltsquartsextakkord )
6. Dissonanzen am besten in die Mittelstimmen legen (Quartvorhalt, Septimen, Sixte ajoutée)
7. im Bass darf nur Grundton oder Terz des jeweiligen Akkordes stehen (Ausnahme: wenn der Bass einen Durchgang oder ein eigenständiges Motiv hat. Das ist im Rahmen von Aufnahmeprüfungen aber fast nie möglich oder sinnvoll)
Die zwei Mittel, mit dem du viele Problemsituationen in den Griff bekommst, sind die enge Lage der drei Oberstimmen (und damit die Eigenständigkeit des Basses) und die Stimmführung, dass die drei Oberstimmen sich idealerweise parallel bewegen und die Bassstimme gegenläufig (natürlich nur, wenn die Oberstimmen sich nicht in verbotenen Parallelen bewegen). Das letztere ziemlich entscheidende Prinzip ist die Gegenbewegung,