Frauenpower mit Fäkalsprache? (Liedtexte)

Genau. Und das darf auch jeder finden, wie er will. Bei Männern ist man irgendwie dran gewöhnt, da geht es halt um Fitness, dicke Karren, Drogendeals und was man mit seiner alles überragenden Omnipotenz so weg flankt. Solchen Rap brauch ich nicht, außer, der ist so drüber und so sehr Kunst(figur) wie SSIO oder auch K.I.Z.. Wenn eine Frau sich hinstellt, der Sex einfach wichtig zu sein scheint und die rappt dann ohne Blatt vor Mund darüber, gibt es deutlich öfter Empörung. Wie Fler sich beispielsweise an Ikkimel und Konsortinnen abarbeitet, er, der sämtliche Mütter, Rap sowieso und wahrscheinlich jeden von uns schon gefickt hat, ist geradezu drollig. Das ist ja auch szeneintern noch immer ein Ding. Der Mann kann nicht anders, er muss, so ist er und er hofft, dass sein Gott ihm vergibt, weil Mama ist traurig und alle Frauen sind Huren, er fickt zwar alles und jeden, aber irgendwo wartet die eine, die ihm Kinder schenkt und gottesfürchtig kocht und putzt und nicht alleine ausgeht, aber auch die wird er enttäuschen, er ist ein Mann, am Ende richtet Gott, blablubb. 1000fach wiederholtes Narrativ, aber es gibt wohl eine breite Masse, die diesen reaktionären Quatsch feiert.
Ich bin auch peinlich berührt, wenn Powerfrauen über Ihre Mumu rappen, ich mag aber auch keine Pärchen in der Fußgängerzone sehen, wie sie sich gegenseitig auffressen. Das ist aber mein "Problem" im Umgang mit dem Thema.
Wenn starke Frauen heute so sind und so reden und sich damit gut fühlen, find ich das trotzdem gut.
Und es ist ja auch unter rappenden Frauen nicht alles so eindeutig. Manche von den klassisch feministischen Rapperinnen finden es ja ganz schlimm, wenn es ums ficken geht und nicht jeder Track eine Soziologie-Vorlesung ist. Also gibt es auch Frauen, die anderen Frauen verbieten wollen, als Kunstfigur oder in echt einfach rum zu bummsen, weil sie daran eben Spaß haben. Da haben Männer Spaß dran, das darf eine Feministin nicht! Schon irgendwie seltsam.
 
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Ich habe nicht alle Interviews mit Nina Hagen gesehen/gehört, meine "Zustimmung" bezog sich auf ihre Liedtexte aus dem Album - Jahr 1978, die ich als provokative Kunst (mit feministischen Elementen) verstanden habe. In dem Interview, das ich gesehen habe, sprach sie flüssige, lockere Berliner Mundart ohne Schimpfworte.

"Blöde Kuh" ist, gerichtet an eine konkrete Person, als Schimpfwort, Herabsetzung bzw. Demütigung zu verstehen und völlig inakzeptabel. Da bin ich ganz bei Dir.

die den Begriff entstigmatisieren soll

Ja, das hatte ich so verstanden und hier auch zum Ausdruck gebracht, dennoch weiß ich nicht, ob das als Stilmittel in Liedtexten geeignet ist. Es wird nicht von jedem Publikum angenommen, obwohl die Aussage des Liedtextes (vielleicht) für ein breiteres Publikum wichtig wäre. ¯\_(ツ)_/¯

Juju nahm ich in dem Duo SXTN wahr, habe mich aber von den "harten" Liedtexten nicht als Zielgruppe angesprochen gefühlt. Ich hatte den Eindruck, sie sind nur "separat" ausgerichtet (junges Publikum, bestimmte Interessen, nichts für Alte), sie wollen einfach nur ihre Musik machen und mit den Texten den Jungs in ihrer eigenen Umgangssprache eine treffende "Antwort" geben.
Neuerdings jedoch fordert Juju "Respekt für ihre feministische Pionierarbeit" in der Zeit, als SXTN aktiv waren. ¯\_(ツ)_/¯

Bei Finna und Mariybu hatte ich den Eindruck, daß sie ihre Kunst (zumindest teilweise) in Richtung Feminismus, auf jeden Fall gegen das Patriarchat richten (also global), und sie selbst geben auch zu, sich künstlerisch an feministischen Strömen orientiert zu haben, wenngleich sie (musikalisch) ihre eigene Sache machen. Hier könnte ich vermuten, daß sie ihre Kunst an breiteres Publikum richten. Mit anderen Worten, daß sie mit ihrer Kunst nicht nur unterhalten (wie z.B. Helene Fischer), sondern auch etwas gesellschaftskritisch/politisch anstoßen wollen. Was genau - konnte ich jedoch nicht erkennen.

Gruß, Bjoern
 
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Ich finde, wenn SXTN "DIE FTZN SIND WIEDER DA" singen, dann bemächtigen sie sich des FZTN-Begriffs und deuten ihn um. So, wie es Afro-Amerikaner im Rap mit dem N-Wort getan haben. Siehe etwa N.W.A., Niggaz Wit Attitudes.
Des abwertenden Wortes haben sie sich bemächtigt und es umgedeutet.
Wenn etwa SXTN "FTZN IM CLB" singen, dann bemächtigen sie sich des abwertenden Begriffs und machen Frauen-Solidarität.
Nicht umsonst waren sie bei jungen Frauen ja recht beliebt.
Und reiben den Männern, die Frauen damit abwerten, das - dieses F-Wort - auch ständig wieder unter die Nase.

Wenn irgend so ein Kevin oder Johann anfängt zu rapen, labert er immer was mit "Hurensohn" oder "fick deine Mutter", oder so.
Darüber machen sich SXTN in "DIE FTZN SIND WIEDER DA" ja auch lustig:

"Wir ficken deine Mama
wir sind jeden Tag im Studio
jetzt gibt's wieder Drama
und du bist immer noch ein Hurensohn."

Damit halten sie den Möchtegerns, den Gernegroßes den Spiegel vor. Dass die Jungen, die auf dicke Hose machen, eben nicht über reinste Fäkalsprache und Frauen-Abwertung hinaus kommen. Während SXTN damals schon große Hallen füllten...

Für mich sind SXTN oder Ikkimel keine Fäkalsprache. Derb und direkt ja, aber nicht fäkal.
Ich find deren Texte und Musik relevant.

Obgleich ich über Beatles, Who, Stones, Patti Smith, VU, Dylan musikalisch sozialisiert wurde, und Rap eher uninteressant fand, finde ich SXTN oder Ikkimel frisch und lebenslustig und interessant.
(Oasis fand ich tod-langweilig.)

Besonders die Texte von The Who, etwa "Can't explain" oder "Pictures of Lily" fand ich heraus stechend. Das war kein Macho-Angeber-Sprech, sondern gewissermaßen Verletzlichkeit im Gewand des harten energiereichen Rocks. Verletzlichkeit nicht als Manko, sondern offensiv dargestellt. Aber eben Jungs-Rockmusik. Und schon über 50 Jahre alt.

So ähnlich empfinde ich etwa Texte von SXTN oder anderen heutigen Rapperinnen: Klare Sprache, relevant für ihr Publikum von vermutlich hauptsächlich jungen Frauen. Musik und Texte von Frauen für Frauen. Und auch kommerziell durchaus erfolgreich.
Frisch, neue musikalische Ideen, ein neuer Dreh in der Musik. Das gefällt mir.

Grüße
 
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Ich habe jetzt nicht alles gelesen, möchte jedoch zum Thema folgendes erwähnen:

Ich arbeite als Erzieher in einem Waldkindergarten. Die Vermittlung von bestimmten Werten gehört für mich zur Erziehung, auch wenn es mir natürlich bewusst ist, dass das ASusprobieren von Schimpfwörtern und Fäkalsprache auch ein Stückweit zur Entwicklung eines Kindes dazu gehört.
Aber es ist bestimmten Kindern (meist Jungs) nicht so einfach zu vermitteln, dass bestimmte Worte beleidigend sind, wenn gleichzeitig Vorbilder in Lieder "Ich find Dich scheiße"(TicTacToe) oder "Arschloss" (Ärzte) singen.

Einerseits denke ich, dass es zur Kunst gehört, sich ausdrücken zu dürfen und auch Schattenseiten der "Seele" Gehör zu verschaffen. Andererseits finde ich es bedenklich, dass Hassbotschaften hier salonfähig gemacht werden. Dazu gehört auch die Beschimpfung eines Menschen mit rechtsradikaler Gesinnung mit "Arschloch", wie in dem Lied "Schrei nach Liebe".
Es ist (auch hier) für mich ein Unterschied, ob jemand von seinen seelischen Abgründen erzählt oder sich gesellschaftkritisch auch provokativ äußert, oder ob er andere Menschen bewusst absichtlich beschimpft/beleidigt.
 
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Ja, selbst Mörder dürfen ja wegen politischem Neutralitätsverbot nicht als "Arschloch" bezeichnet werden.

Ich finde den Ärzte-Song auch als sehr problematisch, bezieht er doch politisch Stellung für das sogenannte Gutmenschen-Tun.
Und auch noch gegen Nazis.
Wo kämen wir denn hin, wenn wir Deutsche in Deutschland, dem Land, dass die Nazis mit ihrem ganzem Völkermord und Gasöfen erst erfunden hat, Nazis nun als "Arschlöcher" bezeichnen und damit als bei uns ungewollte Einstellung kennzeichnen würde?
In eine Gesellschaft, die Rassismus, Völkermord, Antisemitismus nicht mehr tolerieren würde?
Aber wollen wir das alle?

Grüße
 
Moment! Es ist für mich ein feiner aber DEUTLICHER Unterschied, ob ich eine Handlung, eine Tat als verachtenswürdig anprangere ... oder den Menschen, der diese Tat begeht.

Das ist u.a. ein Wert, den ich vermitteln möchte.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar." Art 1 GG.

Dies gilt - zum Glück wie ich finde - auch für Schwerverbrecher. DAS genau ist für mich nämlich die Errungenschaft unserer zivilisierten Gesellschaft, die uns u.a. von Unrechtsregimen unterscheidet. Unabhängig davon, wie wir dies Begründen - aus der humanistischen Ethik oder aus einer (z.B. christlichen) Religion heraus.
 
@Burkie
Ich danke Dir für Deinen interessanten Beitrag. (#83)

Ich arbeite als Erzieher in einem Waldkindergarten.

Ich danke Dir, daß Du Deine Erfahrung mit uns teilst. :great:

Ich bin kein Wächter der deutschen Sprache, aber ich finde es sehr interessant, wie Menschen in diversen Lebenssituation mit ihrer Mutter- bzw. Zweitsprache umgehen, insbesondere in der verdichteten Kunst (Liedtexte, Gedichte, Parolen).
Doch die Sprache dient uns auch zu unserer täglichen zwischenmenschlichen Kommunikation, wo sie nicht nur den Sachinhalt vermittelt, sondern auch unsere Beziehungen zeigt - wie stehen wir zueinander. Und an der Stelle empfinde ich beim Blick auf Deine Arbeit Dankbarkeit.

Gruß, Bjoern
 
"Die Würde des Menschen ist unantastbar." Art 1 GG.
Wie schwer muss es für ein Kind sein, zu Begreifen, was es heißt, Tat von Täter zu trennen - denn selbst wir Erwachsene tun uns dabei oft (noch) schwer. Und wie sollen wir es auch lernen, wenn uns zunehmend Vorbilder fehlen, die echtes Mitgefühl zeigen und empathisch zu äußern verstehen.

So möchte ich - insbesondere Menschen in helfenden Berufen, aber auch allen anderen - dieses Buch wirklich ans Herz legen.
 
Moment! Es ist für mich ein feiner aber DEUTLICHER Unterschied, ob ich eine Handlung, eine Tat als verachtenswürdig anprangere ... oder den Menschen, der diese Tat begeht.
Genau, als Täter ist deine Tat ja von dir als Person getrennt, nichwahr?
Sehr bequem für die Täter, fatal, das heißt tödlich un-umkehrbar für deren Opfer, nichwahr?

Wir erziehen einfach unsere Kinder nach der Lehre, dass ihre Taten nicht mit ihnen als Täter verbunden sind, und sie deswegen als Menschen keine Konsequenzen zu fürchten hätten, keine Verachtung wegen ihrer verachtenswerten Taten zu dulden hätten?

Ich finde es so schön, dass Täterverteidigung immer mit der Menschenwürde argumentiert, die die Täter selber nie praktizieren.
Am besten also für alle potenziellen Opfer, mal vorher schön Täter werden, nichwahr?

Da mal drüber nach denken.

Grüße
 
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Genau, als Täter ist deine Tat ja von dir als Person getrennt, nichwahr?
Hm, was verstehen wir eigentlich genau unter "Person"? Was macht eine Person aus? Ich frage nach, um sicher zu stellen, dass wir nicht aneinander vorbei reden.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Und noch eine Frage: Wie erklärst Du Dir, dass bestimmte "Täter" zu anderen Zeiten auch "Opfer" waren?

Wer oder was genau macht einen "Täter" eigentlich zum "Täter" und ein "Opfer" zum "Opfer"?
 
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Das hast du sehr schön formuliert.
Das Opfer ist der eigentliche Täter, und der Täter nur unschuldiges Opfer.

So verstehen wir uns.

Grüße
 
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Und verstehe ich Dich richtig: Es ist aus Deiner Sicht in Ordnung, einen Menschen mit einer radikalen Gesinnung zu beschimpfen?
 

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